Reindexierung der Familienzulagen : Die Ankündigungen der Familienministerin reichen nicht aus

Vor kurzem bestätigte die Familienministerin Cahen die geplante Wiedereinführung der Indexierung der Familienzulagen ab dem 1. Januar 2022.

Die Wiedereinführung der Indexierung, die bekanntlich 2006 abgeschafft wurde, ist eine teilweise Antwort auf die Forderung des OGBL. Diese Maßnahme verhindert allerdings nur, dass die inflationsbedingte Entwertung der Familienzulagen weiterläuft.

Sie ändert nichts an der Tatsache, dass beispielsweise beim Kindergeld seit 15 Jahren keine Anpassung an die Entwicklung der Lebenskosten stattgefunden hat. Schlimmer noch, 2016 wurde ab dem zweiten Kind das Kindergeld herabgesetzt. Und das Ende 2014 mit den Gewerkschaften getroffene Abkommen, das die Einführung eines Mechanismus für die Anpassung der Familienzulagen an die allgemeine Lohnentwicklung vorsieht, wurde von der Regierung bis heute nicht umgesetzt. Insofern ist die angekündigte Indexierung nur die halbe Miete wert, der Rest hat als Wortbruch weiterhin Bestand.

Angesichts der Tatsachen, dass zum einen das Armutsrisiko weiterhin ansteigend ist, und dass andererseits es in erster Linie einkommensschwache Haushalte sind, die materielle Verluste im Verlauf der COVID-Pandemie erlitten haben, hatte der OGBL im Januar von der Familienministerin zumindest eine sofortige Anpassung der Familienbeihilfen von 7,7% gefordert — als Ausgleich für die erlittenen Verluste seit 2014.

Die Aussagen der Familienministerin von letzter Woche deuten darauf hin, dass die Regierung diesbezüglich noch kein Entgegenkommen in Betracht zieht. Deshalb erneuert der OGBL seine Forderungen.

Darüber hinaus verweist der OGBL auf das Risiko einer Mogelpackung. Die rezenten Inflationsprognosen des STATEC sehen eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass noch Ende 2021 eine Indextranche erfallen könnte. Sollte aufgrund dieses Szenarios die Indexierung der Familienbeihilfen erst am 1. Januar 2022 einsetzen, würde sie erst mit der darauffolgenden Indextranche, voraussichtlich im Jahr 2024, erstmals erfallen. Der OGBL fordert von der Regierung, dass im Falle einer Indextranche noch in diesem Jahr, diese bei der Wiedereinführung der Indexierung der Familienbeihilfen zum 1. Januar 2022 mitberücksichtigt wird.

Mitgeteilt vom OGBL
am 20. Mai 2021

Pas de jour férié le 9 mai pour le personnel de Match

Sans aucune concertation préalable, la direction de Match a récemment pris la décision d’ouvrir ses magasins tous les jours fériés à partir du 9 mai. L’OGBL ne compte évidemment pas en rester là ni laisser s’installer ce genre de pratique.

Depuis plus d’un an, le personnel de la grande distribution se trouve en première ligne: cadences élevées, importante charge de travail, afflux exceptionnel de clients… Et c’est pourtant avec un engagement sans faille que les salariés du secteur — et donc également ceux travaillant pour le groupe Match — font face à la crise sanitaire et à ses aléas.

Pour remercier son personnel, la direction du groupe Match, sans aucune concertation avec ses délégations du personnel (à noter que l’OGBL dispose de tous les sièges de délégués dans l’entreprise), a donc pris la décision d’ouvrir les portes de ses magasins désormais tous les jours fériés, et ce à partir du 9 mai. La direction réfléchirait d’ailleurs même à ouvrir les portes de ses magasins le 23 juin, c’est-à-dire le jour de la Fête nationale.

Si la loi autorise des ouvertures jusqu’à 13 heures les jours fériés et même au-delà avec une dérogation ministérielle, le syndicat Commerce de l’OGBL ne compte pas pour autant accepter cette décision unilatérale de la direction de Match, sachant que la quasi-totalité des salariés concernés rejettent d’ailleurs totalement le projet de la direction.

Soulignons également qu’aucune nécessité ne justifie le projet de la direction de Match, si ce n’est la maximisation des profits des actionnaires aux dépens de la vie privée et familiale des salariés de l’entreprise.

La direction doit immédiatement revenir sur sa décision et laisser les portes de ses magasins fermées le 9 mai ainsi que tous les autres jours fériés!

Le syndicat Commerce de l’OGBL n’hésitera pas à recourir à des actions syndicales pour faire entendre raison à la direction de Match. Par ailleurs, il appelle les clients à être solidaires du personnel se trouvant en première ligne depuis plus d’un an et à boycotter les magasins ouverts les jours fériés.  

Communiqué par le syndicat Commerce de l’OGBL,
le 6 mai 2021

Recht auf Abschalten

Am 30. April 2021 verabschiedete der Wirtschafts- und Sozialrat einstimmig eine Stellungnahme zur Frage des Rechts auf Abschlaten. Die Vertreter der Arbeitgeber und der Gewerkschaften einigten sich in dieser Stellungnahme auf die grundsätzliche Einführung eines neuen Kapitels über die «Achtung des Rechts auf Abschalten» in das luxemburgische Arbeitsgesetzbuch.

Dies ist ein großer Schritt nach vorne, um sicherzustellen, dass die Arbeitnehmer ihre Freizeit in vollen Zügen genießen können, ohne zu jeder Zeit auf E-Mails oder Anrufe ihres Arbeitgebers warten zu müssen. In der Tat ist die ständige Erreichbarkeit, gepaart mit dem Verschwimmen der Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben, ein Phänomen, das immer weiter zunimmt. Der massive Einsatz von Telearbeit aufgrund der Covid-19-Pandemie hat die Situation weiter verschärft. Aber es ist kein Phänomen, das auf Telearbeiter beschränkt ist.

