Leitartikel

Reformen im Interesse der Arbeitnehmer werden gebraucht

Jean-Claude Reding, président de l’OGBL
Jean-Claude Reding, Präsident des OGBL

Ein Höhepunkt der gewerkschaftlichen Aktion war in den letzten Wochen sicherlich die auf Initiative des OGBL zustande gekommene Demonstration vor der Abgeordnetenkammer. Der OGBL, der die Vorsitzenden in den Personalvertretungen beider Firmen stellt, hat von Anfang eine klare Linie verfolgt. Die beiden Firmen gehören dem Land und sind von systemischer Bedeutung für den Flughafen und, darüber hinaus, für die Wirtschaft in unserem Land. Die Allianz mit Qatar Airways war ein strategischer Fehler. Nunmehr gilt es eine klare zukunftsfähige aber auch realistische Strategie für beide Firmen zu entwickeln, eine Strategie, die in Verbund mit wirtschaftspolitischen und landesplanerischen Orientierungen und Zielsetzungen gesehen werden muss und die gegebene Realitäten, wie die Tatsache, dass der Flughafen sehr nahe bei einer Stadt und in einem dichtbesiedelten Gebiet liegt, berücksichtigt. Auf Grund dieser Strategie, die unter Einbeziehung der Personalvertreter und der Gewerkschaften entwickelt werden muss, gilt es einen neuen Geschäftspartner zu suchen, der Qatar Airways im Kapital der Cargolux ersetzen soll. Erst auf Basis eines neuen Geschäftsmodells kann die Diskussion über die Folgen, die sich daraus für die Personalpolitik ergeben, sinnvoll geführt werden. Ankündigungen, dass es ohne Sozialabbau nicht möglich sei, beide Betriebe zu retten, sind der Sache dabei nicht dienlich.

Es gibt Alternativen

Ähnlich sehen wir die Lage in der Industrie. Die angekündigte „Einmottung“ des historischen Sitzes der ARBED oder soll man sagen die geplante Veräußerung dieses Gebäudes lassen tief blicken in Bezug auf die Strategie, die L. Mittal in Luxemburg verfolgt. Noch besorgniserregender ist, dass die Zukunft der Standorte Schifflingen und Rodange weiterhin mehr als unsicher bleibt. Die vom OGBL gemachten Vorschläge und das Audit über diese Vorschläge zeigen, dass es Alternativen zur Politik der Konzernspitze gibt. Warum bekommen wir so wenig Unterstützung von politischer Seite? Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik kann sich doch nicht auf soziale Begleitmaßnahmen  beim Schließen von ganzen Betriebsteilen beschränken. Die Politik von ArcelorMittal  in Europa und in Luxemburg ist eine Gefahr für die europäische Stahlindustrie. Darauf brauchen wir eine koordinierte gewerkschaftliche besonders aber eine koordinierte politische Antwort, wir brauchen eine europäische Stahlpolitik, so wie wir eine europäische aber auch eine nationale Industriepolitik brauchen. Dies waren auch zentrale Diskussionspunkte in einem rezenten Gespräch zwischen dem Wirtschaftsminister und den Verantwortlichen der drei Industriesyndikate des OGBL.

Sozialdialog: Theorie und Praxis

In der politischen Diskussion wird immer wieder ein verbesserter Sozialdialog angemahnt. Auch die Funktionäre der Arbeitgeberseite benutzen gerne die Formel der Sozialpartnerschaft und des Sozialdialogs. Andererseits werden aber erpresserische Methoden  angewandt. Denn wie soll man die Haltung einer Luxguard anders qualifizieren, wenn notwendige Investitionen nicht gemacht werden, und dies obwohl Jahre lang Gewinne gemacht wurden, dann aber plötzlich mit einer Werksschließung gedroht wird, Personal ohne jede soziale Rücksicht zu entlassen, und dies alles um Lohnkürzungen durchzusetzen. Die Fedil-Spitze ihrerseits zeigt Verständnis für die Haltung von Luxguard, bringt  die Wettbewerbsfähigkeit, die durch angeblich zu hohe Arbeitskosten gefährdet sei, ins Spiel. Dabei zeigen rezente Studien aus Deutschland (siehe Tageblatt vom 27.11.), dass Luxemburg mit Arbeitskosten von 29,60€ pro Stunde im verarbeitenden Gewerbe an 9. Stelle in der EU liegt.

Ähnliches läuft im Finanzsektor ab, wo alle Unzulänglichkeiten unserer Arbeitsgesetzgebung ausgenützt werden, um Personalabbau durchzusetzen, soziale Errungenschaften abzuschaffen und Lohndruck auszuüben.

Für Reformen im Interesse der Arbeitnehmer

Die rezenten Entwicklungen zeigen, dass es dringend notwendig ist, die luxemburgische Arbeitsgesetzgebung, die ein Schutzinstrument für den Arbeitnehmer sein sollte, zu verbessern. Dies gilt besonders für den Kündigungsschutz, dies gilt aber auch für die Rechte der Personalvertreter und der Gewerkschaften im Betrieb, ihre Möglichkeiten vor Gericht aktiv zu werden. Dies gilt für die Schlichtungsprozeduren, die effizienter gestaltet werden müssen. Dies gilt für die notwendige Stärkung  der Gewerbeinspektion (ITM), für die Arbeitsmedizin – hier drängt sich eine Reform im Sinne der Schaffung eines starken, einheitlichen, öffentlichen, politisch und finanziell unabhängigen arbeitsmedizinischen Dienstes auf.

Wir brauchen qualitative Reformen, um die Arbeitnehmer besser zu schützen, um ihre berufliche Entwicklung in einer sich schnell wandelnden Welt besser abzusichern, um ihnen mehr Mitspracherecht bezüglich ihrer Arbeit zu geben. Solche Reformen beinhalten politisch einen Ausbau, eine Weiterentwicklung unseres Sozialstaats und nicht seinen schleichenden Abbau.

Der OGBL wird sich weiterhin für eine solche Reformpolitik einsetzen und unseren Sozialstaat verteidigen.

Der OGBL wird sich für gute Arbeitsbedingungen und faire Löhne stark machen.

Der OGBL wird sich auch weiterhin an vorderster Front für den Erhalt unserer Kaufkraft, des Wertes unserer Löhne und Renten einsetzen.