Wichtige Schritte nach vorn

André Roeltgen, Président de l‘OGBL
André Roeltgen, Präsident des OGBL

Das Jahr des historischen Jubiläums der freien Gewerkschaftsbewegung Luxemburgs neigt sich seinem Ende zu. Die nationalen und lokalen Feiern zum hundertjährigen gewerkschaftlichen Wirken des OGBL und seiner Vorgängerorganisationen für den sozialen Fortschritt in Luxemburg waren ein sehr wichtiges Zusammentreffen mit der eigenen Geschichte.

Bei vielen, die an den Feiern teilgenommen haben oder die Andy Bauschs Dokumentarfilm „Streik“ schon gesehen oder einen Blick in unser Buch, „100 Joer fräi Gewerkschaften 1916-2016“, geworfen haben, hat das Eintauchen in die eigene Geschichte, in die Geschichte des Salariats, das Bewusstsein geschärft für die außerordentliche Bedeutung, die das Vergangene für die Gegenwart und für die Zukunft unserer Gewerkschaft und ihres Kampfes für den sozialen Fortschritt und für die Demokratie hat.

Vergangene Erfolge und Rückschläge beim Aufbau unserer Gewerkschaft und beim Kampf für die Verbesserung der sozialen Lage der arbeitenden Menschen waren stets der Antrieb für die Weiterentwicklung unserer Gewerkschaft. Und es sind diese Erfahrungswerte, die dem aktuellen Modernisierungsprozess des OGBL zugrunde liegen und ihn begleiten. Die Reform unserer Statuten, die der außerordentliche Kongress des OGBL am 2. Juli beschlossen hat, ist im Begriff zügig umgesetzt zu werden. Am 13. Dezember hat der Nationalvorstand die neue „Kartographie“ des lokalen Aufbaus des OGBL festgelegt. In den kommenden 24 Monaten werden die aktuell bestehenden 59 Lokalsektionen zu insgesamt 23 neuen Lokalsektionen fusionieren – davon 5 in den Grenzregionen und 18 auf luxemburgischem Boden. Und ab April 2017 wird eine neue nationale Dienstleistungsstelle den Sektionen für die Organisation ihrer gewerkschaftlichen Aktivitäten zur Seite stehen. Es wird in den kommenden Jahren eine umfassende Dynamisierung der politischen, kulturellen und freizeitorientierten Aktivitäten der OGBL-Sektionen stattfinden. Aktivitäten, die die Interessen und Bedürfnisse aller Schichten und Generationen unserer Mitglieder widerspiegeln werden.

Und wie sieht, kurz vor dem Ende des Jahres, die Bilanz unserer gewerkschaftlichen Arbeit der vergangenen 12 Monate aus? Die vom OGBL ab Ende 2015 in Gang gesetzte Kampagne „E Sozialpak fir Lëtzebuerg – Fir besser Aarbecht an e bessert Akommes“ hat im Verlauf des Jahres zusehends Fahrt aufgenommen und positive Resultate erbracht.
Noch im Dezember steht das neue PAN-Arbeitszeitgesetz auf der Tagesordnung des Parlaments 1. Dem OGBL ist es nicht nur gelungen, die gegen die Arbeitszeitinteressen des Salariats gerichteten Flexibilisierungspläne des Patronats zu durchkreuzen. Der Widerstand und die Vorschläge des OGBL haben auch zu einem Gesetzesvorhaben geführt, das bessere gesetzliche Rahmen-, Schutz-, Überstunden- und Mitbestimmungsregeln, sowie Kompensationsbestimmungen in Form von Arbeitszeitverkürzungen vorsieht.

Auf Drängen des OGBL hin wurde die Indexierung der Studienbeihilfen ab 2018 gesetzlich eingeführt. Außerdem, steht ein Gesetzesvorhaben auf der Tagesordnung, das die automatische Anpassung der staatlichen Sozialleistungen (Kindergeld, chèques-services usw. …) an die allgemeine Lohnentwicklung vorsieht. Die in unserem Abkommen vom 28. November 2014 mit der Regierung vorgesehene Aufwertung des Elternurlaubs ist gesetzlich umgesetzt worden. Der positive Gesetzesvorschlag über die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder die neuen Leistungen bei der Krankenversicherung dürfen ebenfalls nicht vergessen werden.

