Der OGBL verhandelt einen sozialfortschrittlichen Kollektivvertrag

contern_9_12_2015

Unter der Federführung des OGBL wurde der erste Kollektivvertrag für die Gemeindearbeitnehmer der Gemeinde Contern am Mittwoch, dem 9. Dezember 2015 unterschrieben. Es gelang dem OGBL nach langatmigen aber stets fairen Verhandlungen folgende massiven Verbesserungen für das privatrechtliche Personal der Gemeinde Contern auszuhandeln:

  • die Erhöhung des Punktwertes um 2,2 %;
  • die Auszahlung einer einmaligen Jahresprämie von 0,9%;
  • die Einstufung aller Arbeitnehmer in eine neue Gehälterstruktur auf Basis des Südgemeindenkollektivvertrags;
  • eine Ausgleichsprämie von 7 Lohnpunkten solange der Tabellenlohn 150 Lohnpunkte nicht übersteigt;
  • die Erhöhung der Sonderzulage auf 11 Lohnpunkte monatlich;
  • eine Berufsfahrerprämie von monatlich 10 Lohnpunkten für sämtliche Arbeitnehmer des Regiebetriebes;
  • ein jährliches Urlaubsgeld von 42 Lohnpunkten;
  • einen Geburtenzuschuss von 100 Euro;
  • die Einführung eines Sozial-urlaubs von jährlich 96 Stunden;
  • eine Regularisierung aller Arbeitsverträge des Busbegleitpersonals;
  • Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit des Busbegleitpersonals auf 20 Stunden;
  • einen angepassten und geregelten jährlichen Arbeitsplan für das Busbegleitpersonal.

OGBL und ETF fordern bessere Absicherung der Beschäftigten

Auf Anfrage der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) hat vom 10. bis 11. Februar 2016, eine hochrangige internationale Gewerkschaftsdelegation den OGBL in Bartringen besucht. Sie bestand aus den Kollegen Nick Bramley, Vorsitzender der ETF- und ITF-Sektion Binnenschifffahrt und Carl Krajenoord, Nationalsekretär der Gewerkschaft Nautilus International aus den Niederlanden.

Im Mittelpunkt der Debatten stand die gewerkschaftliche Zusammenarbeit auf europäischer und internationaler Ebene.

Mit seinen rund 3.000 Beschäftigten, hat sich Luxemburg zu einem bedeutenden Mitspieler in der Flussschifffahrt entwickelt. Dies ist vor allem auf das Ausflaggen niederländischer, französischer und belgischer Schiffe und die Ummeldung ganzer Besatzungen nach Luxemburg zurückzuführen. Zurzeit findet eine weitere Ausflaggungswelle niederländischer Schiffe nach Luxemburg statt. Zwar kommen die Beschäftigten in den Genuss eines luxemburgischen Arbeitsvertrags, verlieren aber meist die Vorteile ihrer Kollektivverträge, über die sie vorher in ihrem Herkunftsland abgesichert waren.

Für den OGBL ist es wichtig, für diese Beschäftigten schnell neue Kollektivverträge auszuhandeln. Die ETF und die ihr angeschlossenen Gewerkschaften sicherten dem OGBL dabei ihre Hilfe zu.

Weitere besprochene Themen, betrafen die Sozialversicherung, die Doppelbesteuerung der Besatzungen und die Umsetzung der Arbeitszeitrichtlinie in der Schifffahrt.

Mitgeteilt vom OGBL
am 12. Februar 2016

Die UEL und der Sozialdialog

André Roeltgen, Président de l‘OGBL
André Roeltgen, Präsident des OGBL

Wer für Lohn arbeiten geht, verkauft nicht nur seine Arbeit, sondern auch seine Zeit, einen wesentlichen Teil seiner Lebenszeit. Jede Lohnverhandlung ist gleichzeitig eine Verhandlung über die Zeit. Die Begrenzung der Dauer der täglichen und der wöchentlichen Arbeitszeit sowie die Einführung von Ruhe- und Urlaubszeiten sind zentrale Momente der Verhandlung zwischen Arbeit und Kapital. Gestern wie heute.

Der Interessengegensatz bei der Arbeitszeit ist eine objektive Realität. Er kann aber durch gesetzliche und vertragliche Regelungen im Rahmen der sozialen Beziehungen entschärft werden. Wie in den meisten Ländern Europas geschieht dies in Luxemburg über das Arbeitsrecht und über die Kollektivverträge. Wie konfliktorisch sich allerdings die Auseinandersetzung über die Arbeitszeiten gestalten kann, beweisen die aktuellen Diskussionen über ein neues Arbeitszeitgesetz.

