3. Dezember 1978. 234 von insgesamt 246 Delegierten beschlossen auf einem außerordentlichen Kongress die Auflösung des Lëtzebuerger Arbechterverband (LAV). Mit dieser Entscheidung machten sie den Weg frei für die Gründung einer neuen Gewerkschaft.
Es sollte eine Gewerkschaft neuen Typs sein.
Unabhängig von den politischen Parteien.
Unabhängig von Religion und Ideologie.
Eine Gewerkschaft, die jedes Arbeitsstatut vertritt – ob Arbeiter, Privatbeamter oder öffentlich Angestellter bzw. Beamter.
Eine Gewerkschaft, untergliedert in einzelne Berufssyndikate mit autonomer Tarifpolitik und weitreichender Handlungsfreiheit in allen Wirtschafts- und Berufsbereichen.
Eine Gewerkschaft, mit einem Dach, dem nationalen Kongress und dem Nationalvorstand, in dem alle Berufssyndikate, Regionalen und Abteilungen repräsentativ die allgemeine Programmatik und Aktion der Gewerkschaft demokratisch festlegen.
Ausgestattet mit diesen Grundprinzipien sollte die unabhängige Einheitsgewerkschaft Luxemburgs entstehen.
Die Spaltung und Zersplitterung der luxemburgischen Gewerkschaftsbewegung sollten historisch überwunden werden.
Für eine optimale gewerkschaftliche Handlungsfähigkeit im Interesse aller arbeitenden Menschen gegenüber den Patronatsverbänden und der Politik.
Gegen die gewerkschaftliche Schwächung und Ressourcenvergeudung, die chronisch mit dem Zustand der überflüssigen Konkurrenz rivalisierender Gewerkschaften verbunden sind.
Als am 5. Januar 1979 der unabhängige Gewerkschaftsverband Luxemburgs ins Leben gerufen wurde, war den Gründern eines bereits bewusst. Das Vorhaben der Einheitsgewerkschaft konnte zu dem Zeitpunkt noch nicht verwirklicht werden.
Im engen Verbund mit der CSV und der rechtskonservativen Presse boykottierte der LCGB das Projekt. Und nur Teile, wenngleich keine unbedeutenden, der damals bereits tief zerstrittenen Privatbeamtengewerkschaft FEP sowie der ALEBA, machten mit. Beim Neutralen Handwerkerverband und beim Landesverband wurde mehrheitlich gegen den Zusammenschluss gestimmt. Hingegen trat die FGIL ihre gewerkschaftliche Tätigkeit an das neu gegründete Syndikat Erziehung und Wissenschaft des OGBL ab.
Die ersten Jahre des OGBL waren keine einfachen Jahre. Die neue Gewerkschaft nahm zusehends Gestalt an, blieb aber gleichzeitig eine historische Vision mit ungewissem Ausgang.
Dass der OGBL dann zur „success story“ wurde, wie es der Historiker Denis Scuto 2016 zum Anlass des 100. Geburtstags des OGBL und seiner Vorgängergewerkschaften bezeichnete, ist nicht nur das unvergessene Verdienst seiner führenden Gewerkschaftler, allen voran von John Castegnaro.
Die erfolgreiche Entwicklung des OGBL zur führenden Gewerkschaft Luxemburgs gründet in erster Linie in der Tatsache, dass der Aufbau, die Struktur, die Funktionsweise und die Unabhängigkeit des OGBL die wirksamste Ausdrucksform der gewerkschaftlichen Interessensvertretung verkörpert.
Sie kann im Verhältnis zu den anderen Gewerkschaften das höchste Potential an Handlungsfähigkeit und Schlagkraft für sowohl die besonderen als auch für die allgemeinen Interessen aller Arbeitnehmer entfalten.
Keines seiner einzelnen Berufssyndikate ist allein auf sich gestellt. Die gewerkschaftliche Aktion eines Berufssyndikats kann stets auf die materielle, organisatorische und politische Unterstützung der gesamten Gewerkschaft zählen.
Ohne den OGBL würde die soziale Realität in Luxemburg anders aussehen.
Und umgekehrt ist es die gebündelte mobilisierende Kraft seiner einzelnen Strukturen, der Lokalsektionen und der Berufssyndikate, die es dem OGBL erlauben, allgemeine Interessen und Forderungen, die alle Arbeitnehmer betreffen, im politischen Raum oder gegenüber den Patronatsverbänden zu vertreten und durchzusetzen.
Dies erklärt die „success story“, die den OGBL zur absolut führenden Gewerkschaft in Luxemburg gemacht hat. Im Verlauf der letzten 40 Jahre wurde sehr viel erreicht. Die Arbeitsplatz- und Lohngarantie im Verlauf der Stahlkrise in den 80er-Jahren. Die offensive und kontinuierliche Tarifpolitik in über 200 Kollektivverträgen.
Die erfolgreiche Abwehr der Angriffe gegen unser System der Indexierung der Löhne und Renten.
Die Erfolge für mehr Steuergerechtigkeit und für die Stärkung der Kaufkraft.
Der Ausbau der Mitbestimmung in den Betrieben.
Die konsequente Verteidigung und der Ausbau des Sozialstaats, der staatlichen Sozialleistungen, der öffentlichen Sozialversicherungen, der öffentlichen Dienstleistungen. Das Engagement für die öffentliche Schule und für die berufliche Fort- und Weiterbildung. Die Einführung des Einheitsstatuts.
Mehr Chancengleichheit zwischen Mann und Frau.
Und vieles andere mehr.
Ohne den OGBL würde die soziale Realität in Luxemburg anders aussehen. Allerdings darf die positive Bilanz nicht zur Fehlannahme verleiten, dass es nicht hätte mehr sein können. Es hätte mehr erreicht werden können. Über den Weg der Einheitsgewerkschaft.
Wäre die gesamte FEP im Jahre 1979 zum OGBL gestoßen, hätte sie sich ihren Krebsgang erspart.
Hätte sich die Mehrheit der ALEBA anstatt zum sektoriellen Korporatismus zum Eintritt in den OGBL entschieden, hätte sie ihren progressiven Verlust an Einfluss u.a. im Bereich der Kollektivverträge im Finanzbereich verhindern können.
Würde der LCGB, der ebenfalls im Verlauf der letzten 40 Jahre mit der Entwicklung des OGBL nicht Schritt halten konnte, nicht weiter an seiner selbstauferlegten, rückständigen Mission der gewerkschaftlichen Spaltung festhalten, wäre der Handlungsfähigkeit und Stärke der luxemburgischen Gewerkschaftsbewegung ein sehr großer Dienst getan.
Am 12. März 2019 sind Sozialwahlen.
Bei der Wahl der Arbeitnehmerkammer und den Betriebswahlen kann es nur eine sinnvolle, zukunftsweisende Stimmabgabe geben.
Die weitere Stärkung der stärksten Gewerkschaft Luxemburgs, des OGBL. Im Interesse aller Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen.
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