Steuerreform 2017

Steuerreform 2017: das Projekt zeigt große Unsicherheiten auf

Der OGBL hat am 28. November 2016 gemeinsam mit dem LCGB eine Pressekonferenz organisiert, bei der es um das Steuerreformprojekt ging, das große Unsicherheiten aufzeigt.

photo_3Das Reformprojekt, das in zwei Etappen (2017 und 2018) in Kraft treten soll, bringt für die Steuerzahler, Arbeitnehmer/Rentner, ob sie in Luxemburg wohnen oder nicht, eine im Steuersystem bis dato nicht dagewesene Komplexität und Unvorhersehbarkeit mit sich.

Wenn zahlreiche Punkte in dem Projekt eine notwendige Aufklärung bezüglich ihrer Anwendbarkeit und ihrer konkreten Umsetzung erforderlich machen, so unterstreichen OGBL und LCGB hier sechs Probleme, die es zu studieren und genauestens zu diskutieren gilt, bevor die Maßnahmen in einem Gesetz festgehalten werden.

Diese Probleme verbessern würde es wirklich ermöglichen das vom Projekt angepeilte Ziel, mehr Gleichheit zwischen Steuerzahlern und mehr Transparenz im Steuersystem, anzusteuern.

  1. Wahl der Steuerklasse im Vorfeld ohne Unvorhersehbarkeit für in Luxemburg und nicht in Luxemburg Wohnende
  2. Mangel an Einförmigkeit in den Steuerklassen
  3. Enger und eingeschränkter Zugang zur Kollektivbesteuerung
  4. Ebenfalls schwer betroffene Rentner
  5. Partner, die über erweiterte Flexibilität verfügen
  6. Mögliche negative Folgen für das zur Verfügung stehende Einkommen der Steuerzahler, die aus der Anwendung des CIM und des CIS hervorgehen

  • Wahl der Steuerklasse im Vorfeld ohne Unvorhersehbarkeit für in Luxemburg und nicht in Luxemburg Wohnende

 

Die Neuerung bezüglich der Steuerklassengestaltung betrifft die verheirateten Steuerzahler. Diese müssen sich zwischen Kollektiv- oder Individualbesteuerung vor dem 31. Dezember des Vorjahres entscheiden.
Das Verständnis des Systems wird noch ausgefeilter sein müssen, um die bestmögliche Wahl, hinsichtlich der persönlichen Situation der verheirateten Steuerzahler zu treffen.

Für die nicht in Luxemburg Wohnenden: Klasse 1, Klasse 2 (Kollektivbesteuerung) oder Individualbesteuerung?

Für die in Luxemburg Wohnenden: Klasse 2 oder Individualbesteuerung?

Die schwierige Wahl der Steuerklasse besteht nur für die verheirateten Steuerzahler. Bei Individualbesteuerung, muss diese Wahl sogar vorgezogen werden und ist unwiderruflich.

Hieraus gehen zwei große Probleme für die Betroffenen hervor:
– erstens muss man die verschiedenen Steuersysteme zwischen denen man wählen muss gut verstehen sowie die steuerlichen Folgen dieser Wahl. Die wohlhabenden und bestens informierten Haushalte können leichter auf kostenaufwendige Gutachten zurückgreifen;
– zweitens verfügt niemand, vor dem entsprechenden Jahr, über die gesamten Jahreseinkommen zum Ende des Jahres. Darüber hinaus kann es zu Änderungen der Familien- oder Berufs- und Finanzsituation während des laufenden Jahres kommen und so die Gesamtlage total über den Haufen werfen.

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Im Idealfall müsste die Steuerverwaltung die verheirateten Steuerzahler darauf hinweisen welche steuerlichen Folgen, die verschiedenen Möglichkeiten die sich anbieten, mit sich bringen werden.

Um diese Schwierigkeiten aus dem Weg zu räumen, wird vorgeschlagen, dass für sämtliche verheirateten Steuerzahler, die Wahl der Steuerklasse (d.h. ihrer Besteuerungsmöglichkeit) im Nachhinein, bei einer Steuererklärung gemacht wird.