Ein zentraler Punkt unseres gewerkschaftlichen Aktionsprogramms für die Zurücknahme der Krisenbelastungen war die Forderung für die steuerliche Entlastung der unteren und mittleren Einkommensschichten. Die jetzt verabschiedete Steuerreform kommt unseren Forderungen weitgehend entgegen und wird vom OGBL positiv bewertet. Auf eine Forderung werden wir aber nicht verzichten, nämlich auf die Einführung eines automatischen Mechanismus für die Anpassung der Einkommensteuertabelle an die Entwicklung der Inflation. Und für 2017 steht ebenfalls eine antidiskriminatorische gesetzliche Abänderung im Zusammenhang mit der Besteuerung der verheirateten Grenzgänger an.

Die Regierung hat in Bezug auf die Haushaltspolitik einen sehr wichtigen Kurswechsel vollzogen. Luxemburg hat sich von der desaströsen Austeritäts- und kontraproduktiven Sparpolitik der vergangenen Jahre verabschiedet. Eine starke staatliche Investitionspolitik gepaart mit einer Stärkung unseres Sozialstaates sind das Gebot der Stunde im Kampf gegen die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Krisenentwicklungen in Europa.
So muss es 2017 weitergehen. Bei der Pflegeversicherung. Und beim gesetzlichen Mindestlohn. Die beschlossene Anpassung an die allgemeine Einkommensentwicklung von 1,4% zum 1.1.2017 ist gut, aber völlig unzureichend. Es besteht akuter Handlungsbedarf für eine strukturelle Verbesserung des Mindestlohns. Der OGBL wiederholt seine Forderung für eine 10%-Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns. Für mehr Gerechtigkeit im Lohngefüge. Der Arbeitslohn muss jedem in Luxemburg ein gutes Leben ermöglichen.

Im Namen des OGBL wünsche ich all unseren Mitgliedern sehr schöne Festtage und ein erfolgreiches und glückliches Jahr 2017.


1   Beim Schreiben des Artikels noch nicht vom Parlament verabschiedet.

Der Widerstand und der Druck des OGBL haben angefangen Früchte zu tragen

20161213 ar , Dudelange, maison Syndicale avenue Grande Duchesse Charlotte, OGBL, comité national avec André Roeltgen ,Photo: Alain Rischard / EditpressDer OGBL-Nationalvorstand hat sich am 12. Dezember 2016 in der Maison Syndicale in Düdelingen getroffen. Auf der Tagesordnung dieser letzten Sitzung des Jahres standen unter anderem eine Analyse der wirtschaftlichen und sozialen Situation, eine Bilanz des abgelaufenen Jahres, eine Analyse mehrerer aktuellen politischen Themen sowie eine Analyse der Situation in den Unternehmen.

Der OGBL-Nationalvorstand hat insbesondere Bilanz über seine Aktionen im Jahr 2016 gezogen. Wenn auch der OGBL bei einigen Dossiers, die politisch gesehen etwas langsam voranschreiten, die Geduld verliert, so zieht er insgesamt gesehen eine positive Bilanz über die 2016 erreichten Erfolge. Ergebnisse die weitgehendsten auf die Kampagne „Ee Sozialpak fir Lëtzebuerg – fir besser Aarbecht an e bessert Akommes“ zurückzuführen sind.

Unter den Erfolgen kann man den positiven Kompromiss erwähnen, der im Rahmen des Arbeitszeitgesetzes (PAN-Gesetz) gefunden wurde, bei dem der OGBL es fertigbracht hat, die Angriffe des Patronats abzuwehren; die Reform des Elternurlaubs, bei der der OGBL eine substantielle Aufwertung der Entschädigung erreicht hat; das Gesetzesprojekt bezüglich der Lohnfortzahlung, das jetzt den Forderungen des OGBL entspricht, das Übereinkommen mit der Regierung betreffend die Einführung eines automatischen Anpassungsmechanismus der Familienzulagen an den Medianlohn; die Anpassung zum 1. Januar des sozialen Mindestlohns und des RMG oder noch die Steuerreform, die dank dem Druck des OGBL die Steuerlast auf den kleinen und mittleren Einkommen ermöglichen wird (Der OGBL bleibt jedoch bei seiner Kritik an der Senkung der Unternehmensbesteuerung, der Abwesenheit eines Anpassungsmechanismus der Steuertabelle an die Inflation sowie der Diskriminierung zwischen Verheirateten Ansässigen und Nichtansässigen, die die Reform mit sich bringen wird, wenn sie nicht im kommenden Jahr umgeändert wird).

