Sitzung des OGBL-Nationalvorstandes

Die laufenden nationalen Themen unter die Lupe genommen

comnat0617Der OGBL-Nationalvorstand war am vergangenen 27. Juni in der Maison du Peuple in Esch/Alzette versammelt. Auf der Tagesordnung dieser letzten Sitzung vor der Sommerpause standen unter anderem die Behandlung der aktuellen politischen Themen, die OGBL-Kampagne für bessere Löhne und eine Erhöhung des sozialen Mindestlohns, eine Diskussion über das allgemeine Pensionssystem sowie die Situation in den Betrieben.

Unter den verschiedenen aktuellen politischen Themen ist der OGBL zuerst auf das Reformprojekt der Pflegeversicherung zu sprechen gekommen (über das Anfang Juli in der Abgeordnetenkammer abgestimmt werden sollte). Der OGBL hat abermals unterstrichen, dass er die Reform im Vergleich zum jetzigen System bewerten wird, und dass er nicht die geringste Verschlechterung dieses Systems dulden werde. Zum Zeitpunkt der Sitzung des OGBL-Nationalvorstands gab es im Projekt noch eine Grauzone sowie zwei kritische Punkte. Erstens befürchtete der OGBL weiterhin eine Verschlechterung der Leistungen, insbesondere im Rahmen der Hilfe zu Hause, die den pflegebedürftigen Menschen geleistet wird. Der OGBL kritisierte anschließend, dass das Statut des informellen Helfers weiterhin nicht genügend gesetzlich festgelegt ist. Eine Situation die heute schon zu oft die Schwarzarbeit fördert. Der OGBL schlug in diesem Zusammenhang vor, einerseits das Statut des informellen Helfers aus dem Umfeld des pflegebedürftigen Menschen auf Mitglieder seiner Familie zu beschränken, deren Verwandtschaftsgrad nicht über den 2. Grad hinausgeht. Andrerseits schlug der OGBL vor, das Statut des angestellten informellen Helfers zu formalisieren, indem er verlangt, dass die betroffene Person über die erforderlichen Fachkenntnisse verfügt, und dass sie einen Arbeitsvertrag hat, der den Vorschriften des SAS-Arbeitskollektivvertrags entspricht. Schließlich konnte der OGBL sich nicht damit abfinden, dass der Bewertungs- und Orientierungsstab, der unter anderem über die Hilfen und die Pflege bestimmt, die der pflegebedürftigen Person zustehen, alleine dem Ministerium für soziale Sicherheit untersteht, und nicht der demokratischen und gemeinsamen Kontrolle all derer, die die Pflegeversicherung finanzieren.

comnat0617bDer OGBL hat sich anschließend mit dem Projekt beschäftigt, das dazu gedacht ist, die Langzeitarbeitslosigkeit zu bekämpfen, und das kürzlich vom Arbeitsminister vorgestellt wurde. Ein Projekt, das zum Ziel hat, Langzeitarbeitslosen (im Alter von mindestens 30 Jahren und seit über einem Jahr arbeitslos) reguläre Arbeitsverträge anzubieten, statt der aktuellen Maßnahmen zeitbegrenzter entlohnter Beschäftigung (OIT) bei öffentlichen Einrichtungen, bei Vereinigungen oder Stiftungen. Diese Arbeitsplätze werden vom „Fonds de l’emploi“ finanziert werden. Der OGBL ist der Meinung, dass es sinnvoller ist, Arbeitsplätze statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren, und kann sich dieser Maßnahme gegenüber nur positiv äußern, obwohl er gegenüber einigen Details, die es näher zu bestimmen gilt, aufmerksam bleibt.

In Sachen Arbeitsrecht hat der Nationalvorstand abermals die Analyse der aktuellen Fehlfunktionen gemacht und kommt immer zum Schluss, dass eine Reform und eine Stärkung der Gesetzgebung in Sachen Entlassungen, Sozial- und Arbeitserhaltungsplänen dringend ist. Diese wird weiterhin zu einfach von einer Reihe von Arbeitgebern umgangen. Ein anderes Gesetz muss ebenfalls dringend reformiert werden. Es handelt es sich um das Gesetz über die berufliche Wiedereingliederung, das jedoch erst kürzlich reformiert wurde. Es bringt eine Reihe von Problemen mit sich, indem es die betroffenen Arbeitnehmer in unmögliche Situationen versetzt. Der OGBL hatte die Regierung vor den Lücken dieses Gesetzes gewarnt, bevor es verabschiedet wurde, doch war ihm leider zu der Zeit nicht gefolgt worden.

