Anlässlich seiner Sitzung vom 5. Dezember 2011 befasste sich der Exekutivausschuss des OGBL u.a. mit den Tripartite-Verhandlungen, der Situation in verschiedenen Wirtschaftssektoren, dem Warnstreik in der Stahlindustrie und der Bildungsreform.
Die Exekutive stellt fest, dass die europaweite Austeritätspolitik droht, den zaghaften Wirtschaftsaufschwung zu ersticken und dass dies sich auch negativ auf Luxemburg auswirken könnte. Gerade deshalb ist es wichtig die trotz allem günstige haushaltspolitische Lage Luxemburgs zu nutzen, um die wirtschaftliche Aktivität durch konjunkturbelebende Maßnahmen auf einem hohen Niveau zu halten. Dazu gehören auch Maßnahmen zum Erhalt der Kaufkraft der Arbeitnehmer und Rentner. Deshalb lehnt der OGBL jede Form von struktureller Veränderung des Indexsystems wie z.B. eine Veränderung des Warenkorbs ab. Das Indexsystem ist ein wichtiger Faktor des Kaufkrafterhalts und des sozialen Friedens in Luxemburg und dies soll auch so bleiben. Zusätzliche Maßnahmen auf steuerlicher und sozialpolitischer Ebene sind notwendig und möglich. Deshalb begrüßt der OGBL die Rücknahme der Krisensteuer zum 1. Januar 2012.
Im Rahmen der Tripartite-Verhandlungen fordert der OGBL ebenfalls eine längst überfällige Anpassung der Familienleistungen an die Preisentwicklung.
Was den Sozialversicherungsbereich anbelangt, begrüßt der OGBL die Abschaffung der Polyklinikgebühr von 2,50€ zum 1. Januar 2012, verlangt aber, dass der Leistungskatalog im Gesundheitswesen gezielt verbessert wird. Dies sollte insbesondere im zahnmedizinischen Bereich geschehen, da das derzeitige System so teuer geworden ist, dass sich viele Menschen bestimmte Behandlungen gar nicht mehr leisten können. Hier könnte die Krankenversicherung ihrem neuen Namen „Gesundheitskasse“ gerecht werden, indem sie stärker präventive Maßnahmen fördert und die Kosten dafür übernimmt.
Um dem Kaufkraftverlust der pensionierten Menschen abzusichern, darf die zweijährige Anpassung der Renten an die allgemeine Lohnentwicklung, das so genannte „Rentenajustement“ nicht angetastet werden.
Die OGBL-Exekutive begrüßt es ausdrücklich, dass Staatsminister Juncker die Beschäftigungspolitik zum ersten Tripartite-Thema gemacht hat und es damit nicht zugelassen hat, dass die Patronatsvertreter wie 2010 die Tripartite-Verhandlung einzig und allein auf das Indexsystem und die Löhne fokussieren.
Der OGBL plädiert insbesondere für eine konkrete betriebsbezogene Beschäftigungspolitik, um den Jugendlichen einen besseren Start ins Berufsleben zu ermöglichen. Flexibilisierungen im Arbeitsrecht sprich mehr Zeitverträge wie sie der Arbeitsminister ins Gespräch gebracht hat, sind kontraproduktiv und würden die jungen Arbeitnehmer noch mehr in ihren Zukunftsperspektiven verunsichern.
Für den OGBL muss die betriebliche Weiterbildungspolitik im Sozialdialog mit den Personalvertretungen und den Gewerkschaften verbessert werden. Individuelle Weiterbildungsinitiativen von Arbeitnehmern müssen gefördert werden.
Des Weiteren brauchen wir in Luxemburg dringend eine betriebliche Beschäftigungspolitik zugunsten älterer Arbeitnehmer. Anstatt ältere Arbeitnehmer aus der Arbeitswelt hinauszudrängen, sollten die Unternehmen dafür sorgen das Arbeitsumfeld und die Arbeitsbedingungen an die älteren Arbeitnehmer anzupassen. Auch dies kann nur im Sozialdialog gelingen.