  • Mangel an Uniformität in den Steuerklassen

 

Das gemeine Recht für die verheirateten Steuerzahler variiert je nach Wohnsitz: Besteuerung in Klasse 2 für die in Luxemburg wohnhaften (außer bei gegenteiligem Antrag) und in Klasse 1 für die nicht in Luxemburg wohnhaften (außer bei gegenteiligem Antrag).

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Es wird vorgeschlagen, alle verheirateten Steuerzahler in Klasse 2 einzustufen, unabhängig von ihrem Wohnsitz: auf Anfrage über eine Deklaration, abhängig von der eigenen Situation, der nicht in Luxemburg wohnhafte Steuerzahler wird in die klassische Klasse 1, oder zur im Projekt neu vorgesehenen Individualbesteuerung, wenn das für ihn günstiger ist, wechseln können.

Konkret stellt das die Logik, die für die nicht in Luxemburg Ansässigen gilt, auf den Kopf. Sie kommen in eine Opt-Out-Situation, die für die verheirateten Ansässigen, über Individualbesteuerung offen ist.


  • Enge und eingeschränkte Zugangsbedingungen zur Kollektivbesteuerung

 

Die nicht in Luxemburg Ansässigen Steuerzahler sind zurzeit in Klasse 2, falls 50% der berufsbedingten Einkommen des Haushalts in Luxemburg steuerpflichtig sind. Ebenso, wenn 90% des luxemburgischen und ausländischen Einkommens einer der Ehepartner in Luxemburg besteuert werden, können sie mit in Luxemburg Wohnhaften gleichgesetzt werden, d.h. sie können ihren gesamten Lohn in Luxemburg erklären und von sämtlichen Steuererleichterungen profitieren, so wie in Luxemburg Ansässige. (Artikel 157ter).

Nach der Reform wird der Grenzwert von 50% abgeschafft, und der Grenzwert von 90% der steuerpflichtigen luxemburgischen und ausländischen Einkommen müssen (von einem der Mitglieder des Haushalts) in Luxemburg erreicht werden, um in die Klasse 2 zu kommen und gleichzeitig vollständig gleichgesetzt zu werden (also auch um zur Kollektivbesteuerung zugelassen zu sein).

Durch diese Bedingung der 90% besteht die Gefahr, dass zahlreiche Steuerzahler von der Klasse 2 ausgeschlossen werden (z.B. die Rentner, vgl. infra), die endgültig in Klasse 1 eingestuft sein werden, obwohl sie verheiratet sind.

Die in Luxemburg Ansässigen brauchen keinen Grenzwert zu erreichen, um in Klasse 2 eingestuft zu werden. Die nicht in Luxemburg Ansässigen, die verheiratet sind können nur, unter der Bedingung, dass sie den Grenzwert von 90% erreichen, in Klasse 2 kollektivbesteuert werden (Art. 157ter).
Die Bedingungen sind also für Letztere offensichtlich einschränkender, wenn es darum geht in Klasse 2 eingestuft zu werden.

Die Gefahr, die viele von ihnen laufen, besonders aus Frankreich oder Deutschland (für die Einwohner aus Belgien ist der Grenzwert geringer, wegen der bilateralen belgisch-luxemburgischen Konvention), ist, dass sie nicht zur Klasse 2 zugeordnet werden können (einige Paare inbegriffen, die jetzt schon kollektivbesteuert sind) wie es für die in Luxemburg Ansässigen der Fall ist, obwohl es, gegebenenfalls, in ihrem Interesse wäre, in Klasse 2 eingestuft zu werden.

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Es wird vorgeschlagen sämtliche Grenzwertbedingungen aufzugeben (in eine Steuerklasse gleichgesetzt oder aufgenommen zu werden) für die nicht-ansässigen Verheirateten.