Danach hat der OGBL den Willen der Regierung zur Kenntnis genommen, eine Lösung zu finden in Bezug auf die Gesetzesreform über den Datenschutz. Der OGBL widersetzt sich ausdrücklich gegen die Abschaffung der vorherigen Genehmigung, die von der nationalen Datenschutzkommission ausgestellt wurde, und die jeder Arbeitgeber haben muss, wenn er es vorhatte Überwachungsmaßnahmen in seinem Betrieb einzuführen.
Was die Besteuerung der Arbeitnehmer und Rentner aus dem Grenzgebiet angeht, und genauer betrachtet die kürzlich von der Steuerreform eingeführten Ungleichheiten in der Behandlung, so gehen die Diskussionen mit dem Finanzminister weiter, im Hinblick auf eine annehmbare Lösung.

Am Ende hat der OGBL eine erste Zwischenbilanz gezogen im Rahmen seiner Kampagne „Ein gutes Einkommen für alle“, die eine allgemeine Lohnerhöhung anpeilt sowie eine strukturelle Aufwertung des sozialen Mindestlohns um 10%.



Es gibt nichts Leistungsfähigeres als ein öffentlich-solidarisches Rentensystem

Der OGBL-Nationalvorstand hat sich, in seiner Sitzung vom 27. Juni 2017, mit der Zukunft des Rentensystems beschäftigt. Der OGBL hat in der Tat beschlossen, einer zukünftigen Diskussion vorzugreifen. Eine schon, durch die vergangene Reform von 2012, vorher programmierte Diskussion, die in der kommenden Legislaturperiode stattfinden wird. Der OGBL kündigt in diesem Zusammenhang jetzt schon an, dass er sich sehr genau ansehen wird, was die verschiedenen Parteien hierzu in ihrem Wahlprogramm, im Hinblick auf die Parlamentswahl 2018, schreiben werden.
Was die jetzige Finanzsituation des Rentensystems betrifft, so kann man ruhig sagen, dass mit Reserven die fast fünf Mal das Volumen der laufenden Ausgaben betragen, es zurzeit keine Ursache gibt, sich kurz- oder mittelfristig Sorgen über die Lebensfähigkeit des Systems zu machen. Der OGBL erläutert mit Nachdruck, dass er langfristigen Projektionsstudien, die Szenarien voraussagen, die über maximal 10 oder 15 Jahre hinausgehen, keinen Glauben schenkt. Für den OGBL wäre es in der Tat unverantworlich Studien ernst zu nehmen, die sich über eine solche Zeitspanne hinauswagen, und daraufhin politische Entscheidungen zu treffen, da die Geschichte oft genug gezeigt hat, dass diese Art von Studien nie in der Lage war, reale Entwicklungen vorherzusagen, die von anderen Variablen abhängen, die auf solch lange Zeit unmöglich vorherzusagen sind (Entwicklungen des wirtschaftlichen Wachstums, der Produktivität, der Arbeit, usw.).
Der OGBL unterstreicht anschließend, dass er sich dem öffentlich-solidarischen Rentensystem sehr stark verbunden fühlt. Alternativen, wie sie private oder kommerzielle Versicherungen wären, sind weit davon entfernt, für die Bevölkerung die gleichen Vorteile zu bieten. In der Tat garantiert das Rentensystem, wie wir es heute kennen, dass:
  • die Beitragszahler von heute die Renten von heute finanzieren und die Beitragszahler von morgen, die Renten von morgen finanzieren (Verteilungssystem)
  • ein minimales Leistungssystem festgelegt ist nach einer Verteilungslogik von oben nach unten
  • die Zeitspannen anerkannt werden, in denen der Einzelne keine Beiträge gezahlt hat (Studien, Elternurlaub)
  • die Beiträge vom Gesetz bestimmt werden und nicht zuletzt den Indexmechanismus beinhalten
  • es einen Stabilitätsfaktor gibt, und demnach sozialen Zusammenhalt in Krisenzeiten (es reicht zu beobachten, dass die Länder, die die Krise am besten überstanden haben, über die leistungsstärksten Rentensysteme verfügen).

