Antrag auf Kindergeld per Internet : Der OGBL wirft Fragen auf

Die Familienkasse (Caisse nationale des Prestations familiales – CNPF) hat neulich mitgeteilt, dass ab jetzt die Anträge auf Kindergeld für Neugeborene über einen Internet-Service im Rahmen des von der Regierung angekündigten einheitlichen Online-Ansprechpartners (guichet unique virtuel) gestellt werden können.
Der OGBL wollte wissen, ob es sich zu diesem Zeitpunkt für den Einzelnen lohnt, auf dieses elektronische Service zurückzugreifen. Damit ein via Internet eingereichter Antrag auf Familienzulagen die gleiche Rechtsverbindlichkeit besitzt wie ein handschriftlich unterzeichneter Papierantrag, muss der elektronische Antrag anhand einer Luxtrust-Chipkarte elektronisch unterzeichnet werden. Diese Karte ist vergleichbar mit einer Kreditkarte deren Chip anstatt der Zahlfunktion eine Identifizierfunktion sowie eine Signier-Funktion enthält. Um es vereinfacht darzustellen, dient die Karte einerseits als Personalausweis und andererseits als Schreibstift. Um eine solche Karte benutzen zu können, muss man auf seinem Computer ein Kartenlesegerät anschließen. Und damit ein solches Lesegerät funktioniert muss zuerst die „Middleware-LuxTrust“-Software installiert werden.

Kostenpunkt und Nachteile

Die Luxtrust-Chipkarte kostet 57,50 Euro und ist drei Jahre gültig. Der Kartenleser, den man sich z.B. bei der Post besorgen kann, kostet 20 Euro. Zusammen: 77,50 Euro. Auf der Luxtrust-Internetseite heißt es, die Karten würden nur auf PC laufen (Windows 2000, XP oder Vista). Das heißt, dass Mac-Benutzer sich zuerst einen PC anschaffen müssten, um von diesem Angebot profitieren zu können. Es ist merkwürdig, dass der Staat sich hier indirekt an einem Technologievorzug und somit an einer Form von unlauterem Wettbewerb beteiligt. Des Weiteren ist zu bemerken, dass es wohl nicht jedem gegeben sein wird, dieses System selbst ans Laufen zu bringen. Einige werden wahrscheinlich auf einen Informatiker zurückgreifen und diese Kosten zusätzlich bezahlen müssen.

Der OGBL empfiehlt, weiterhin die Anträge in Papierform einzureichen

Angesichts dieser Feststellungen, empfiehlt der OGBL den Versicherten weiterhin die herkömmlichen Antragbögen für Neugeborene zu benutzen. Sie können natürlich, falls sie Intenetzugang haben, auf der CNPF-Seite (www.cnpf.lu) das Formular ausfüllen, es anschließend ausdrucken, unterzeichnen und mit den erforderlichen Unterlagen per Post an die Familienkasse senden.

Falls die Regierung den Bürgern in Zukunft eine größere Anzahl von Anwendungen beispielsweise in den Bereichen Sozialversicherung und Steuern anbieten sollte, und sobald Luxtrust die technischen Kompatibilitäts-Probleme ihres Angebots gelöst hat, wird sich der OGBL wieder zu diesem Themenkomplex äußern. Abschließend möchte der OGBL darauf aufmerksam machen, dass der Staat in Zukunft durch die Einführung eines einheitlichen Online-Ansprechpartners (guichet unique virtuel) Ersparnisse machen wird. Für den OGBL müssten diese Ersparnisse den Benutzern zugute kommen und zwar dadurch, dass der Staat die notwendigen elektronischen Tools wesentlich günstiger zur Verfügung stellt.

Mitgeteilt vom OGBL
am 9. Juni 2008

Conférence syndicale de l’OGBL le 5 juin 2008 à Sandweiler

Le jeudi 5 juin 2008, l’OGBL tenait sa conférence syndicale de 2008 à Sandweiler. Devant une salle archi-comble Jean-Claude Reding, président de l’OGBL et André Roeltgen, membre du Bureau exécutif de l’OGBL, ont analysé la situation économique et sociale du pays et annoncé l’orientation de la politique tarifaire de l’OGBL pour l’année à venir. Rien dans la situation économique luxembourgeoise actuelle ne suggère de changer l’approche de l’OGBL en matière de négociation salariale. Dans le cadre de la négociation de conventions collectives de travail dans les entreprises et/ou branches, les syndicats professionnels de l’OGBL continueront à s’orienter à la productivité générale de l’économie et à la situation particulière des entreprises concernées. Ils ne pratiqueront pas la modération salariale prônée par le Premier ministre et la Banque centrale. Au contraire, l’OGBL continuera à mener une politique salariale offensive dans les mois à venir.

