Seit 1992 organisieren die CGTP-IN und der OGBL in Luxemburg ein Treffen von portugiesischsprachigen Gewerkschaftern, Beratern und Vereinsführern in Europa. Die fünfte Ausgabe fand am 11. und 12. November 2023 im CEFOS in Remich statt. Die Delegation der CGTP bestand aus Fernando Gomes und João Barreiros, beide Mitglieder des Exekutivvorstands, sowie aus Gewerkschaftern, die mehrere spezifische Sektoren vertraten. Die Generalsekretärin der CGTP, Isabel Camarinha, nahm per Videokonferenz aus Lissabon teil.
Seitens des OGBL waren die Präsidentin Nora Back, Carlos Pereira und David Angel vom geschäftsführenden Vorstand sowie Eduardo Dias und Sónia Neves von der Immigriertenabteilung anwesend, neben anderen Mitgliedern und Gewerkschaftern. Außerdem waren Vertreter portugiesischer Parteien, führende Vertreter des portugiesischsprachigen Vereinswesens in Luxemburg, Mitglieder des Rats der Portugiesischen Gemeinschaften CCP (beratendes Organ der portugiesischen Regierung in Auswanderungsfragen) und Gewerkschafter der Gewerkschaft portugiesischer Lehrer im Ausland SPE, UNIA (Schweiz), IG METALL (Deutschland), CIG Frankreich, CIG-Galizien (Spanien) und UNTC-CS (Kap Verde) anwesend.
Portugiesische Einwanderung nonstop Carlos Pereira ging auf die seit 60 Jahren konstante portugiesische Einwanderung nach Luxemburg ein. Er erinnerte sich, dass „die ersten Portugiesen ein eher niedriges Bildungsniveau hatten. Die, die derzeit ankommen, sind hoch qualifiziert. Das sind zwei sehr unterschiedliche Erfahrungen mit der Einwanderung“. Er zeigte sich erfreut darüber, dass die portugiesischen Staatsangehörigen heute besser integriert und in allen Wirtschaftszweigen vertreten sind, vom Baugewerbe bis zur Gebäudereinigung, vom Handel bis zum Gesundheitswesen, über das Bildungswesen, das Finanzwesen bis hin zum öffentlichen Dienst.
Ein Mindestlohn von 1.000 Euro im Jahr 2025 João Barreiros erklärte, dass in Portugal „etwa 935.000 Arbeitnehmer mit einem Mindestlohn von 760 Euro (über)leben müssen, was in Wirklichkeit ein Nettolohn von 676 Euro bedeutet. Damit ist heute kein menschenwürdiges Leben mehr möglich! Zwei von drei Arbeitnehmern verdienen weniger als 1.000 Euro/Monat. Das ist das Ergebnis einer Politik der niedrigen Löhne und prekären Arbeitsverhältnisse, die die Arbeitnehmer, vor allem junge Menschen, zur Auswanderung zwingt“. Der portugiesische Mindestlohn wird im Januar 2024 auf 820 Euro steigen. Für die CGTP ist das angesichts des Kaufkraftverlusts der Arbeitnehmer nicht ausreichend. Die Gewerkschaft fordert eine allgemeine Lohnerhöhung von 15 % und einen Mindestlohn von 910 Euro im Jahr 2024 und 1.000 Euro im Jahr 2025.
João Barreiros kritisierte auch die Europäische Kommission für ihre „neoliberale Politik, die die Rechte von Arbeitnehmern, Migranten und Flüchtlingen angreift und die nationale Produktion, die Industrie, die Fischerei und die Landwirtschaft zerstört hat. Gleichzeitig gibt es weniger Investitionen in öffentliche Dienstleistungen und soziale Funktionen des Staates, Krankenhäuser werden geschlossen, und es fehlen überall in den Schulen des Landes Lehrer“.
Joaquina Almeida von der UNTC-CS äußerte sich ebenfalls besorgt über die massive Auswanderung aus Kap Verde. Dort beträgt die Jugendarbeitslosigkeit unter den 15- bis 34-Jährigen 40 %, was sie dazu veranlasst, nach Europa zu kommen, meist als billige Arbeitskräfte. Für den Archipel bedeutet dies den Verlust seiner jungen Menschen.