Die Arbeitgeberseite, vertreten durch die UEL, versucht ein Gesetz über die Arbeitszeiten durchzusetzen, das eine stark erhöhte Flexibilisierung der Arbeitszeiten im einseitigen Interesse der Arbeitgeber zu Lasten des Salariats einführen soll. Die UEL will im Sinne des Wortes eine weitestgehend entregelte Organisation der Arbeitszeiten, ohne wirksame Schutzbestimmungen und Begrenzungen, ohne eine transparente Definition der Überstunden und ohne Mitbestimmung des Salariats.

Der OGBL widersetzt sich den Absichten des Patronats und er hat seinerseits Vorschläge für eine Modernisierung des zweifellos stark reformbedürftigen PAN-Gesetzes auf den Tisch gelegt. Variable Arbeitszeiten verlangen nach guten Regeln und erfordern als Ausgleich der Arbeitsbelastung die Verkürzung der Arbeitszeit.

Für die am kommenden 18. Februar angesetzten Verhandlungen gibt es allerdings zurzeit wenig Optimismus. Die kursierende Patronatsdevise „Entweder wie WIR es wollen, oder WIR belassen es beim alten Gesetz“ zeugt nicht nur von fehlendem Reformwillen, sondern auch von einer verzerrten Begriffswahrnehmung über den Inhalt und die Aufgabe des sozialen Dialogs und des Arbeitsrechts.

Der OGBL fordert die UEL auf, ihre angekündigte Verweigerungshaltung aufzugeben und ein gemeinsames Abkommen anzustreben. Falls sie dies nicht tut, käme dies, nach der Ablehnung der UEL des von der Regierung im Jahre 2014 vorgeschlagenen Indexabkommens, einer weiteren Belastung der sozialen Beziehungen in Luxemburg gleich.

Die UEL unterlässt außerdem nichts, um die Regierung unter Druck zu setzen. Da ist beispielsweise die Rede von „Vorleistungen“, die die Arbeitgeberseite erbracht habe. Gemeint ist zum einen der Gesetzesvorschlag über den Elternurlaub, den die Regierung auf den Instanzenweg gebracht hat und der einen realen Fortschritt darstellt und vom OGBL voll und ganz unterstützt wird. Dieser hat allerdings überhaupt nichts mit einer „Vorleistung“ seitens der UEL zu tun. Die Verbesserung des Elternurlaubs reiht sich neben dem allseitigen Ausbau der Betreuungseinrichtungen und –angebote in die Liste jener Prioritäten ein, die die europäische Kommission in der Strategie EU2020 festgelegt hat, mit dem Ziel, den Anteil der Frauen am Arbeitsmarkt zu erhöhen, weil die europäische Wirtschaft im Interesse der Unternehmen auf dieses Potential an Arbeitskraft nicht länger verzichten kann. Was die UEL ebenfalls verschweigt, ist die Tatsache, dass der Elternurlaub über den öffent-lichen Haushalt finanziert wird. Also weitestgehend von den Beschäftigten selbst, deren Steuerlast sich in all den letzten Jahren überproportional im Vergleich zu den Betriebssteuern entwickelt hat.

Zum anderen beruft sich die UEL auf das Abkommen, das die UEL mit der Regierung im Januar 2015 abgeschlossen hat. Das darin beschriebene Programm „Entreprises partenaires pour l’Emploi“, besser bekannt durch die medienwirksame Ankündigung der Arbeitgeber 5.000 Arbeitssuchende im Verlauf von drei Jahren zusätzlich einzustellen, entpuppt sich zusehends als leeres Versprechen. Die Zahlen und Interpretationen des STATEC sprechen eine klare Sprache. Obwohl die Wirtschaft im Jahre 2015 ein starkes Plus zu verzeichnen hat (+4.8% in den ersten neun Monaten), hat sich die Zahl der Arbeitssuchenden zwischen Dezember 2014 und Dezember 2015 nur geringfügig um 497 von 19.362 auf 18.865 verringert. Zieht man hiervon noch die gestiegene Zahl jener ab, die sich in den sogenannten Beschäftigungsmaßnahmen befinden, reduziert sich die Zahl auf magere 324. Bei der gesetzlichen Anmeldungspflicht von offenen Stellen an die ADEM ist ebenfalls keine Besserung eingetreten. Die Arbeitslosenquote, die gegenwärtig bei 6,7% liegt, ist 50% höher als 2008, dem Jahr des Krisenausbruches, und 300% höher als die Arbeitslosenquote im Jahre 2001. War es das mit der Offensive der UEL im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit?