Die Einhaltung des Rechts auf Abschalten wird zur Pflicht des Arbeitgebers

Wenn wir über das Recht auf Abschalten sprechen, muss betont werden, dass der Arbeitgeber nicht von vornherein das Recht hat, von den Arbeitnehmern Leistungen außerhalb der vertraglichen Arbeitszeiten zu verlangen!

Das kürzlich vorgeschlagene Abkommen geht in diese Richtung. Es sieht vor, dass jeder Arbeitgeber im Land, dessen Mitarbeiter digitale Werkzeuge für berufliche Zwecke nutzen, verpflichtet ist, eine Regelung vorzusehen, die sicherstellt, dass das Recht des Arbeitnehmers auf Abschalten respektiert wird. Diese Regelung definiert die praktischen Vorkehrungen für das Abschalten des digitalen Arbeitsmaterials, Sensibilisierungs- und Schulungsmaßnahmen sowie Entschädigungsregelungen für Arbeitnehmer für den Fall, dass die Art der Arbeit das Abschalten unmöglich macht (Rufbereitschaftssystem).
Dies wird zu einem zwingend zu verhandelnden Punkt im Kollektivvertrag (KV), sofern ein solcher existiert.

Liegt kein KV vor, gelten die Regeln des sozialen Dialogs in den Unternehmen:
– Mitbestimmung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmerdelegation ab 150 Mitarbeitern;
– Information und Beratung der Delegation zwischen 15 und 149 Mitarbeitern;
– in Unternehmen mit weniger als 15 Mitarbeitern, einfache Informationen an die Belegschaft, aber es ist dennoch eine Pflicht des Arbeitgebers, eine solche Regelung umzusetzen.

Eine Verpflichtung, die Sanktionen unterliegt

Wenn sich ein Arbeitgeber weigert, eine Regelung zur Einhaltung des Rechts auf Abschalten einzurichten, kann er vom Direktor der Gewerbeinspektion (ITM) mit Bußgeldern belegt werden, die je nach Größe des Unternehmens und der Einstellung des Arbeitgebers variieren.

Besteht ein KV, so muss das Recht auf Abschalten spätestens nach drei Jahren (maximale Laufdauer eines KV) in den KV aufgenommen werden. Eine Änderung des KV zu einem früheren Zeitpunkt ist natürlich möglich und wünschenswert.

In Betrieben, in denen es keinen KV gibt, hat der Arbeitgeber ein Jahr Zeit, um die Regelung umzusetzen, die die Einhaltung des Rechts auf Abschalten gewährleistet.

ACHTUNG: Dies ist vorerst nur ein Vorschlag, auch wenn er sowohl von den Arbeitgebern als auch von den Gewerkschaften gutgeheißen wurde. Der Ball liegt nun beim Arbeitsminister, so schnell wie möglich einen Gesetzentwurf vorzulegen, der auf der Vereinbarung der Sozialpartner basiert.

Nationale Gesetzgebung im Bereich Menschenrechte und Unternehmen: fundiert und realisierbar

devoir de vigilanceDie Initiative pour un devoir de vigilance, bestehend aus 17 Organisationen der Zivilgesellschaft, begrüßt die rezente Veröffentlichung der Studie von Dr. Basak Baglayan, wie sie im Koalitionsabkommen vorgesehen war. Diese Studie untersucht die Möglichkeit, eine Sorgfaltspflicht für Unternehmen mit Sitz in Luxemburg gesetzlich zu verankern, um so die Einhaltung der Menschenrechte und Umweltstandards in ihrer gesamten Wertschöpfungskette zu gewährleisten.

“Diese Studie ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu einer nationalen Gesetzgebung, um den Respekt der Menschenrechte bei den wirtschaftlichen Aktivitäten luxemburgischer Unternehmen zu gewährleisten. Es zeigt, dass ein nationales Gesetz sowohl fundiert als auch machbar ist. Die Gesetzgebung wird nicht nur den betroffenen Menschen, sondern auch den Unternehmen und unserem Land zugutekommen”, so die Vertreter der Initiative.

In der Tat können wirtschaftliche Aktivitäten von Unternehmen überall auf der Welt negative Auswirkungen auf die Menschenrechte haben: Kinderarbeit, massiver Einsatz von gesundheitsgefährdenden Giftstoffen, Zwangsarbeit, Landraub, Umweltschäden usw. Unternehmen mit Sitz in Luxemburg sind oder könnten daran beteiligt sein.

Diese luxemburgische Studie wird zu einem Zeitpunkt vorgelegt, in der unsere Nachbarländer proaktiv handeln, wie in Deutschland, wo ein Gesetzgebungsverfahren eingeleitet wurde, oder wie in Belgien, wo im April 2021 ein Gesetzentwurf im Parlament eingebracht wurde. In Frankreich gibt es seit 2017 ein Gesetz pour un devoir de vigilance. In den Niederlanden wurde im März 2021 ein ambitiöser Vorschlag erstellt, um das bestehende Gesetz betreffend der Kinderarbeit zu einem Gesetz zu erweitern, das alle Menschenrechte umfasst.“ In diesem Zusammenhang betonen die Verantwortlichen der Initiative: “Ein luxemburgisches Gesetz wird es unserem Land also ermöglichen, sich in diese Dynamik einzubringen, zumal auf globaler Ebene die Ambitionen Luxemburgs mit seiner Kandidatur für einen Sitz im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen noch weitaus größer sind. ”

Ende einer wenig hilfreichen Debatte und erste Schritte in die richtige Richtung

In den letzten Monaten lag der Fokus der Debatte leider auf die relativen Vor- und Nachteile einer Gesetzgebung auf europäischer Ebene im Vergleich zu einer Gesetzgebung auf nationaler Ebene konzentriert. Die Initiative pour un devoir de vigilance begrüßt ausdrücklich die Feststellung der Studie, dass “diese Debatte wenig hilfreich (unhelpful) ist, wenn man bedenkt, dass sich die Verabschiedung von nationalen und europäischen Gesetzen nicht gegenseitig ausschließen.”

