Der OGBL-Nationalvorstand tagte am 16. Juni in Düdelingen

Mit uns kein Sozialabbau!

Der OGBL-Nationavorstand tagte am selben Tag wie die Koalitionäre CSV und LSAP. Die Wahlen und ihre Folgen waren denn auch einer der Hauptpunkte auf der Tagesordnung. OGBL-Präsident Jean-Claude Reding bedauerte eingangs das schlechte Abschneiden der mehr oder weniger gewerkschaftsfreundlichen Kräfte im Europaparlament: die Sozialisten, die Grünen und die Linken. Aber auch die Christlichsozialen wurden innerhalb der europäischen rechtskonservativen Volkspartei (PPE) geschwächt. Dies Ergebnis bedeute, so Reding, dass die neoliberale Linie der auslaufenden Barroso-Kommission möglicherweise in der neuen Kommission neuen Auftrieb bekommen könnte und somit bedeute dies nichts Gutes für das schon kränkelnde soziale Europa.

Was die Wahlen in Luxemburg anbelangt, betonte Jean-Claude Reding – und er bekam dafür den Sukkurs des Nationalvorstands – dass der OGBL als parteipolitisch unabhängiger Gewerkschaftsbund keine Rücksicht auf die eine oder andere Regierungspartei zu nehmen brauche. Den OGBL interessiere nur was im Koalitionsabkommen stehe und dass darin den gewerkschaftlichen Forderungen des OGBL vom 16. Mai 2009 Rechnung getragen werde (siehe unten). Diese Forderungen seien als „rote Linien“ zu verstehen, die nicht überschritten werden dürfen, ansonsten der 16. Mai eine Neuauflage erfahren könnte. Insbesondere die LSAP werde an ihrer Fähigkeit gemessen, während der nächsten fünf Jahre konsequent den Sozialstaat zu verteidigen. Wenn die LSAP als einzige Partei, die ihrem Namen nach noch immer eine Lohnempfänger-Partei ist, es nicht fertig bringen sollte, bereits im Rahmen der Koalitionsverhandlungen die gewerkschaftlichen Forderungen gebührend einzubringen, wäre es für die Zukunft dieser Partei möglicherweise besser, sie würde gar nicht mit in die Regierung gehen.

Im Zusammenhang mit dem Thema Kaufkraft betonte Jean-Claude Reding ebenfalls die Notwendigkeit, das Kindergeld, den Kinderbonus und die Chèquesservices wieder an den Index zu binden. Durch die „Desindexierung“ von 2006 habe das Kindergeld bereits um zwischen 5 und 7,5% an Wert verloren. Die Chèques-services müssten darüber hinaus allen Kindern der in Luxemburg Beschäftigten, also aller der in Luxemburg steuer- und sozialversicherungzahlenden Arbeitnehmer, zugute kommen. Das heißt auch den Grenzgängern und denjenigen Arbeitnehmern, deren Kinder älter als 12 Jahre
sind.

Der Nationalvorstand befasste sich des Weiteren eingehend mit der wirtschaftlichen und sozialen Lage und mit den Forderungen des Europäischen Gewerkschaftsbundes, um die Krise zu meistern. Carlos Pereira berichtete über die Problematik des „Reclassement“ und der Wiedereingliederung von Arbeitnehmern, die über längere Zeit erkrankt waren bzw. einen Unfall erlitten haben. Von diesem Problem sind in der Zwischenzeit 10.000 Arbeitnehmer betroffen und in vielen Fällen führen die derzeit gültigen Bestimmungen zu einem dramatischen Einkommensverlust bei diesen Menschen. Minister Di Bartolomeo hatte dem OGBL noch vor den Wahlen versichert, auf diesem Gebiet sei eine grundlegende Reform in Ausarbeitung.

Organigrammänderungen

In eigener Sache nahm der Nationalvorstand unter anderem die folgenden Änderungen im Organigramm an beziehungsweise zur Kenntnis:

Da Alain Kinn zum 1. Juni in die „Chambre des salariés“ gewechselt ist, um dort die Verantwortung für den neu geschaffenen Bereich der gewerkschaftlichen Fortbildung zu übernehmen sowie für die Förderung von Wohlbefinden und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz zuständig ist, wurden seine politischen Aufgaben im geschäftsführenden Vorstand großenteils an Nico Clement übertragen. Das von Alain Klinn bekleidete Amt des Tarifsekretärs im Bereich Hüttenindustrie und Bergbau wird von Raymond Kapuscinsky übernommen.

Die tägliche Koordinierung der anderen von Alain Kinn wahrgenommenen  Aufgaben innerhalb des OGBL werden großenteils von Véronique Eischen übernommen, die zur Abteilungsleiterin avanciert.

Pit Schreiner avanciert ebenfalls zum Abteilungsleiter und übernimmt die Koordinierung der drei Berufssyndikate, die im OGBL zuständig sind für die Arbeitnehmer aus dem öffentlichen Dienst bzw. für alle Arbeitnehmer der nichtgewinnstrebenden Wirtschafts- und Sozialbereiche.