OGBL feiert das 100. Jubiläum der freien Gewerkschaftsbewegung in Luxemburg (1916-2016)

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Die freie Gewerkschaftsbewegung Luxemburg, deren würdiger Erbe der OGBL ist, feiert in diesem Jahr 2016 ihr 100. Jubiläum. Während dieses ganz besonderen Jahres, wird der OGBL feiern und allen Gewerkschaftlern gedenken, die, seit 1916, durch ihren solidarischen Einsatz und ihren Aufwand, aus der freien Gewerkschaftsbewegung das gemacht haben, was sie heute ist, nämlich den historischen Träger des sozialen Fortschritts in Luxemburg.

Unter den Höhepunkten des Jahres, außer der 1.-Mai-Feier in der Abtei Neumünster, der am 28. April die politische Rede zum 1. Mai vorausgeht, die dieses Jahr in Differdingen stattfinden wird, sind unter anderem vorgesehen:

  • die Produktion eines Films mit Andy Bausch über die Geschichte der freien Gewerkschaftsbewegung in Luxemburg (Erstausstrahlung Ende April),
  • die Organisation eines außerordentlichen Kongresses am 2. Juli, der den OGBL durch eine Statutenreform stärken wird
  • eine Akademische Sitzung am 19. Oktober an der Uni Luxemburg, Standort Belval, bei deren Gelegenheit ein von einem Team von Historikern ausgearbeitetes Buch über 100 Jahre freie Gewerkschaftsbewegung veröffentlicht wird.

Auf lokaler Ebene werden ebenfalls einige Feierlichkeiten stattfinden. Hier kann man die Sektion Differdingen erwähnen, die am 10. Dezember eine Akademische Sitzung in der „Cité du Fer“ organisiert, und die Sektion Tétange/Rumelange, die während des Monats September eine Reihe von Aktivitäten vorsieht.

Eine erste zwiespältige Bilanz


Der Nationalvorstand traf sich am 2. Februar in der „Maison du Peuple“ in Esch-Alzette. Auf der Tagesordnung dieser ersten Sitzung des Jahres stand vor allem eine erste Zwischenbilanz zur Lage in den verschiedenen Bereichen der Kampagne „E Sozialpak fir Lëtzebuerg, fir besser Aar-becht an e bessert Akommes“. Die Kampagne wird 2016 fortgeführt.

comite_national_2_2_2016_1Unter den verschiedenen Dossiers hat ganz besonders das über die Arbeitszeitorganisation die Aufmerksamkeit des Nationalvorstands auf sich gezogen.  Am 18. Februar soll eine neue Sitzung im Rahmen des permanenten Arbeits- und Beschäftigungsausschusses (CPTE) zwischen Regierung, UEL und den Gewerkschaften stattfinden, im Hinblick einer möglichen Reform des jetzigen Gesetzes (PAN-Gesetz).  Die UEL, die bloß darauf aus ist, die Reglementierung über die Arbeitszeit noch mehr zu zerschlagen, lehnt bis jetzt den Sozialdialog ab und hält an ihren maximalen und übertriebenen Forderungen fest. Der Nationalvorstand lehnte die Blockadehaltung der Patronatsvertreter zu diesem Thema ab. Darüber hinaus unterstreicht der OGBL – so wie es die Regierung in Erinnerung gerufen hat –, dass die Reform des PAN-Gesetzes nicht in Verbindung zur Reform des Elternurlaubs steht, so wie es die UEL versucht glaubhaft zu machen.