Die Initiative pour un devoir de vigilance begrüßt ausdrücklich, dass die Regierung dieser Veröffentlichung der Studie unmittelbar eine Folge gegeben hat, indem sie ein interministerielles Komitee unter der Koordination des Außenministeriums eingesetzt hat, an dem verschiedene Ministerien [1] teilnehmen werden.

Diese Regierungsentscheidung steht im Einklang mit 92% der luxemburgischen Bevölkerung, die sich laut einer TNS-Ilres-Umfrage für ein nationales Gesetz aussprechen. Hinzu kommt eine große Zahl von Abgeordneten aller (!) im Parlament vertretenen Parteien, die sich im November 2020 bei der Aktion “Je suis pour une loi nationale” ebenfalls für ein nationales Gesetz ausgesprochen haben.

Mit der Entscheidung der Regierung, einen ressortübergreifenden Ausschuss einzurichten, wird eine Konkretisierung schnell erfolgen müssen, da wir uns in der Hälfte der Legislaturperiode befinden. Es ist wichtig, jetzt einen Zeitrahmen für diese Arbeit festzulegen. Die Zusammensetzung dieses interministeriellen Komitees wird die (von der Zivilgesellschaft immer wieder geforderte) Politikkohärenz stärken, weil es nach Angaben der Studie, eine Abstimmung der Politik zwischen den verschiedenen Ministerien ermöglicht. Diese Pflicht besteht seit 2012 durch das luxemburgische Kooperationsgesetz und war bereits Gegenstand vieler „Fair politics“ Analysen, um zu vermeiden, dass eine Hand gibt und die andere nimmt.

Konkrete Wege für die luxemburgische Gesetzgebung

Die Arbeit dieses Comité interministériel soll es dem Gesetzgeber in der Folge ermöglichen, ein Gesetz über eine Sorgfaltspflicht zu entwerfen, das laut der Studie – “die Besonderheiten Luxemburgs berücksichtigt” und dabei “alle in Luxemburg ansässigen Unternehmen” abdeckt und “die von Konzerngesellschaften und Filialen in der Wertschöpfungskette des Unternehmens” einschließt.

Außerdem muss ein luxemburgisches Gesetz, um mit dem UNDP (United Nations Guiding Principles on Business and Human rights) übereinzustimmen, “alle international anerkannten Menschenrechte” abdecken.

Damit eine solche Gesetzgebung ausgewogen ist, teilt die Initiative die Anmerkung der Autorin, dass die Berichtspflichten “je nach Größe oder Kapazität der Unternehmen differenziert werden könnten”.

In diesem Zusammenhang hebt die Initiative auch ein wichtiges Ergebnis der Studie hervor: “Zukünftige Gesetzgebung sollte ein Gleichgewicht anstreben zwischen dem Gebot, die Einhaltung der Menschenrechte durch Unternehmen zu verbessern, und der praktischen Notwendigkeit, Unternehmen und Regierungen nicht unverhältnismäßig zu belasten. “Dabei ist zu bedenken, dass die potenziellen Kosten der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht wahrscheinlich durch den Nutzen für alle Beteiligten aufgewogen werden”, betont die Autorin.

Impaktanalyse der nationalen Gesetzgebung für Unternehmen in Luxemburg

“Trotz verschiedener Bemühungen auf der ganzen Welt haben mehrere Studien gezeigt, dass die Umsetzung der Sorgfaltspflicht durch Unternehmen weiterhin begrenzt ist. Es wächst die Einsicht, dass rein freiwillige Ansätze nicht ausreichen. “Diese Feststellung in der Einleitung der Studie wird von der Zivilgesellschaft in Luxemburg und den Nachbarländern weitgehend geteilt. An dieser Stelle muss betont werden, dass es auch in Luxemburg Pioniere gibt. Diese Pioniere in der luxemburgischen Wirtschaftswelt beweisen jeden Tag aufs Neue, dass eine Sorgfaltspflicht möglich ist und dabei gleichzeitig wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Studie stellt außerdem fest, dass sich derzeit 32 Unternehmen aus 8 verschiedenen Wirtschaftssektoren für eine nationale Gesetzgebung zu Menschenrechten und Umwelt explizit aussprechen.

Die Studie stellt auch fest, dass damit Kosten und ein gewisser Verwaltungsaufwand verbunden sein werden, aber sie hebt erhebliche Vorteile für die Unternehmen hervor. Laut der in der Studie zitierten OECD: “Due Diligence kann Unternehmen helfen, einen Mehrwert zu schaffen, u.a. durch die Identifizierung von Möglichkeiten zur Kostensenkung, ein besseres Verständnis strategischer Märkte und Bezugsquellen, die Stärkung des Managements von unternehmensspezifischen Geschäfts- und Betriebsrisiken…” Hinzu kommt: “Diese Vorteile können sich in einer besseren Wahrnehmung des Unternehmens manifestieren, sowohl intern als auch extern, was zu weiteren Vorteilen wie besseren Analystenempfehlungen oder niedrigeren Kapitalkosten (vor allem aufgrund des geringeren Risikos und der erhöhten Transparenz) führt. Interne Vorteile wie die erhöhte Fähigkeit, Talente zu halten und anzuziehen, die gesteigerte Produktivität, das bessere Management, des Rufs des Unternehmens und die Wertschöpfung sollten nicht außer Acht gelassen werden. ”

Diese Ansichten werden von einer Reihe von Unternehmen, die den im Rahmen der Studie durchgeführten Fragebogen ausgefüllt haben, weitgehend geteilt, wobei sie noch “verbessertes ESG-Risikomanagement”, “Verbrauchervertrauen” und “größere Transparenz” hinzufügen.

