Der OGBL-Nationalvorstand war am Dienstag, dem 7. Juli wieder in der Maison du Peuple in Esch/Alzette versammelt. Außer seiner traditionellen Analyse der wirtschaftlichen und sozialen Situation, hat der Nationalvorstand zu Griechenland Stellung genommen und die letzten Empfehlungen der Europäischen Kommission für Luxemburg kommentiert. Er hat ebenfalls Stellung genommen zu den angekündigten Reformen der Pflegeversicherung und des Steuersystems.
Griechenland: Die Politik der Troika hat versagt Der OGBL-Nationalvorstand hat sich zuerst mit dem Referendum befasst, das am 5. Juli 2015 in Griechenland abgehalten wurde. Der OGBL hat zur Kenntnis genommen, dass das griechische Volk sich klar gegen die Austeritätsprogramme, die ihm seit fünf Jahren auferlegt werden, ausgesprochen hat, und das zum zweiten Mal nach den Parlamentswahlen im Januar, die die aktuelle Regierung an die Macht gebracht haben. Betrachtet man die soziale Misere, in die die Austerität Griechenland innerhalb der vergangenen Jahre getrieben hat und die massive Ablehnung dieser Politik durch das griechische Volk, so unterstreicht der OGBL erneut das Debakel der von der Troika (Europäische Kommission, EZB, IWF) geführten Politik, aber ebenso der europäischen Regierungschefs, die diese Politik unterstützt haben. Der OGBL-Nationalvorstand drückte ebenfalls seine kategorische Ablehnung der Hypothese eines Austritts Griechenlands aus der Eurozone aus, der nicht nur gegen den Willen des griechischen Volkes wäre, sondern vielmehr de facto zu einer Destabilisierung der gemeinsamen Währung führen würde und zu einer Stärkung der politischen Kräfte auf dem Kontinent, die nur darauf warten, dass die Europäische Union zerfällt. Der OGBL hat demnach sämtliche Regierungschefs Europas dazu aufgerufen, ihre Verantwortung für die jetzige Situation anzuerkennen, und eine neue Politik in die Wege zu leiten, die im Gegensatz zu der steht, die Griechenland bisher aufgezwungen wurde. Eine andere Politik für Griechenland, die sich unbedingt auf drei Hauptachsen stützen muss:
Die Austerität fügt der Wirtschaft erheblichen Schaden zu
Während der Nationalvorstand anschließend die wirtschaftliche und soziale Lage in Europa insgesamt analysiert hat, hat er sich mit einem kürzlich verfassten OECD-Bericht beschäftigt, der bestätigt, dass die Ungleichheiten sich in den vergangenen Jahrzehnten bedeutend vergrößert haben. Die OECD streicht dabei hervor, dass diese schädliche Entwicklung auch auf wirtschaftlichem Gebiet kontraproduktiv ist. So hat die Vergrößerung der Ungleichheit, laut Schätzung der OECD dem Wachstum in Europa schon 5% in den vergangenen 20 Jahren gekostet.
Ein Phänomen, das ebenfalls für Luxemburg gilt. So werden laut Statec, die Sparmaßnahmen der Regierung, der sogenannte „Zukunftspak“, einen Negativimpakt von 0,5% über drei Jahre haben, das heißt 371 Millionen Euro weniger an BIP für Luxemburg. Diese Entwicklung wird sich auch im Staatshaushalt bemerkbar machen. Die Sparmaßnahmen der Regierung werden so bis 2018 den Staat 94 Millionen Euro an Einnahmen kosten.
Der Nationalvorstand hat ebenso die Hochrechnungen des Statec zur Kenntnis genommen, der eine Stagnation der Reallöhne für 2015 in Luxemburg vorsieht sowie ein Rückgang der Kaufkraft in Höhe von 0,8%. Der OGBL hat es dabei nicht verpasst zu unterstreichen, dass diese Entwicklung total unannehmbar ist wenn man weiß, dass gleichzeitig das Wachstum die 3%-Marke klar übersteigen müsste, ebenso übrigens wie in den kommenden Jahren. Zahlen die das luxemburgische Patronat zurzeit in sämtlichen Diskussionen herunterzuspielen versucht.
Drei Brüsseler Empfehlungen, ebenso unnötig wie unangebracht Der Nationalvorstand hat sich ebenfalls mit den letzten Empfehlungen beschäftigt, die die Europäische Kommission an Luxemburg gerichtet hat. Drei absolut unnötige und unangebrachte Empfehlungen, die vor allem von einer Unkenntnis der luxemburgischen Realität zeugen.