Die neuen CNS-Leistungen ab 2017 (insbesondere die Kostenübernahme der zweiten Zahnsteinentfernung beim Zahnarzt und des Brillenkaufs, auch ohne Rezept, die Fristenverringerung für die Rückzahlung von Kontaktlinsen und die Erhöhung der Kilometerpauschale bei Ambulanztransporten) gehören ebenfalls zu den OGBL-Erfolgen. Der OGBL fordert seit Jahren Verbesserungen bei der CNS.

Der OGBL stellt ebenfalls fest, dass sein Widerstand gegen die Haushaltspolitik der Regierung ihre Früchte getragen hat. Der OGBL wurde es während der vergangenen Jahre nicht müde, die Austeritätspolitiken anzuprangern, und kann demnach nur mit dem Kurswechsel der Regierung zufrieden sein, die beschlossen hat, auf hohe öffentliche Investitionen zu setzen, und gleichzeitig mit dem Sozialabbau aufzuhören, indem auch schon ersten Maßnahmen ergriffen wurden, in Richtung sozialen Fortschritt.

Der Nationalvorstand hat sich darüber hinaus mit einigen aktuellen politischen Themen beschäftigt. Was den Spitalplanentwurf betrifft, so kann der OGBL sich nicht mit der vorgesehenen Reduzierung der Bettenzahl abfinden, ebenso wenig mit dem Risiko eines „Insourcing“ der Labors wie mit dem Schicksal der ambulanten Behandlung. Was die Pflegeversicherung betrifft, so laufen die Gespräche mit dem Sozialminister. Der OGBL besteht darauf zu erinnern, dass er keine Verschlechterung der Pflegeversicherung tolerieren wird.

Schließlich hat der Nationalvorstand seine Prioritäten für 2017 festgelegt. Darunter sind eine strukturelle Verbesserung des Mindestlohns sowie eine offensive Tarifpolitik angesagt.

Die digitale Revolution wird nicht ohne den OGBL stattfinden

Der Nationalvorstand hat sich mit der Digitalisierung der Gesellschaft und der Wirtschaft befasst. Tatsache ist, dass die technologische Entwicklung, getrieben von der „digitalen Revolution“, in Zukunft noch größere Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft und auf die kapitalistischen Produktionsmodi haben wird.

Im Gegensatz zum Theoretiker Jeremy Rifkin (der zu diesem Thema für die Luxemburger Regierung eine Prospektive ausgearbeitet hat), ist der OGBL weit von der Überzeugung entfernt, dass die zurzeit stattfindende technologische Revolution den kapitalistischen Produktionsmodus zu Nutzen einer sogenannten partizipativen Wirtschaft („sharing economy“) in Frage stellen wird. Die ersten Entwicklungen sind in der Tat dazu geneigt, dem amerikanischen Futurologen Unrecht zu geben. Beweise dafür sind die immer größeren Monopole von multinationalen Unternehmen wie Google und Amazon, die gerade auf dieser Welle der technologischen Revolution reiten.

Der OGBL sieht ein, dass die Entwicklung der digitalen Technologie zahlreiche Möglichkeiten enthält, die sich gegebenenfalls auch positiv herausstellen könnten, doch der OGBL ist sich auch bewusst, dass es zahlreiche Gefahren gibt, dass die Ungleichheiten sich noch weiter entwickeln.

Hinsichtlich dem was auf dem Spiel steht und der dem OGBL zustehenden Verantwortung, will der OGBL eine führende Rolle spielen, um die gesellschaftlichen, sozialen und wirtschaftlichen Verbesserungen, die diese technologische Entwicklung verspricht, wirklich durchzusetzen.

Der OGBL hat der Regierung schon angekündigt, dass er in den zukünftigen Diskussionen seine Aufgabe nicht auf die Fragen beschränken wird, die direkt mit Arbeit und Beschäftigung zu tun haben, sondern dass er seine Teilnahme auf sämtlichen Diskussionsebenen fordert. Hier wird es der OGBL nicht akzeptieren, dass verschiedene Diskussionen in Gremien geführt werden, in denen er nicht vertreten ist (zum Beispiel: die Haut Comités). Der OGBL erinnert schließlich daran, dass es prädestinierte Institutionen für die sich ankündigenden Diskussionen gibt, wie zum Beispiel die Tripartite-Instanzen, der ständige Arbeits- und Beschäftigungsausschuss, der Wirtschafts- und Sozialrat oder auch noch die Nationale Gesundheitskasse.