In Bezug auf den Finanzsektor stellt die Studie fest, dass es derzeit keine empirischen Belege dafür gibt, dass die Verabschiedung verbindlicher Sorgfaltspflichtgesetze Finanzdienstleister dazu veranlassen würde, in Länder abzuwandern, in denen es keine solchen Gesetze gibt.

Die Initiative pour un devoir de vigilance hofft, dass “diese Studie ausreichende Antworten auf die Bedenken einiger Interessengruppen, die in der Umfrage geäußert wurden, gegeben hat”.

In einem Kommentar zu Frankreichs Sorgfaltspflichtgesetz argumentierte C. Bright,die in der Studie zitiert wird, dass “im Gegensatz zu den Behauptungen von Kritikern die Gesetzgebung die internationale Wettbewerbsfähigkeit Frankreichs nicht beeinträchtigt zu haben scheint; das Land zog nach ihrer Verabschiedung ein Rekordniveau an ausländischen Direktinvestitionen an”.

Nicht die Menschen vergessen, die von den wirtschaftlichen Aktivitäten in unseren Wertschöpfungsketten betroffen sind

Die Initiative pour un devoir de vigilance würdigt die Qualität der Arbeit von Dr. Basak Baglayan, die alle geäußerten Herausforderungen und Bedenken der verschiedenen Interessengruppen, die sich äußern konnten, berücksichtigt hat. Obwohl der Fokus der Studie ausschließlich auf nationalen Themen lag, ist es gut, dass die Autorin auch die Auswirkungen auf die Opfer, deren Menschenrechte verletzt werden, hervorhebt: “Es wird geschätzt, dass die sozialen, menschlichen und ökologischen Auswirkungen eines verpflichtenden Systems der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht deutlich höher sein werden als die von freiwilligen Richtlinien oder einfachen Berichtspflichten. ”

In diesem Zusammenhang haben einige Interessengruppen eine “vollständige wirtschaftliche Folgenabschätzung” der Gesetzgebung gefordert. Im Interesse der Transparenz auf der Ebene der wahren gesellschaftlichen Kosten und einer solchen “vollumfänglichen Evaluation” sollte auf der Ebene unserer Wertschöpfungsketten ein “True Price and True Cost”-Ansatz verfolgt werden. Dies würde es auch ermöglichen, die externen Umwelt- und Sozialkosten zu berücksichtigen, die bei der Herstellung von Fertig- oder Halbfertigprodukten, Rohstoffen und Dienstleistungen in den wichtigsten Produktionsländern im Süden und anderswo auf der Welt entstehen. Soziale Auswirkungen wie Unterbezahlung, Gesundheit und Sicherheit, Überstunden, Sozialschutz, Kinderarbeit, Belästigung, Bedrohung am Arbeitsplatz und Zwangsarbeit sollten ebenfalls in diese “vollumfängliche Evaluation” einbezogen werden. Außerdem sollten die Umweltauswirkungen in Bezug auf Flächennutzung, Wasserknappheit, Boden-, Wasser- und Luftverschmutzung sowie Abfallmanagement berücksichtigt werden.

Die Initiative pour un devoir de vigilance möchte abschließend den letzten Satz der Studie zitieren, dem sie sich anschließen kann: “Ein neues Gesetz sollte in einem “smart mix” von staatlichen Maßnahmen und Politiken zur Verbesserung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht in Luxemburg und im Ausland eingebunden werden. ”

Mitgeteilt am 4. Mai 2021


[1] Ministères de l’Economie, des Finances, de la Justice, de l’Environnement, du Climat et du Développement durable, du Travail, de l’Emploi et de l’Economie sociale et solidaire, des Classes moyennes et de la Coopération au développement et de l’Action humanitaire.

Stoppt die Privatisierungswelle im Gesundheitswesen

Zuerst die „Affäre Cloche d’Or“ und dann die „Affäre Junglinster“. Im Wesentlichen illustrieren beide Fälle die Offensive des privaten Kommerzes im luxemburgischen Gesundheitswesen. Sogenannte „Minikliniken“, vom Radiologiezentrum inklusive IRM und Scanner bis hin zur Poliklinik, privat kapitalisiert und profitorientiert sind in Planung oder bereits im Entstehen. Die Profite dieser Privatkliniken sollen über die Tarife unserer Sozialen Sicherheit und über die Eigenbeiträge der Patienten eingefahren werden.

Nach dem Bekanntwerden der „Affäre Junglinster“ richtete die liberale Ärzteschaft (AMMD) einen politischen Hilfeschrei an die Gesundheitsministerin und an den Minister der Sozialen Sicherheit. Doch leider war dies keine Kritik an der Kommerzialisierung unseres Gesundheitswesens, sondern widerspiegelte lediglich korporatistisches Eigeninteresse. Die AMMD hatte nicht damit gerechnet, dass andere Haifische danach trachten, ihr den Markt mit der Gesundheit streitig zu machen.

Dies alles hat nichts mehr mit fortschrittlichen Visionen für die Zukunft unseres Gesundheitswesens zu tun. Im Gegenteil. Das öffentliche Gesundheitswesen soll Schritt für Schritt demontiert werden. Zugleich auch die Soziale Sicherheit, wie wir sie heute kennen.