Der OGBL möchte auch die betriebliche Mitbestimmung der Arbeitnehmer zu einem Tripartite-Thema machen. Für moderne erfolgreiche Unternehmen ist es unumgänglich auf Innovation zu setzen und eine besonders gewinnbringende Innovation ist die Einbeziehung der Mitarbeiter in die betriebliche Entscheidungsfindung. Für den OGBL ist Demokratie am Arbeitsplatz auch ein Produktivitätsfaktor. Wir benötigen mehr und bessere Mitspracherechte für die Arbeitnehmer, ihre Vertreter und ihre Gewerkschaften. Die Vorschläge des OGBL sind bekannt – wir brauchen dringend und endlich ein diesbezügliches Gesetzesprojekt.
Die OGBL-Exekutive begrüßt die außergewöhnlich große Solidarität, die sich in kürzester Zeit in der Bevölkerung mit den von Abbau und Arbeitsplatzverlust bedrohten Luxemburger Stahlbelegschaften gebildet hat. Die Gemeinden, die Geschäfte, die Jugendlichen sowie die Beschäftigten aus anderen Wirtschaftszweigen wie dem Gesundheitswesen und dem Finanzsektor sowie die FNCTTFEL-Kollegen bei der Bahn haben ihre Solidarität in verschiedenster Form zum Ausdruck gebracht.
Der OGBL ruft die Regierung auf, sich endlich einzumischen und nicht tatenlos zuzusehen wie die Produktionsanlagen eingemottet werden, anstatt dass in Zukunftsprodukte investiert wird.
Die OGBL-Exekutive hat sich auch mit der Situation im Bausektor und im Bauhandwerk befasst und seine Unterstützung für die Aktionen der Beschäftigten in diesem Bereich zugesagt. Es kann nicht sein, dass hier versucht wird die Wochenarbeitszeit auf 52 Stunden zu erhöhen. Dies würde uns im Arbeitsrecht um hundert Jahre zurückwerfen!
Abschließend befasste sich die OGBL-Exekutive mit der Bildungsreform. Der OGBL versteht den Sinn dieser Reform dahingehend, dass es hier in erster Linie um mehr Chancengerechtigkeit geht. Möglichst viele junge Menschen sollen in Zukunft qualitativ hochwertige berufliche und allgemeinbildende Schulabschlüsse erreichen, die ihnen die nötigen Berufschancen bieten bzw. sie darauf vorbereiten hochwertige Hochschulstudien zu absolvieren.
Vieles deutet allerdings darauf hin, dass die seit ein paar Jahren durchgeführten Reformen diese Ziele nicht erreichen werden, sondern im Gegenteil in eine bildungspolitische Sackgasse führen.
Die Berufskammer der Arbeitnehmer hat beispielsweise vor Monaten ein Reformmoratorium bei der Umsetzung der Reform des Berufsunterrichts angeregt, da die Reform die angestrebten Ziele einer Qualitätsverbesserung so nicht erreichen wird und zu Desillusionierung und Chaos führen wird.
Ähnlich negative Echos kommen aus dem Grundschulbereich. Im Sekundarschulbereich warnen die Lehrer in unzähligen motivierten Gutachten vor den Reformvorschlägen des Ministeriums. Aber auch ihre Einwände werden nicht berücksichtigt.
Die Demonstration von mehr als dreitausend Lehrern am 1. Dezember hat eindrucksvoll unterstrichen, dass die Ministerin auf dem falschen Weg ist. Genausowenig wie man eine Gesundheitsreform gegen die Ärzte und die übrigen Gesundheitsberufler machen kann, genauso wenig kann man eine Bildungsreform gegen die Lehrer machen. Die Ministerin muss sich mit den Gewerkschaften des Lehrpersonals an den Tisch setzen und Bereitschaft zeigen, ihre Reformpläne grundlegend zu überdenken. Sie muss auch zur Kenntnis nehmen, dass die geplante Dienstrechtsreform in weiten Teilen von den Lehrern aller Schulstufen abgelehnt wird und sie gefordert ist zusammen mit ihrem Kollegen aus dem Beamtenministerium, auch in diesem Bereich im Interesse einer zukunftsorientierten Bildungspolitik Alternativen auf den Verhandlungstisch zu legen.
Mitgeteilt vom OGBL am 5. Dezember 2011
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