In Folge der massiven Kritik seitens tausender Lehrer auf den sozialen Medien, sämtlicher im Sekundarunterricht vertretenen Gewerkschaften, der Ablehnung seitens der Oppositionsparteien und des Unbehagens bis in die Reihen der Regierungsparteien, hat Bildungsminister Meisch gestern schließlich angekündigt, das umstrittene Gesetzesprojekt 7662 vorerst von der Tagesordnung der Abgeordnetenkammer zu nehmen. Stattdessen soll nun eine Debatte „en toute sérénité“ stattfinden.
Aufgrund der Ankündigung des Ministers haben die unterzeichnenden Gewerkschaften und Vereinigungen beschlossen, ihre für morgen Mittwoch, den 18. November 2020 vorgesehene Protestkundgebung vor dem Cercle municipal abzusagen.
Die Entscheidung des Ministers ändert jedoch nichts an unserer grundlegenden Kritik an diesem Gesetzesentwurf, der einer weiteren Privatisierung und einer möglichen Vetternwirtschaft im öffentlichen Bildungssektor breit die Türen geöffnet hätte. Wir lehnen eine Rekrutierung von Personen aus dem Privatsektor ab. Schuldirektoren müssen weiter über eine pädagogische Ausbildung und Erfahrung verfügen, die drei administrativen Sprachen des Landes beherrschen und das öffentliche Schulwesen Luxemburgs von innen kennen.
In dieser Hinsicht verweigern wir uns nicht der vom Minister Meisch angekündigten Diskussion – eine solche sollte eigentlich vor jedem Einreichen eines Gesetzesentwurfs, der wesentliche Auswirkungen auf das öffentliche Bildungswesen hätte, erfolgen. Sie darf sich aber nicht darauf beschränken, dass der Minister den Gewerkschaften und anderen betroffenen Parteien sein Projekt „besser erklärt“. Vielmehr gilt es, eine Debatte zu führen, in welche Richtung die Bildungspolitik insgesamt gehen soll. Davon sind die Ansprüche und das Profil der Direktionsmannschaften in den Sekundarschulen nur ein Element.
Jedenfalls hat die breite Ablehnung des Projekts seitens der Lehrerschaft, der Gewerkschaften und der Zivilgesellschaft gezeigt, dass es hier im Land eigentlich keine Mehrheit für die Privatisierungsbestrebungen des liberalen Bildungsministers und seiner Partei gibt. Ein Gesetz zur Rekrutierung der Direktoren der spezialisierten Lyzeen darf daher erst wieder auf den Instanzenweg, wenn der Punkt der Rekrutierung im Privatsektor vom Tisch ist. Das gilt im Übrigen auch für das Gesetzesprojekt 7658, das ebenfalls die Rekrutierung der Direktoren von IFEN, SCRIPT und CGIE im Privatsektor ermöglichen soll.
Schließlich ist anzumerken, dass die Vorgehensweise der Regierung, ein solch wichtiges Verfahren im Eilverfahren durch das Parlament zu boxen, ohne dass eine wirkliche Dringlichkeit besteht, für uns ein absolutes „No-Go“ darstellt. Hier sollte offenbar bewusst verhindert werden, dass sich eine breite Opposition gegen dieses Vorhaben bilden könnte. Diese Strategie ist grandios gescheitert. Hieraus müssen Lehren für die Zukunft gezogen werden.
Die unterzeichnenden Gewerkschaften und Vereinigungen werden jedenfalls ihren Einsatz für die öffentliche Schule und gegen die Privatisierungstendenzen unermüdlich fortsetzen.
Mitgeteilt von ACEN, ALPIA, APESS, SEW/OGBL und UNEL am 17. November 2020
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