En ce qui concerne l’index et la perte du pouvoir d’achat, la Conférence syndicale de l’OGBL demande au gouvernement de rétablir l’indexation automatique des salaires au 1er janvier 2009, et ce aussi pour éviter que deux tranches arrivent à échéance en même temps début 2010. La Conférence syndicale demande par ailleurs que le gouvernement prenne sa responsabilité en ce qui concerne l’amélioration de la législation relative à la participation des travailleurs et la cogestion.

En ce qui concerne la politique européenne, l’OGBL demande que le gouvernement prenne sa responsabilité au niveau européen et s’engage en faveur d’un protocole social qui clarifie une fois pour toute l’hiérarchie des normes dans l’Union européenne, c’est-à-dire que le droit social et du travail prime, dans tous les cas, sur le droit économique communautaire !

Resolution der OGBL-Rentnerabteilung vom 22. Mai 2008

Die Rentnerabteilung des OGBL tagend am 22. Mai 2008 im Studienzentrum der Arbeiterkammer in Remich hat u.a. die Lage der älteren Bevölkerung in unserem Land untersucht. Die Maßnahmen der Tripartite haben auch die Kaufkraft der älteren Bevölkerung stark beeinträchtigt. Die Rentnerabteilung fordert deshalb zur Wiederherstellung und zukünftigen Erhaltung der Kaufkraft:

  1. die Wiederherstellung der Indexanpassungen ab dem 1. 1. 2009
  2. die Anpassung der Einkommenssteuertabelle an die Inflation
  3. die Umwandlung des Altersfreibetrags in einen « crédit d’impôts »
  4. die Abschaffung der Honoraraufschläge beim Arztbesuch (CP)
  5. die Abschaffung des 66prozentigen Aufschlags auf medizinische Honorare beim Krankenhausaufenthalt in der 1. Klasse
  6. die Anpassung der Krankenkassenleistungen im Bereich der Zahnprothetik. Des Weiteren beschäftigte die Rentnerabteilung sich mit der Entwicklung im Gesundheitswesen. Sie begrüßt die Zusammenlegung der Krankenkassen ab dem 1. 1. 2009.

Sie fordert für die Zukunft, dass die neue Gesundheitskasse insbesondere in den folgenden
Bereichen Verbesserungen bringt:

  1. eine bessere Information der Versicherten
  2. eine bessere Betreuung der Versicherten in den Lokalagenturen
  3. die Anpassung der Renten, Unfallrenten und des garantierten Mindesteinkommens ab dem 1. 1. 2009
  4. eine substantielle Erhöhung der Heizungszulage und die Erweiterung des Nutznießerkreises
  5. die Regulierung und Kontrolle der Mietspreise
  6. die Absicherung der heutigen Rentenleistungen durch die Erschließung neuer zusätzlicher alternativer Finanzquellen
  7. der Ausbau der Früherkennungs- und Vorbeugungsprogramme
  8. die Einführung des « Tiers payant » auf allen Krankenhausleistungen
  9. die Einführung von Transparenten und Qualitätskriterien im Gesundheitswesen und in der Pflegeversicherung
  10. die Wiederherstellung der 40prozentigen Beteiligung des Staats an der Pflegeversicherung.

Abschließend begrüßt die Rentnerabteilung, dass in der neuen Salariatskammer auch die Rentner vertreten sein werden. Sie ruft alle Rentner und Rentnerinnen dazu auf, sich an den Wahlen zu beteiligen und die OGBL Rentnerliste zu wählen.

Schlussendlich erklärt die Rentnerabteilung einstimmig hinter dem OGBL zu stehen, um bei zukünftigen Aktionen die erworbenen Rechte und die Forderungen gemeinsam zu verteidigen.

Mitgeteilt vom OGBL
am 28. Mai 2008

Rentenajustement zum 1. Januar 2009 !