Der OGBL fordert eine Reform des Verhandlungsmodells im öffentlichen Dienst

Der OGBL-Nationalvorstand begrüßte das Ergebnis der Verhandlungen, das zum kürzlich erreichten Lohnabkommen im Öffentlichen Dienst geführt haben. Derr OGBL hält dieses Abkommen für angepasst und ausgewogen. Jedoch glaubt der OGBL, dass das Verhandlungsmodell im öffentlichen Dienst nicht mehr den Forderungen der Realität entspricht und demnach einer Reform bedarf. In der Tat weist der OGBL darauf hin, dass die Lohnabkommen im öffentlichen Dienst, zurzeit ausschließlich von der CGFP ausgehandelt, einen direkten Einfluss, weit über den öffentlichen Dienst hinaus haben. So ist die Gesamtheit der öffentlichen Dienste von dieser Art Abkommen betroffen.

Nun aber ist der OGBL mindestens so repräsentativ wie die CGFP, betrachtet man sämtliche öffentlichen Dienste (öffentlicher Dienst, Kommunalbereich, konventionierter Gesundheits-, Pflege- und Sozialbereich) und so fordert er in Zukunft seine Anwesenheit bei den Verhandlungsrunden. Der OGBL erinnert daran, dass es sich bei dem zurzeit schwelenden Konflikt im Bereich Gesundheit, Pflege und Soziales um die Übertragung des letzten Lohnabkommens beim öffentlichen Dienst handelt. Und schon steht das nächste zu übertragende Abkommen ins Haus… Der OGBL fordert dringend eine Reform!

Sektionen: Eine neue Kartographie wurde angenommen

Ein weiterer Schritt im Rahmen der Umsetzung der statutarischen Reform des OGBL, die vergangenen Juli beim außerordentlichen Kongress beschlossen wurde, wurde getan. Der Nationalvorstand hat in der Tat eine neue Kartographie der OGBL-Lokalsektionen angenommen, die nach und nach während der zwei kommenden Jahre umgesetzt wird. Im Rahmen eines weitgreifenden Fusionsprozesses werden aus zurzeit 59 dann 23 Lokalsektionen (18 auf Luxemburger Gebiet und 5, aufgeteilt zwischen Deutschland, Frankreich und Belgien). Der Nationalvorstand hat auch über den zukünftigen landesweiten Dienst gesprochen, der nächstes Jahr geschaffen wird, um die Sektionen in ihren zahlreichen Aktivitäten (Politische Information, -Bildung und -Diskussionen, lokale Bedürfnisse, Kultur, Kunst und Freizeit) zu unterstützen. Der OGBL erwartet sich dank dieser Maßnahmen eine neue Dynamik der Lokalsektionen.

Studentenbeihilfen – Verruga-Urteil : mit einem lachenden und einem weinenden Auge

Cour_de_Justice_europeenne_logoDer OGBL freut sich darüber, dass in der Verruga-Angelegenheit, die er,  für eines seiner Mitglieder, vor dem Europäischen Gerichtshof unterstützt hat, am 14. Dezember 2016  entschieden wurde, dass die verlangte ununterbrochene Arbeitszeit in Luxemburg, um eine Studentenbeihilfe für ein Kind zu erhalten,  viel zu lang ist.

Wie von einem Sprecher des EUGH angegeben wurde, riskiert auch die Bestimmung des aktuellen Gesetzes, das die gleiche Frist von fünf Jahren vorsieht, aber auf einen Zeitraum von sieben Jahren gerechnet,  dasselbe Schicksal  zu erleiden, wie der Generalanwalt Wathelet es in seinen Schlussanträgen vom 2.Juni 2016 angedeutet hatte.

Der OGBL möchte jedoch auch an seine Mitteilung vom 2.Juni erinnern, in der er mit besonderem Nachdruck die Hauptschlussfolgerungen von Herrn Wathelet unterstützt hat, die darauf hinauslaufen, das vorbehaltslose Recht aller Erwerbstätigen auf die gleichen sozialen Vergünstigungen im Land der Arbeit, für die ganze Zeit der Arbeit, zu betonen, so wie es die Verordnung über die Freizügigkeit der Beschäftigten innerhalb der Gemeinschaft übrigens ausdrücklich vorsieht.

Trotz ihrer positiven Auswirkungen auf die bereits lange in Luxemburg  Beschäftigten,  bedeuten Rechtssprechnungen wie die in den Angelegenheiten Giersch (Prinzipienurteil vom 20.Juni 2013 in Sachen Studentenhilfen) und Verruga eine Verletzung dieser Verordnung, welche niemals ein „hinreichendes Band der Integration in die Gesellschaft“ des Staates der Arbeit  vorausgesetzt hatte. Also ist das Urteil Verruga gleichzeitig  auch ein besorgniserregender Schritt hin zur falschen und diskriminatorischen (im Urteil ausdrücklich zitierten) Theorie eines angeblichen „Stipendientourismus“.