Naiv ist der, der noch daran glaubt, dass ein nach kommerziellen Profitregeln funktionierender Gesundheitsmarkt wichtige soziale Errungenschaften, wie beispielsweise die obligatorische Konventionierung der medizinischen und pflegerischen Leistungen mitsamt ihrer Tarifbildung, nicht angreifen würde. Dies wird geschehen, und zwar schrittweise, bis die obligatorische Konventionierung definitiv nicht mehr allgemein bindend sein wird und sie bestenfalls zerstückelt und, zu einer „Minimalversorgung“ zurückgestützt wird, falls dieser Entwicklung kein Einhalt geboten wird.

Die kommerzielle Liberalisierung unseres Gesundheitswesens wird die Liberalisierung der Tarife nach sich ziehen. Konsequenz wird eine  Kostenexplosion ohne Gegenleistung sein.
Sie wird, wie wir es aus anderen Ländern kennen, in die Zweit- bzw. Drittklassenmedizin und Pflege in Luxemburg einmünden. Die Lobbyisten des privaten Versicherungsmarkts mit der Gesundheit reiben sich jetzt schon die Hände.

Die Patronatsorganisationen werden diese Entwicklung mit Wohlwollen aufnehmen und sie begleiten. Erinnern wir uns, um ein Beispiel zu nennen, an die bislang glücklicherweise gescheiterten Versuche der Arbeitgeber, das paritätische System der Sozialbeiträge in Frage zu stellen.

Wo bleibt die politische Gegenwehr? Eine Gegenwehr, die sich nicht darauf beschränkt, defensiv die Schützengräben ständig nach hinten zu verlagern, sondern die offensiv das öffentliche Gesundheitswesen als sozial fortschrittliches Gegenstück im Interesse aller absichert, stärkt und ausbaut.

Es ist nämlich nicht so, dass es der medizinisch-technische Fortschritt ist, der darüber entscheidet, ob sich im Gesundheitswesen der private Kommerz ausbreitet oder nicht. Der medizinisch-technische Fortschritt eröffnet „lediglich“ neue Möglichkeiten der Diagnostik, der Therapie und der Pflege. Weniger invasiv, weniger stationär, weniger zeitraubend, wirkungsvoller und schonender. Mit neuen Qualitäten und Erkenntnissen.

Ob allerdings diese neuen Möglichkeiten für alle zugänglich, oder aber, einfach ausgedrückt, von der Einkommenssituation des Menschen abhängig sein werden, entscheidet nicht der medizinisch-technische Fortschritt, sondern die Politik.

Sollte der universelle Zugang zu den Gesundheitsleistungen abgesichert werden, dann muss die luxemburgische Gesundheitspolitik ihre seit Jahren chronisch fortgesetzten Versäumnisse überwinden und ohne weiteren Zeitverlust jene Reformen in die Wege leiten, die notwendig sind, um die Organisation und Struktur des öffentlichen Gesundheitswesens an die Entwicklungen des medizinisch-technischen Fortschritts anzupassen und auszubauen. Um unser Gesundheitswesen gesetzlich abzusichern gegen einen profitorientierten Gesundheitsmarkt in den Händen privater Personen oder Gesellschaften.

Die politischen Spielräume sind vorhanden, trotz der grundlegend falschen Zielsetzungen der neoliberalen Politik und Gesetzgebung auf Ebene der Europäischen Union, die die nationalen Gesundheitswesen einer kapitalistischen Profitlogik unterwerfen wollen.

Vergleichbar mit dem Krankenhauswesen muss ebenfalls im ambulanten Bereich der Aufbau und die Förderung von öffentlichen Leistungsstrukturen das leitende Prinzip der Gesundheitspolitik sein.

Dringend erfordert ist eine umfassende Bedürfnisanalyse, die neben der stationären Versorgung alle Bereiche der ambulanten Gesundheitsversorgung erfasst. Sie muss in eine mehrjährliche Planung aller wesentlichen Bestandteile der Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens einmünden.

Neben einer Reform der Krankenhausplanung muss es zu einer gesetzlichen Planung und Regulierung der ambulanten Bereiche kommen. Diese beinhaltet die einzelnen pflegerischen und medizinischen Leistungsbereiche und ihre professionelle Ausstattung, ihr flächendeckendes Leistungsnetz, die Struktur und der Umfang der notwendigen medizinisch-apparativen und administrativen Ausstattung. Ebenso müssen in einem solchen Plan die Konzeptualisierung und der Aufbau der Versorgungs- und Behandlungsketten und ihrer Vernetzungen, die zu vollziehenden Investitionen und der Aufwand der notwendigen öffentlichen Finanzierung definiert werden.

Der sogenannte „virage ambulatoire“ ist ein zentraler Themenpunkt des aktuell stattfindenden „Gesondheetsdësch“. Bei der Diskussion über die Leistungsverschiebung von der stationären Versorgung hin zu mehr ambulanter Behandlung muss der Aufbau und die Förderung öffentlicher Strukturen und Einrichtungen die absolut richtungsweisende Priorität genießen. Diesbezüglich gilt es folgende Punkte zu beachten:

  1. Die Entwicklung ambulanter Einrichtungen außerhalb der Krankenhäuser muss statutarisch in die Betriebsstruktur der Krankenhäuser eingebettet werden.
  2. Ergänzend dazu muss der Aufbau einer neuen nationalen öffentlichen Struktur mit dezentral-ambulanter Ausrichtung dringlich ins Auge gefasst werden. Diese nationale öffentliche Einrichtung würde nicht nur dezentrale Leistungsstrukturen insbesondere für extrahospitale Diagnostik, Therapie und invasive chirurgische Leistungen in besonders kostenintensiven Bereichen und Spezialisierungen anbietet, sondern ebenfalls die allgemeine Medizin und die Psychodiagnostik und –therapie einschließt.

