Finanzierung des allgemeinen Rentenversicherungssystems

Die geliebte Kristallkugel!

Die Rentenversicherung schützt die Versicherten gegen die drei Risiken Alter, Invalidität undVerwitwung. Die Finanzierung des allgemeinen Rentensystems basiert auf einem sogenannten Lastenverteilungssystem mit zehnjährigen Deckungsperioden (2013-2022) und der Bildung eines Reservefonds , der mehr als das 1,5-fache der jährlichen Leistungen betragen muss.

Die Kosten des allgemeinen Rentensystems werden durch den Beitragssatz gedeckt, der seit 1990 unverändert bei 24% liegt und wie folgt aufgeteilt wird: 8% gehen zu Lasten des Versicherten, 8% zu Lasten des Arbeitgebers und 8% zu Lasten des luxemburgischen Staates. Die reine Umlageprämie – der Ausgleichssatz zwischen den jährlichen Einnahmen und den jährlichen Ausgaben des allgemeinen Rentenversicherungssystems – betrug 21,75% im Jahr 2020.

Im Jahr 2022 legte die Generalinspektion für soziale Sicherheit (IGSS) ihre technische Bilanz vor, die eine Analyse der Entwicklung des allgemeinen Rentenversicherungssystems im Erfassungszeitraum sowie seiner langfristigen Tragfähigkeit mit Prognosen bis zum Jahr 2070 enthält.

Laut ihrer Ende 2016 vorgelegten Bilanz zur Finanzlage des allgemeinen Rentenversicherungssystems schätzte die IGSS, dass der Gesamtbeitragssatz von 24% etwa 2023 erreicht werden würde und nicht erst 2020, wie Ende 2011 geschätzt und vorhergesagt worden war, als die Diskussionen über die Reform des Rentenversicherungssystems von 2012 begannen, die am 1. Januar 2013 in Kraft trat.
Aus der technischen Bilanz der IGSS von 2022 geht jedoch hervor, dass die neuen Finanzprojektionen voraussagen, dass die reine Umlageprämie erst 2027 den Gesamtbeitragssatz von 24% übersteigen wird und dass die Reserven des Ausgleichsfonds, die 2021 einen Betrag von über 27 Millionen Euro erreicht haben, was dem 5,16-fachen der jährlichen Leistungen entspricht, 2047 aufgebraucht sein werden. Folglich verschieben die Finanzprojektionen, wie seit Jahrzehnten üblich, das Enddatum der „Rentenmauer“ erneut.

Der OGBL erinnert daran, dass diese letzte Reform der Rentenversicherung von 2012 Verschlechterungen des allgemeinen Rentenversicherungssystems eingeführt hat, nämlich bei den Berechnungsregeln, der Dynamisierung der Renten sowie den Antikumulbestimmungen zu Ungunsten sowohl der derzeitigen wie auch der zukünftigen Rentner. Während die Gewerkschaften und allen voran der OGBL Vorschläge machten, wie unser Rentensystem dauerhaft gesichert werden könnte, ohne es zu verschlechtern, beschloss eine Mehrheit der damaligen Abgeordneten, dass die junge Generation keinen Anspruch mehr auf das Rentenniveau ihrer Eltern haben würde, sondern sich mit dem Rentenniveau ihrer Großeltern zufrieden geben müsste. Ein Paradigmenwechsel in der Sozialpolitik, der in vielen Ländern der Europäischen Union im Gange war, kündigte sich auch in Luxemburg an.

Die neuen Rechtsvorschriften sehen außerdem vor, dass die automatische Anpassung der Renten an die Lohnentwicklung manipuliert oder sogar abgeschafft werden soll, sobald die reine Umlageprämie den Gesamtbeitragssatz von 24% übersteigt. Es ist auch vorgesehen, die Jahresendzulage automatisch abzuschaffen, wenn der Beitragssatz 24% übersteigt.