comite_national_2_2_2016_2Seinerseits hat der OGBL immer wieder im Rahmen dieser Verhandlungen Vorschläge unterbreitet. Das jetzige Gesetz ist nicht gut, und es muss dementsprechend verbessert werden, indem es den Arbeitnehmern mehr Schutz bezüglich ihrer Arbeitszeiten gewährt, so wie eine Arbeitszeitreduzierung (insbesondere durch die Einführung der 6. gesetzlichen Urlaubswoche). Wenn diese Bedingungen erfüllt sind, sagt sich der OGBL dazu bereit, eine Verlängerung der Referenzperiode auf drei Monate in Erwägung zu ziehen. Dies impliziert jedoch unbedingt für den OGBL, dass die Gesetzgebung über die Arbeitszeiten besser geregelt wird (insbesondere im Rahmen des Arbeitsorganisationsplans – POT), damit die Arbeitnehmer ihren Arbeitgebern nicht frei ausgeliefert sind. Der OGBL hat eine ganze Reihe von detaillierten Vorschlägen dahingehend gemacht. Was schließlich die Gleitzeiten betrifft, so besteht der OGBL darauf, dass die Einführung sowie die Umänderung dieser systematisch auf Betriebsebene entschieden werden müssen, und zwar nach dem Mitbestimmungsprinzip.

Außer diesem schwierigen Dossier, kam der Nationalvorstand auf das Reformprojekt der Familienzulagen zurück, das in der Abgeordnetenkammer eingereicht wurde. Ein Projekt, mit dem der OGBL zurzeit nicht einverstanden sein kann, insbesondere wegen der substantiellen Verluste, die die Eltern von mehr als einem Kind erfahren würden, jedoch auch, weil das Gesetzesprojekt immer noch keinen periodischen Anpassungsmechanismus der Leistungsbeträge vorsieht (die Regierung hat sich jedoch im Abkommen des 28. Novembers 2014 dazu verpflichtet). Die Diskussionen mit der Regierung werden in diesem Dossier fortgeführt.

Wcomite_national_2_2_2016_3as die angekündigte Pflegeversicherungsreform anbelangt, hat kürzlich eine OGBL-Delegation sich mit dem Sozialminister getroffen. Der OGBL hat es nicht verpasst, dem Minister mit Nachdruck mitzuteilen, dass er sich kategorisch gegen die Verschlechterung der Dienstleistungen wehrt ebenso wie gegen jegliche Einführung eines pauschalen Finanzierungssystems, das „Pflegeklassen“ schafft. Darüber hinaus hat der OGBL eine Serie von punktuellen Verbesserungsvorschlägen gemacht, und hat mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass die Pflegeversicherung keineswegs einer grundlegenden Reform bedarf. Der Minister hat seinerseits angekündigt, dass er demnächst ein Gesetzesvorprojekt unterbreiten wird, in dem er den Forderungen und Kritiken des OGBL Rechnung tragen wird.

Eine OGBL-Delegation hat sich ebenfalls kürzlich mit der Gesundheitsministerin zusammengesetzt, um sich mit ihr über Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz zu unterhalten. Der OGBL fordert unter anderem die Schaffung eines einheitlichen Nationalen Gesundheitsdienstes, der von allen drei Seiten verwaltet wird. Eine solche Dienststelle würde endlich den Arbeitsmedezinern ermöglichen, in vollständiger Objektivität zu arbeiten, und würde so sämtliche Entgleisungen und Missbräuche, die zurzeit üblich sind, und für die Gesundheit und die Sicherheit der Arbeitnehmer schädlich sind, verhindern. Das Ergebnis dieses Treffens war für den OGBL, der es nun vorhat, seine Kampagne zu diesem Punkt in den kommenden Wochen zu verschärfen, nicht zufriedenstellend.

comite_national_2_2_2016_4Der Nationalvorstand hat darüber hinaus das Gesetzesprojekt zum Elternurlaub sowie den familienbedingten Urlaub überprüft, die beide vom OGBL begrüßt werden.

Schließlich haben die Gespräche bezüglich der wichtigen und notwendigen Steuerreform, die die Regierung angekündigt hat, noch nicht begonnen. Der OGBL hat in diesem Zusammenhang die Initiative mit der CGFP ergriffen, und hat mit der Regierung Kontakt aufgenommen, damit diese Diskussionen so schnell wie möglich anfangen und damit die Gewerkschaften bei deren Ausarbeitung mit einbezogen werden, so wie es die Regierung versprochen hat. Die Hauptforderung des OGBL im Rahmen dieser Reform bleibt eine steuerliche Erleichterung für die kleinen und mittleren Einkommen.

Der Nationalvorstand wird bei seiner nächsten Sitzung, die auf den 22. März festgelegt ist, eine neue Auswertung zum Stand der verschiedenen Dossiers vornehmen.