Nur so ist eine fortschrittliche Ausrichtung und Anpassung des luxemburgischen Gesundheitswesens zu gewährleisten. Andere erörterten Varianten müssen unter den Tisch fallen, weil sie jener privaten Kommerzialisierung Tür und Tor öffnen, die fatale Auswirkungen auf unser Gesundheitswesen und auf die Soziale Sicherheit haben würden.

Im Rahmen der Absicherung bzw. Ausbaus der öffentlichen Gesundheitsversorgung muss der Entwicklung der Salariatsmedizin in Luxemburg ein besonderer Stellenwert zugemessen werden. Die Perspektive eines gleichgewichtigen Verhältnisses zwischen der liberalen Medizin und der Salariatsmedizin eröffnet gleichzeitig sowohl die Chance einer objektiveren, weil weniger durch Partikularinteressen verzerrten Diskussion über die Ausrichtung und Gestaltung des Gesundheitswesens als auch die einer gesteigerten Attraktivität der medizinischen Berufe.

Die ambulante Gesundheitsversorgung ist mit hohen und weiter ansteigenden finanziellen Anforderungen verbunden, die im Wesentlichen von öffentlichen Geldern – über den Staatshaushalt und über die Soziale Sicherheit – getragen werden.

Der Anspruch auf ein modernes und sozial fortschrittliches Gesundheitswesen ist nicht von der wichtigen Vorgabe der zielgerichteten effizienten Verwendung der öffentlichen Gelder zu trennen. Beides ist mit der von bestimmten Seiten vertretenen Privatisierung und Kommerzialisierung des Gesundheitswesens unvereinbar. Auch aus diesem Grund muss sich die luxemburgische Gesundheitspolitik den wirtschaftlichen Partikularinteressen mit Nachdruck widersetzen und sie muss über den Weg der Gesetzgebung die wachsende Gefahr der Abhängigkeit vom privaten Kommerz und seiner politischen Lobbyarbeit abwehren.

In den letzten Jahren und nicht erst seit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie sind in vielen Ländern die negativen Auswirkungen der Liberalisierung und Privatisierung der Gesundheitswesen bei gleichzeitiger Vernachlässigung bzw. Abbau der öffentlichen Gesundheitseinrichtungen und ihrer Leistungen offensichtlich geworden. Aus diesen Erfahrungen müssen jetzt die richtigen Lehren gezogen werden: es lohnt sich prioritär in die öffentlichen Dienstleistungen und Einrichtungen zu investieren, sowohl finanziell als auch im Sinne der Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens. Im Interesse aller.

Nora Back
Präsidentin des OGBL
Carlos Pereira
Mitglied des geschäftsführenden Vorstands
André Roeltgen
Berater

Die Arbeitnehmer dürfen nicht für diese Krise zahlen!

Für den OGBL kann der Wirtschaftsaufschwung nur über die Stärkung der Kaufkraft der Haushalte gehen.

Aufgrund von Covid-19 musste der OGBL-Nationalvorstand am 23. März ausnahmsweise wieder im Plenarsaal des Konferenzzentrums in Kirchberg tagen. Der Plenarsaal ist derzeit einer der wenigen Orte, an denen die Mitglieder des Nationalvorstands tagen können und gleichzeitig die Einhaltung der sozialen Distanzierungsmaßnahmen gewährleistet ist.

Covid-19 und seine Konsequenzen haben offensichtlich auch, dies ist keine große Überraschung, wieder die Arbeiten des Nationalvorstands dominiert. In diesem Zusammenhang möchte der OGBL auch auf die psychologischen und moralischen Auswirkungen der Krise hinweisen, die wir nun schon seit mehr als einem Jahr durchmachen und die nicht unterschätzt werden sollten. Die Pandemie zieht sich in die Länge, und eine psychische Erschöpfung ist in der Tat mehr und mehr in der Bevölkerung zu spüren. Eine Müdigkeit, die sich bei vielen Arbeitnehmern zuspitzt, insbesondere bei denen, die seit Monaten im Homeoffice arbeiten und unter Isolation leiden, und bei denen, die erschöpft an der Front waren und sind… in den Sektoren von essentieller Bedeutung. Der OGBL besteht darauf, dass psychische Störungen auf nationaler Ebene endlich ernst genommen werden, zumal psychische Leiden einen nicht zu vernachlässigenden Kostenfaktor für die Gesellschaft darstellen. Auf dieses Phänomen, das sich in besorgniserregender Weise entwickelt, müssen adäquate Antworten gegeben werden. In diesem Zusammenhang hat der OGBL einen Appell an die Regierung und an die Arbeitgeber gerichtet, damit diese Frage endlich ernsthaft diskutiert wird und Antworten gegeben werden. All dies natürlich im Rahmen des Sozialdialogs, der dem OGBL so wichtig ist.

Ein Sozialdialog, der im Übrigen seit Beginn der Krise immer noch fehlt, wie der Nationalvorstand erneut beklagt hat, obwohl die Situation derzeit mehr denn je nach einem solchen Dialog zwischen den „forces vives“ der Nation verlangt. Der OGBL fordert, stärker in die Ausarbeitung der Maßnahmen der Regierung eingebunden zu werden. Die Situation ist in der Tat beispiellos und die Herausforderungen sind zahlreich. Die Antworten, die gegeben werden müssen und werden, können nicht ohne den Beitrag des OGBL auskommen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Krise werden vielerorts spürbar und die sozialen Folgen dürften katastrophal sein, wenn der Weg aus der Krise nicht mit den Vertretern der Arbeitnehmer ausgearbeitet wird.