Gleichzeitig möchte der OGBL daran erinnern, dass er von Anfang an behauptet hatte, dass die Studentenbeihilfen, die das Kindergeld für Studenten ersetzt haben, de facto eine Familienleistung  seien, welche auf dem existierenden System der Nichtkumulierbarkeit von Familienleistungen beruhen müsste, was viele Probleme auch der luxemburgischen Regierung lösen würde und gleichzeitig wohl den vielen Klagen und auch Vorabentscheidungsgesuchen beim EUGH ein Ende setzen würde.

Der OGBL hat noch nicht die Hoffnung aufgegeben, dass die luxemburgischen Gerichte eines Tages diese Frage dem EUGH stellen werden.

Mitgeteilt vom OGBL
am 14. Dezember 2016

Der Gesetzentwurf birgt große Unsicherheiten für Grenzgänger

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Der OGBL ruft zu einer Protestaktion auf:
Freitag, 9. Dezember 2016 um 12.30 Uhr
vor der Abgeordnetenkammer in Luxemburg-Stadt
(19, rue du Marché-aux-Herbes)

Insgesamt schätzt der OGBL das von der luxemburgischen Regierung vorgelegte Steuerreformprojekt positiv ein, da es einige Erleichterungen bezüglich der Steuerlast, die auf Arbeitnehmern und Rentnern liegt, beinhaltet und so auch dazu beiträgt, dass ihre Kaufkraft gestärkt wird. Doch der Gesetzentwurf, der in zwei Etappen in Kraft treten soll (2017 und 2018), führt für Grenzgänger auch eine bis dato im Steuersystem nicht dagewesene Komplexität und Unvorhersehbarkeit ein. Eine Reihe von Punkten aus dem Entwurf bedürfen unbedingt einer Aufklärung bezüglich ihrer konkreten Anwendung. Die Analyse des Gesetzentwurfs kommt zu dem Ergebnis, dass einige Maßnahmen eine juristische Unsicherheit, bzw. finanzielle Einbußen zur Folge haben werden, welche in erster Linie Grenzgänger betreffen. Der OGBL fordert, dass diese Maßnahmen aus diesem Gesetzentwurf gestrichen werden. Der OGBL fordert den Aufschub dieser Maßnahmen, bis eine eingehende Analyse ihrer Konsequenzen durchgeführt werden konnte und mögliche Alternativen, die die steuerlichen Kollateralschäden begrenzen, gefunden werden konnten.

>> Der OGBL sieht Handlungsbedarf bei 6 Punkten (flyer in PDF)

>> Protestaktion (flyer in PDF)

Steuerreform 2017: das Projekt zeigt große Unsicherheiten auf

Der OGBL hat am 28. November 2016 gemeinsam mit dem LCGB eine Pressekonferenz organisiert, bei der es um das Steuerreformprojekt ging, das große Unsicherheiten aufzeigt.

photo_3Das Reformprojekt, das in zwei Etappen (2017 und 2018) in Kraft treten soll, bringt für die Steuerzahler, Arbeitnehmer/Rentner, ob sie in Luxemburg wohnen oder nicht, eine im Steuersystem bis dato nicht dagewesene Komplexität und Unvorhersehbarkeit mit sich.

Wenn zahlreiche Punkte in dem Projekt eine notwendige Aufklärung bezüglich ihrer Anwendbarkeit und ihrer konkreten Umsetzung erforderlich machen, so unterstreichen OGBL und LCGB hier sechs Probleme, die es zu studieren und genauestens zu diskutieren gilt, bevor die Maßnahmen in einem Gesetz festgehalten werden.

Diese Probleme verbessern würde es wirklich ermöglichen das vom Projekt angepeilte Ziel, mehr Gleichheit zwischen Steuerzahlern und mehr Transparenz im Steuersystem, anzusteuern.