Angezogen von besseren Löhnen in Europa oder ganz kurzen Jobs, „sind die Kapverdianer zur Auswanderung verurteilt“, bedauert die Gewerkschaftsleiterin. Denn obwohl das Land heute eine Bevölkerung von einer halben Million Menschen hat, leben dreimal so viele im Ausland.
In seiner Rede kritisierte Eduardo Dias die mangelnde Investition des portugiesischen Staates in Portugiesischkurse im Ausland, die sich an Kinder von Emigranten richten. Er erinnerte daran, „dass es einmal 56 portugiesische Lehrer in Luxemburg gab und dass es heute, mit viel mehr Schülern, dennoch viel weniger Lehrer gibt“. Er forderte auch, dass die portugiesischen Behörden die Auswandererverbände besser über die Unterstützung informieren sollten, die sie beim portugiesischen Staat beantragen können.
Gewerkschaftübergreifende Solidarität und Kampf Die Generalsekretärin des Gewerkschaftsbundes CGTP, Isabel Camarinha, tritt für einen „allgemeinen Kampf auf internationaler Ebene für höhere Löhne“ ein. Der Sturz der portugiesischen Regierung Anfang November beunruhigte sie, da die Rechte und die extreme Rechte ihre Kräfte im Hinblick auf die Parlamentswahlen im März 2024 bündelten. Die Generalsekretärin erwähnte in diesem Zusammenhang den 50. Jahrestag der Nelkenrevolution am 25. April 2024, um daran zu erinnern, dass ihre Gewerkschaft jede „Politik mit Tendenz zum Faschismus“ einer zukünftigen Regierung ablehnen werde.
Die OGBL-Präsidentin Nora Back stimmte selbstverständlich der Tatsache zu, dass der Kampf gegen Niedriglöhne sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene geführt werden muss. „Wir müssen die Solidarität zwischen den Gewerkschaften über die Grenzen hinweg stärken“, in einer Zeit, in der Kriege und Krisen den Arbeitgebern als Vorwand dienen, um die sozialen Errungenschaften der Arbeitnehmer in der ganzen Welt auszuhöhlen. „Wir müssen diese Rechte schützen, die Austeritätspolitik und das Sozialdumping bekämpfen und mehr Investitionen in die Sozialpolitik fordern“.
Resolution Fernando Gomes stellte die während des Treffens verabschiedete Resolution vor. Das Dokument, das der portugiesischen Regierung übergeben werden soll, fordert unter anderem, die Rechte und die Integration von Portugiesen im Ausland besser zu verteidigen; eine menschenrechtskonforme Kooperations-, Einwanderungs- und Asylpolitik; die Kriminalisierung der Ausbeutung von Arbeitnehmern; eine bessere Vernetzung der Arbeitsaufsichtsbehörden in der EU; „eine bessere Bekämpfung der Prekarität im Angesicht des grassierenden Neoliberalismus“.
Mit einem Anteil von 25 % ist Portugal das EU-Land mit dem höchsten Anteil an Emigranten in der Bevölkerung. Nach Ansicht der CGTP und des OGBL muss Portugal auf die Schaffung von Arbeitsplätzen in den produktiven Sektoren setzen, um den neuen Qualifikationen der Jugendlichen gerecht zu werden und zu verhindern, dass sie auswandern. 2019 hat die portugiesische Regierung ein Programm zur Förderung der Rückkehr in die Heimat („Programa Regressar“) geschaffen, eine Initiative, die wenig erfolgreich war, da die vorgeschlagenen Maßnahmen sehr unzureichend waren, so die beiden Gewerkschaften.
Im Vorfeld der Begegnung trafen sich die Syndikate für Handel, Bau und Reinigung der CGTP und des OGBL zu bilateralen Treffen. Beide Seiten stellten die aktuelle Situation in den jeweiligen Sektoren in Portugal und Luxemburg sowie die bevorstehenden Kämpfe auf gewerkschaftlicher, politischer und sozialer Ebene vor.
Dieser Artikel wurde in der Dezemberausgabe des Aktuell veröffentlicht
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