Der OGBL klagt gegen das diskriminierende Gesetz vom 26. Juli 2010!

Der OGBL hat vor kurzem eine ausführliche und gut belegte Klage bei der Europäischen Kommission gegen das Großherzogtum Luxemburg eingereicht, da er erachtet, dass das Gesetz vom 26. Juli 2010 gegen mehrere Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts verstößt indem es die nicht ansässigen Studenten, Kinder von in Luxemburg arbeitenden Grenzgängern, von den Familienzulagen und dem Kinderbonus, beziehungsweise den staatlichen Beihilfen für Hochschulstudien ausschließt.

In erster Linie wird ausgeführt, dass die Familienzulage, die Schulanfangsprämie und der Kinderbonus nicht wirklich abgeschafft worden sind. Wie es in der Begründung des bezüglichen Gesetzesprojekts heißt, werden diese Familienleistungen „nicht mehr von der Familienzulagenkasse überwiesen. Künftig werden Hochschulstudenten staatliche Finanzbeihilfen für Hochschulstudien erhalten.“ Die Familienzulagen werden auf diese Weise nur verschleiert und weiterhin indirekt gezahlt. Der Kinderbonus seinerseits „wird automatisch in Form einer staatlichen Hilfe gutgeschrieben“.

Dadurch, dass der Gesetzgeber die Sozialleistungen einzig und allein den luxemburgischen Studenten vorbehält, oder unter gewissen Bedingungen Studenten anderer Nationalitäten, die alle ihren Wohnsitz auf dem Luxemburger Territorium haben müssen, hat er an erster Stelle gegen das Reglement No 883/2004 verstoßen, das die Familienleistungszahlungen im Sinne einer Gleichbehandlung an die Gesetzgebung des Landes, wo die Arbeit ausgeführt wird, koppelt. Das Gesetz verstößt ebenfalls im Allgemeinen gegen das Reglement 1612/68 betreffend die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft, das den Grenzgängern und ihren Kindern die gleichen sozialen und steuerlichen Vorteile wie den Einheimischen zugesteht.

Sollte allerdings zurückbehalten werden, dass die früheren Familienleistungen für die Studenten abgeschafft worden sind, bliebe dennoch, dass die neue finanzielle Beihilfe für Hochschulstudien in diesem Fall selber gegen mehrere Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts verstoßen würde.

So kann sie zuallererst laut Reglement 883/2004 als neue Familienleistung angesehen werden. Die Studienbörse ist entsprechend der Definition des europäischen Gerichtshofs eine Familienleistung, „die unabhängig von jeder auf Ermessensausübung beruhenden Einzelfallbeurteilung der persönlichen Bedürftigkeit ohne weiteres den Personen gewährt wird, die bestimmte objektive Voraussetzungen erfüllen, und die dem Ausgleich von Familienlasten dient“ (EUGH 10.10.1996, Hoever, Zachow). Und sogar wenn sie dem Studenten direkt zuerkannt wird, gehört dieser weiter zu seiner Familie, falls er nicht die Absicht kundgetan hat den steuerlichen Haushalt ohne Rückkehrabsicht laut den Kriterien der Steuerverwaltung verlassen zu wollen (z.B. als erwerbstätiger Student, der keine Studienbörse mehr bekäme). Bei der Studienbörse handelt es sich auch nicht um eine außerordentliche Leistung, die dazu dienen soll den Betroffenen ein minimales Unterhaltseinkommen zu garantieren, in Anbetracht des wirtschaftlichen und sozialen Umfelds des Landes, wie dies der Fall bei Schwerbehindertenzulagen ist. Sie ist also, auch in Form einer Studienbörse, eine den Grenzgängern geschuldete Familienleistung.

Besäße die Studienbörse eine eigenständige juristische Beschaffenheit gegenüber den früheren Familienleistungen, stünde sie auch noch im Gegensatz zum Reglement 1612/68 betreffend die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, da sie sonder Zweifel einen sozialen Vorteil für letztere darstellt: „Das Kind, für das ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats unterhaltspflichtig ist, der – unter Beibehaltung seines Wohnsitzes in dem Staat, dessen Staatsangehöriger er ist – in einem anderen Mitgliedstaat eine unselbständige Erwerbstätigkeit ausübt, kann sich auf Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1612/68 berufen, um eine Studienfinanzierung unter denselben Voraussetzungen wie die Kinder von Staatsangehörigen des Staates der Beschäftigung zu erhalten, ohne dass für dieses Kind ein zusätzliches Erfordernis in Bezug auf seinen Wohnort aufgestellt werden dürfte.“ (EUGH 8.6.1999 Meeussen).

Indem man das neue Gesetz über die Hochschulstudienbeihilfen exklusiv auf den Wirkungsbereich der EU-Richtlinie 2004/38, umgesetzt in nationales Recht durch das Gesetz vom 29. August 2008 über die Freizügigkeit der Personen und der Einwanderung, beschränken will, verstößt man ebenfalls gegen diese Richtlinie, die ausdrücklich die Arbeitnehmer, also die Grenzgänger, die weiterhin unter die Bestimmung des Reglements 1612/68 fallen, ausschließt. Das Gesetz steht ebenfalls im Gegensatz zu den Antidiskriminierungsbestimmungen der Artikel 2 und 45 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union.

Der OGBL möchte die Einreichung dieser Klage nutzen, um abermals auf die Notwendigkeit einer Politik der Nichtdiskriminierung und der Gleichbehandlung aller Beschäftigten aufmerksam zu machen. Alles andere könnte zu gegenseitigen fremdenfeindlichen Reaktionen und zur Isolation unseres Landes führen, das auf internationale Zusammenarbeit und multinationale Arbeit angewiesen ist, um als nationale Einheit überleben zu können.

Mitgeteilt vom OGBL
am 17. September 2010