Im Nationalen Schlichtungsamt wird der OGBL in Zukunft durch die folgenden Kollegen vertreten sein: Jean-Claude Bernardini, Véronique Eischen, Hubert Hollerich und Pit Schreiner.

Marco Casagrande wird den OGBL in der SNCI vertreten.

Abschließend, nahm der Nationalvorstand die Kündigung von Marie-Thérèse Sannipoli in der Rentnergruppe der Arbeitnehmerkammer an. Für sie wird Fernand Schott nachrücken.


Zur Erinnerung: Die OGBL-Forderungen an die Adresse der Politik vom 16. Mai 2009  

 

Es darf zu keinem Leistungsabbau bei den Sozialversicherungen (Kranken, Renten- und Invaliden-, sowie Unfall- und Pflegeversicherung) kommen.

Der finanzielle Beitrag von Patronat und Staat für die Sozialversicherungen darf nicht gekürzt werden. Er muss sogar, wenn es die Anpassung der Leistungen erfordern sollte, heraufgesetzt werden können!

Gegen die Privatisierung der Sozialen Sicherheit, der Sozialversicherungen und der öffentlichen Dienstleistungen.

Das Gesetz über die automatische Anpassung der Löhne, Gehälter und Renten an die Inflation – den Index – darf unter keinen Umständen angetastet werden.

Sowohl das Gesetz über den Mindestlohn als auch das Gesetz über das soziale Mindesteinkommen (RMG) sind strikt zu respektieren.

Die Anpassung der Renten (Rentenajustement) an die allgemeine Lohnentwicklung muss wie bisher im Zwei-Jahres-Rhythmus erfolgen.

Das Rentenalter darf nicht erhöht werden.

Kein Lohnabbau in den öffentlichen Dienstleistungsbereichen und keine politische Unterstützung für eine Lohnpolitik in den luxemburgischen Betrieben, die einen Stopp, einen Abbau der Löhne oder ein Zurückbleiben der Löhne hinter der wirtschaftlichen Produktivitätsentwicklung zum Ziel hat.

Eine verbesserte Arbeitslosengesetzgebung. Bei anhaltender Krisenentwicklung muss die Arbeitslosenentschädigung erhöht und länger bezahlt werden.

Die Gesetzgebung über die Kurzarbeit muss weiter angepasst werden: Ausbau der beruflichen Fortund Weiterbildung und Einführung der 100-prozentigen Entschädigung für die Arbeitnehmer.

Die Gesetzgebung über den „maintien dans l’emploi“ muss kurzfristig verbessert werden, damit dieses Instrument wirklich seinen Zweck erfüllt: nämlich präventiv Arbeitsplätze abzusichern und Arbeitslosigkeit zu verhindern.

Die gesetzliche Absicherung der Arbeitnehmer bei Konkursen muss verbessert werden.

Gegen die drohende Arbeitslosigkeit von Schulabgängern 2009 bzw. bei anhaltender
Krisenentwicklung von Schulabgängern 2010, müssen präventiv unbefristete und befristete Arbeitsplätze in ausreichender Zahl bei Staat, Gemeinden und öffentlichen Einrichtungen geschaffen werden.

Die finanziellen Unterstützungen und die Auftragsvergaben des Staates an die Betriebe müssen von betrieblichen Arbeitsplatzgarantien und Lohngarantien für die Arbeitnehmer abhängig gemacht werden.

Auf europäischer und nationaler Ebene eine Politik, die das Sozial- und das Arbeitsrecht über das Wirtschaftsrecht stellt, die einer weiteren Flexibilisierung der gesetzlichen Arbeitszeit resolut entgegentritt und die arbeitsrechtliche Reformen für eine Stärkung des Kündigungsschutzes und der Arbeitsverträge vornimmt.

Bei vollem Lohnausgleich die gesetzliche Arbeitszeit verkürzen, um wirklich aktiv die
Arbeitslosigkeit zu bekämpfen.

Die Reform der betrieblichen Mitbestimmungsgesetze ist eine absolute Priorität: die Mitbestimmung muss tiefgreifend modernisiert und sozial fortschrittlicher gestaltet werden.

Die Zunahme der Verletzungen der Arbeits- und der Sozialgesetzgebung bzw. der Kollektivverträge durch die Arbeitgeber muss politisch und gesetzgeberisch bekämpft werden: die staatliche Überwachung und Kontrolle müssen dringend reformiert und effizienter werden.

Die staatlichen Sozialleistungen bzw. staatlichen Beihilfen müssen ausgebaut werden: vor allem im Bereich der Kinder- und Schülerbetreuung, aber auch u.a. beim Wohnungsbau- und Kauf sowie bei der Sanierung von Wohnungen nach ökologischen, energetischen und sozialen Kriterien.

Die öffentlichen Investitionen müssen weiter angekurbelt werden und sich prioritär auf die Entwicklung folgender Bereiche ausrichten: Erziehung und Wissenschaft, Gesundheit- und Sozialwesen, öffentlicher Transport, energie- und umwelteffiziente Infrastrukturen, Informationsund Kommunikationstechnologien.