Eine Gewerkschaftsfront, wie es sie noch nie gab, um das luxemburgische Sozialmodell zu verteidigen

Eine frontale Infrastellung der Grundlagen, auf denen die Aushandlung von Kollektivverträgen beruht, die geplante Ausweitung der maximal zulässigen Arbeitszeit an Sonntagen, die Ankündigung einer fast vollständigen Liberalisierung der Öffnungszeiten im Handel, die allgemeine Androhung einer Flexibilisierung der Arbeitszeit, systematische Versuche, die Gewerkschaften zu umgehen, und nicht zuletzt die beunruhigende Richtung, die die Ministerin für soziale Sicherheit der Debatte über die Zukunft unseres öffentlichen Rentensystems gegeben hat: Die patronatsfreundlichen Angriffe der Regierung auf die sozialen Errungenschaften und Rechte der Arbeitnehmer und Rentner haben sich in den letzten Monaten vervielfacht.

„Wir sind derzeit Angriffen von Seiten der Politik und der Arbeitgeber ausgesetzt, wie wir sie seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt haben. Wir stehen wirklich am Scheideweg der Gewerkschaftsbewegung in Luxemburg“, erklärte die Präsidentin des OGBL, Nora Back, am 28. Januar anlässlich einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem LCGB. „Wir müssen uns verteidigen. Vielleicht müssen wir uns auch anders verteidigen als in der Vergangenheit. Aus diesem Grund haben wir beschlossen, der Gewerkschaftsallianz zwischen OGBL und LCGB eine neue Dimension zu verleihen“, kündigte die OGBL-Präsidentin an der Seite des LCGB-Präsidenten an.

Angesichts der massiven Angriffe der Regierung auf die sozialen Errungenschaften und Rechte haben die beiden national repräsentativen Gewerkschaften beschlossen, ihre Zusammenarbeit auf eine qualitativ neue Stufe zu heben, indem sie ihre Kräfte im Rahmen einer völlig neuen Gewerkschaftsfront bündeln. Die Gewerkschaftsfront OGBL-LCGB hat sich bereits eine visuelle Identität gegeben, verfügt über eine eigene Website und hat auch bereits eine Reihe von Aktionen für die kommenden Monate geplant.

Die Beziehung mit und das Vertrauen der Gewerkschaften gegenüber der Regierung wurden auf eine harte Probe gestellt

Am 14. Januar hatte Premierminister Luc Frieden nach einem Treffen mit den beiden Gewerkschaften versucht, die Wogen nach Monaten wiederholter Provokationen seitens einiger Mitglieder der Exekutive zu glätten, indem er insbesondere ankündigte, dass „in den nächsten Wochen oder Monaten“ ein großer «Sozialtisch” mit Tripartitecharakter (Regierung, Gewerkschaften und Arbeitgeber) stattfinden würde, der sich mit den derzeit strittigen Themen befassen sollte.

Die Gewerkschaftsfront begrüßt zwar die Initiative des Premierministers zur Wiederaufnahme des Sozialdialogs, ist jedoch derzeit noch sehr vorsichtig. Die letzten Monate haben die Beziehung und das Vertrauen der Gewerkschaften in die Regierung auf eine harte Probe gestellt. Von nun an erwarten der OGBL und der LCGB konkrete Handlungen seitens der Exekutive. Und in der Zwischenzeit wird ihre Opposition weiter an Bedeutung gewinnen und die Mobilisierung in den Betrieben fortgesetzt werden.

Es muss auch gesagt werden, dass die Presseerklärungen des Premierministers hinsichtlich seiner eigentlichen Absichten, insbesondere in der Frage der Kollektivverträge, sehr zweideutig bleiben. Nachdem der Arbeitsminister im vergangenen Jahr versucht hatte, die Gewerkschaften zu verunglimpfen und zu umgehen, hat er bislang weder einen neuen nationalen Aktionsplan zur Förderung von Kollektivvertragsverhandlungen vorgelegt noch zu den Vorschlägen der Gewerkschaften Stellung genommen. Sein Gesetzentwurf zur Ausweitung der Sonntagsarbeit und der Entwurf zur Umsetzung der Richtlinie über angemessene Mindestlöhne in der EU stehen noch auf der Tagesordnung der Abgeordnetenkammer. Dasselbe gilt übrigens auch für den inakzeptablen Gesetzentwurf des Wirtschaftsministers, mit dem die Öffnungszeiten im Handel vollständig liberalisiert werden sollen. Und die Gewerkschaften befürchten auch die bevorstehenden Vorschläge der Ministerin für soziale Sicherheit zur Zukunft unseres Rentensystems.

„Wir werden auf diesen ‘Sozialtisch’ gehen. Wir verlangen nach einem solchen Sozialdialog“, lässt die OGBL-Präsidentin verlauten, aber für die Gewerkschaftsfront muss dieser Sozialtisch zu einer echten Verhandlung zwischen den Sozialpartnern führen. Die Gewerkschaften werden nicht akzeptieren, dass er sich in eine Plauderstunde verwandelt, an deren Ende die Regierung einseitig über die zu treffenden Maßnahmen entscheidet. Die Gewerkschaftsfront appelliert auch an die Regierung, den Sozialtisch so schnell wie möglich zu organisieren. Bisher wurde noch kein Datum bekanntgegeben. Der OGBL und der LCGB fordern außerdem, dass der Gesetzgebungsprozess zu den verschiedenen Dossiers, die Gegenstand des Sozialtisches sein sollen, eingefroren wird und dass bis zum Abschluss der Verhandlungen zwischen der Regierung, den Gewerkschaften und dem Patronat keine neuen Sitzungen im Rahmen des Ständigen Ausschusses für Arbeit und Beschäftigung (CPTE) organisiert werden.

Mittlerweile hat die Gewerkschaftsfront bereits angekündigt, am 28. Juni eine große landesweite Demonstration zu organisieren. „Das ist in genau fünf Monaten. Fünf Monate, um die Regierung dazu zu bringen, ihre Positionen zu überdenken. Fünf Monate, um ernsthaft zu verhandeln. Fünf Monate, um Lösungen zu finden und zu Ergebnissen zu kommen. Fünf Monate, damit die Regierung zur Vernunft kommt. Bis dahin und ab heute beginnen die gewerkschaftlichen Aktionen“, schloss die OGBL-Präsidentin.

Die Videoaufzeichnung der Pressekonferenz ist auf dem OGBL-YouTube-Kanal sowie auf dem neuen Kanal der Gewerkschaftsfront OGBL-LCGB verfügbar.

Dieser Artikel wurde im Aktuell veröffentlicht (1/2025)

Die Abgeordneten stimmten am 21. Januar einstimmig für einen Antrag, in dem die Regierung aufgefordert wurde, „weiterhin die ausschließliche Rolle der Gewerkschaften bei der Aushandlung und Unterzeichnung von Kollektivverträgen, die eine allgemeine nationale Repräsentativität oder eine sektorale Repräsentativität nachweisen können, anzuerkennen“. Diese Rolle war vom Arbeitsminister seit Oktober letzten Jahres in Frage gestellt worden. Es sei darauf hingewiesen, dass die Abgeordneten der CSV­-­DP-Mehrheit noch vor einigen Monaten einen in allen Punkten identischen Antrag abgelehnt hatten. Der Einsatz hat sich gelohnt. Aber der Kampf geht weiter..