In seiner Eigenschaft als Minister für Sozialversicherung hat Herr Mars di Bartolomeo heute Morgen eine OGBL-Delegation auf deren Anfrage für einen Austausch über die Rentenentwicklung in Luxemburg empfangen.

In diesem Zusammenhang hat der OGBL noch einmal seine Forderung nach einer vollständigen Anpassung der Renten an die Lohnentwicklung zum 1. Januar 2009 erhoben.

Dies mit der Hauptbegründung, dass eine Anpassung an die Lohnentwicklung der Jahre 2006 und 2007 fällig sei, nicht zuletzt weil die Rentner durch die Preisentwicklung der letzen beiden Jahre stark an Kaufkraft eingebußt hätten.

Auf Grund der negativen Staatshaushaltsprognosen im Jahre 2006, war im Rahmen der Tripartitebeschlüsse nach zähen Verhandlungen festgehalten worden, den Rentenajustement von 2007 ausnahmsweise in zwei Tranchen auszubezahlen, 1% zum 1. Juli 2007 und 0,9% zum 1. Juli 2008. Es gibt für den OGBL keinen Anlass dazu, den nächsten, im Jahre 2009 fälligen, Rentenajustement nicht in voller Höhe und in einem einzigen Betrag zum 1. Januar 2009 auszubezahlen.

Minister di Bartolomeo teilte die Analyse des OGBL und bestätigte, dass nach der üblichen Methodologie die Lohnentwicklung der beiden letzten Jahre im Herbst berechnet werden würde. Für den Minister „steht einer Ausbezahlung zum 1. Januar 2009 nichts mehr im Wege“.

Der OGBL begrüßt die klare Sprache des Ministers und erwartet, dass aus den Worten Taten folgen werden.

Mitgeteilt vom OGBL
am 21. Mai 2008

Die OGBL-Exekutive befasste sich u.a. mit den Themen Mindestlohn, Steuermaßnahmen, Preisentwicklung und Index

Anlässlich seiner Sitzung vom 5. Mai 2008, befasste sich die OGBL-Exekutive unter anderem mit den Themen Mindestlohn, Steuermaßnahmen, Preisentwicklung und Index.

OGBL begrüßt von der Regierung angekündigte Maßnahmen

Die OGBL-Exekutive begrüßt die Ankündigung der Regierung zum 1. Januar 2009 den Mindestlohn an die allgemeine Lohnentwicklung anpassen zu wollen. Der OGBL erinnert in diesem Zusammenhang an seine Forderung, den Mindestlohn wegen des derzeit starken Kaufkraftverlustes auch strukturell zum 1. Januar 2009 zu erhöhen. Die Regierung scheint jetzt ebenfalls zu diesem Schluss gekommen zu sein. Als einen ersten Schritt in diese Richtung wird die geplante Umwandlung des Arbeitnehmerfreibetrags in einen Steuerbonus gewertet. Durch diese Maßnahme soll sich der Nettolohn der Mindestlohnbezieher ab Januar 2009 um rund 50 Euro erhöhen. Der OGBL begrüßt es auch, dass die Regierung über weitere steuerliche Maßnahmen nachdenken will und erinnert an die von ihm bereits gestellten Forderungen: Umwandlung des Abschlags für Alleinerzieher (abattement monoparental) in einen Bonus, Anpassung anderer Abschläge sowie der Höchstbeträge (plafonds) für außergewöhnliche Belastungen. Diese Obergrenzen wurden seit über 10 Jahren nicht mehr angepasst. Eine weitere Anpassung der Steuertabelle an die Inflation drängt sich ebenfalls auf.

Der OGBL erinnert noch einmal daran, dass das Rentenajüstement ebenfalls zum 1. Januar 2009 mehr als geschuldet ist.

Preisentwicklung

Premierminister Juncker bestätigte am 2. Mai den Beschluss der Regierung die so  genannten “prix administrés”, also die vom Staat verordneten Preise, einzufrieren. Wenn einerseits der OGBL diese Ankündigung als eine erste Maßnahme, um der hausgemachten Inflation entgegenzuwirken begrüßt, so sollte allerdings dieser Preisstopp auch für die Gemeinden und öffentlichen Unternehmen gelten. Der OGBL hat schon des Öfteren darauf hingewiesen, dass die Erhöhung der Preise für öffentliche Dienstleistungen nachweisbar auf die Kaufkraft drückt.