Für den OGBL versteht es sich von selbst, dass verschiedene sehr gut identifizierte Akteure (Arbeitgeber, Privatversicherungen, neoliberale Thinktanks) ein besonderes Interesse daran haben, dieses öffentliche und solidarische System zu entarten, wenn nicht sogar zu zerstören. In der Tat würde ein alternatives System, begründet auf privaten und kommerziellen Versicherungen, wie sie es täglich befürworten, wenn sie das Wort in den Medien ergreifen, ihnen ermöglichen, noch mehr Gewinne als heute zu erzielen. Man muss jedoch klar sehen, dass das zum Nachteil der Mehrheit und des sozialen Zusammenhalts wäre.
Unter dem Einfluss der Europäischen Kommission hat Luxemburg schon 2012 eine negative Reform des Rentensystems erfahren – gegen die der OGBL sich gewehrt hat und die er weiterhin kritisiert – die eine progressive und anhaltende Verschlechterung der Leistungen mit sich bringt. Die jungen Generationen sehen heute schon ihre zukünftige Rente um 14% gekürzt. Wie kann man bloß in diesem Kontext von Solidarität zwischen den Generationen sprechen? Genau das Gegenteil ist der Fall. Und der OGBL wird es nicht dulden, dass dies sich wiederholt.
Wenn die Lebensfähigkeit des Systems eines Tages in Gefahr sein sollte, so unterstreicht der OGBL mit Nachdruck, dass er sich sowohl gegen jegliche weitere Verschlechterung der Leistungen wehren wird, als auch gegen eine mögliche Verschiebung nach hinten des gesetzlichen Rentenalters. Für den OGBL kann es gegebenenfalls nur einen Weg geben: Eine Erhöhung des Beitragssatzes, der sich seit mehr als 50 Jahren nicht mehr weiterentwickelt hat und der, verglichen mit andern Ländern, ziemlich niedrig bleibt. Der OGBL würde sich auch nicht gegen eine politische Initiative wehren, die dazu führen würde, dass schon ab der kommenden Legislaturperiode die Beitragssätze progressiv erhöht werden, um so in Zukunft eine brutale Anhebung zu vermeiden. Dies hätte zum Vorteil, auch in Zukunft die Anwendung des Anpassungsmechanismus der Renten zu gewährleisten, der ansonsten je nach Niveau der Reserven suspendiert werden könnte, wie die Reform von 2012 es festlegt.
Immer noch im Fall von zukünftigen Finanzierungsproblemen, schlägt der OGBL eine Aufhebung der Obergrenze der Beiträge vor (der heute auf fünf Mal den sozialen Mindestlohn festgelegt ist), gekoppelt an ein degressives Leistungsprinzip, indem so ein zusätzliches Verteilungsprinzip eingeführt wird.


Konfliktsituationen in den verschiedenen Tätigkeitsbereichen

Der Nationalvorstand hat sich auch, wie er es zu tun pflegt, mit den Hauptkonflikten die es zurzeit in den verschiedenen Tätigkeitsbereichen gibt, beschäftigt.
Im Bau– und Handwerkssektor, der jedoch zurzeit in vollem Aufschwung ist, gibt es gleich drei Konfliktsituationen. Erstens befinden sich die Verhandlungen zur Erneuerung des Kollektivvertrags im Bausektor immer noch im Stillstand. Das Patronat versucht nämlich Zeit zu gewinnen, indem es provozierende Vorschläge macht (Verschlechterung der Arbeitszeitorganisation). Wenn es nicht bald zu ernsthaften Verhandlungen kommt, werden im September erste gewerkschaftliche Aktionen organisiert. Der Liftbauersektor kennt eine ähnliche Situation mit einem Patronat, das es hier ganz einfach ablehnt zu verhandeln. In diesem Sektor haben bereits Aktionen stattgefunden. Schließlich stellen sich die Verhandlungen auch als sehr schwierig im neuorganisierten Sektor der Fliesen- und Plattenleger heraus, wegen der Blockade von einigen Arbeitgeberverbänden.
In der Universität Luxemburg warnt der OGBL in erster Linie vor den Konsequenzen, die die Haushaltseinschränkungen auf die Unterrichtsqualität haben könnten. Der OGBL besteht übrigens auch darauf, dass wenigstens ein Personalvertreter endlich einen Sitz mit Stimmrecht im Vorstand bekommt. Schließlich begrüßt der OGBL die Wiederaufnahme der Verhandlungen im Hinblick auf den Kollektivvertrag.
Der Nationalvorstand ist ebenfalls auf die unannehmbare Aussage gegen den OGBL eingegangen, die kürzlich über einen Radiosender vom ABBL (Arbeitgeberverband im Bankensektor)-Direktor gemacht wurde. Der ABBL-Direktor hat die Herangehensweise vom OGBL kritisiert, indem er sie unter anderem als rückschrittlich abgetan hat, mit dem Argument, die Gewerkschaft sei seiner Ansicht nach zu kämpferisch. Es ist sicherlich möglich, dass die Bankenarbeitgeber es zum ersten Mal mit einer Gewerkschaft zu tun haben, die wirklich die Interessen der Arbeitnehmer in diesem Sektor verteidigt.
Und schließlich, der skandalöse Dienstausschluss einer Personaldelegierten beim ACL, die mittlerweile vor dem Gericht Recht bekommen hat. Hier kann das Nationalkomitee nur ein weiteres Mal feststellen, dass es zu einfach für einen Arbeitgeber ist, sich über diesen Weg eines Personaldelegierten zu entledigen, der eine gute Arbeit leistet, auch wenn wie in diesem Fall, es sich nur um einen begrenzten Zeitraum handelt. Es wäre höchste Zeit, dass eine politische Initiative genommen würde, um die Logik der Prozedur umzukehren, und dass der Dienstausschluss eines Delegierten nur Gültigkeit haben kann, nachdem die Gerichte die Stichhaltigkeit dieser Maßnahme bestätigt haben.