Lohnerhöhungen für das gesamte Personal vor dem Hintergrund einer inflationären Krise

Der OGBL hat am 25. April 2023 mit der Direktion des Luxembourg Institute of Health” (LIH) die Erneuerung des Kollektivabkommens unterzeichnet, das für die rund 460 Beschäftigten der Einrichtung gilt. Das Kollektivabkommen ist ein untergeordnetes Abkommen des Rahmenvertrags für den öffentlichen Forschungssektor.

Das neue Abkommen hat eine Laufzeit von drei Jahren, vom 1. Januar 2023 bis zum 31. Dezember 2025. Es bringt deutliche Verbesserungen für die Mitarbeiter*innen des LIH mit sich, einschließlich finanzieller Erhöhungen, darunter :

  • eine Erhöhung aller Löhne um 0,75% mit dem Monatslohn nach Unterzeichnung der Vereinbarung, gefolgt von einer Erhöhung um 1,25% im Januar 2024 (mit Ausnahme von Postdoktoranden, für die eine besondere Erhöhung gilt);
  •  eine Erhöhung der Löhne der Postdoktoranden im Januar 2024 um 10% für die Stufe “PostDoc I” und um 6% für die Stufe “PostDoc II”;
  • eine Erhöhung der Höchstwerte für bestimmte Lohnstufen in der Funktionstabelle um bis zu 5%, mit proportional höheren Steigerungsraten für die niedrigsten Lohnstufen;
  • eine Erhöhung des Nennwerts von Essensgutscheinen von 8,80 EUR auf 10,80 EUR;
  • eine Erhöhung des Mindestbruttobetrags des jährlichen Bonus für außergewöhnliche Leistungen von 750 Euro auf 1.000 Euro ;
  • eine Klarstellung und Aktualisierung der Charta zur Telearbeit, die Bestandteil des Kollektivabkommens ist und die im Paritätischen Ausschuss entsprechend den Entwicklungen der Schwellenwerte der bilateralen Steuerabkommen und der europäischen Sozialversicherungsvorschriften angepasst wird ;
  • finanzielle Ausgleichsmaßnahmen und/oder zusätzliche Urlaubstage für Mitarbeiter*innen, die die Obergrenzen ihrer Lohntabelle erreicht oder überschritten haben: eine Erhöhung um 0,75 % alle vier Jahre sowie die Möglichkeit, nach eigenem Ermessen entweder zusätzliche Urlaubstage oder einen Bonus zu erhalten, der in Abhängigkeit von den Ergebnissen der jährlichen individuellen Leistungsbewertung ausgezahlt wird ;
  • eine Erhöhung des für die Weiterbildung vorgesehenen Budgets um 50.000 Euro pro Jahr in den nächsten drei Jahren ;
  • Erläuterungen des Textes und die Einbeziehung der Personalvertretung in den Prozess der funktionsübergreifenden Überprüfung der individuellen Leistungsbeurteilungen – mit dem Ziel, die Transparenz des Beurteilungssystems zu gewährleisten ;
  • die Beibehaltung und Fortführung der Arbeitsgruppen zur Analyse der Möglichkeit der Einführung einer Zusatzrente, des Arbeitszeitkontos sowie der Neugestaltung des Leistungsbeurteilungssystems.

Alle anderen Vergünstigungen, die im alten Kollektivabkommen vorgesehen waren, darunter insbesondere die automatische (zweijährliche) Lohnerhöhung, bleiben weiterhin bestehen.

Der OGBL ist erfreut über den guten Sozialdialog, der während der gesamten Verhandlungen stattgefunden hat und begrüßt dieses Abkommen, das echte Fortschritte mit sich bringt, um das LIH-Personal in einem Kontext der akuten Kaufkraftkrise zu unterstützen.

Mitgeteilt vom Syndikat Erziehung und Wissenschaft (SEW) des OGBL,
am 27. April 2023

Cargolux greift das Sozialdialog-Modell an und legt Berufung gegen die ONC-Entscheidung ein

Nach einem Rekord-Nettogewinn von 768,7 Millionen US-Dollar im Jahr 2020 und 1,3 Milliarden US-Dollar im Jahr 2021 hat Cargolux ein weiteres Rekordjahr mit einem Nettogewinn von 1,6 Milliarden US-Dollar angekündigt.

Nach 15 Verhandlungsrunden über einen neuen Kollektivvertrag für die mehr als 1.800 Beschäftigten von Cargolux, die sich über 10 Monate hingezogen haben, lehnt die Cargolux-Geschäftsleitung jegliche Lohnerhöhung, nachhaltige Verbesserung der Arbeitsbedingungen sowie eine angemessene Arbeitsplatzsicherheit für alle Beschäftigten kategorisch ab.

Aufgrund des fehlenden Willens der Cargolux-Direktion, echte und ernsthafte Verhandlungen aufzunehmen, haben der OGBL und der LCGB am 17. Februar 2023 das Nationale Schlichtungsamt (Office National de Conciliation, ONC) angerufen. Bei der ersten Sitzung des ONC bestätigte die Cargolux-Direktion ihren Unwillen und beantragte die Unzulässigkeit der Klage. Nach Analyse und Überlegung lehnte das ONC den Antrag von Cargolux jedoch ab und bestätigte die Rechtmäßigkeit der Klage der Gewerkschaften.

Im Hinblick auf das nächste Treffen vor der Schlichtung wurden drei neue Verhandlungssitzungen anberaumt, um über die von den Gewerkschaften auf Ersuchen des ONC mitgeteilten vorrangigen Punkte zu verhandeln. Bei der ersten dieser Verhandlungssitzungen teilte die Unternehmensleitung von Cargolux den Gewerkschaften mit, dass sie gegen die Entscheidung des ONC Klage beim Verwaltungsgericht einreichen werde.

Obwohl Cargolux bereits bei den letzten Verhandlungen über die Erneuerung des Kollektivvertrags vom ONC mit dem gleichen Antrag abgewiesen wurde, wiederholt sich nun die Geschichte vor dem ONC. Dieser erneute Schritt von Cargolux ist ein Novum in Luxemburg, denn noch nie hat ein Arbeitgeber eine Entscheidung des ONC vor dem Verwaltungsgericht angefochten.