Auch wenn noch nicht alle sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Krise ihre Wirkung entfaltet haben, sind einige Beobachtungen offensichtlich. Die Ungleichheiten nehmen in dieser Zeit der Krise weiter zu, auch in Luxemburg. Auch die Armut nimmt zu. Luxemburg hält den unglücklichen Rekord, den höchsten Anteil an „Working Poor“ (arm trotz Arbeit) aller europäischen Länder zu haben. Und schließlich hat Luxemburg eine der schlimmsten Armutsquoten in Europa was alleinerziehende Eltern betrifft.

Für den OGBL ist klar, dass der Staat in diesen angespannten Zeiten mehr Unterstützung für die Haushalte bereitstellen muss. Die Kaufkraft muss gestärkt werden. Und auf keinen Fall sollte zu diesem Zeitpunkt Sparmaßnahmen in Betracht gezogen werden. Das Schlimmste wäre, eine Austeritätspolitik zu betreiben. Im Gegenteil, die Wirtschaft muss vom Staat neu angekurbelt werden, insbesondere durch die Stärkung der Kaufkraft der Haushalte.

Es stellt sich natürlich die Frage nach der Finanzierung dieses Wiederaufschwungs! In diesem Zusammenhang begrüßt der OGBL die Äußerungen auf dem jüngsten LSAP-Kongress, bei dem betont wurde, dass unter keinen Umständen die mittleren und unteren sozialen Schichten mit mehr Steuern belastet werden dürfen. Wenn zusätzliche Steuereinnahmen generiert werden sollen, dann sollten sie bei den großen Unternehmen gesucht werden. Dies entspricht weitgehend einer langjährigen zentralen Forderung des OGBL, mehr Steuergerechtigkeit in Luxemburg herzustellen, insbesondere durch eine stärkere Besteuerung von Kapitaleinkommen. Für den OGBL ist auf jeden Fall klar, dass die Haushalte nicht für diese Krise zur Kasse gebeten werden dürfen, wie es leider bei der letzten Krise der Fall war. Nein, es sind die Gewinner der Krise – denn es gibt Gewinner -, die mehr Einnahmen für den Staat generieren müssen, falls sie gebraucht werden. Aber wie der OGBL auch deutlich gemacht hat, ist jetzt noch nicht der Zeitpunkt, um dieses Thema zu diskutieren. Wir befinden uns derzeit noch in einer Notsituation, und das Wichtigste ist, dass die Maßnahmen, die die Wirtschaft in Gang halten (Kurzarbeit, Unterstützung der Betriebe), beibehalten werden. Die Gesundheit und die menschliche Existenz müssen derzeit Vorrang haben, nicht rein budgetäre Überlegungen.

Europäisches Semester: die Prioritäten des OGBL

Diese Botschaft wollte der OGBL auch der Regierung im Hinblick auf das jährliche Konsultationstreffen zwischen der Regierung und den Sozialpartnern im Rahmen des Europäischen Semesters, das jedes Jahr der Übermittlung der nationalen Reformpläne der einzelnen Mitgliedsstaaten an die Europäische Kommission vorausgeht und dieses Jahr am 30. März stattfand. In diesem Zusammenhang begrüßte der OGBL die Tatsache, dass die Europäische Kommission ihre Haushaltsregeln für 2020 und 2021 gelockert hat. Es ist jedoch zu beachten, dass für den OGBL diese Lockerungen unbedingt über das Jahr 2021 hinausgehen müssen, da es illusorisch wäre zu glauben, dass sich die Wirtschaft so schnell erholen wird.

Der OGBL-Nationalvorstand kritisierte auch die Tatsache, dass die Regierung bereits einen Entwurf des Aufbau- und Resilienzplans im Rahmen des Europäischen Semesters veröffentlicht hat, noch bevor die Konsultation mit den Sozialpartnern stattgefunden hat. In der Tat hat der OGBL eine ganze Reihe von Forderungen, die er den anderen Sozialpartnern  im Hinblick auf eine gemeinsame Stellungnahme unterbreitet. Er hofft, diese in der endgültigen Fassung des Plans wieder zu finden, den die Regierung Ende April nach Brüssel schicken wird.

In Bezug auf den Klimawandel besteht der OGBL beispielsweise darauf, dass jede Maßnahme, die in diese Richtung geht, eine starke soziale Dimension haben muss, einschließlich eines Ausgleichs für die mittleren und unteren sozialen Schichten. Die Klimatransition darf unter keinen Umständen zum Synonym für Sozialabbau werden. Zweitens setzt sich der OGBL im Rahmen der digitalen Transformation für eine Arbeitsplatzgarantie ein, um sicherzustellen, dass Arbeitnehmer in einer zunehmend digitalisierten Arbeitswelt nicht den Halt verlieren. Der OGBL fordert erhebliche Investitionen in diesem Bereich, insbesondere in die Ausbildung, damit die Arbeitnehmer falls nötig umgeschult werden können.

Was die Beschäftigung an sich betrifft, fordert der OGBL sowohl eine Stärkung des Arbeitnehmerschutzes (notwendige Reformen der Gesetzgebung zu den Plänen zum Beschäftigungserhalt und den Sozialplänen), als auch die Anerkennung bestimmter psychischer Störungen als Berufskrankheiten (Reform der Arbeitsmedizin) und eine generelle Verkürzung der Arbeitszeiten. Zu letzterem Punkt begrüßt der OGBL, dass dieses Thema auch auf dem letzten LSAP-Kongress angesprochen wurde. Dies ist natürlich eine langjährige Forderung des OGBL, die nichts von ihrer Aktualität verloren hat. Im Gegenteil: In einer Zeit, in der die verschiedenen Arbeitsformen immer digitaler werden, in der die Inanspruchnahme von Kurzarbeit massiv zugenommen hat, in der Langzeitarbeitslosigkeit bekämpft werden muss, in der es ein kollektives Streben nach einer besseren Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben gibt und in der die Arbeitsbelastung überall zunimmt, ist es mehr denn je an der Zeit, ernsthaft über eine echte Arbeitszeitverkürzung nachzudenken.