  1. Wahl der Steuerklasse im Vorfeld ohne Unvorhersehbarkeit für in Luxemburg und nicht in Luxemburg Wohnende
  2. Mangel an Einförmigkeit in den Steuerklassen
  3. Enger und eingeschränkter Zugang zur Kollektivbesteuerung
  4. Ebenfalls schwer betroffene Rentner
  5. Partner, die über erweiterte Flexibilität verfügen
  6. Mögliche negative Folgen für das zur Verfügung stehende Einkommen der Steuerzahler, die aus der Anwendung des CIM und des CIS hervorgehen

  • Wahl der Steuerklasse im Vorfeld ohne Unvorhersehbarkeit für in Luxemburg und nicht in Luxemburg Wohnende

 

Die Neuerung bezüglich der Steuerklassengestaltung betrifft die verheirateten Steuerzahler. Diese müssen sich zwischen Kollektiv- oder Individualbesteuerung vor dem 31. Dezember des Vorjahres entscheiden.
Das Verständnis des Systems wird noch ausgefeilter sein müssen, um die bestmögliche Wahl, hinsichtlich der persönlichen Situation der verheirateten Steuerzahler zu treffen.

Für die nicht in Luxemburg Wohnenden: Klasse 1, Klasse 2 (Kollektivbesteuerung) oder Individualbesteuerung?

Für die in Luxemburg Wohnenden: Klasse 2 oder Individualbesteuerung?

Die schwierige Wahl der Steuerklasse besteht nur für die verheirateten Steuerzahler. Bei Individualbesteuerung, muss diese Wahl sogar vorgezogen werden und ist unwiderruflich.

Hieraus gehen zwei große Probleme für die Betroffenen hervor:
– erstens muss man die verschiedenen Steuersysteme zwischen denen man wählen muss gut verstehen sowie die steuerlichen Folgen dieser Wahl. Die wohlhabenden und bestens informierten Haushalte können leichter auf kostenaufwendige Gutachten zurückgreifen;
– zweitens verfügt niemand, vor dem entsprechenden Jahr, über die gesamten Jahreseinkommen zum Ende des Jahres. Darüber hinaus kann es zu Änderungen der Familien- oder Berufs- und Finanzsituation während des laufenden Jahres kommen und so die Gesamtlage total über den Haufen werfen.

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Im Idealfall müsste die Steuerverwaltung die verheirateten Steuerzahler darauf hinweisen welche steuerlichen Folgen, die verschiedenen Möglichkeiten die sich anbieten, mit sich bringen werden.

Um diese Schwierigkeiten aus dem Weg zu räumen, wird vorgeschlagen, dass für sämtliche verheirateten Steuerzahler, die Wahl der Steuerklasse (d.h. ihrer Besteuerungsmöglichkeit) im Nachhinein, bei einer Steuererklärung gemacht wird.


  • Mangel an Uniformität in den Steuerklassen

 

Das gemeine Recht für die verheirateten Steuerzahler variiert je nach Wohnsitz: Besteuerung in Klasse 2 für die in Luxemburg wohnhaften (außer bei gegenteiligem Antrag) und in Klasse 1 für die nicht in Luxemburg wohnhaften (außer bei gegenteiligem Antrag).

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Es wird vorgeschlagen, alle verheirateten Steuerzahler in Klasse 2 einzustufen, unabhängig von ihrem Wohnsitz: auf Anfrage über eine Deklaration, abhängig von der eigenen Situation, der nicht in Luxemburg wohnhafte Steuerzahler wird in die klassische Klasse 1, oder zur im Projekt neu vorgesehenen Individualbesteuerung, wenn das für ihn günstiger ist, wechseln können.

Konkret stellt das die Logik, die für die nicht in Luxemburg Ansässigen gilt, auf den Kopf. Sie kommen in eine Opt-Out-Situation, die für die verheirateten Ansässigen, über Individualbesteuerung offen ist.


  • Enge und eingeschränkte Zugangsbedingungen zur Kollektivbesteuerung

 

Die nicht in Luxemburg Ansässigen Steuerzahler sind zurzeit in Klasse 2, falls 50% der berufsbedingten Einkommen des Haushalts in Luxemburg steuerpflichtig sind. Ebenso, wenn 90% des luxemburgischen und ausländischen Einkommens einer der Ehepartner in Luxemburg besteuert werden, können sie mit in Luxemburg Wohnhaften gleichgesetzt werden, d.h. sie können ihren gesamten Lohn in Luxemburg erklären und von sämtlichen Steuererleichterungen profitieren, so wie in Luxemburg Ansässige. (Artikel 157ter).

Nach der Reform wird der Grenzwert von 50% abgeschafft, und der Grenzwert von 90% der steuerpflichtigen luxemburgischen und ausländischen Einkommen müssen (von einem der Mitglieder des Haushalts) in Luxemburg erreicht werden, um in die Klasse 2 zu kommen und gleichzeitig vollständig gleichgesetzt zu werden (also auch um zur Kollektivbesteuerung zugelassen zu sein).

