Gespräch mit dem Minister für Mobilität und öffentliche Arbeiten

Vom kostenlosen öffentlichen Transport und den damit verbundenen Fragen bis hin zur Verteidigung des Kollektivurlaubs

Am 27. Februar 2019 hat François Bausch in seiner Eigenschaft als Minister für Mobilität und öffentliche Arbeiten eine vom OGBL-Präsidenten André Roeltgen angeführte Delegation zu einem Gespräch empfangen. Ziel dieser Unterredung war ein erster Meinungsaustausch zu den Hauptpunkten des Regierungsprogramms sowie zu anderen Dossiers, die für den OGBL wichtig sind und die in den Kompetenzbereich des Ministers fallen.

Eingangs teilte die Delegation dem Minister mit, dass der OGBL den Vorschlag der Regierung, den kostenlosen öffentlichen Transport einzuführen, unterstütze. Allerdings bringt dieses Projekt für den OGBL eine Reihe von Herausforderungen mit sich, angefangen bei der ungenügenden Entwicklung der Infrastrukturen und des Service-Angebots des öffentlichen Transports. Die Delegation bestätigte, dass der OGBL generell die von der Regierung vorgesehenen außergewöhnlichen Investitionen im öffentlichen Transportbereich mittrage, sowie die Weltklimaziele und sämtliche Initiativen zur Verringerung der CO2-Ausstöße, insbesondere im Bereich der Mobilität.

Für den OGBL liegt die andere große Herausforderung in den beruflichen und sozialen Perspektiven der im Bereich des öffentlichen Transports tätigen Beschäftigten. Der Minister kam der Forderung des OGBL nach, die Gewerkschaft in die Ausarbeitung der neuen öffentlichen Dienstleistungsverträge, die mit den verschiedenen Anbietern wie RGTR, Luxtram, CFL usw. im Rahmen der Einführung des gebührenfreien öffentlichen Transports abgeschlossen werden, miteinzubeziehen. Für den OGBL müssen diese Verträge unbedingt eine Beschäftigungsgarantie für die Arbeitnehmer, gute Arbeitsbedingungen, gute Berufsqualifikationen, und gute Gesundheits- und Sicherheitsbedingungen am Arbeitsplatz beinhalten, sowie Maßnahmen, die möglichen Versuchungen zum Outsourcing oder zur Privatisierung der Aktivitäten durch die Provider von vornherein entgegenwirken.

Des Weiteren, machte die OGBL-Delegation den Minister darauf aufmerksam, dass die ca. 200.000 Grenzgänger, die jeden Tag die Grenze überschreiten, um nach Luxemburg arbeiten zu kommen, nicht vollständig von der Gebührenfreiheit des öffentlichen Transports profitieren werden, obwohl sie durch ihre in Luxemburg gezahlten Steuern zu dessen Finanzierung beitragen. Dabei unterstrich die Delegation, dass der OGBL keine weitere Diskriminierung gegenüber den Grenzgängern akzeptieren würde. Sie machte den Vorschlag, die Gebührenfreiheit bis zum ersten Bahnhof hinter der Grenze auszudehnen. Dieser Lösungsansatz wurde allerdings vom Minister abgelehnt.

Noch bevor die notwenigen Infrastrukturen bestehen, die es den Arbeitnehmern ermöglichen werden, auf den Individualtransport zu verzichten, möchte die Regierung den allen Arbeitnehmern auf dem Luxemburger Arbeitsmarkt zugutekommenden steuerlichen Pauschalabzug für Fahrtkosten abschaffen. Die Delegation machte deutlich, dass sich der OGBL klar gegen dieses Vorhaben positionieren wird. Der OGBL erinnerte daran, dass es bereits zwei Mal im Rahmen der Austeritätspolitik, die bis 2015 geführt wurde, zu einer Verschlechterung dieses Steuervorteils kam. Hier versuchte der Minister zu korrigieren indem er versicherte, dass anders als im Regierungsprogramm angekündigt, die Reform dieses Steuerabschlags nichts mit der Einführung des gebührenfreien öffentlichen Transports zu tun habe. Er stellte klar, dass es nicht die Absicht der Regierung sei, diese Steuervergünstigung abzuschaffen, sondern sie lediglich zu reformieren, um sie sozial gerechter zu gestalten.

Die OGBL-Delegation sprach ebenfalls den Sozialkonflikt bei Luxtram an, der sich derzeit vor dem Schlichtungsamt befindet. Da der Staat und die Stadt Luxemburg die einzigen Aktionäre dieses Unternehmens sind, gibt es dem OGBL zufolge keinen Grund Luxtram nicht auch dem öffentlichen Dienstleistungsbereich zuzuordnen. Nun ist allerdings die von der Direktion angewandte Lohnpolitik sehr weit von den im öffentlichen Dienst üblichen Standards entfernt, was ja gerade zum derzeitigen Konflikt geführt hat. Unter dem Hinweis er möchte sich nicht in Kollektivvertragsverhandlungen einmischen, gab der Minister zu verstehen, Luxtram sei auch in seinen Augen ein Betrieb des öffentlichen Dienstes und die Lohnverhandlungen sollten demgemäß in einem solchen Rahmen ablaufen. Eine Aussage, die der OGBL ausdrücklich begrüßen möchte.

Andere Themen, die mit dem Minister erörtert wurden, umfassten die öffentlichen Ausschreibungen und den Kollektivurlaub im Bausektor. Die OGBL-Delegation machte den Minister auf die Tatsache aufmerksam, dass die vom Staat für verschiedene öffentliche Baustellen aufgestellten Lastenhefte den Betrieben unannehmbare Fristen und Schichtarbeit auferlegten, die im Kollektivvertrag nicht vorgesehen sind. Dies sei unannehmbar, da sie schwere Folgen für die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer haben können und insbesondere ihre Gesundheit und ihre Sicherheit gefährden. Was den Kollektivurlaub betrifft, so hat der OGBL Presseaussagen des Ministers, die auf eine Infragestellung dieses Prinzips seinerseits hindeuten konnten, scharf kritisiert.

Was die öffentlichen Ausschreibungen betrifft, so versicherte der Minister, dass er in Zukunft darauf verzichten werde, den Betrieben kurze Fristen und Schichtarbeit aufzuerlegen, wenn die Baustelle dies nicht erfordere. Die Ausnahmen werden nur noch diejenigen Baustellen betreffen, die als sensibel betrachtet werden und schnell voranschreiten müssen, weil sie das normale Funktionieren der Gesellschaft wirklich stören. Im Übrigen hat der Minister abgestritten, er würde das Prinzip des Kollektivurlaubs in Frage stellen. Er versicherte, dass nur die als sensibel betrachteten Baustellen Gegenstand einer Anfrage für eine Ausnahmeregelung bei der „Ad-hoc-Kommission“, die für Kollektivurlaub zuständig ist, sein dürfen. (Diese Kommission setzt sich paritätisch aus Vertretern des Patronats und der Gewerkschaften zusammen und analysiert alle Anträge auf Sondergenehmigungen, bevor sie solche gemäß den Bestimmungen des Kollektivvertrags annimmt oder ablehnt. Wie bereits in der Vergangenheit, wird der OGBL darauf achten, dass ungerechtfertigte Genehmigungen verhindert werden.). Der OGBL möchte die Klarstellungen seitens des Ministers begrüßen.

Abschließend haben beide Seiten vereinbart, sich während der Legislaturperiode im Sinne eines strukturierten Sozialdialogs regelmäßig auszutauschen.

 

Mitgeteilt vom OGBL
am 5. März 2019