Regierungspolitik

Meinungsaustausch zwischen OGBL und LSAP

Auf Anfrage der LSAP traf sich am 21. Januar 2013 eine OGBL-Delegation, angeführt von Jean-Claude Reding, mit einer Delegation der LSAP unter der Leitung des Parteipräsidenten Alex Bodry und des Fraktionsvorsitzenden Lucien Lux.

Die Diskussion wurde eröffnet durch Lucien Lux, der eingangs feststellte, dass OGBL und LSAP in letzter Zeit des Öfteren unterschiedliche Meinungen bezüglich der Regierungspolitik in der Öffentlichkeit vertraten. Dies sei ein ganz normaler demokratischer Tatbestand, den es schon immer gegeben habe. Beide Parteien waren der Meinung, dass politische Divergenzen sie nicht daran hindern sollten sich regelmäßig auszutauschen.

Lux betonte, dass die Reformen der jüngsten Vergangenheit wie z.B. die Gesundheitsreform, die Pensionsreform, die neuen Sparmaßnahmen – insbesondere die Steuererhöhungen – nicht konträr zu den politischen Überzeugungen der LSAP seien. Die Partei stehe voll und ganz hinter Sozialminister Mars Di Bartolomeo, und habe sich insbesondere bei der Rentenreform mit verschiedenen Forderungen des OGBL wie z.B. der Einführung eines 4. Finanzierungspfeilers nicht anfreunden können. Die durch LSAP-Minister Di Bartolomeo ausgeführte Sozialpolitik bezwecke den Sozialstaat zu stärken und langfristig abzusichern, sicherlich nicht ihn auszuhöhlen. Die LSAP habe als Regierungspartei eine wichtige Rolle inne, um dafür zu sorgen, dass Reformen sozialverträglich und sozialgerecht seien. Auch bei der Haushaltspolitik nehme man eine pragmatische Haltung ein und verfalle nicht dem Null-Defizit-Syndrom. Die LSAP ist allerdings der Meinung, dass Korrekturen sowohl bei den Einnahmen als auch bei den Ausgaben unumgänglich sind.

Parteipräsident Bodry begrüßte, dass das Treffen zustande kam, verteidigte ebenfalls die Regierungspolitik und unterstrich die moderierende Rolle, die seine Partei in der Regierung spiele. Ohne die LSAP trüge die Reformpolitik mit Sicherheit andere Züge. Bodry sagte, dass das verfügbare Einkommen der luxemburgischen Haushalte seit Ausbruch der Krise in 2008 unverändert sei. Allein dies sei angesichts der Dramatik der Krise bereits ein zu würdigender Erfolg der Politik, auch wenn man bedauere, dass die Statistik nicht allen Situationen Rechnung trage und die Arbeitslosigkeit ständig zunehme.

Angesichts der rezenten konjunkturellen Entwicklung sei das ursprüngliche Ziel der Regierung, schon im Jahr 2014 einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen, nicht zu halten, so Lux und Bodry, die daher für eine zeitliche Streckung des Null-Defizit-Ziels plädierten. Man dürfe aber das Problem des öffentlichen Defizits und der steigenden Staatsverschuldung nicht auf die leichte Schulter nehmen.

Der OGBL unterstrich seinerseits, dass die Entwicklung der Staatsschuld ursächlich mit der Bankenrettungsaktion, die 2008 vereinbart wurde, zusammenhängt und mit der 2009 vereinbarten Investitionspolitik, um die Wirtschaft zu unterstützen. Des Weiteren belastet natürlich die europaweite Austeritätspolitik auch den luxemburgischen Staatshaushalt. Nichtsdestotrotz hat Luxemburg im Vergleich zu anderen europäischen Ländern noch einen erheblichen positiven Spielraum. Die aktuelle Sparpolitik sei überzogen.