Dieses Vorgehen von Cargolux stellt die Legitimität des ONC in Frage und zielt einzig und allein darauf ab, das Modell des Luxemburger Sozialdialogs zu zerstören. Dieser Angriff auf den ONC und das Modell des luxemburgischen Sozialdialogs ist angesichts der Aktionärsstruktur von Cargolux inakzeptabel. Darüber hinaus ist dieses Vorgehen schädlich für die laufenden Verhandlungen und stellt eine völlig unverantwortliche Eskalation des Tarifkonflikts in der Führungsetage von Cargolux dar. Denn bei einem Scheitern der Verhandlungen ist ein Arbeitskampf unausweichlich!

In den letzten drei Jahren, die von der Pandemie geprägt waren, hat das Personal mit großen Anstrengungen und unermüdlichem Einsatz dafür gesorgt, dass Cargolux die verschiedenen Herausforderungen meistern und drei Jahre in Folge Rekordgewinne erzielen konnte. Anstatt das Personal zu Recht für seine vorbildliche Arbeit zu belohnen, verharrt die Cargolux-Direktion in einer Haltung der Missachtung gegenüber ihren Beschäftigten.

Der OGBL und der LCGB setzen sich im Rahmen dieser Verhandlungen weiterhin für gerechte und faire Lösungen ein. Sie fordern die Direktion erneut auf, ihrer Verantwortung gegenüber den Beschäftigten, dem Unternehmen und dem Wirtschaftsstandort Luxemburg gerecht zu werden und einen zukunftsorientierten Kollektivvertrag für das gesamte Personal auszuhandeln.

Mitgeteilt am 26. April 2023

Ein unwürdiger Umgang mit den Gewerkschaften

Auf Einladung der Luxemburger Statistikbehörde STATEC findet an diesem 25. April ein „Wirtschafts“-Seminar zum Thema „Der Stellenwert der Gewerkschaften in einer sich wandelnden luxemburgischen Wirtschaft“ statt. Auf der Tagesordnung steht u.a. der Vortrag eines Universitätsprofessors mit dem provokativen Titel „Will they rise again? Vier Szenarien für die Zukunft der Gewerkschaften.“

Zu den Referenten gehören u.a. Vertreter der OECD, jener Organisation, die zuvor schon des öfteren ihre feindselige Einstellung gegenüber den Arbeitnehmervertretern bekundet hat. Die Redner werden ihre Standpunkte zwei Stunden lang ausführlich darlegen. Ursprünglich sollten den drei national repräsentativen Gewerkschaften, insgesamt nur 15 Minuten gestattet werden, um aus dem Stand heraus auf die Aussagen zu reagieren.

Absage der Gewerkschaften
In einem gemeinsamen Schreiben haben CGFP, LCGB und OGBL dem STATEC-Direktor mitgeteilt, dass sie aus bekannten Termingründen nicht in der Lage seien, an diesem Seminar teilzunehmen. Das STATEC-Kolloquium wird zeitgleich an jenem Tag stattfinden, an dem die Sozialpartner und die Regierung im Rahmen des Europäischen Semesters zusammentreffen werden. In ihrem gemeinsamen Brief haben die Arbeitnehmervertreter zudem bemängelt, dass sie nicht in die Vorbereitungsarbeiten der betreffenden Studien einbezogen wurden.

Unerklärlich ist, warum die STATEC-Verantwortlichen zum wiederholten Mal ihre Kritik-Studien ausschließlich in Bezug auf die Gewerkschaften in Auftrag geben und die Zahlen zudem ohne Rücksprache veröffentlichen. Kein anderer Bereich wird in diesem Maße beleuchtet. Detaillierte STATEC-Analysen über die Entwicklung der Mitgliederzahlen bei den Parteien, den Patronatsverbänden oder den ehrenamtlichen Organisationen werden nicht durchgeführt. Die eigentlichen Beweggründe für diese einseitige und unnuancierte Darstellung, die zum Teil auch noch auf falschen Behauptungen beruht, wirft Fragen hinsichtlich der Unabhängigkeit und der Unparteilichkeit auf.

Ein fragwürdiges Unterfangen
Bereits im März 2022 war eine STATEC-Studie mit dem schlagzeilenträchtigen Titel „Les syndicats en déclin dans un monde du travail en mutation“ erschienen. Darin hieß es fälschlicherweise, die drei größten Gewerkschaften des Landes hätten zwischen 2017 und 2019 rückläufige Mitgliederzahlen zu verzeichnen. In diesem Zusammenhang stellt sich unweigerlich die Frage, wie die Experten zu einer solchen groben Falscheinschätzung gelangen konnten. Schon damals hatten die CGFP und der OGBL die Ergebnisse und die Methodologie der Statistiker vehement angefochten. Statt also öffentliche Gelder für fragwürdige und zudem kostspielige Studien zu vergeuden, täten das Wirtschaftsministerium und der ihm unterstellte STATEC gut daran, bei den Fakten zu bleiben.

Vermehrte Angriffe auf die Gewerkschaftsfreiheit
In vielen Ländern zögern Menschen einer Gewerkschaft beizutreten, weil sie Angst vor Repressalien oder einem Karriereknick haben. Seit Monaten leiden die Bürger in den Nachbarstaaten unter den Folgen eines gescheiterten Sozialdialogs: Soziale Konflikte, wachsender Frust, Politikverdrossenheit und Arbeitsniederlegungen gehören dort mittlerweile zum Alltag. Und auch in Luxemburg mehren sich hierzulande die Angriffe auf die Gewerkschaftsfreiheit. Im Interesse der Arbeitnehmer sollten deshalb die Regierung und der STATEC den Sozialdialog festigen, anstatt ihn alljährlich auf ein Neues zu torpedieren.

Der Verdacht liegt nahe, dass auch das jüngste STATEC-Wirtschaftsseminar über den Stellenwert der Gewerkschaften unter dem Licht der politischen Beeinflussung steht. Unbestreitbar bleibt in diesem Zusammenhang, dass es personelle Verflechtungen zwischen der Statistikbehörde und dem „Observatorium für Wettbewerbsfähigkeit“ gibt. Dieses Gremium wird ebenfalls im Organigramm des Wirtschaftsministeriums aufgeführt.