Die Europäische Kommission empfiehlt tatsächlich einmal mehr, das Rentensystem zu reformieren, obwohl dessen Ausführbarkeit bis mindestens 2054 in einer kürzlich unter der Verantwortung von Ecofin veröffentlichten Studie bestätigt wurde. Brüssel fordert darüber hinaus das Lohnbildungsverfahren in Luxemburg zu überprüfen, obwohl sowohl der Index als auch die Kollektivverträge die beiden absoluten Garanten für den Erfolg des Luxemburger Modells sind. Schließlich empfiehlt die Kommission die indirekte Steuerlast zu erhöhen, die sich jedoch sozial als ungerecht und wirtschaftlich als irrtümlich erweist.
Der Nationalvorstand hat es nicht verpasst hervor-zuheben, dass die Europäische Kommission im Gegenteil die wahren Probleme Luxemburgs überhaupt nicht erwähnt, wie zum Beispiel die Erweiterung der Ungerechtigkeiten, die Zunahme der Arbeitslosigkeit und das immer größer werdende Armutsrisiko.
Reform der Pflegeversicherung: Das Ziel kann nur eine Verbesserung sein
Außer dem Rentensystem greift die Kommission auch das System der Langzeitpflege an, das heißt das Modell der Pflegeversicherung. Ein Angriff, der auch schon im sogenannten „Zukunftspak“ der Regierung enthalten ist, der es vorhat 17 Millionen Euro im Jahr 2015, 22 Millionen Euro im Jahr 2016, 32 Millionen Euro im Jahr 2017 und 39 Millionen Euro im Jahr 2018 einzusparen.
Ein Haushaltsrahmen, der für den OGBL unverständlich bleibt, umso mehr die demografische Entwicklung zu einem kontinuierlichen Älterwerden der Bevölkerung in den kommenden Jahren tendiert, eine Lohnaufwertung für die ArbeitnehmerInnen dieses Sektors vor der Tür steht, und sich die Regierung Ende November dazu verpflichtet hat, diese Aufwertung zu respektieren und schließlich, dass die Leistungserbringer in der Pflege heute schon mit finanziellen Schwierigkeiten konfrontiert sind nachdem die ersten Sparmaßnahmen schon umgesetzt wurden (unabhängig von der Situation bei Hëllef Doheem, die zweifelsohne auf ein Missmanagement zurückzuführen ist).
Da die Diskussionen über die Reform der Pflegeversicherung demnächst beginnen werden, wollte der OGBL-Nationalvorstand erneut bekräftigen, dass das Ziel nur eine Verbesserung des aktuellen Modells sein kann. Der OGBL wird eine Verschlechterung der Dienstleistungen oder eine In-Frage-Stellung der anstehenden Lohnaufwertung für die ArbeitnehmerInnen dieses Sektors in jedem Fall als Provokation betrachten. Jedoch wird der OGBL nichts gegen eine Erhöhung der öffentlichen Finanzierung haben, ebensowenig wie gegen eine Erhöhung der Beiträge oder eine Beteiligung der Arbeitgeber, wenn dies sich als notwendig erweist.
Steuerreform: Es darf keine Tabus geben
Im Hinblick auf die große, von der Regierung angekündigte Steuerreform, weist der OGBL-Nationalvorstand darauf hin, dass die Haushalte zurzeit eine überproportionale Last im Vergleich zu den Unternehmen tragen. Eine Ungerechtigkeit, die es im Rahmen der kommenden Verhandlungen zu verbessern gilt. Es gibt hierzu wahrlich genügend Spielraum.
Der OGBL-Nationalvorstand hat ebenfalls klar zu verstehen gegeben, dass wenn die Regierung unbedingt darauf besteht, dass diese Reform haushaltsneutral ist, ihre umverteilende Dimension verstärkt werden muss. Die Besteuerung des Kapitals, der hohen Löhne, der großen Vermögen, wenn nicht sogar Grund- und Gebäudesteuer (auf dem 2. Wohn- oder Immobilienbesitz) können und dürfen einfach im Rahmen dieser Diskussion keine Tabus sein.
Familienleistungen: Der periodische Anpassungsmechanismus des Betrags wird ins Gesetzesprojekt eingegliedert Der Nationalvorstand ist schließlich auf das Reformprojekt der Familienleistungen, das kürzlich von der Regierung angenommen wurde, zurückgekommen. Dessen periodischer Anpassungsmechanismus an die Entwicklung des mittleren Lohnes ist allerdings abwesend, ganz im Gegensatz zu dem, was im Rahmen des Abkommens vom 28. November 2014 zwischen der Regierung und den national repräsentativen Gewerkschaften fest-gehalten wurde. Der Nationalvorstand hat die Aussagen der Familienministerin zur Kenntnis genommen, die sich in einem Treffen mit dem OGBL dazu verpflichtet hat, diesen Mechanismus in das betreffende Projekt einzufügen, noch bevor dieses zur Abstimmung gelangt.
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