Arbeitszeitrichtlinie: das Europaparlament stimmt zum 2. Mal die Fassung des Ministerrats nieder

Am 16. Dezember 2008 haben die europäischen Gewerkschaften in Straßburg gegen eine Verschlechterung der Arbeitszeitrichtline, wie sie vom Ministerrat gewünscht war, demonstriert.

Die 10.000 Gewerkschafter, darunter 300 OGBL- und Landesverband-Mitglieder, waren nicht umsonst nach Strassburg gereist. Am heutigen Tag hat das Europaparlament in zweiter Lesung über die im Rahmen der Überarbeitung der Arbeitszeitrichtlinie vorgesehenen Änderungsvorschläge abgestimmt. So wie bei der 1. Abstimmung am 11. Mai 2005 haben sich die Abgeordneten mehrheitlich zugunsten der Arbeitnehmerrechte und gegen die Fassung der Kommission und des Ministerrats ausgesprochen. Der Kompromiss des Rats zielte in Wirklichkeit darauf ab, ein Instrument zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer in ein Instrument für Wettbewerbsfähigkeit nur zugunsten der Arbeitgeber zu verwandeln.

Die Abgeordneten haben nicht nur das Aufrechterhalten des individuellen Opt-out, d.h. das Abweichen von der wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 48 Stunden, sowie die Verlängerung des Bezugszeitraums zur Berechnung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit abgelehnt, sondern haben auch bekräftigt, dass der gesamte Bereitschaftsdienst einschließlich inaktiver Zeit als Arbeitszeit anzurechnen ist, so wie es in der Jurisprudenz des Europäischen Gerichtshofs festgeschrieben steht.

Klare Abfuhr für EU-Ministerrat
Diese Abstimmung drückt in Wirklichkeit eine klare Ablehnung der liberalen und arbeitgeberfreundlichen Politik der Arbeitsminister aus, darunter auch der luxemburgische Arbeitsminister François Biltgen. Der Rat hatte nicht nur die Abänderungsvorschläge, die mit einer großen Mehrheit vom Europaparlament im Mai 2005 in erster Lesung gestimmt worden waren, nicht beachtet, der Kompromiss des EU-Ministerrats sah zusätzlich die Außerkraftsetzung einer Jurisprudenz des Europäischen Gerichtshofs vor, laut der Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit anzurechnen ist. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass unsere Minister, unterstützt durch die Europäische Kommission, im Falle eines arbeitnehmerfreundlichen Gerichtsurteils beeilt sind, die Jurisprudenz durch eine Abänderung der betreffenden Richtlinie zu umgehen. Wenn hingegen die Jurisprudenz die Arbeitgeberseite bevorzugt, wie im Falle der Urteile bezüglich der Entsenderichtlinie, finden es Kommission und Rat nicht für notwendig, die Richtlinie umzuändern, mit der Begründung, die Jurisprudenz sei ja klar. In beiden Fällen versuchen Kommission und Ministerrat ein demokratisches Votum des Europaparlaments außer Acht zu lassen. Nun liegt der Ball wieder beim EUMinisterrat.

Der Beschluss der EU-Arbeitsminister von Juni 2008 muss neu verhandelt werden. Dazu ist ein langwieriges Vermittlungsverfahren zwischen dem Rat und dem Europaparlament nötig. Unseren Regierenden wird nun eine neue Chance geboten, der einzig demokratisch gewählten EU-Institution ihren Respekt zu zollen.

Der OGBL begrüßt die Weisheit der Luxemburger Abgeordneten im Europaparlament, die für die Abänderungen zugunsten der Arbeitnehmerrechte gestimmt haben und bedauert aber die Ablehnung der von «Déi Gréng» zu diesem Thema eingebrachten Motion durch das Luxemburger Parlament. Der OGBL fordert die Luxemburger Regierung auf, ihre Einstellung in dieser Angelegenheit zu überdenken und in Zukunft ohne Wenn und Aber die gewerkschaftliche Position zu unterstützen.

Mitgeteilt vom OGBL
am 17. Dezember 2008