Erster Kollektivvertrag beim Laboratoire national de santé (LNS)

Es handelt sich um einen historischen Moment für die 250 Arbeitnehmer*innen des Nationalen Gesundheitslabors (Laboratoire national de santé – LNS), die ein privatrechtliches Statut haben. Die Direktion des LNS und die einzige im Betrieb vertretene Gewerkschaft, der OGBL, haben nämlich am 21. April 2023 den ersten Kollektivvertrag in der Geschichte des Unternehmens unterzeichnet. Dieser tritt rückwirkend zum 1. Januar 2023 in Kraft und wird für eine Dauer von drei Jahren, d.h. bis zum 31. Dezember 2025, in Kraft sein.

Die Diskussionen über die Einführung eines Kollektivvertrags im LNS begannen 2020, als der OGBL einen entsprechenden offiziellen Antrag stellte. Die Gespräche haben sich aufgrund der Covid-19-Pandemie leider verzögert. Den Verhandlungspartnern war es jedoch stets ein Anliegen, die Lohn- und Arbeitsbedingungen des Personals durch einen Kollektivvertrag substanziell zu verbessern.

Die Gesundheitskrise hat deutlich gezeigt, wie wichtig die Koordination und Zusammenarbeit zwischen allen Akteuren des Gesundheitssystems ist. Als wesentlicher Bestandteil des luxemburgischen Gesundheitssystems hat das Personal des LNS stets ein beispielhaftes Engagement an den Tag gelegt, das weit über die reine Durchführung von Aufgaben hinausging.

Vor diesem Hintergrund wurde also der erste Kollektivvertrag am LNS abgeschlossen, der erhebliche Verbesserungen zum Vorteil der Beschäftigten mit sich bringt.

So werden die Gehälter nicht nur um durchschnittlich 4,5 % erhöht, sondern der Wert des Indexpunktes wird nunmehr an den des öffentlichen Dienstes und des Kollektivvertrags des Verbandes der Krankenhäuser (CCT FHL) angeglichen. Die betroffenen Beschäftigten erhalten außerdem eine Jahresendzulage, die einem 13. Monatsgehalt entspricht. Darüber hinaus sieht der Kollektivvertrag auch ein Urlaubsgeld in Höhe von 512 Euro brutto pro Jahr sowie eine einmalige Prämie von 500 Euro brutto bei Unterzeichnung des Kollektivvertrags vor.

Wichtig ist auch, dass die Bereitschaftsdienstentschädigung erhöht wird und Essensschecks für alle Beschäftigten eingeführt werden.

Der Kollektivvertrag sieht außerdem eine Erhöhung des Jahresurlaubs von 28 auf 32 Tage vor, wobei zwei zusätzliche Tage für Arbeitnehmer*innen ab 50 Jahren und zwei weitere Tage ab 55 Jahren hinzukommen. Ein Sozialurlaub von 40 Stunden pro Jahr sowie die Einführung der progressiven Vorruhestandsregelung sind ebenfalls Teil des Abkommens.

Schließlich haben der OGBL und die LNS-Direktion im Abkommen auch das Prinzip einer finanziellen Entwicklung festgehalten, die der des öffentlichen Sektors entspricht, wie es auch bei den beiden großen Kollektivverträgen des Sektors (SAS und FHL) der Fall ist.

Beide Vertragsparteien sehen in dieser Vereinbarung einen großen Schritt in Richtung einer besseren Anerkennung des Personals des LNS und seiner Rolle im luxemburgischen Gesundheitssystem. Es geht nun mehr denn je darum, unser Gesundheitssystem durch einheitliche Arbeitsbedingungen zu stärken und es bestmöglich auf zukünftige Herausforderungen vorzubereiten.

Die Direktion des LNS und der OGBL möchten sich bei allen Beschäftigten für ihren unermüdlichen Einsatz in den vergangenen Jahren bedanken.

Mitgeteilt vom OGBL und der Direktion des Laboratoire national de santé,
am 24. April 2023

Auf dem Weg zu einer Harmonisierung der Bestimmungen zur Telearbeit?

Im Anschluss an die öffentliche Debatte im Januar über die Petition „2 Tage Telearbeit pro Woche für alle“, die nicht weniger als 13.892 gültige Unterschriften erhalten hat, wurde der OGBL am 9. Februar zu einer Anhörung im Rahmen einer Sitzung der Unterkommission „Telearbeit“ der Abgeordnetenkammer eingeladen. Der OGBL, der durch Frédéric Krier und Jean-Luc De Matteis vertreten wurde, nutzte die Gelegenheit, um seine Standpunkte zu den verschiedenen Aspekten im Zusammenhang mit der Telearbeit darzulegen.

Es ist davon auszugehen, dass die Nutzung von Telearbeit nach der Pandemie weiterhin viel höher sein wird als vor der sanitären Krise. In vielen Branchen wird die Möglichkeit, Telearbeit zu nutzen, als nicht zu unterschätzender Vorteil angesehen, insbesondere angesichts der Verkehrsüberlastung in Luxemburg zu den Hauptstoßzeiten. Telearbeit spart Lebenszeit, da man zur Arbeit gelangen kann, ohne Stunden im Stau oder in überfüllten und oft verspäteten Zügen zu verbringen. Potenziell könnte eine stärkere Nutzung von Telearbeit dazu beitragen, die Straßen zu entlasten und eine bessere Bilanz in Bezug auf CO2-Emissionen zu erreichen.

Dennoch darf man nicht vergessen, und der OGBL hat dies in der Anhörung in der Kammer deutlich hervorgehoben, dass fast die Hälfte der Arbeitsplätze von ihrer Natur her nicht für Telearbeit geeignet sind. Diese Tatsache darf nicht aus den Augen verloren werden, wenn man Forderungen wie „2 Tage Telearbeit für alle“ aufstellt. Stattdessen muss darauf geachtet werden, dass keine Kluft entsteht zwischen Personen, die im Rahmen ihrer Funktion Telearbeit leisten können, und Personen, für die dies nicht möglich ist.

