Sitzung des OGBL-Nationalvorstandes

Der Regierung bleiben noch 12 Monate, um ihre soziale Ader unter Beweis zu stellen

Der OGBL-Nationalvorstand war wieder am vergangenen 26. September in der „Maison du Peuple“ in Esch/Alzette zusammengekommen. Auf der Tagesordnung dieser ersten Sitzung nach der Sommerpause standen unter anderen eine Analyse der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Situation in Europa und in Luxemburg, die „Rentrée sociale“ des OGBL sowie Berichte über Situationen in Betrieben.

Der OGBL-Nationalvorstand kam zuerst auf die Wahlergebnisse der Bundestagswahlen in Deutschland zu sprechen, die zwei Tage zuvor stattgefunden hatten. Wahlen die geprägt waren von einem Aufschwung der konservativen Kräfte und vor allem geprägt durch den Einzug in den Bundestag der rechtsextremen Partei in Deutschland, nämlich der AfD. Der OGBL unterstreicht, dass dieses Ergebnis sicherlich nicht im Interesse der arbeitenden Menschen ist, weder in Deutschland, noch in Europa.

Doch sei darauf hingewiesen, dass der Nährboden für den Vormarsch der politischen Bewegungen wie eine AfD in Deutschland oder ein Front National in Frankreich, die neoliberale Wirtschafts- und Sozialpolitik ist, die seit Jahren in Europa betrieben wird und gegen die der OGBL und die gewerkschaftliche Bewegung insgesamt sich ständig gewehrt haben. Verheerende Politiken, die sich im Zusammenhang mit der Krise der Jahre 2008-2009 noch verschärft haben. Die Folgen dieser Austeritätspolitiken, bestehend aus sozialen Einschnitten, Angriffen auf den Wohlfahrtsstaat sowie Lohn- und Steuerdumping, wie sie in den vergangenen Jahren betrieben wurden, haben immer breitere soziale Schichten geschwächt. Die Ängste die dadurch geschürt wurden, begründen auf einer objektiven Realität. Sie sind es die die Stärkung der extrem rechten Bewegungen, die wir erleben, erklären.

Am anderen Ende des politischen Spektrums, stellt der OGBL fest, dass die fortschrittlichen politischen Kräfte, bis jetzt nicht fähig waren, glaubwürdige Perspektiven oder Alternativen zu bieten. Politische und ideologische Erneuerung müssen jetzt in diesem Lager stattfinden. Und dies gilt natürlich nicht nur für Deutschland, sondern für die meisten Länder in Europa. Den Vormarsch der rückschrittlichen Bewegungen zu stoppen wird nur vorstellbar sein, ab dem Augenblick wo der soziale Fortschritt wieder Motor eines echten politischen Projekts wird. Es gibt nur ein Heilmittel gegen den Aufschwung dieser Bewegungen, und dieses geht über eine Stärkung der Sozialpolitiken (Anhebung der direkten Einkommen, Kampf gegen Ungleichheit, Einführung von einer Steuerpolitik, die niedrige und mittlere Einkommen begünstigt, Stärkung der Sozialversicherungen und der sozialen Rechte).

Ein Fahrplan für die Regierung

Der OGBL-Nationalvorstand hat sich anschließend mit der luxemburgischen Situation befasst. Mit einem konstanten Wirtschaftswachstum von über 4%, einer positiven Handelsbilanz, gesunden öffentlichen Finanzen und mit einer durchaus erträglichen Verschuldung, verfügt Luxemburg über eine „unverschämte“ wirtschaftliche und finanzielle Gesundheit. Sogar die OECD und die Europäische Kommission räumen das ein. Eine Situation die abermals die Analyse bestätigt, die der OGBL während der vergangenen Jahre gemacht hat. Sie bestätigt den unnützen und überflüssigen Charakter der Sparpolitiken, die von der Regierung am Anfang ihres Mandats, im Rahmen des sogenannten „Zukunftspak“, eingeführt wurden.