Die wirtschaftliche und soziale Lage im Fokus

Nach dem letzten von der NGO Oxfam veröffentlichten Jahresbericht über die Ungerechtigkeiten in der ganzen Welt, entspricht das gesamte Vermögen der 62 reichsten Menschen auf der Welt mittlerweile dem, was die 3,6 Milliarden der ärmsten Menschen der Erde besitzen. Zwischen 2010 und 2015 haben die 62 größten Vermögen um 45% zugenommen. Die 3,6 Milliarden ärmsten Frauen und Männer der Welt hingegen haben 38% ihrer Lebensunterhaltungsmittel verloren. Die Entwicklung dieser Ungerechtigkeiten hebt, für den OGBL, klar hervor, dass die Zunahme der Kapitalerträge total und unerhört unverhältnismäßig im Vergleich zur Entwicklung der Arbeitseinkommen ist.
Laut IWF wird der Wirtschaftsaufschwung 2016 in Europa schwach sein (zwischen 1,7 und 2%), obwohl der Erdölpreis (niedrig), der Wert des Euro (schwach) und die Darlehenszinsen (niedrig) den Aufschwung weitest-gehend begünstigen müssten. Das wahre Hindernis für den Wirtschaftsaufschwung, wie es der OGBL abermals mit Nachdruck unterstrichen hat, bleibt der gewaltige Mangel an Investitionen, den es in Europa gibt, und der die geringe Binnennachfrage direkt beeinflusst.

Was insbesondere Luxemburg betrifft, so haben die letzten vom Statec veröffentlichten Zahlen abermals die OGBL-Analysen bestätigt. Die öffentlichen Finanzen sind bei guter Gesundheit, und das trotz des Rückgangs der Einnahmen aus den Akzisen und der Mehrwertsteuer in Bezug auf den E-Commerce, der mehr als ausgeglichen wird durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer (+358 Millionen Euro), und der direkten Besteuerung der Haushalte (+360 Millionen Euro) getragen wird. Der 2015 in Luxemburg festgestellte Aufschwung, müsste schließlich die 5% überschreiten, wobei die Kaufkraft der privaten Haushalte geschwächt wurde, die Reallöhne stagnierten und die Ungleichheiten vertieft wurden. Zuletzt, was den leichten Rückgang der Arbeitslosigkeit betrifft, der Ende des Jahres festgestellt wurde, so bemerkt der Statec, dass dieser vorwiegend dem wirtschaftlichen Aufschwung zu verdanken ist sowie der Zunahme der Zahl der Beschäftigungsmaßnahmen.


Die EU entdeckt langsam wieder die Wirksamkeit der Binnennachfrage

semestre_europeen_25_01_16_1Die national repräsentativen Gewerkschaften unter der Führung des OGBL, die UEL und die Regierung haben sich am 25. Januar 2016 in Kirchberg unter der Federführung des Wirtschafts- und Sozialrats (WSR) zusammengefunden, um ihre Meinungen im Rahmen des Europäischen Semesters auszutauschen. Das Europäische Semester ist das Haupt-instrument zur Koordinierung und zur Überwachung der Wirtschafts-, Struktur-, Haushalts- und Sozialpolitiken, und sorgt dafür, dass die Nationalpolitiken dazu beitragen, die von der EU vorgegebenen gemeinsamen Ziele zu erreichen.

semestre_europeen_25_01_16_2Im zweiten aufeinanderfolgenden Jahr sind die Sozialpartner (Gewerkschaften und UEL) auf nationaler Ebene in die Prozedur des Europäischen Semesters mit einbezogen, auch wenn es nur in rein beratender Funktion ist. Ein zweites konsultatives Treffen ist Ende März vorgesehen.
Bei seiner Intervention vom 25. Januar vor den Vertretern der Regierung und des Patronats hat André Roeltgen, Präsident des OGBL, zuerst bedauert, dass die von der Europäischen Kommission für 2016 festgelegten wirtschaftlichen und sozialen Prioritäten, leider dieselben bleiben, wie die von 2015. Jedoch gibt es beim Lesen der neuen jährlichen Wachstumsüberprüfung, seitens der Europäischen Kommission, eine erste Bewusstseinsnahme – auch wenn sie noch recht bescheiden bleibt – bezüglich der notwendigen wirtschaftlichen Neuorientierung, die Europa offensichtlich, im Vergleich zu den Irrwegen der vergangenen Jahre, benötigt. Zwei erwähnenswerte Termini tauchen demnach in der wirtschaftlichen und sozialen Analyse auf, die durchgeführt wird.