Der OGBL war ebenfalls der Meinung, dass es keinen Grund für ein neues Gesetz zur Telearbeit gibt, da bereits ein branchenübergreidendes Abkommen zwischen den national repräsentativen Gewerkschaften OGBL und LCGB und der Arbeitgeberunion UEL am 20. Oktober 2020 unterzeichnet und durch die großherzogliche Verordnung vom 22. Januar 2021 für allgemeinverbindlich erklärt wurde. Dieses Abkommen regelt nicht nur die Telearbeit auf flexiblere Weise als das vorherige Abkommen, sondern ist auch das erste Abkommen dieser Art zwischen Sozialpartnern, bei dem zusätzliche Mitbestimmungsrechte der Personaldelegation eingeführt werden.

Während dieses Abkommen nicht für Beamte und Angestellte des Staates gilt, befindet sich derzeit ein Gesetzentwurf auf dem Instanzenweg, der die Telearbeit im öffentlichen Dienst regelt und sich in den Grundzügen an der branchenübergreifenden Vereinbarung orientiert.

Dies ändert jedoch nichts daran, dass noch einige punktuelle legislative Anpassungen vorzunehmen sind. So forderte das branchenübergreifende Abkommen den Gesetzgeber auf, die Dimension der Telearbeit in die Rechtsvorschriften über Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz zu verankern.

Das Abkommen vom 20. Oktober 2020 sieht zwar vor, dass der Arbeitgeber bei regelmäßiger Telearbeit die Kosten für Arbeitsmaterial, insbesondere für die Computerhardware, trägt, doch können dem betroffenen Arbeitnehmer dennoch zusätzliche Kosten im Zusammenhang mit seinem Heimarbeitsplatz entstehen, insbesondere für die Einrichtung eines Büros etc. In diesem Zusammenhang sollten diese Kosten als steuerlich absetzbare Ausgaben in Form von Beschaffungskosten berücksichtigt werden. Im Übrigen muss ohnehin, und nicht nur für Telearbeiter, die Mindestpauschale von 540 € für den Abzug von Beschaffungskosten erhöht werden, da diese Mindestpauschale seit den 1990er-Jahren nicht mehr angepasst wurde. Angesichts der Inflation, die seit der letzten Anpassung eingetreten ist, muss dieser Betrag mindestens verdoppelt werden.

Schließlich muss auch sichergestellt werden, dass die Gewerkschaften ihre Informationen an alle Arbeitnehmer weitergeben können, auch an die, die Telearbeit leisten. In diesem Sinne muss Artikel 414-16 des Arbeitsgesetzbuchs geändert werden, der das Recht der Personaldelegation eingeführt hat, alle im Unternehmen verfügbaren Kommunikationsmittel, also auch elektronische Mittel, für die Kommunikation mit der Belegschaft zu nutzen, wobei derselbe Artikel Mitteilungen gewerkschaftlicher Natur ausdrücklich von dieser Bestimmung ausschließt. Wenn die auf Gewerkschaftslisten gewählten Delegierten Mitteilungen ihrer Gewerkschaft an die Belegschaft weitergeben oder sie über gewerkschaftliche Aktivitäten informieren möchten, können sie dies, sofern keine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber getroffen wurde, nur auf Papier, mithilfe eines Schwarzen Bretts usw. tun.

Dies bedeutet jedoch, dass viele Arbeitnehmer, die nicht unbedingt den Weg über den Firmensitz nehmen, und insbesondere Telearbeiter, keine Gewerkschaftsinformationen erhalten. Diese diskriminierende und gewerkschaftsfeindliche Bestimmung muss aufgehoben werden und alle Mitteilungen der Delegation müssen gleich behandelt werden.

Der wichtigste Punkt in Bezug auf den regulatorischen Rahmen für Telearbeit bleibt schließlich die Frage der grenzüberschreitenden Steuer- und Sozialversicherungsvorschriften. Diese Regelungen müssen angepasst werden, damit auch Grenzgänger Telearbeit betreiben können, ohne größere steuerliche Auswirkungen oder gar eine Abmeldung von der Sozialversicherung befürchten zu müssen.

Der OGBL hat sich bereits vor der Pandemie für eine Harmonisierung der verschiedenen steuerlich vorgesehenen Toleranzschwellen auf Ebene der Großregion nach oben hin eingesetzt (Belgien und Frankreich: künftig 34 Tage; Deutschland: weiterhin nur 19 Tage). Auch die Diskriminierung von Beamten, aber auch von Arbeitnehmern öffentlicher Einrichtungen, muss beendet werden. Das letzte Zusatzabkommen mit Frankreich sieht nunmehr eine Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer vor, in Deutschland werden diese jedoch weiterhin vom ersten Tag an in Deutschland besteuert.

Idealerweise sollte ein und derselbe Schwellenwert auf Steuer- und Sozialversicherungsebene gelten, d.h. derzeit 25 %. Der OGBL verschließt sich im Übrigen nicht den laufenden Diskussionen auf europäischer Ebene, den Schwellenwert auf Ebene der Sozialversicherung auf 40 % der Jahresarbeitszeit anzuheben, allerdings unter dem Vorbehalt, dass dieser höhere Schwellenwert nur die in der Telearbeit geleisteten Stunden betrifft und nicht andere Arbeitsleistungen. Ziel ist es, einen breiteren Zugang zur Telearbeit zu ermöglichen, und nicht, Sozialdumping durch Umgehung der Entsendevorschriften zu fördern.

Eine Schwelle von 40 % sowohl auf Sozialversicherungs- als auch auf Steuerebene würde es dann allen Grenzgängern, deren Arbeitsplatz für Telearbeit geeignet ist, ermöglichen, bis zu zwei Tage pro Woche Telearbeit zu leisten, ohne dass dies Auswirkungen auf ihre Steuerlast und ihre Mitgliedschaft in der Sozialversicherung hätte.

Der OGBL hofft, dass die luxemburgische Regierung diese Position in den bilateralen Gesprächen mit den Nachbarländern und auf EU-Ebene vertreten wird.

Frédéric Krier Mitglied des geschäftsführenden Vorstands

Die rote Linie

„Ihr habt jetzt die Wahl:
entweder den „gedeckelten“ Index oder die Neutralisierung der Erdölprodukte im Index“!