Wenn der OGBL auch weiterhin den Kurswechsel, den die Regierung seit 2 bis 3 Jahren unternommen hat, begrüßt, so unterstreicht er jedoch, dass die positiven Maßnahmen die bis jetzt umgesetzt wurden, nur zum Teil die von der großen Mehrheit der Bevölkerung eingesteckten Verluste, ausgeglichen hat. In diesem Zusammenhang hat der OGBL darauf bestanden, der Regierung eine ganz klare Botschaft zukommen zu lassen. Letztere ist dazu aufgerufen, die zwölf Monate die ihr bleiben, voll auszunutzen, um das zu bestätigen, was sie angefangen hat und ihre Sozialpolitik noch weiter zu verstärken. Hier die Hauptpunkte bei denen der OGBL von der jetzigen Regierung erwartet, dass sie noch vor den kommenden Wahlen handelt.

  • Die Einführung eines periodischen Anpassungsmechanismus der Familienzulagen (Geld- und Sachleistungen) an die Entwicklung des Medianeinkommens dürfte an sich keine Forderung mehr sein. Diese Maßnahme ist in der Tat fester Bestandteil des Abkommens mit der Regierung vom 28. November 2014. Nichtsdestotrotz ist dieser Mechanismus immer noch nicht Teil des Gesetzesentwurfs, der von der Familienministerin deponiert wurde. Der OGBL fordert, dass die Regierung diesen Entwurf noch schnell abändert, damit der Mechanismus ab 2018 in Kraft treten kann. Wenn das nicht passieren würde, hätte die Regierung ihr Wort auf schlimme Art und Weise gebrochen. Hierbei handelt es sich für den OGBL um einen Knackpunkt. Er erinnert daran, dass die Familienzulagen schon 20% ihres Wertes verloren haben, seitdem sie 2006 desindexiert wurden.
  • Im Bereich der Sozialversicherungen, wenn man die aufgestockten finanziellen Reserven in Betracht zieht, erwartet der OGBL an erster Stelle bedeutsame Verbesserungen in puncto Leistungen seitens der CNS, insbesondere bezüglich der Zahnpflege und –chirurgie, der Ausgaben für Optik und Augenmedizin, die Anerkennung einiger Psychotherapien, der eigene Beitrag bei ärztlichen Konsultationen. Der OGBL fordert darüber hinaus endlich eine Verlängerung der finanziellen Krankheitsentschädigung über das aktuelle Limit der 52 Wochen hinaus und eine Verbesserung der Vorkehrungen bezüglich des therapeutischen Urlaubs (vgl. Seite13 ). Der OGBL fordert weiterhin dringende Anpassungen des Gesetzes bezüglich der beruflichen Wiedereingliederung und fordert Verbesserungen im Rahmen der Reform der Pflegeversicherung (insbesondere eine demokratische Kontrolle der Bewertungsabteilung und bessere gesetzliche Regelung des informellen Helfers).
  • Der OGBL setzt anschließend seine Kampagne für eine allgemeine Verbesserung der reellen Einkommen in Luxemburg fort. Die Entwicklung der Löhne ist nämlich in den vergangenen Jahren der Entwicklung der Produktivität nicht nachgekommen, wie es zum Beispiel auch von der OECD bestätigt wird. Es gilt demnach einen Rückstand aufzuholen. Gleichzeitig fordert der OGBL weiterhin eine strukturelle Erhöhung des Mindestlohns (ML) um 10%. Der Betrag des aktuellen ML ermöglicht es nicht in Luxemburg würdevoll zu leben. Darüber hinaus, bezüglich des Medianlohns ist der ML in Luxemburg nicht höher als in den Anrainerländern. Schließlich erinnert der OGBL daran, dass die Lohnkosten in Luxemburg niedriger bleiben als in den Nachbarländern. In den vergangenen Jahren hat der Graben sogar vergrößert. Es gibt also noch Spielraum, auch in puncto Wettbewerbsfähigkeit.
  • Was die Gesetzgebung zu Sozialplänen betrifft, die regelmäßig von den Firmen umgangen wird, so meint der OGBL, dass es dringend einer Reform bedarf.
  • Der OGBL widersetzt sich weiterhin heftig dem aktuellen Gesetzesentwurf zum Datenschutz. Eine Schwächung des Schutzes des Privatlebens der Arbeitnehmer an ihrem Arbeitsplatz bleibt für den OGBL total unannehmbar.
  • Was die Zeitsparkonten betrifft, die in einer kommenden Sitzung mit der UEL Thema sein werden, fordert der OGBL vor allem, dass eine eingesparte Stunde zu einem Zeitpunkt T1 zu ihrem wahren Wert bezahlt wird, wenn diese zu einem Zeitpunkt T2 benutzt wird (d.h. der Wert zum Zeitpunkt T2). Dieses Prinzip muss es mit sich bringen, dass der Arbeitnehmer selbst, und er alleine, darüber entscheiden können muss wann er für eigene Zwecke, seine ersparte Zeit benutzen kann.
  • Schließlich, bezüglich des Steuerwesens, fordert der OGBL weiterhin die Einführung eines Anpassungsmechanismus der Steuertabelle an die Inflation, sowie eine Steuerbefreiung für die Arbeitnehmer, die den SML bekommen und eine Erweiterung der oberen Steuerklassen. Der OGBL bedauert außerdem den Mangel an Initiative seitens der Regierung in Richtung höherer Besteuerung der Kapitaleinkommen. (Der OGBL begrüßt dennoch die kürzlich gefundene Übereinstimmung mit der Regierung bezüglich des Steuerwesens der Grenzgänger).