Was den Kampf gegen Armut und Ungleichheit angeht, so liegen die Hebel, die aktiviert werden müssen, für den OGBL auf der Hand: Förderung von Kollektivverträgen, in denen schließlich Lohnverbesserungen ausgehandelt werden, Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns, konsequente Aufwertung der Familienleistungen, die seit 2006 nicht aufgehört haben, an Wert zu verlieren, unnachgiebiger Kampf gegen Land- und Immobilienspekulation, …

Was schließlich die Bildungspolitik betrifft, so verteidigt der OGBL das Prinzip eines Rechts für alle auf eine qualitativ gute Bildung, was eine klare Absage an jegliche Privatisierung oder Schwächung unserer öffentlichen Bildung bedeutet.

Die Zukunft unseres öffentlichen Gesundheitssystems

Ein weiteres umfangreiches Thema, das im OGBL-Nationalvorstand diskutiert wurde, war die Zukunft unseres Gesundheitssystems. Dies wird derzeit zwischen den verschiedenen Betroffenen, einschließlich dem OGBL, im so genannten „Gesondheetsdësch“ diskutiert. Der Nationalvorstand zeigte sich sehr besorgt über den allgemeinen Ton der Diskussionen. Das öffentliche Gesundheitssystem, wie wir es kennen, wird in der Tat frontal angegriffen, insbesondere von bestimmten radikalisierten Gruppen der Ärzteschaft, die danach streben, unser Gesundheitssystem in ein lukratives Geschäft zu verwandeln, indem sie die Privatisierung befürworten.

Der OGBL wehrt sich selbstverständlich mit allen Mitteln gegen diese Bestrebungen, die, wenn sie politisch verfolgt würden, unweigerlich zu einer Zwei-Klassen-Medizin und damit zu einer Verschlechterung der Leistungen für die Mehrheit führen würden. Der OGBL spricht sich im „Gesondheetsdeëch“ entschieden dagegen aus, stellt aber leider fest, dass die Bedingungen für die Diskussion alles andere als ideal sind. So ist der Austausch fast inexistent, die „Diskussionen“ beschränken sich meist auf die Darlegung der Positionen der jeweiligen Gruppe, ohne dass auf die verschiedenen Argumente und Vorschläge eingegangen wird. Und dann tauchen plötzlich Zwischenberichte auf, die bestimmte Positionen aufgreifen, ohne dass die zugrundeliegenden Diskussionen wirklich zu Ende geführt worden sind.

In Covid-19-Zeiten sollte jeder die Lektion gelernt haben, die sich aufdrängt, und zwar dass nur ein starkes öffentliches Gesundheitssystem, wie wir es haben, es uns ermöglicht hat, eine sanitäre Krise dieses Ausmaßes zu überstehen. Aber der OGBL ist bestürzt zu sehen, dass einige Kräfte immer noch daran arbeiten, dieses System zu demontieren. Der OGBL beabsichtigt, den politischen Druck zu erhöhen, um sicherzustellen, dass dies nicht geschieht. Niemals.


Lohnabkommen im Öffentlichen Dienst: So nicht!

Der OGBL-Nationalvorstand hat die Art und Weise, wie das jüngste Lohnabkommen für den Öffentlichen Dienst zwischen der Regierung und der CGFP abgeschlossen wurde, scharf kritisiert. Ohne auf den Inhalt des Abkommens einzugehen, kritisiert der Nationalvorstand die Art und Weise, wie der OGBL darüber informiert wurde, nämlich durch die Presse, während der OGBL üblicherweise zumindest über die Ergebnisse der Verhandlungen informiert wurde, bevor sie öffentlich gemacht wurden. Es sei darauf hingewiesen, dass das Lohnabkommen direkt oder indirekt Auswirkungen auf die Lohnbedingungen der CFL-Bediensteten, der Arbeitnehmer im Gesundheits- und Pflegesektor, im sozioedukativen Bereich, bei den Gemeinden und beim Staat hat. Der OGBL, bzw. der OGBL/Landesverband ist in allen diesen Sektoren, in denen zusammen mehr Leute arbeiten als im Öffentlichen Dienst im engeren Sinn selbst, die Mehrheitsgewerkschaft. Gerade aus diesem Grund fordert der OGBL schon seit mehreren Jahren, am Verhandlungstisch im Öffentlichen Dienst dabei zu sein.


Das Recht auf Abschalten muss respektiert werden

Das Thema „Recht auf Abschalten“ hat den OGBL in letzter Zeit sehr beschäftigt. Die Gespräche mit den Arbeitgebern im Wirtschafts- und Sozialrat (WSR) sind gut fortgeschritten zu sein, so dass eine Einigung in greifbare Nähe gerückt ist, was die Verankerung des Respekts des Rechts auf Abschalten im Arbeitsrecht als Verpflichtung des Arbeitgebers in naher Zukunft bedeuten könnte.


Die Rechte der Arbeitnehmer bei Konkurs stärken

Wenn auch die Hilfen für die Unternehmen und der massive Rückgriff auf Kurzarbeit die Zahl der Firmenpleiten bisher begrenzt haben, ist nicht sicher, ob sich dieser Trend in den kommenden Monaten fortsetzt. Der OGBL, der seit langem eine Reform des Konkursrechts fordert, ist derzeit im Gespräch mit den zuständigen Ministern, um die Rechte der von einem Konkurs betroffenen Arbeitnehmer zu stärken.


23.03.2021- Pressekonferenz – Nationalvirstand vum 23. Mäerz 2021