Alle Prognosen, die in den letzten Jahrzehnten gemacht wurden, haben sich glücklicherweise als falsch erwiesen. Vorhersagen für 50 Jahre zu treffen, ist ohnehin ein Wagnis und ähnelt sehr dem Gebrauch der geliebten Kristallkugel in Zeiten, die man für überwunden hielt. Aber heute sind wir wieder mit der Verwendung unserer geliebten Kristallkugel konfrontiert, da die Prognosen auf unsicheren Annahmen beruhen, um die finanzielle Nachhaltigkeit des Rentenversicherungssystems bis 2070 vorherzusagen!

Diese Projektionen und Annahmen haben nur einen ideologischen Zweck – nämlich Angst zu machen – und dienen dazu, den Boden für eine Politik des sozialen Rückschritts zu bereiten.

Darüber hinaus darf man aber nicht vergessen, dass die technische Bilanz eine kurzfristige Wirkung hat. Auf dieser Grundlage wird die Höhe der Beiträge für die kommenden Jahre, im Prinzip bis 2032, festgelegt. Laut der Bilanz würde nun aber die reine Umlageprämie im Jahr 2027 den Gesamtbeitragssatz übersteigen. Bei gleichbleibender Gesetzgebung würde dies bedeuten, dass sich die Anpassung der Renten an die Lohnentwicklung automatisch zu Ungunsten der heutigen und künftigen Rentner verändern würde.

Für den OGBL ist es an der Zeit, den Schaden, den die Reform von 2012 den zukünftigen Generationen zugefügt hat, wieder gut zu machen, die Situation der Rentner und Rentnerinnen, die eine kleine Rente beziehen, zu verbessern und das System an die neuen Berufskarrieren anzupassen.

Bereits 2012 haben wir zahlreiche Vorschläge zu diesem Thema unterbreitet, die es auch ermöglichen, unser umlagefinanziertes staatliches Rentensystem zu sichern.

Es genügt, die umfangreiche Stellungnahme der Arbeitnehmerkammer (CSL) zur Reform und die Vorschläge derselben CSL, die auf Anregung des OGBL 2017 im Anschluss an die technische Bilanz von 2016 herausgegeben wurden, erneut zu lesen.

Anstatt über konstruktive Lösungen zu diskutieren, scheint es für die, die gegen unser Rentensystem sind, einfacher zu sein, die aktuelle Gesetzgebung nicht anzutasten und dann die im aktuellen Gesetz vorgesehenen Mechanismen zu nutzen, um das Niveau der aktuellen und zukünftigen Renten zu senken und de facto, aber ohne es zu sagen, das Renteneintrittsalter zu erhöhen, ohne sich in irgendeiner Weise um die neuen Anforderungen der modernen Arbeitswelt zu kümmern.

Abgesehen von der Frage der alternativen Finanzierung des Rentensystems ist der OGBL der Meinung, dass es dringend notwendig ist, die Laufbahnplanung in vielen Sektoren zu ändern, und zwar auf der Grundlage eines echten Sozialdialogs, ein echtes Altersmanagement in der Arbeitswelt einzuführen und die Arbeitsbedingungen zu verbessern und anzupassen, damit die Arbeitnehmer in einem gesunden Umfeld arbeiten können, ohne dass sich ihr Gesundheitszustand verschlechtert.

Wenn die Regierung nicht bereit ist, eine Zunahme der sozialen Ungleichheit und des Elends in einem reichen Land zu akzeptieren, wäre sie gezwungen, Maßnahmen zu ergreifen, um die Betroffenen finanziell zu entlasten, was sich wiederum auf andere Haushaltsposten auswirken würde.

Der OGBL jedenfalls wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass die Versicherten am Ende ihres Berufslebens eine Rente erhalten, die ihnen ein gutes, anständiges und würdiges Leben ermöglicht, anstatt mit einer Hungerrente auskommen zu müssen und gezwungen zu sein, die öffentliche Fürsorge oder eine Unterstützung durch ihre Kinder in Anspruch zu nehmen.

Der OGBL und seine Vorgängerorganisationen haben für den sozialen Fortschritt gekämpft und wir werden auch weiter gegen jeden Rückschritt im sozialen Bereich kämpfen.

Dieser Artikel erschien ursprünglich in der Zeitschrift Aktuell (#1 – 2023)