Es war der 27. April 2010 und es handelte sich nicht um eine Umfrage der ILRES, sondern um Staatsminister Juncker, der in der Tripartite die Gewerkschaften unter Druck setzte. Diese ließen sich nicht ins Bockshorn jagen und überließen es Juncker, die Verhandlungen als gescheitert zu erklären und zu beenden.

Man stelle sich einmal vor: Die Gewerkschaften hätten einer Neutralisierung der Indexierung der Erdölprodukte zugestimmt! Angesichts der aktuellen Preisexplosion bei den Energieprodukten wäre der allgemeine Kaufkraftverlust der Bevölkerung enorm.

Als Anfang 2012 die Tripartite erneut scheiterte, stellte der damalige Präsident des OGBL Jean-Claude Reding klar, dass es dem Premierminister nur darum ging, den Indexmechanismus auszuhöhlen: „Juncker will partout den Index weghaben. Seit 2006 hat er immer wieder probiert, die automatische Lohnanpassung zu beschneiden.“ (Luxemburger Wort, 15.03.2012)

Gestern ist heute. Seitdem die Inflation in der zweiten Jahreshälfte 2021 anzog, erleben die politischen Angriffe gegen unser Indexsystem eine neue Blütezeit.

René Winkin, Direktor der FEDIL, und Carlo Thelen, Generaldirektor der Handelskammer, gaben den Startschuss. Sie mutierten zu Klimakämpfer und forderten im grünen Mäntelchen pharisäerhaft den „nachhaltigen Warenkorb“, um u.a. die fossilen Energieprodukte aus dem Index herauszubrechen.

Pharisäerhaft deshalb, weil solch eine Zweck- und Sinnentfremdung des Index nicht nur Tür und Tor für politische Manipulationen gegen unser Indexsystem öffnet, sondern das gesamte System der luxemburgischen Lohnbildung grundsätzlich infrage stellt und untergräbt. Die Antwort des OGBL ließ nicht auf sich warten:

„Der OGBL lehnt einen entarteten Index kategorisch ab. Für Haushalte ist der Energiekonsum keine Willensfrage, sondern eine existenzielle Notwendigkeit. Je nach Geldbeutel, je nach geografischer Lebens- und Arbeitssituation, je nach Wohnsituation u.a.m. sind die energetischen Einsparungspotenziale und die Möglichkeit des öffentlichen Transports begrenzt. Bisweilen sogar äußerst begrenzt.“ (OGBL-Aktuell, 1/2022).

Und weiter: „Jede Schulmeisterei, die der Bevölkerung unterstellt, nicht „nachhaltig“ leben zu wollen, ist völlig fehl am Platz und kontraproduktiv. Wer das klimapolitische notwendige Einsparen von Energie oder die Erhöhung der Energieeffizienz von der sozialen Frage und der Zunahme sozialer Ungleichheit loslöst, untergräbt den gesellschaftlichen Aufbruch für die Sicherung der natürlichen Ressourcen und für den Klimaschutz.“

Der OGBL durchkreuzt die Pläne von Patronat und Politik.

Im März 2022 folgte dann das Trauerspiel in der Tripartite. Als die CGFP und der LCGB umfielen, setzte die Regierung ihre Forderung für Indexmanipulationen durch: nicht nur die Verschiebung der Indextranche von Juli 2022 bis April 2023, sondern auch den Abstand von mindestens 12 Monaten zwischen zwei Indextranchen.

Durch die Ablehnung seiner Unterschrift und aufgrund seines konsequenten Widerstands konnte der OGBL die Verschiebung der Juli-Tranche zwar nicht verhindern, aber er vereitelte die Umsetzung der Begrenzung des Index auf eine Tranche pro Jahr und verhinderte so zusätzliche Indexmanipulationen, die mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zum Verlust von mindestens einer Indextranche geführt hätten.

Das Tripartite-Abkommen vom September 2022 schickte diesen Teil des März-Abkommens in die Wüste und setzte den normalen Indexmechanismus wieder in Kraft.

Die OECD greift den Index an.

Am 17. November 2022 präsentierte dann die OECD ihren Wirtschaftsbericht für Luxemburg und schlug auf unseren Indexmechanismus ein. Mit ihren Ausführungen offenbarte die OECD zum x-ten Mal, auf welcher Interessensseite diese Organisation in Bezug auf das Verhältnis zwischen Kapital und Arbeit steht:

« Le système de l’indexation des salaires risque d’alimenter une inflation déjà élevée en période de chocs inédits sur les prix, et pourrait nuire à la compétitivité à long terme. (…) La période actuelle de forte inflation a mis en exergue les risques inhérents au système d’indexation automatique des salaires. L’indexation des salaires est susceptible de créer une spirale salaires-prix, en particulier dans le contexte actuel d’inflation élevée et du marché du travail tendu. (…) »

Die von mir fett gedruckten Textpassagen offenbaren die Hinterlist der OECD-Aussagen. Vieles „könnte sein“, ohne irgendeinen Beweis zu erbringen, dass es auch so ist oder es werden wird.

Seit Jahrzehnten wird von den Gegnern unseres Indexsystems immer wieder behauptet, dass der Index eine Lohnpreisspirale auslösen würde, die die Wettbewerbsfähigkeit Luxemburgs infrage stellen würde.

Sie ignorieren bewusst, dass der STATEC wiederholt in seinen Analysen festgestellt hat, dass es eine durch den Indexmechanismus ausgelöste Lohn-Preis-Spirale („auto-allumage“) so nicht gibt, jedenfalls nicht in einem signifikativen Ausmaß.

Und wenn eine andere Behauptung bis heute jeden Beweis schuldig bleibt, ist es die, dass der Index im Vergleich zu anderen Ländern zu einer Schwächung der Wettbewerbsfähigkeit Luxemburgs führen würde. Und nichts deutet darauf hin, dass die aktuellen Indexanpassungen an dieser Situation etwas ändern werden!

Unser Indexsystem ist der OECD ein Dorn im Auge. Deshalb „empfiehlt“ sie der luxemburgischen Regierung, unser Indexsystem nach unten zu revidieren:

„Une fois que la période actuelle d’inflation élevée aura pris fin, le gouvernement devrait, en consultation avec les partenaires sociaux, réformer le mécanisme d’indexation des salaires pour mieux se prémunir contre les risques qui en découlent pour la productivité, l’emploi et l’inflation. “

Der OGBL ruft alle Parteien, die sich im Herbst den Parlamentswahlen stellen, dazu auf, den arbeitnehmerfeindlichen „Empfehlungen“ der OECD eine klare Absage zu erteilen.