Erstens scheint die Europäische Kommission endlich wieder den Nutzen der Binnennachfrage wiederentdeckt zu haben. So schreibt sie nicht zuletzt: „in dem ungewissen weltweiten Kontext wird der Wirtschaftsaufschwung immer abhängiger von der Binnennachfrage“. Deshalb, so schreibt sie weiter: „Die Binnennachfrage und das Investment müssen hauptsächlich in den Ländern gefördert werden, die über einen Handlungsspielraum bei ihrem Haushalt oder über einen bedeutenden Leistungsbilanzüberschuss verfügen, oder in denen der Druck bezüglich des Schuldenabbaus nicht so groß ist“. Es handelt sich hier um eine erste interessante Kehrtwende.

Zweitens hat die Europäische Kommission, die nicht damit aufgehört hat, eine allgemeine Lohnermäßigung zu preisen, gerade eben hier unterstrichen, dass es wahrlich die reellen Gehälter sind, die es im Auge zu behalten gilt, wenn es um die Überwachung der Gehälterpolitik geht. Diese scheinbare Entwicklung bleibt jedoch auch sehr zurückhaltend, da sie nur auf Papier, nicht aber in der Praxis besteht, wo in der Vielzahl von Überwachungs- und Beratungsindikatoren, die im Europäischen Semester benutzt werden, weiterhin die nominalen Löhne nicht untersucht werden.

Diese Neuorientierung fügt sich in die europäische Rhetorik ein, die der sozialen Dimension des europäischen Projekts mehr Gewicht zugesteht sowie den schädlichen Auswirkungen, wenn es um sozialen Ausschluss und soziale Inkohärenz geht, die vom wirtschaftlichen Einbruch aus den Jahren 2008 und 2009 ausgelöst wurden.

Wenn, so wie es scheint, die EU den Willen zeigt, den Weg zum dreifachen sozialen A einzuschlagen (wie auch anders gegenüber der Flaute und dem Chaos der vergangenen sieben Jahre?), so bleiben die ersten Schritte in Richtung dieses neuen Ziels jedoch ziemlich bescheiden und weit entfernt von dem, was auf dem Spiel steht, so unterstrich es der OGBL-Präsident.

Was die Wirtschafts- und Finanzsituation Luxemburgs betrifft, so kann man nur feststellen, dass das Land viel stärker aus der Krise hervorgegangen ist als die Gesamtheit seiner Wirtschaftspartner.

semestre_europeen_25_01_16_3Jedoch hat die Kaufkraft in Luxemburg zwischen 2008 und 2014 stagniert, und das wegen des zunehmenden Steuerdrucks. Die luxemburgischen Haushalte haben darüber hinaus eine bedeutend höhere Schuld im Vergleich zu ihrem Einkommen als der Durchschnitt in der Eurozone (87% gegenüber von 62%). Schließlich haben Arbeitslosigkeit, Ungerechtigkeiten und Armutsraten in diesen letzten Jahren Rekordhöhen erreicht.

Indem er die verschiedenen Handlungsbereiche erwähnte die sich demnach in Luxemburg aufdrängen, zählte André Roeltgen folgende auf: die Abschaffung der vorübergehenden Haushaltsausgleichssteuer, die Anpassung an die Inflation der Einkommenssteuer der Personen, die unumgänglich ist, um die Auswirkung des „Mëttelstandsbockel“ zu schwächen, die Befreiung von Steuern des sozialen Mindestlohns, die Anpassung der Freibeträge, die regelmäßige Anpassung der Familienleistungen, die Erhöhung des für die Familienleistungen vorgeschlagenen einheitlichen Betrags, die strukturelle Anhebung des sozialen Mindestlohns und die Verbesserung der finanziellen Entschädigung der Arbeitssuchenden.

Dazu kommen natürlich noch die im Laufe des vergangenen Jahres ausgesprochenen Forderungen bezüglich der notwendigen Strukturreformen, deren Ziel es ist, die Arbeitnehmerrechte im Bereich der Krankenversicherung, im Bereich des Altersmanagements, der Arbeitsdauer, der wirtschaftlich bedingten Entlassungen und des Arbeitserhaltungsplans, der Gesetzgebung der Pleiten, dem präventiven Bereich des Arbeitsrechts, der Vertiefung des Sozialdialogs in den Unternehmen, der Wohnungen und der beruflichen Weiterbildung, zu verbessern.