Besorgtheit um die öffentliche Schule

Nach dem dramatischen Mangel an Lehrern, der zu Schulanfang festgestellt wurde (lesen auf Seite 26), hat der OGBL beschlossen, sich in den kommenden Monaten enger mit den Problemen zu beschäftigen, die die öffentliche Schule in Luxemburg zurzeit kennt. Der Lehrermangel scheint hierbei nur die sichtbare Spitze des Eisbergs zu sein. Der OGBL erinnert daran, dass er mit Nachdruck das Modell der starken öffentlichen Schule verteidigt, die einzig dazu fähig ist, die Chancengleichheit zwischen den Kindern aufrecht zu erhalten und ihre individuellen Potentiale zu entwickeln. Der OGBL befürchtet insbesondere einen möglichen Qualitätsverlust in den öffentlichen Schulen und eine schleichende Privatisierung Letzterer.


Europa: Sockel sozialer Rechte und Empfehlungen

Europa war einmal mehr auf der Tagesordnung der letzten Sitzung des OGBL-Nationalvorstands. Für den OGBL ist es klar, dass das soziale Europa endlich zur Priorität werden muss. In diesem Zusammenhang kann der OGBL nur bedauern, dass das Projekt des Sockels sozialer Rechte, der von der Europäischen Kommission im vergangenen Frühling gestimmt wurde, nicht vorsieht, dass die sozialen Parameter und Ziele den gleichen Wert erhalten wie wirtschaftlichen Parameter, die im Rahmen des europäischen Semesters zurückbehalten wurden. Es wäre inakzeptabel, dass die sozialen Parameter und Ziele nur eine Empfehlung oder vage Absichtserklärungen blieben.
Der OGBL stellt darüber hinaus mit Genugtuung fest, dass die europäische Kommission diesmal ihre Angriffe auf die Indexierung der Löhne und Renten nicht wiederholt hat. Doch erklärt sich diese Stille sicherlich durch die schwache Inflation die es zurzeit gibt…
Dagegen nimmt es die Kommission abermals mit den „Kosten“ und der „Lebensfähigkeit“ des Rentensystems in Luxemburg auf. Angriffe, die der OGBL erneut anprangert, wenn man die letzten Zahlen in diesem Zusammenhang in Betracht zieht, die auf Wunsch beweisen, dass das Rentensystem absolut nicht in Gefahr ist. Der OGBL entzieht sich nicht einer Diskussion über die Zukunft des Rentensystems, doch wehrt er sich vehement gegen eine Schwächung des Systems auf Kosten von privaten oder kommerziellen Versicherungen.