Dies bezieht sich auch auf die unterstützende Haltung der OECD für die Patronatsforderung des sogenannten
„gedeckelten Index“.

Erinnern Sie sich noch an den RTL-Aufhänger vom 23. November 2022: „51% fir gedeckelten Index“?

Im Auftrag von RTL und dem Luxemburger Wort hatte die kommerzielle Gesellschaft für Markt- und Meinungsforschung ILRES folgende „Dofir oder Dogéint“-Frage gestellt: „Eng Deckelung vum Index – dat heescht, dass den Index just bis zu engem gewëssen Brutto-Akommes ausbezuelt gëtt an net méi fir jiddereen ass.“

Jenen Politikern, die sich mit Blick auf die anstehenden Parlamentswahlen die Tür für eine Diskussion über den „gedeckelten“ Index offenlassen, sei eine profundere Analyse der ILRES-Resultate angeraten: 58,47% der Altersgruppe 18-54 Jahre ist gegen den „gedeckelten Index“. RTL verschwieg den Umstand, dass die ins Fenster schaugestellten „51% pro“ auf die „64,53% pro“ der Altersgruppe über 55 Jahre zurückzuführen waren. Fazit: die wahlberechtigte Bevölkerung im berufsaktiven Alter spricht sich mehrheitlich gegen die Indexmanipulation in Form eines „gedeckelten“ Index aus. Und je jünger die Befragten, je stärker die Ablehnung.

Der „gedeckelte Index“: der Anfang vom Ende des Index!

Der OGBL widersetzt sich kategorisch einer Begrenzung des Index. Denn eine sogenannte „Deckelung“ würde mitnichten zu einem Mehr an sozialer Gerechtigkeit führen, sondern das Gegenteil bewirken.

Schlimmer noch: Neben dem Absinken der Lohnquote zugunsten der Betriebs- und Aktionärsgewinne ist eine „Deckelung“ des Index synonym für den Einstieg in den Ausstieg aus dem Indexsystem insgesamt.

Allein der Umstand, dass Patronatskreise die Begrenzung des Indexsystems in Form einer „Deckelung“ sympathisch finden und sie befürworten, vorschlagen und fordern, müsste eigentlich für alle arbeitenden Menschen als Warnung ausreichen!

Wenn allerdings Minister oder Politiker aus Parteien, die vorgeben, für den sozialen Fortschritt einzutreten, für demagogische Oberflächlichkeiten wie z.B. „Für jeden ist der Preis für ein Pfund Butter gleich. Warum ist es der Index nicht?“ empfänglich werden und ins Wanken geraten, dann steht die Gewerkschaftsbewegung vor der dringenden Aufgabe zu erklären, was der Index ist und was er nicht ist bzw. nicht sein kann.

Dann sollte an das Jahr 2013 erinnert werden, als Jean-Claude Juncker auf dem CSV-Kongress für den gedeckelten
Index warb.

Dies wurde damals postwendend vom damaligen Wirtschaftsminister und Vizepremier Etienne Schneider abgelehnt: „Das hilft uns nichts, deswegen wird meine Partei das nicht mittragen».

In einem Gespräch auf RTL-Radio warnte der Fraktionschef der LSAP Lucien Lux, mit vorausschauender Klarsicht, dass „derlei Maßnahme mittelfristig das Ende der automatischen Indexanpassung bedeuten würde. Die beginne dann bei einer Obergrenze von 2,5-fache des Mindestlohnes, die dann systematisch gesenkt werde, bis nichts mehr vom Index übrigbleibe.“

In Sachen Index muss man immer wiederholen, um was es eigentlich geht!

Der damalige OGBL-Präsident Jean-Claude Reding stellte ebenfalls klar, „dass ein gedeckelter Index dazu führt, dass Beschäftigte mit mittlerem Einkommen weniger Geld bekommen. Diejenigen, die von ihren Dividenden oder Boni leben können, sind nicht davon betroffen. Ich habe in Jean-Claude Junckers Rede nichts über eine Deckelung der hohen Managergehälter oder der Mieten gehört. Auch eine Kapitalbesteuerung ist kein Thema für ihn. Die große Masse der Beschäftigten soll weniger erhalten. Hier wird nur mit Schlagwörtern operiert.“

Und weiter: „In Sachen Index muss man immer wiederholen, um was es eigentlich geht: Er ist ein Instrument der Lohnpolitik, das die Kaufkraft erhält. Der Index ändert nichts am Unterschied zwischen kleinem und hohem Gehalt. Wenn man mehr Gerechtigkeit will, dann muss man über die Steuerpolitik reden. Ich habe kein Verständnis dafür, die Diskussion über den Index, unter dem falschen Vorwand der Gerechtigkeit, wieder zu beleben.“ (Tageblatt, 12.03.2013)

So ist es. Die gleitende Lohnskala, der „Index“, zielt angesichts steigender Lebenshaltungskosten auf die Sicherung des Wertes aller Löhne, die die Lohnskala bilden. Diese Anpassung der Einkommen, insbesondere der Löhne, ist in der Tat nichts anderes als ein zeitverzögerter Ausgleich an die durch die Betriebe vorgenommene Erhöhung der Preise der an die Verbraucher verkauften Waren und Dienstleistungen.

In dem Zusammenhang sei erwähnt, dass für Arbeitnehmer, die nicht unter einen Kollektivvertrag fallen, der Index die einzige garantierte Erhöhung ihres Lohns darstellt (wenn man von der Anpassung des gesetzlichen Mindestlohns und eventuellen Anpassungsklauseln im individuellen Arbeitsvertrag absieht).

Wer gegen den Abfall der Lohnquote ist, der sollte von der Option eines gedeckelten Index Abstand nehmen.

Der Index spielt also eine sehr wichtige Rolle bei der Verteilung der wirtschaftlichen Wertschöpfung zwischen Kapital und Arbeit (primäre Verteilung).

