Während einer Debatte zwischen Jungpolitikern und aktuell amtierenden Politikern und Regierungsvertretern bezeichnete Minister Meisch à la Trump die Privatisierung der öffentlichen Schule als „Fake News“. Fakten und unliebsame Wahrheiten als Lügen zu bezeichnen ist ein alt- und neubewährtes Mittel, um abweichende Meinungen und Medienberichte zu diskreditieren. Auch Minister Meisch schreckt vor den Wahlen vor solch zweifelhaften Mitteln nicht zurück und reagierte höchst ungehalten mit folgenden Worten auf die Kritik der Jungpolitikerin Tania Mousel (déi Lénk), die darauf hinwies, dass die hauptstädtische International School Michel Lucius ihre Examina, Lehrerlaubnis und Programme bei einem Privatunternehmen einkauft:
„Faalt dach net op all Fakenews eran. Am Michel Lucius (…) do bezuele mer eng Konzessioun fir e Programm. Dat ass net vun enger privater Firma, dat ass vun der englescher Regierung.“ (https://www.forum.lu/was-tun-politische-forderungen-an-die-naechste-regierung/ Tanja Mousel vs. Claude Meisch, Min. 12:23)
Leider entpuppen sich Meischs Anschuldigungen selbst als Fake News: Die englischsprachigen Programme an der International School Michel Lucius werden keineswegs von der britischen Regierung ausgearbeitet, sondern zum größten Teil von dem Privatunternehmen Pearson, dem größten Bildungsunternehmen weltweit mit einem Umsatz von 5,1 Milliarden Euro im Jahr 2017. Die Schule bietet das „International GCSE“ (International General Certificate of Secondary Education) des Unternehmens Edexcel an, eine Firma des privaten Bildungsmultis Pearson. Der Internetlink zum Unternehmen Pearson ist übrigens auch auf der Homepage der International School Michel Lucius zu finden. Dort steht zum Beispiel in einem Beitrag vom 3. Oktober 2017: „L’enseignement de la chimie s’adresse aux élèves anglophones à partir de la 4ème (4IEC) et prépare nos élèves à différents diplômes internationaux : international GCSE (Edexcel) AS Level A Level ». Auch das von der Schule angebotene Cambridge GCSE-Zertifikat ist keineswegs ein Bildungsangebot der britischen Regierung. In einem Jahresbericht des Schuljahres 2016-2017 von Cambridge Assessment heißt es nur, dass das Unternehmen mit verschiedenen Unterrichtsministerien zusammenarbeite. Teil der britischen Regierung ist Cambridge Assessment jedoch keinesfalls.
Die öffentliche Sekundarschule International School Michel Lucius wurde also schleichend privatisiert: Die schriftlichen und mündlichen Abschlussexamina auf 3ème und 1ère werden, wie Meisch selber in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage schreibt, im Vereinigten Königreich von einer privaten Firma korrigiert und bewertet. Dies bedeutet, dass Minister Meischs Unterrichtsministerium keinen Einfluss auf Examina oder Lerninhalte dieser Kurse hat. Wenn Minister Meisch die Privatisierung der öffentlichen Schule als „Fake News“ bezeichnet, dann lügt er entweder hemmungslos oder ist schlicht und einfach nicht mehr darüber informiert, was in den Luxemburger Schulen vor sich geht. Beides ist für einen Minister untragbar.
Quellen:
– https://www.ogbl.lu/wp-content/uploads/communiques/artikel-pearson_zieht_jahresbilanz.1434810.html (Stand: 12.07.2018)
– http://www.lml.lu/academic-structure/?lang=en (Stand: 12.07.2018)
– https://www.ogbl.lu/wp-content/uploads/communiques/qualifications.html (Stand: 12.07.2018)
– www.lml.lu/?s=edexcel (Stand 12.07.2018)
– Annual Review 16 –17. Cambridge Assessment/ Group Annual Review/ 1 Aug 16 – 31 Jul 17. S. 18.
– Punkt 12 der Antwort des Unterrichtsministers Claude Meisch auf die parlamentarische Anfrage 3517„International School“ des Abgeordneten Fernand Kartheiser: „Et gëtt dann eng Lizenz kaf, déi der Schoul d’Benotzen vum international festgeluechtene Curriculum erlaabt. (…) déi schrëftlech Ofschlossexamen ginn ageschéckt (bei den A-levels an England) a vu speziell forméierten Enseignantën ausgewäert.“
– Screenshot der Homepage der International School Michel Lucius (www.lml.lu/?s=edexcel, 12.07.2018):
Mitgeteilt vom OGBL-Syndikat Erziehung und Wissenschaft (SEW)
am 13. Juli 2018
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