Zusätzlich zu diesen Maßnahmen, müsste der Staat auch für mehr Preis-Transparenz sorgen und unerklärliche Preiserhöhungen hinterfragen, sowie automatische Preisanpassungen in Dienstleistungsverträgen gesetzlich unterbinden.

Index

Die Indexfrage muss nicht zu einem Wahlkampfthema werden, so die Meinung der OGBLExekutive, wenn sich alle Parteien zum luxemburgischen Indexsystem bekennen und die zeitliche Verschiebung der Erfallsdaten der Indextranchen wieder abschaffen wollen. Dies scheint der Fall zu sein. Da sich die Lage der Staatsfinanzen seit 2006 wesentlich verbessert hat und um den durch die Preisentwicklung (Inflation) hervorgerufenen Kaufkraftverlust der Arbeitnehmer und Rentner möglichst bald auszugleichen, sollten sich die Parteien vor dem Wahlkampf darauf verständigen, den Indexautomatismus ab 1. Januar 2009 wieder ohne zeitliche Verzögerung spielen zu lassen. Dann könnte sich der Wahlkampf vorrangig um andere, für die zukünftige Entwicklung des Landes wichtigen Themen drehen.

Beschäftigungspolitik

Abschließend begrüßte die OGBL-Exekutive die Einberufung von nationalen Beschäftigunstagen im Juni 2008. Dies sollte allerdings nicht eine Art Symposium werden, anlässlich dessen hoch trabende Sonntagsreden gehalten werden, sondern es sollte sich vielmehr um “Arbeitstage” handeln, mit dem Ziel einen nationalen Plan für Vollbeschäftigung mit konkreten Meilensteinen zu erstellen. Für den OGBL sollten diese Tage von dem neuen Comité permanent du travail et de l’emploi vorbereitet werden. Dieses Gremium sollte kurzfristig tagen, um eine detaillierte Tagesordnung für die Beschäftigungstage aufzustellen. An den vorbereitenden Arbeiten sowie an den Tagen selbst sollte das Parlament mitbeteiligt werden.

Drei Urteile und eine Klage gegen das soziale Europa

Bolkesteins Rückkehr durch die Hintertür?

Vor Kurzem hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in drei Rechtssachen, die für die europäischen Gewerkschaften und die Zukunft des sozialen Europas von herausragender Bedeutung sind, sein Urteil gefällt. Es handelt sich hierbei um die Fälle Laval, Viking und Rüffert.

Viking
Viking Line ist ein finnisches Fährunternehmen, das Eigentümer der unter finnischer Flagge fahrender Fähre Rosella ist, die die Seeverbindung zwischen Tallinn und Helsinki sicherstellt. Viking beabsichtigte, die Rosella umzuflaggen und in Estland zu registrieren, um estnische Seeleute beschäftigen und diesen einen niedrigeren als in Finnland üblichen Lohn bezahlen zu können. Die finnische Gewerkschaft der Seeleute FSU (Finnish Seamen’s Union) versuchte dies mit verschiedenen Mitteln, einschließlich Streik, zu verhindern. Schließlich wurde dieser Fall vor den Europäischen Gerichtshof gebracht, dessen Urteil im Dezember 2007 erging. Der Gerichtshof vertrat die Auffassung, dass in diesem Fall das Recht auf Niederlassungsfreiheit Vorrang vor dem Gewerkschaftsrecht habe, auch wenn er das Streikrecht als ein Grundrecht anerkannte. Des Weiteren verurteilte der EuGH die kollektiven Maβnahmen der Gewerkschaft, mit denen eine Auslagerung in ein Niedriglohnland vermieden werden sollte. Für die Gewerkschaften ist es nicht hinnehmbar, dass das Gewerkschaftsrecht dem Handelsrecht untergeordnet wird. Durch seine Vorgehensweise missachtet der
EuGH die freie Ausübung des Gewerkschaftsrechts, das jedoch in der Konvention
Nr. 87 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) verankert ist.

