Im vergangenen 31. Januar trat der OGBL-Nationalvorstand in der Maison du Peuple in Esch/Alzette zu seiner ersten Sitzung zusammen. Der Zufall wollte es, dass am selben Tag in der Presse bekannt wurde, dass die nächste Indextranche bereits im Februar ausgelöst wird. Und so war es nur logisch, dass der Index auch in der ersten Sitzung des OGBL-Nationalvorstands des Jahres eine Rolle spielte.
Zur Erinnerung: Ohne den Widerstand und die Entschlossenheit des OGBL im vergangenen Jahr wäre die im Februar 2023 ausgelöste Indextranche erst im April 2024 an die Arbeitnehmer und Pensionierten ausgezahlt worden. Das heißt, 14 Monate später … und ein ebenso großer Kaufkraftverlust für die Haushalte. Das sogenannte „Tripartite-Abkommen“ vom März 2022, gegen das sich der OGBL vehement gewehrt hat, sah nämlich die Einführung einer Mindestdauer von 12 Monaten zwischen der Auszahlung von zwei Indextranchen vor. Eine inakzeptable Bestimmung für den OGBL, der sich geweigert hatte, dieses Tripartite-Abkommen zu unterzeichnen und in der Folge eine große Oppositionskampagne gegen diese Maßnahme initiiert hatte, die schließlich im Rahmen einer neuen Tripartite, die im September 2022 einberufen wurde, zur Wiedereinführung der normalen Funktionsweisedes Indexsystems führte. „Ohne den Widerstand der größten Gewerkschaft des Landes und ohne den Widerstand der OGBL-Militantinnen und -Militanten auf der Straße wäre das Septemberabkommen nicht zustande gekommen“, betonte OGBL-Präsidentin Nora Back.
Während in letzter Zeit immer wieder Stimmen laut wurden, die das System der automatischen Indexierung der Löhne und Pensionen erneut angreifen oder bestimmte Aspekte in Frage stellen, hat der Nationalvorstand des OGBL in seiner letzten Sitzung das Tüpfelchen aufs i gesetzt. Der Index ist für den OGBL eine rote Linie und er wird keinerlei Manipulationen akzeptieren: weder eine Verschiebung der Tranchen, noch einen gedeckelten Index, noch das Herausnehmen verschiedener Artikel aus dem Warenkorb, der als Berechnungsgrundlage für den Index dient. Kurzum, das Indexsystem muss in seiner Gesamtheit erhalten bleiben, so wie es das Gesetz vorsieht.
Ankündigung der Finanzministerin ist Augenwischerei
Das Thema Steuern stand hingegen durchaus auf der ursprünglichen Tagesordnung der letzten Sitzung des Nationalvorstands. Die Ankündigung der Finanzministerin, dass noch vor den nächsten Wahlen genügend Haushaltsspielraum für Steuererleichterungen, wahrscheinlich in Form von Steuerkrediten, vorhanden sei, irritierte den Nationalvorstand des OGBL.
Zunächst einmal ist festzuhalten, dass die Existenz von Haushaltsspielräumen letztendlich die Analyse und die Position des OGBL in den letzten Monaten und insbesondere in der letzten Tripartite vom September 2022 bestätigt. Damals hatte der OGBL über die Wiedereinführung des Index hinaus die Anpassung der Steuertabelle an die Inflation gefordert. Die Regierung hatte dies mit der Begründung abgelehnt, dass die öffentlichen Finanzen dies nicht zulassen würden.
Die Verärgerung des OGBL über diese Ankündigung bezieht sich jedoch vor allem auf die von der Finanzministerin geplante Maßnahme. Zunächst einmal muss in diesem Zusammenhang daran erinnert werden, dass die Steuerpolitik in Luxemburg alles andere als gerecht oder fair ist. Allein die Tatsache, dass die Steuertabelle nicht automatisch an die Inflation angepasst wird, führt regelmäßig zu Steuererhöhungen, vor allem für Klein- und Mittelverdiener. Denn mit jedem Lohnanstieg, z. B. durch die Auszahlung einer Indextranche, steigen Klein- und Mittelverdiener auch in der Steuertabelle auf und zahlen daher jedes Mal mehr Steuern. Seit der letzten Steuerreform 2017 und bis Ende des Jahres werden Klein- und Mittelverdiener also acht Steuererhöhungen hinnehmen müssen. Mit anderen Worten: Die von der Finanzministerin geplante Steuerentlastung durch eine Steuergutschrift ist in Wirklichkeit Augenwischerei. Es handelt sich um ein unehrliches „Wahlgeschenk“, das in Wirklichkeit durch den Steuerüberschuss finanziert wird, den die Klein- und Mittelverdiener in den letzten sechs Jahren unberechtigterweise gezahlt haben, weil die Steuertabelle nicht an die Inflation angepasst wurde.
Für den OGBL besteht die Maßnahme der Steuergerechtigkeit, die die Regierung jetzt ergreifen sollte, genau darin, wieder einen Mechanismus zur automatischen Anpassung der Steuertabelle an die Inflation einzuführen, um dem Phänomen der kalten Progression definitiv ein Ende zu setzen und somit die Klein- und Mittelverdiener wirklich steuerlich zu entlasten.
Nicht zu vergessen – spätestens in den Wahlprogrammen – weitere Maßnahmen zur Wiederherstellung von mehr Steuergerechtigkeit: zusätzliche Stufen am oberen Ende der Steuertabelle für hohe Einkommen, eine höhere Besteuerung großer Vermögen und die Herstellung der steuerlichen Gleichbehandlung von Kapital- und Arbeitseinkommen.
Arbeitsrecht: Die Liste der notwendigen Reformen ist lang Schließlich befasste sich der OGBL-Nationalvorstand auch mit den zahlreichen Baustellen, die im Bereich des Arbeitsrechts noch zu bearbeiten sind. Zwar hat die Frage der Arbeitszeitorganisation in letzter Zeit wieder an Interesse gewonnen, nachdem der Arbeitsminister eine Studie zu diesem Thema in Auftrag gegeben hatte, doch die Prioritäten in Sachen Modernisierung des Arbeitsrechts sind in Wirklichkeit weitaus zahlreicher.
So wird es immer dringender und unerlässlicher, die Gesetze über die Sozialpläne, die Pläne zur Aufrechterhaltung der Beschäftigung, das Konkursrecht, das Recht auf Weiterbildung und das Gesetz über die Kollektivverträge – um nur einige zu nennen – zu reformieren. Auch wenn diese Liste der durchzuführenden Reformen stark an einen Forderungskatalog des OGBL erinnert – was sie auch ist, – so ist sie doch in erster Linie dem Koalitionsprogramm selbst entnommen. Die Regierung hatte sich nämlich dazu verpflichtet, diese Reformen durchzuführen. Bis heute wurde jedoch noch keine Gesetzesinitiative ergriffen. Auch der Ständige Ausschuss für Arbeit und Beschäftigung (CPTE), der eigentlich der ideale Ort wäre, um all diese notwendigen Reformen im Sozialdialog zu erörtern, wurde von der Regierung in dieser Amtszeit nicht angerufen, um über diese Themen zu diskutieren. Leider.
Dieser Artikel erschien ursprünglich in der Zeitschrift Aktuell (#1 – 2023)
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