Ohne Indexierung der Löhne oder im Fall von Indexmanipulationen oder von einer nur begrenzten Indexierung der Löhne (z.B. durch die Deckelung) würde sich die Verteilung des geschaffenen wirtschaftlichen Mehrwerts zugunsten der Kapitalseite verschieben. Die Lohnquote
würde fallen.

Aus dem Gesagten wird klar, dass die automatische Lohnindexierung andere Funktionen einzulösen hat als die eines wie auch immer gearteten Eingriffs in das Verhältnis der Löhne zueinander, in die Hierarchie der Löhne.

Vor dem Hintergrund der Inflation stellt der Index den Wert eines bestimmten Lohns wieder her. Er ist nicht dazu da, die einen Lohn im Vergleich zu einem anderen Lohn aufzuwerten bzw. abzuwerten!

Im Gegensatz dazu obliegt die Rolle der Gestaltung der Lohnhierarchie der Verantwortung des Arbeitgebers bzw. des Kollektivvertrags, falls ein solcher im Betrieb oder im Betriebsbereich vorhanden ist.

Und beim gesetzlichen Mindestlohn liegt diese Verantwortung beim Gesetzgeber.

Geht es dem Patronat um die Hierarchie der Löhne? Oder geht es ihm um den Lohnabbau?

Wenn sich also Arbeitgeber für eine andere Hierarchie der Löhne stark machen wollen, dann liegt es in ihrer eigenen Hand und Verantwortung, es zu tun!

Und sie müssten in der ersten Reihe stehen, um dieses in Kollektivvertragsverhandlungen vorzuschlagen. Am OGBL wird es nicht scheitern, wenn es darum gehen wird, neben linearen Lohnerhöhungen sogenannte Sockelbeträge auszuhandeln, d.h. reale Lohnerhöhungen in Form eines gleichen Betrags für alle im Betrieb oder Betriebsbereich, unabhängig ihrer individuellen Lohneinstufung.

Dieser Appell richtet sich u.a. an die Handelskammer.

In ihren „30 mesures phares“ mit Blick auf die Parlamentswahlen bläst die Patronatskammer zum Generalangriff auf den Index: Gedeckelter Index ab 1,5-mal Medianlohn (d.h. ab rund 2-mal gesetzlicher Mindestlohn)!

Diese Maßnahme ziele darauf ab, „dem derzeit geltenden Modell einen sozialen und selektiven Charakter zu verleihen und die daraus resultierenden Lohnunterschiede zu verringern.“

Das Ganze kombiniert mit der perfiden Instrumentalisierung der Klimakrise (Manipulierung des Index-Warenkorbs durch die Entsorgung der fossilen Energieprodukte) und mit der Gebetsmühle der „maximal eine Indextranche pro Jahr“.

Werter Herr Thelen. Wenn Sie sich Sorgen über den „unsozialen“ Charakter der Lohnhierarchie machen, dann sollten Sie, statt sich am Index zu vergreifen, Ihren Patronatsfreunden nahelegen erstens überall Kollektivverträge einzuführen und sich für eine Modernisierung des Gesetzes über die Kollektivverträge einzusetzen und zweitens bei den höchsten Löhnen in Zukunft auf reale Lohnerhöhungen zu verzichten und diese gewonnene Lohnmasse auf die niedrigeren Lohnklassen zu verteilen.

Warum hört man von Ihnen NICHTS in diesem Sinne?

Oder vom ehemaligen Präsidenten der Handelskammer, Luc Frieden, der nach der Wiederherstellung des normalen Indexmechanismus in der Herbsttripartite bedauerte „dass et nët färdegbruecht gin ass, eng strukturell Reform ze maachen, fir zum Beispill ze soen, den Index soll limitéiert gin op dréimol de Mindestloun (…)“ (RTL-Radio, 5. Oktober 2022).

Weil, wie bereits gesagt, es dem Patronat und einer Reihe von Politikern nicht um mehr Lohn- und Einkommensgerechtigkeit bzw. Eingriffe in die Lohnhierarchie geht, sondern um die allgemeine Begrenzung bzw. um den Abbau unseres Indexsystems! Und folglich um das Absenken der Lohnquoten.

Der „gedeckelte“ Index hat überhaupt nichts mit einem „Sozialindex“ zu tun, sondern er verdient das Prädikat eines „Arbeitgeberindex“, der die Lohnmasse insgesamt nach unten revidieren soll. Und den Grundstein legen soll für die Verstümmelung bis zur Abschaffung des Indexsystems insgesamt.

Es gab Zeiten einer anderen Meinung aufseiten des Patronats.

Zitieren wir den Wirtschaft- und Sozialrat Luxemburgs, der in seiner Stellungnahme vom 9. Dezember 1988 zum Thema «Indexierung der Löhne, Renten und Sozialleistungen» folgendes festhielt:

„Der WSR ist einstimmig der Ansicht, dass die Beschränkung der Indexierung auf Einkommen unterhalb einer Obergrenze keine alternative Modalität zum derzeitigen System der Lohnindexierung darstellt. Eine solche Beschränkung würde die Gefahr bergen, dass die Löhne doppelt verhandelt werden. Außerdem könnten die Löhne oberhalb der Obergrenze real stärker steigen als die Löhne unterhalb der Obergrenze.“

Diese Weit- und Einsichten des Wirtschaft- und Sozialrats sind dem Patronat und manchen Politikern abhandengekommen: Den einen weniger zu geben, wird den anderen nicht mehr bringen, sondern sogar noch … weniger bringen! Und jene, die viel bis sehr viel verdienen, werden beim Wegfall eines Teils des Index ihren individuellen Verhandlungsweg finden, um diesen Verlust auszugleichen!

Im Fall einer Deckelung des Index wird sich die Kluft zwischen hohen und mittleren Löhnen weiter vergrößern.

In der Tat: Eine Deckelung des Index auf 2-, 3- oder 4-mal des gesetzlichen Mindestlohns würde aller Voraussicht nach die Spitzenverdiener, die in der Regel über eine höhere innerbetriebliche
Verhandlungsmacht verfügen, nicht benachteiligen.

Sie dürften ihre Schäfchen ins Trockene bringen, während die mittleren Löhne nicht nur nicht mehr vom vollen Index profitieren würden, sondern auch über eine geringere Verhandlungsmacht als das obere Ende der Lohnskala verfügen würden, um Lohnausgleiche auszuhandeln.