OGBL-Präsident Reding fragte für wen man Politik mache, für alle Menschen oder nur für die Menschen, die mit dem Mindestlohn leben müssen. Es sei wohl ein hehres Ziel, die Lebenslage der sozialschwachen Menschen schützen zu wollen , dies könne aber nicht eine Sozialpolitik ausfüllen, wie sie die freien Gewerkschaften seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs verteidigt und vorangetrieben haben. Jean-Claude Reding betonte, dass der OGBL für die große Masse der Menschen arbeitet. Die Diskussion über soziale Selektivität dürfe nicht dazu führen, dass am Ende nur noch ein Sozialhilfenetz für die Bedürftigsten übrigbleibe. Reding hofft, dass sich die LSAP einem solchen politischen Richtungswechsel verschließe. Im linken Spektrum der Politik und der Gewerkschaftsarbeit sei Sozialpolitik immer auch eine Umverteilungspolitik gewesen mit dem Ziel die sozialen Unterschiede in Luxemburg so klein wie möglich zu halten. Die LSAP stimmt mit dem OGBL darin überein, dass in der Sozial- und Steuerpolitik auch die Interessen der breiten Mittelschicht gewahrt werden müssen.

Auch die Diskussion über den gedeckelten Index, den beide Seiten ablehnen, sollte ähnliche Tatsachen schaffen und hätte außerdem zu Spannungen in der Arbeitnehmerschaft geführt. Mit dem OGBL werde es nicht zu einer Aufwiegelung der Arbeitnehmer des Privatsektors gegen die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst, sprich im Gesundheits- und Sozialsektor, bei der Eisenbahn, bei Staat und Gemeinden kommen.

Universelle Sozialrechte müssen erhalten bleiben

Anschließend fand ein breiter Austausch über diverse Politikthemen statt, wie die Rentenreform und die in diesem Zusammenhang noch ausstehenden Gesetze (Seniorenschutz, Teilzeitarbeit und Teilzeitrente, Schutz der Rechte der Schichtarbeiter, öffentlich-rechtliche Zusatzpensionsversicherungen für alle, …), die Reklassierungsreform, die Reform der Mitsprachegesetzgebung, die Pflegeversicherung, der neue Spitalplan, die Steuergesetzgebung, die Vorruhestandsregelung Solidarität, die Beschäftigungspolitik, Reformen im Bereich Aus- und Weiterbildung, die Familienpolitik, der nationale Sozialdialog sowie die neuen europäischen Haushalts- und Reformbestimmungen (Europäisches Semester) und den nicht existierenden Dialog bzw. die nicht zu erkennende Konsultationsmethode in diesem Bereich.

Aber auch die Indexproblematik war ein Thema, bei dem der OGBL die LSAP-Delegation aufforderte klar und unmissverständlich Stellung zu beziehen und sich in der Frage des Erhalts des Systems auf die Seite der Arbeitnehmer, Rentner und Familien zu stellen. Sich zum Indexsystem bekennen hieße auch sich zum luxemburgischen Modell der Lohnfindung zu bekennen, so OGBL-Generalsekretär Roeltgen.

Die LSAP bekräftigte ihrerseits noch einmal ihr Bekenntnis zum Erhalt des Indexsystems. Nach den Wahlen gelte es, je nach wirtschaftlicher Lage gemeinsam mit den Sozialpartnern über die zukünftige Ausgestaltung des Index zu verhandeln.

Beide Parteien betonten dann auch in Hinsicht auf die Empfehlungen der OECD sich gegen eine Niedriglohnpolitik in Luxemburg stark machen zu wollen. Des Weiteren würden sie nicht zulassen, dass das universelle Sozialversicherungssystem untergraben und in ein Sozialhilfesystem für die Bedürftigsten umgewandelt werde.

OGBL und LSAP fordern des Weiteren die Regierung auf im Rahmen der neuen europäischen Bestimmungen zur Erstellung des Staatshaushalts und des Nationalen Reformprogramms (Europäisches Semester für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik), dringend eine Konsultationsmethode zu definieren und dafür zu sorgen, dass alle nationalrepräsentativen Kräfte in diesen wichtigen Angelegenheiten ein Konsultations- bzw. Mitspracherecht erhalten bevor Texte nach Brüssel gesandt werden.

Mitgeteilt von OGBL und LSAP
am 24. Januar 2013