Durch diese Bedingung der 90% besteht die Gefahr, dass zahlreiche Steuerzahler von der Klasse 2 ausgeschlossen werden (z.B. die Rentner, vgl. infra), die endgültig in Klasse 1 eingestuft sein werden, obwohl sie verheiratet sind.

Die in Luxemburg Ansässigen brauchen keinen Grenzwert zu erreichen, um in Klasse 2 eingestuft zu werden. Die nicht in Luxemburg Ansässigen, die verheiratet sind können nur, unter der Bedingung, dass sie den Grenzwert von 90% erreichen, in Klasse 2 kollektivbesteuert werden (Art. 157ter).
Die Bedingungen sind also für Letztere offensichtlich einschränkender, wenn es darum geht in Klasse 2 eingestuft zu werden.

Die Gefahr, die viele von ihnen laufen, besonders aus Frankreich oder Deutschland (für die Einwohner aus Belgien ist der Grenzwert geringer, wegen der bilateralen belgisch-luxemburgischen Konvention), ist, dass sie nicht zur Klasse 2 zugeordnet werden können (einige Paare inbegriffen, die jetzt schon kollektivbesteuert sind) wie es für die in Luxemburg Ansässigen der Fall ist, obwohl es, gegebenenfalls, in ihrem Interesse wäre, in Klasse 2 eingestuft zu werden.

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Es wird vorgeschlagen sämtliche Grenzwertbedingungen aufzugeben (in eine Steuerklasse gleichgesetzt oder aufgenommen zu werden) für die nicht-ansässigen Verheirateten.


  • Die Rentner sind ebenfalls stark betroffen

 

Die Problematik des Grenzwertes wird die nicht in Luxemburg ansässigen Rentner auch besonders benachteiligen, da die weitgehende Mehrheit von ihnen in mehreren Ländern gearbeitet hat und auch eine ausländische Rente bezieht. Es wird nur eine Steuereinstufung in Klasse 1 möglich sein, wenn 90% ihres Einkommens (= Rente) aus Luxemburg stammt.

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Es wird vorgeschlagen die Grenzwertbedingungen neu zu bewerten und, ebenso wie die Anfrage für die Berufstätigen, die verheirateten Rentner in Klasse 2 einzustufen, so wie es die in Luxemburg ansässigen verheirateten Rentner sind.


  • Partner, die über erweiterte Flexibilität verfügen

 

Die Ehepaare mit einem Kind werden, im Falle einer Individualbesteuerung, nicht in Klasse 1A eingestuft.

Das Gleiche wird für einen nicht in Luxemburg ansässigen verheirateten Steuerzahler gelten, der den Grenzwert von 90% (vgl. oben) nicht erreicht und somit auch nicht die Kollektivbesteuerung in Klasse 2.

Die in einer eingetragenen Partnerschaft lebenden Paare werden ihrerseits teilweise von der Klasse 1A profitieren können, wenn sie ein junges unterhaltsberechtigtes Kind haben, oder sogar kollektiv besteuert werden, falls sie sich zum Jahresende dazu entscheiden.

Es wird vorgeschlagen, diese unterschiedliche Herangehensweise zu überprüfen, die einige verheiratete Steuerzahler ernsthaft benachteiligt.


  • Mögliche negative Folgen für das zur Verfügung stehende Einkommen der Steuerzahler, die aus der Anwendung des CIM und des CIS hervorgehen

 

Die Anwendungsmodalitäten der Einkommenssteuergutschrift (CIS), der Rentensteuergutschrift (CIP) und der Steuergutschrift für alleinerziehende Eltern (CIM) bleiben ziemlich undurchsichtig.

Die neuen Vorkehrungen beziehen sich jetzt auf das Brutto-Jahreseinkommen der Steuerzahler, um das Recht auf CIS und CIP (und auf das jährlich angepasste steuerpflichtige Einkommen für das CIM) und ebenso die Höhe der Summe der drei Steuerkredite festzulegen.

Nun, wie vorher erwähnt, sind die Fragen bezüglich der Jahreslöhne (brutto/angepasste steuerpflichtige), der Auslandslöhne der Haushalte, der Unterhaltsgelder, der Arbeitszeiten, der Zahl der Arbeitgeber, … unvorhersehbar und Mechanismen bleiben notwendig, um auf diese Unbekannten am Ende des Jahres reagieren zu können. Es ist entscheidend, dafür zu sorgen, dass der Steuerzahler jeden Monat den vom Gesetz garantierten Betrag bezüglich der verschiedenen Steuergutschriften bekommen hat.

