Die national repräsentativen Gewerkschaften unter der Führung des OGBL, die UEL und die Regierung haben sich am 25. Januar 2016 in Kirchberg unter der Federführung des Wirtschafts- und Sozialrats (WSR) zusammengefunden, um ihre Meinungen im Rahmen des Europäischen Semesters auszutauschen. Das Europäische Semester ist das Haupt-instrument zur Koordinierung und zur Überwachung der Wirtschafts-, Struktur-, Haushalts- und Sozialpolitiken, und sorgt dafür, dass die Nationalpolitiken dazu beitragen, die von der EU vorgegebenen gemeinsamen Ziele zu erreichen.
Im zweiten aufeinanderfolgenden Jahr sind die Sozialpartner (Gewerkschaften und UEL) auf nationaler Ebene in die Prozedur des Europäischen Semesters mit einbezogen, auch wenn es nur in rein beratender Funktion ist. Ein zweites konsultatives Treffen ist Ende März vorgesehen. Bei seiner Intervention vom 25. Januar vor den Vertretern der Regierung und des Patronats hat André Roeltgen, Präsident des OGBL, zuerst bedauert, dass die von der Europäischen Kommission für 2016 festgelegten wirtschaftlichen und sozialen Prioritäten, leider dieselben bleiben, wie die von 2015. Jedoch gibt es beim Lesen der neuen jährlichen Wachstumsüberprüfung, seitens der Europäischen Kommission, eine erste Bewusstseinsnahme – auch wenn sie noch recht bescheiden bleibt – bezüglich der notwendigen wirtschaftlichen Neuorientierung, die Europa offensichtlich, im Vergleich zu den Irrwegen der vergangenen Jahre, benötigt. Zwei erwähnenswerte Termini tauchen demnach in der wirtschaftlichen und sozialen Analyse auf, die durchgeführt wird.
Erstens scheint die Europäische Kommission endlich wieder den Nutzen der Binnennachfrage wiederentdeckt zu haben. So schreibt sie nicht zuletzt: „in dem ungewissen weltweiten Kontext wird der Wirtschaftsaufschwung immer abhängiger von der Binnennachfrage“. Deshalb, so schreibt sie weiter: „Die Binnennachfrage und das Investment müssen hauptsächlich in den Ländern gefördert werden, die über einen Handlungsspielraum bei ihrem Haushalt oder über einen bedeutenden Leistungsbilanzüberschuss verfügen, oder in denen der Druck bezüglich des Schuldenabbaus nicht so groß ist“. Es handelt sich hier um eine erste interessante Kehrtwende.
Zweitens hat die Europäische Kommission, die nicht damit aufgehört hat, eine allgemeine Lohnermäßigung zu preisen, gerade eben hier unterstrichen, dass es wahrlich die reellen Gehälter sind, die es im Auge zu behalten gilt, wenn es um die Überwachung der Gehälterpolitik geht. Diese scheinbare Entwicklung bleibt jedoch auch sehr zurückhaltend, da sie nur auf Papier, nicht aber in der Praxis besteht, wo in der Vielzahl von Überwachungs- und Beratungsindikatoren, die im Europäischen Semester benutzt werden, weiterhin die nominalen Löhne nicht untersucht werden.
Diese Neuorientierung fügt sich in die europäische Rhetorik ein, die der sozialen Dimension des europäischen Projekts mehr Gewicht zugesteht sowie den schädlichen Auswirkungen, wenn es um sozialen Ausschluss und soziale Inkohärenz geht, die vom wirtschaftlichen Einbruch aus den Jahren 2008 und 2009 ausgelöst wurden.
Wenn, so wie es scheint, die EU den Willen zeigt, den Weg zum dreifachen sozialen A einzuschlagen (wie auch anders gegenüber der Flaute und dem Chaos der vergangenen sieben Jahre?), so bleiben die ersten Schritte in Richtung dieses neuen Ziels jedoch ziemlich bescheiden und weit entfernt von dem, was auf dem Spiel steht, so unterstrich es der OGBL-Präsident.
Was die Wirtschafts- und Finanzsituation Luxemburgs betrifft, so kann man nur feststellen, dass das Land viel stärker aus der Krise hervorgegangen ist als die Gesamtheit seiner Wirtschaftspartner.
Jedoch hat die Kaufkraft in Luxemburg zwischen 2008 und 2014 stagniert, und das wegen des zunehmenden Steuerdrucks. Die luxemburgischen Haushalte haben darüber hinaus eine bedeutend höhere Schuld im Vergleich zu ihrem Einkommen als der Durchschnitt in der Eurozone (87% gegenüber von 62%). Schließlich haben Arbeitslosigkeit, Ungerechtigkeiten und Armutsraten in diesen letzten Jahren Rekordhöhen erreicht.
Indem er die verschiedenen Handlungsbereiche erwähnte die sich demnach in Luxemburg aufdrängen, zählte André Roeltgen folgende auf: die Abschaffung der vorübergehenden Haushaltsausgleichssteuer, die Anpassung an die Inflation der Einkommenssteuer der Personen, die unumgänglich ist, um die Auswirkung des „Mëttelstandsbockel“ zu schwächen, die Befreiung von Steuern des sozialen Mindestlohns, die Anpassung der Freibeträge, die regelmäßige Anpassung der Familienleistungen, die Erhöhung des für die Familienleistungen vorgeschlagenen einheitlichen Betrags, die strukturelle Anhebung des sozialen Mindestlohns und die Verbesserung der finanziellen Entschädigung der Arbeitssuchenden.
Dazu kommen natürlich noch die im Laufe des vergangenen Jahres ausgesprochenen Forderungen bezüglich der notwendigen Strukturreformen, deren Ziel es ist, die Arbeitnehmerrechte im Bereich der Krankenversicherung, im Bereich des Altersmanagements, der Arbeitsdauer, der wirtschaftlich bedingten Entlassungen und des Arbeitserhaltungsplans, der Gesetzgebung der Pleiten, dem präventiven Bereich des Arbeitsrechts, der Vertiefung des Sozialdialogs in den Unternehmen, der Wohnungen und der beruflichen Weiterbildung, zu verbessern.
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