  • Die Rentner sind ebenfalls stark betroffen

 

Die Problematik des Grenzwertes wird die nicht in Luxemburg ansässigen Rentner auch besonders benachteiligen, da die weitgehende Mehrheit von ihnen in mehreren Ländern gearbeitet hat und auch eine ausländische Rente bezieht. Es wird nur eine Steuereinstufung in Klasse 1 möglich sein, wenn 90% ihres Einkommens (= Rente) aus Luxemburg stammt.

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Es wird vorgeschlagen die Grenzwertbedingungen neu zu bewerten und, ebenso wie die Anfrage für die Berufstätigen, die verheirateten Rentner in Klasse 2 einzustufen, so wie es die in Luxemburg ansässigen verheirateten Rentner sind.


  • Partner, die über erweiterte Flexibilität verfügen

 

Die Ehepaare mit einem Kind werden, im Falle einer Individualbesteuerung, nicht in Klasse 1A eingestuft.

Das Gleiche wird für einen nicht in Luxemburg ansässigen verheirateten Steuerzahler gelten, der den Grenzwert von 90% (vgl. oben) nicht erreicht und somit auch nicht die Kollektivbesteuerung in Klasse 2.

Die in einer eingetragenen Partnerschaft lebenden Paare werden ihrerseits teilweise von der Klasse 1A profitieren können, wenn sie ein junges unterhaltsberechtigtes Kind haben, oder sogar kollektiv besteuert werden, falls sie sich zum Jahresende dazu entscheiden.

Es wird vorgeschlagen, diese unterschiedliche Herangehensweise zu überprüfen, die einige verheiratete Steuerzahler ernsthaft benachteiligt.


  • Mögliche negative Folgen für das zur Verfügung stehende Einkommen der Steuerzahler, die aus der Anwendung des CIM und des CIS hervorgehen

 

Die Anwendungsmodalitäten der Einkommenssteuergutschrift (CIS), der Rentensteuergutschrift (CIP) und der Steuergutschrift für alleinerziehende Eltern (CIM) bleiben ziemlich undurchsichtig.

Die neuen Vorkehrungen beziehen sich jetzt auf das Brutto-Jahreseinkommen der Steuerzahler, um das Recht auf CIS und CIP (und auf das jährlich angepasste steuerpflichtige Einkommen für das CIM) und ebenso die Höhe der Summe der drei Steuerkredite festzulegen.

Nun, wie vorher erwähnt, sind die Fragen bezüglich der Jahreslöhne (brutto/angepasste steuerpflichtige), der Auslandslöhne der Haushalte, der Unterhaltsgelder, der Arbeitszeiten, der Zahl der Arbeitgeber, … unvorhersehbar und Mechanismen bleiben notwendig, um auf diese Unbekannten am Ende des Jahres reagieren zu können. Es ist entscheidend, dafür zu sorgen, dass der Steuerzahler jeden Monat den vom Gesetz garantierten Betrag bezüglich der verschiedenen Steuergutschriften bekommen hat.

Diese technischen Umänderungen bezüglich der Steuergutschriften könnten, gegebenenfalls, eine Wirkung auf das Einkommen des Haushalts haben. Könnten zum Beispiel die CIM-Empfänger die Mindestsumme von 750€ beziehen, die das Projekt ihnen als Vorschuss zur festgelegten Gesamtsumme zugesteht?

Es wird vorgeschlagen die praktischen Anwendungsmodalitäten klarzustellen, die die neuen Formeln dieser beiden Steuergutschriften begleiten.


All diese Elemente werden eine bedeutende rechtliche Unsicherheit auslösen, wenn nicht sogar finanzielle Schäden, deren Opfer die Steuerzahler sein werden. Wenn man von rechtlicher Unsicherheit spricht, dann spricht man von möglichen Klarstellungen vor Gericht.

In Anbetracht dieser verschiedenen Überlegungen, verlangen OGBL und LCGB, dass die Maßnahmen, die 2018 in Kraft treten sollen, auf unbestimmte Zeit verschoben werden, bis eine präzise Analyse ihrer Konsequenzen und von Alternativen durchgeführt wurde, die die steuerlichen Kollateralschäden begrenzen können.

Mitgeteilt am 28. November 2016