Gerade in Pandemie-Zeiten

Eine realitätsfremde Reform der Ausbildung der Gesundheitsberufe

Das OGBL-Syndikat Gesundheit und Sozialwesen ist alarmiert über die angekündigte Reform der Ausbildung der Gesundheitsberufe in Luxemburg.

Immer wieder hat der OGBL die Regierung vor einem Alleingang gewarnt und betont, dass eine solche Reform nur in einem Dialog mit den betroffenen Arbeitnehmern fruchten kann. Da die Regierung sich jedoch zuletzt weigerte, das OGBL-Syndikat Gesundheit und Sozialwesen, die größte Organisation aller im Sektor arbeitenden Berufsgruppen, in diese Gespräche einzubeziehen, ist es wenig verwunderlich, dass die aktuell angekündigte Reform total an den Bedürfnissen und der Realität in der Praxis vorbeischlittert.

Wohl sieht die Reform eine Schaffung eines Bachelordiploms für Krankenpfleger vor, eine Neuerung die der OGBL begrüßt, jedoch hat die Regierung eine so wichtige Chance verpasst, das luxemburgische Modell kohärent an internationale Gegebenheiten anzupassen. Hier wurde wieder einmal ein Modell «à la sauce luxembourgeoise» erschaffen.

Das OGBL-Syndikat Gesundheit und Sozialwesen hat in der Vergangenheit immer wieder davor gewarnt mehrere Krankenpfleger-Ausbildungen parallel laufen zu lassen. Mit der Entscheidung der Regierung, die BTS-Ausbildung für Krankenpfleger, neben der Schaffung eines Bachelor-Diploms, nicht abzuschaffen, wurde die eigentliche Reform verpasst. Es wurde lediglich eine neue Ausbildung neben der alten eingeführt.

Dieser Fehltritt führt unweigerlich dazu, dass es nach der Reform zu mehreren Klassen von Krankenpflegern in Luxemburg kommen wird, anstatt wie angekündigt den Beruf an sich aufzuwerten. Zwar wird jetzt eine teure Bachelorausbildung zum Krankenpfleger geschaffen, jedoch wird die Präsenz der neu ausgebildeten Fachkräfte am Bett des Patienten im Nachhinein bestenfalls marginal sein. Es ist klar, dass die kostengünstigere Variante des BTS-Krankenpflegers von den meisten Arbeitgebern bevorzugt werden wird.

Total inakzeptabel ist darüber hinaus die Entscheidung, die Ausbildung des „Infirmier Spécialisé“ mit der des „Infirmier en Soins Généraux“ gleichzustellen. Zukünftig sollen dann beide Berufsausbildungen mit einem Bachelor-Diplom von 180 ECTS abgeschlossen werden können. Dabei galt es unter anderem bei dieser Reform gerade die spezialisierten Krankenpfleger, die von starkem Personal- und Nachwuchsmangel betroffen sind, attraktiver zu gestalten. Der OGBL erinnert hier an seine Forderung eines Masterdiploms für „Infirmiers Spécialisés“, da diese Ausbildung logischerweise auf einem abgeschlossenen „Infirmier en Soins Généraux“-Bachelor-Diplom aufbauen soll. Durch diese nun vorgestellte konkrete Abwertung riskieren die Ausbildungen zum „Infirmier Spécialisé“ in Zukunft noch weniger in Anspruch genommen zu werden, als dies aktuell bereits der Fall ist.

Eines wird hier klar, wenn ein so wichtiges Thema wie die Ausbildung der Gesundheitsberufe ohne Einbeziehung aller Akteure und hinter verschlossenen Türen entschieden wird, dann kann das Resultat nicht realitätsfremder sein. Es handelt sich bei der aktuellen Reform keineswegs um eine Verbesserung oder Aufwertung des alten Systems, sondern um eine weitere Reparatur eines seit langem baufälligen Konstruktes.

Das OGBL-Syndikat Gesundheit und Sozialwesen fordert, dass das aktuelle Projekt unverzüglich auf Eis gelegt wird und umgehend im Sozialdialog überarbeitet wird. Ansonsten droht dem luxemburgischen Gesundheitswesen eine extrem kostspielige Abwertung der Attraktivität der so dringend notwendigen Gesundheitsberufe.

Mitgeteilt vom OGBL- Syndikat Gesundheit und Sozialwesen am 6. Mai 2021