Laval und Rüffert
Die Rechtssachen Laval und Rüffert sind sich insofern ähnlich, als beide die Auslegung der Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern in ein anderes EU-Land betreffen. Bei Laval handelt es sich um ein lettisches Bauunternehmen, das lettische Bauarbeiter für die Ausführung von Bauarbeiten nach Schweden entsandt hat. Das Unternehmen weigerte sich jedoch, die Bestimmungen des für die Baubranche geltenden schwedischen Tarifvertrags einzuhalten. Die schwedische Baugewerkschaft beschloss daraufhin gewerkschaftliche Maβnahmen und blockierte die gesamten Baustellen der lettischen Firma Laval in Schweden. Auch dieser Fall wurde vor den Europäischen Gerichtshof gebracht.
Der EuGH verurteilte die gewerkschaftliche Maβnahme, mit der ein Lohndumping vermieden werden sollte. Der EuGH stellte fest, dass gewerkschaftliche Maβnahmen, mit denen nicht nur die in der Entsenderichtlinie aus dem Jahr 1996 festgelegten Mindeststandards durchgesetzt werden sollen, sondern die auch die Gleichbehandlung der aus Lettland entsandten und der schwedischen Bauarbeiter zum Ziel haben, den freien Dienstleistungsverkehr einschränkten. Dadurch öffnet der EuGH sowohl dem Sozialdumping als auch dem unlauteren Wettbewerb Tür und Tor!

In der Rechtssache Rüffert verurteilte der Gerichtshof das Land Niedersachsen, und somit indirekt auch alle anderen souveränen politischen Instanzen in der Europäischen Union wegen der Absicht, auf ein polnisches Unternehmen die in Niedersachsen geltenden gesetzlichen Vorschriften anwenden zu wollen, die vorsehen, dass jedes Bauunternehmen, das den Zuschlag für einen öffentlichen Bauauftrag erhalten hat, den für das Baugewerbe und die Bauarbeiten der öffentlichen Hand geltenden Tarifvertrag einhalten muss.

In allen drei Rechtssachen begründet der EuGH seine Entscheidung gleichermaßen. Der Gerichtshof vertritt die Auffassung, dass die Gleichbehandlung von Arbeitnehmern eine Einschränkung des in Artikel 49 des EU-Vertrags verankerten freien Dienstleistungsverkehrs darstelle. Somit erkennt der EuGH den Sozialdumping in gewisser Weise als rechtmäßig an. Auch wenn die Gewerkschaften in der Dienstleistungsrichtlinie die Streichung des Herkunftslandprinzips erwirkt haben, gerade um Sozialdumping zu vermeiden, so wird durch diese Urteile und die daraus resultierende Rechtsprechung das im Aufnahmeland geltende Recht in vielen Fällen de facto dem im Herkunftsland geltenden Recht untergeordnet werden.

Die Kommission wirft Luxemburg vor, die Richtlinie über die Entsenderichtlinie nicht angemessen in nationales Recht umgesetzt zu
haben