Schlimmer noch. Es darf nicht vergessen werden, dass die periodische Anpassung des gesetzlichen Mindestlohns und der Renten auf der Grundlage der festgestellten Entwicklung des Durchschnittslohns erfolgt.

Eine Indexdeckelung würde den Anstieg dieses Durchschnittslohns abschwächen und sich somit negativ auf die Neubewertung sowohl des gesetzlichen Mindestlohns als auch bezüglich der Anpassung der Renten auswirken. Jede Begrenzung der Löhne durch eine Indexobergrenze wird eine geringere Aufwertung der Niedriglöhne und der Renten bewirken!

Gedeckelter Index: Angriff auf das luxemburgische Modell der Lohnfindung.

Eine Begrenzung des Indexmechanismus in Form einer Deckelung hätte noch andere schwerwiegende Auswirkungen und Konsequenzen.

Der Wirtschaft- und Sozialrat (WSR) deutete es an: „Eine solche Beschränkung würde die Gefahr bergen, dass die Löhne doppelt verhandelt werden.“

Es wäre in der Tat ein folgenreicher Eingriff in das spezifische luxemburgische Modell der Lohnfindung, das auf drei eng miteinander verbundenen und untrennbaren Pfeilern beruht: dem Indexmechanismus, dem Kollektivvertragswesen und dem gesetzlichen Mindestlohn.

Die Begründung des Gesetzesvorhabens von 1975 zur allgemeinen Einführung der gleitenden Skala der Löhne und Gehälter veranschaulicht diese Vernetzung zwischen dem Indexmechanismus und dem Kollektivvertragswesen und erklärt deren jeweiligen Missionen:

„Der Ausgleich der Preissteigerung belastet mit sehr großer Wahrscheinlichkeit ohnehin die Lohnverhandlungen und es ist besser, wenn er periodisch in mäßiger Dosis gewährt wird, als wenn er abrupt eintritt. Dies ermöglicht es, die Tarifverhandlungen auf das Ausmaß der Reallohnerhöhungen zu konzentrieren, was zu erfreulichen Ergebnissen führt. Die Indexierung erleichtert außerdem den Abschluss von langfristigen Vereinbarungen, die als stabilitätsfördernd gelten, und trägt dadurch und auf andere Weise zu harmonischeren Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern bei“.

Wenn aber der Indexmechanismus nur noch begrenzt zum Tragen kommen würde, dann stellt sich die obengenannte Vorhersage des WSR ein.

Die Kollektivvertragsverhandlungen würden sich nicht mehr nur auf die Reallohnerhöhungen konzentrieren, sondern ebenfalls die Anpassung von Löhnen an die Inflation mitbeinhalten.

Dies würde den Vorteil des aktuellen Systems, nämlich die Möglichkeit sowohl von längerfristigen Vertragsabschlüssen als auch die „à la carte“ d.h. die für einen einzelnen Betrieb angepassten Kollektivverträge ins Abseits stellen.

Die Konsequenzen sind offensichtlich: Ab einer bestimmten Höhe der Inflationsbewegung sind schwere und konfliktreiche Verhandlungen vorprogrammiert, was nichts anderes bedeutet, als dass der Vorteil des aktuellen Systems der luxemburgischen Lohnfindung, nämlich der der eher konfliktarmen Arbeitsbeziehungen und der wenigen Streiktage Vergangenheit wäre.

Das Ausland liefert uns gegenwärtig satt voll Vergleichsbeispiele für diesen Zustand.

Der soziale Friede als stabilisierender Faktor und Attraktivitätsargument für den Wirtschaftsstandort Luxemburg hätte wohl ausgedient.

Die Begrenzung des Indexmechanismus in Form der Deckelung würde zweifellos das gesamte Kollektivvertragswesen durcheinanderwirbeln.

In den Niedriglohnbereichen, die nicht unter die Auswirkung des begrenzten Index fallen würden, würde sich der Patronatsdruck gegen reale Lohnerhöhungen erhöhen.

In solchen Betriebsbereichen, wo es eine breite Lohnhierarchie gibt, wäre die Gewerkschaftsseite der Forderung ausgesetzt, für einen Teil der Arbeitnehmer(-innen) einen Inflationsausgleich auszuhandeln.

Was nichts anderes bedeutet, als dass unterschiedliche Lohninteressen betriebsinterne Konflikte innerhalb der Arbeitnehmerschaft auslösen würden, die sich logischerweise negativ auf die gemeinsame gewerkschaftliche Verhandlungsstärke auswirken würden. Und in Betriebsbereichen, die sich insgesamt durch eine höhere Lohnstruktur auszeichnen, würde die Auseinandersetzung über den Inflationsausgleich zu einem zentralen Verhandlungsgegenstand werden.

Es versteht sich von selbst, dass die aktuelle Gesetzgebung über die Kollektivverträge weder strukturell noch prozedural auf eine solche Situation angepasst und ausgerichtet ist. Sie müsste von Grund auf neu geschrieben werden.

Insbesondere die aktuellen gesetzlichen Bestimmungen zur Streikprozedur und zur sogenannten Friedenspflicht
wären obsolet.

Die Schlussfolgerung: Finger weg vom Index!

Abschließend muss festgehalten werden, dass die Forderung für eine Begrenzung, sprich Deckelung des Indexsystems einen zutiefst sozial rückschrittlichen
Charakter hat.

Für alle Arbeitnehmer(-innen), insbesondere für die der untersten und mittleren Lohnschichten. Sie greift unser bewährtes Modell der Lohnfindung frontal an und ist darauf ausgelegt, es mittel- bis langfristig aufzulösen.

Der OGBL liegt richtig, wenn er eine solche Indexmanipulation strikt ablehnt. Im Interesse der gesamten Arbeitnehmerschaft Luxemburgs.

Der Index ist eine unserer wichtigsten sozialen Errungenschaften.

Er leistet einen sehr hohen Beitrag für den sozialen Frieden. Er ist sozial, wirtschaftlich und politisch stabilisierend und muss deshalb von allen fortschrittlichen Kräften konsequent verteidigt werden.

André Roeltgen Zentralsekretär