Diese technischen Umänderungen bezüglich der Steuergutschriften könnten, gegebenenfalls, eine Wirkung auf das Einkommen des Haushalts haben. Könnten zum Beispiel die CIM-Empfänger die Mindestsumme von 750€ beziehen, die das Projekt ihnen als Vorschuss zur festgelegten Gesamtsumme zugesteht?

Es wird vorgeschlagen die praktischen Anwendungsmodalitäten klarzustellen, die die neuen Formeln dieser beiden Steuergutschriften begleiten.


All diese Elemente werden eine bedeutende rechtliche Unsicherheit auslösen, wenn nicht sogar finanzielle Schäden, deren Opfer die Steuerzahler sein werden. Wenn man von rechtlicher Unsicherheit spricht, dann spricht man von möglichen Klarstellungen vor Gericht.

In Anbetracht dieser verschiedenen Überlegungen, verlangen OGBL und LCGB, dass die Maßnahmen, die 2018 in Kraft treten sollen, auf unbestimmte Zeit verschoben werden, bis eine präzise Analyse ihrer Konsequenzen und von Alternativen durchgeführt wurde, die die steuerlichen Kollateralschäden begrenzen können.

Mitgeteilt am 28. November 2016

La sécurité sociale n’est pas une société commerciale et doit rester co-gérée par les partenaires sociaux !

Lors de son assemblée plénière du 16 novembre 2016 sous la présidence de Jean-Claude Reding, la Chambre des salariés (CSL) a adopté son avis sur la gouvernance des institutions de sécurité sociale.

D’après le gouvernement, ce projet de loi, qui ne change rien aux prestations et au financement de la sécurité sociale, « entend poursuivre la modernisation de la gestion et l’amélioration de la gouvernance des institutions de sécurité sociale».

La Chambre des salariés ne peut pas accepter les dispositions du projet de loi.

Elle rejette fermement la démarche qui a présidé à la rédaction de ce projet, qui assimile la gestion de la sécurité sociale à celle d’une société commerciale. Par sa nature-même, la sécurité sociale doit avoir des finalités et des modes de fonctionnement propres, qui ne peuvent être calqués sur la gestion des entreprises du secteur marchand, dont le but principal est la réalisation de profits.

Le projet de loi contient des concepts qui sont fort en vogue, mais sont inacceptables dans le cadre de la sécurité sociale, qui est basée sur la cogestion par des représentants de l’État, des employeurs et des assurés, et qui tous participent à son financement.

Ce principe de la cogestion tripartite est, à l’heure actuelle, déjà affaibli en raison du fait que le président d’une institution de la sécurité sociale peut prendre des décisions sans passer par le comité directeur. Le projet de loi réduit encore davantage les droits des partenaires sociaux en supprimant le poste de vice-président, qui est occupé par un représentant des assurés ou des employeurs, notamment au sein de la Caisse nationale de santé. La Chambre des salariés voit dans cette disposition une défiance manifeste à l’égard des représentants des assurés et s’y oppose avec vigueur.

La terminologie du projet de loi est inadaptée et peut se révéler dévastatrice pour la sécurité sociale. En effet, le gouvernement a défini «les objectifs de la bonne gouvernance comme étant [entre autres] le renforcement de la compétitivité des acteurs économiques». Cet aspect est inadmissible pour la CSL. Ce critère de « compétitivité » purement économique n’a pas sa place au sein de la sécurité sociale.

Autre exemple : la volonté de mettre en place une gestion des risques est un symptôme révélateur d’une transposition de concepts qui sont en totale inadéquation avec le rôle joué par la sécurité sociale, dont la fonction principale est justement l’indemnisation des risques encourus par les assurés.

La sécurité sociale n’est pas une société commerciale où la rentabilité préside aux orientations stratégiques. La sécurité sociale a une tout autre fonction Elle fait partie de la politique sociale, remplit des missions de service public et doit rester co-gérée par les partenaires sociaux. Elle possède ce supplément d’âme qui fait qu’elle n’est pas une simple
assurance privée mais elle est la manifestation concrète de la solidarité entre tous les citoyens de ce pays, et même au-delà par la participation des travailleurs frontaliers.

En raison de l’introduction de principes de gestion d’une société commerciale dans la Sécurité sociale et la remise en cause de la cogestion par les partenaires sociaux, la CSL rejette le projet de loi en question.

L’intégralité de l’avis de la CSL se trouve sur www.csl.lu/avis-evacues-en-2016

Luxembourg, le 25.11.2016