Zur selben Zeit, zu der sich der EuGH mit diesen Fällen befasste, hat die Europäische Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof ein Verfahren gegen Luxemburg eingeleitet mit dem Vorwurf, die Richtlinie 96/71 über die Entsendung von Arbeitnehmern von einem Mitgliedstaat in einen anderen nicht angemessen in nationales Recht umgesetzt zu haben. Im Folgenden wird der komplexe Sachverhalt kurz und verständlich zusammengefasst: Die Kommission wirft dem Groβherzogtum Luxemburg eigentlich vor, bei der Umsetzung der Richtlinie dem Schutz der Arbeitnehmer zu viel Bedeutung beigemessen zu haben, indem es sich zu stark für die Gleichbehandlung von luxemburgischen und aus einem anderen Land entsandten Arbeitnehmern eingesetzt habe. Die Kommission stellt insbesondere die automatische Anpassung der Löhne und Gehälter an die Lebenshaltungskosten in Frage, da eine solche Praxis nach ihrer Auffassung gegen die Richtlinie verstoβe. Des Weiteren führt die Kommission an, dass Luxemburg als Aufnahmeland für die Erbringung von Dienstleistungen nicht dazu berechtigt sei, ausländische Unternehmen, die Arbeitnehmer entsenden, den in Luxemburg für Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge geltenden Rechtsvorschriften zu unterwerfen. Dies verstoβe nach Auffassung der Kommission ebenfalls gegen die Bestimmungen der Entsenderichtlinie.
Schlieβlich weist die Kommission darauf hin, dass Arbeitstarifverträge keine Verwaltungsregelungen darstellten, die „nationalem öffentlichem Recht“ unterliegen.
Dieser Fall ist gegenwärtig vor dem EuGH anhängig und die Schlussanträge der Generalanwältin Frau Verica Trstenjak sind äuβerst besorgniserregend. Die Generalanwältin gibt in den meisten Punkten der Kommission Recht. Sie schreibt: „Wir vertreten die Auffassung, dass es den Mitgliedstaaten nicht frei steht, den Dienstleistungserbringern mit Geschäftssitz in einem anderen Mitgliedstaat die Einhaltung sämtlicher im Bereich des Arbeitsrechts geltenden Bestimmungen abzuverlangen“. Da der Gerichtshof diesen Grundsatz bereits in den Urteilen in den Rechtssachen Viking, Laval und Rüffert bekräftigt hat, besteht die Gefahr, dass ein Teil des luxemburgischen Arbeitsrechts als nicht anwendbar erklärt wird, zumindest für die nach Luxemburg entsandten ausländischen Arbeitnehmer.
Genauer gesagt erklärt die Generalanwältin, dass diejenigen Arbeitstarifverträge, die im luxemburgischen Gesetz für die Umsetzung der Entsenderrichtlinie genannt werden, nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen und nicht als Bestandteil des harten Kerns des Arbeits- und Beschäftigungsrechts der Gemeinschaft angesehen werden können.
Ferner könnten die in Luxemburg für Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge geltenden Rechtsvorschriften nicht auf entsandte Arbeitnehmer angewandt werden, da sie ebenfalls kein Bestandteil des harten Kerns des Arbeits- und Beschäftigungsrechts der Gemeinschaft seien.

Die Generalanwältin bekräftigt sämtliche Argumente der Kommission, mit einer Ausnahme, nämlich im Hinblick auf die automatische Indexanpassung der Löhne und Gehälter. In diesem Fall stellt sie die Unbegründetheit des Arguments der Kommission fest.

Schlussfolgerungen
Es liegt auf der Hand, dass eine solche Argumentationsweise an den Geist der ersten Fassung der Dienstleistungsrichtlinie erinnert, will heiβen an den Geiste „Bolkesteins“.
Wenn der gegenwärtige Vertrag derartige Urteile zulässt und wenn man berücksichtigt, dass im Lissabonner Vertrag Artikel 49 zur Dienstleistungsfreiheit als integraler Bestandteil aufgenommen wurde, derjenige Artikel, auf den der EuGH oben genannte Urteile stützt, dann wird der neue Vertrag auch nichts an diesem unsinnigen politischen Willen ändern, der darauf abzielt, die von den Gewerkschaften im vergangenen Jahrhundert so hart erkämpften sozialen Errungenschaften in den einzelnen Mitgliedstaaten abzubauen. Diese Rechtssachen machen unmissverständlich klar, dass die Europäische Union eine reine Wirtschafts- und Handelsunion ist, in der das Wettbewerbsrecht Vorrang vor allem hat, auch vor dem Sozialrecht und dem nationalen Arbeitsrecht.
Nach Auffassung des OGBL besteht dringender Handlungsbedarf. Er fordert, dass dem Lissabonner Vertrag ein Protokoll für sozialen Fortschritt als Anhang beigefügt wird. In diesem Protokoll muss deutlich zum Ausdruck gebracht werden, dass der Vertrag und insbesondere die Grundfreiheiten im Sinne der Einhaltung der Grundrechte auszulegen sind, also auch im Sinne des Sozial- und des Gewerkschaftsrechts.
Des Weiteren fordert der OGBL, dass die Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern gestärkt wird, damit ihre ursprünglichen Zielsetzungen, die einzig und allein dem Schutz der Arbeitnehmer dienten, einschließlich des Schutzes entsandter Arbeitnehmer vor Ungleichbehandlung im Aufnahmeland, eingehalten werden. Schließlich fordert der OGBL, dass der Vorschlag für eine Richtlinie zur Leiharbeit, die der Ministerrat immer noch blockiert, nun endlich angenommen wird.

Mitteilung des OGBL
vom 18. April 2008