Starke Lehrer für eine starke Schule

Das luxemburgische Bildungssystem steht unter erheblichem Druck, vor allem wegen der steigenden Belastung der Lehrkräfte. Eine aktuelle Studie zeigt deutlich, dass viele Lehrkräfte an ihre Grenzen stoßen. 35 % der Teilnehmer berichten von körperlichen und 45 % von mentalen Gesundheitsproblemen aufgrund ihrer Arbeit. 37 % der Teilnehmer fühlen sich emotional ausgebrannt. 31 % der Teilnehmer stehen kurz vor einem Burn-out.

Laut dem Bildungsforscher John Hattie ist der Lehrer der wichtigste Faktor für den schulischen Erfolg der Kinder. Deshalb muss unser Fokus darauf liegen, die Lehrer zu unterstützen, zu entlasten und ihnen mehr Rückhalt zu geben, um die Unterrichtsqualität zu sichern.

Ein großes Problem stellt die Umsetzung der schulischen Inklusion dar. Obwohl sie oft positiv dargestellt wird, fehlen in der Realität die nötigen Mittel für eine gelungene Inklusion. Besonders Schüler mit schwerwiegenden sozialen und emotionalen Problemen bekommen nicht genug Unterstützung und die Lehrkräfte sind überfordert. Es gibt schlicht nicht genug Personal, um allen gerecht zu werden. Wenn ein Kind mit Förderbedarf gemeldet wird, entsteht ein hoher bürokratischer Aufwand. Lehrer müssen zahlreiche Berichte schreiben, Beobachtungen festhalten und an vielen Sitzungen teilnehmen. Oft dauert dieser Prozess ein bis zwei Jahre und am Ende bekommen die betroffenen Schüler nur wenig oder gar keine Hilfe.

Deshalb fordern wir eine neue Herangehensweise in der Inklusionspolitik. Es muss anerkannt werden, dass nicht alle Kinder durchgehend beschult werden können. Inklusion darf nicht auf Kosten der anderen Kinder und der Gesundheit der Lehrkräfte gehen.

Das SEW/OGBL hat eine Umfrage unter den Lehrkräften in der „Voie de Préparation“ durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass auch hier die körperliche und mentale Gesundheit der Lehrkräfte stark belastet ist. Wir fordern daher bessere Arbeitsbedingungen und mehr Unterstützung für die Lehrkräfte, damit sie den Herausforderungen im Klassenzimmer gerecht werden können.

Zudem häufen sich aktuell Konflikte zwischen Vorgesetzten und Personal an manchen Schulen derart, dass man von strukturellen Problemen ausgehen kann. Die Probleme reichen von einem respektlosen Umgang der Vorgesetzten mit dem Personal, bis hin zu Mobbingvorfällen durch Vorgesetzte oder sogar illegaler Überwachung am Arbeitsplatz. Zudem häufen sich die Angriffe auf die Gewerkschaftsfreiheit.

Eine erfolgreiche Bildungspolitik kann nur funktionieren, wenn wir die Lehrkräfte stärken. Das SEW/OGBL fordert das Bildungsministerium dringend auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die bestehenden Probleme zu lösen. Nur so können die Lehrer sich wieder auf ihre Hauptaufgabe – das Unterrichten – konzentrieren und der schulische Erfolg der Kinder wird sichergestellt.

Schutz der Gewerkschaftsfreiheit und eine Stärkung der Personaldelegationen im öffentlichen Dienst

Ein Grund für die oben genannte Zunahme an Vorfällen liegt darin, dass die Lehrerkomitees in den Sekundarschulen im Jahr 2017 abgeschafft wurden, und durch die Konferenzkomitees ersetzt wurden, die kaum Handlungsspielraum genießen. Es kommt hinzu, dass Personalvertreter im öffentlichen Dienst im Vergleich zu Personaldelegierten auf Ebene der Arbeiter kaum über spezifisch definierte Rechte verfügen (Mitbestimmungsrechte, Kündigungsschutz, Absicherung der Laufbahn, Freistellungen, Möglichkeit mit dem Personal zu kommunizieren…). Luxemburg muss dringend an einer besseren Umsetzung der ILO-Konvention 151 arbeiten: Gewerkschafts- und Personalvertreter im öffentlichen Dienst dürfen keine Nachteile durch Ausüben ihrer Funktion haben und sollen vor Angriffen seitens der Vorgesetzten gesetzlich geschützt sein.

Für einen besseren Kündigungsschutz für Staatsangestellte

In den vergangenen Jahren stieg der Anteil an Staatsangestellten in den Sekundarschulen, während der Anteil an Beamten sank. Angestellte, die vor weniger als 10 Jahren einen unbefristeten Arbeitsvertrag beim Staat unterzeichneten, haben so gut wie keinen Kündigungsschutz. Ein Schutz vor einem „Licenciement abusif“ besteht für Angestellte de facto nicht. Aufgrund dieser Tatsache können sich viele dieser Angestellten weniger zur Wehr setzen, wenn ihr Arbeitsrecht angegriffen wird, was wiederum manchen Vorgesetzten dazu verleitet, das Arbeitsrecht von Angestellten mit Füßen zu treten. Deshalb fordert das SEW für Angestellte den gleichen Kündigungsschutz wie für Staatsbeamte.

Für eine funktionierende Anlaufstelle für Mobbingopfer im öffentlichen Dienst

Im öffentlichen Dienst existiert aktuell keine funktionierende Anlaufstelle für Mobbingopfer: Die hierfür per Gesetz im Juli 2007 gegründete „Commission spéciale“ besteht de facto durch ein Urteil des Verfassungsgerichts nicht mehr, da der ursprüngliche Gesetzestext diese Kommission nur als Anlaufstelle für Staatsbeamte und Staatsangestellte vorsah, die Gemeindebeamten aber vergessen wurden. Das SEW fordert, dass der alte Gesetzestext entsprechend erweitert und angepasst wird, so dass diese Kommission endlich ihre Arbeit aufnehmen kann, denn Mobbing ist keine Seltenheit im öffentlichen Dienst!

Die Reform des unteren Zyklus des ESG (Enseignement général) muss überarbeitet werden!

Durch die Reform der unteren Klassen des ESG (7e bis 5e) sind die Promotionskriterien unübersichtlich und lax geworden. Durchfallen oder Nachexamina sind trotz ungenügender Noten in Hauptfächern kaum noch, beziehungsweise nicht mehr möglich. Die Quittung für ungenügende Leistungen erhalten die Schüler erst auf 5e: Viele Sektionen sind dann nicht mehr möglich und ein Wiederholen der 5e ändert daran erfahrungsgemäß wenig.

Der Koalitionsvertrag sieht ein Überarbeiten der Promotionskriterien vor, dieses Vorhaben muss dringend umgesetzt werden.

Übergange zwischen dem internationalen und nationalen Schulsystem schaffen

Die flexiblere Sprachwahl an öffentlichen internationalen Schulen spricht immer mehr Schüler und Eltern an. Das SEW erinnert jedoch daran, dass diese Schulen auf ein späteres Studium vorbereiten. Schüler, die vom internationalen in das nationale Schulsystem wechseln wollen, weil sie z.B. eine berufliche Ausbildung anstreben, stoßen dabei oft auf nicht unerhebliche Hindernisse: Das Ministerium hat ein internes Papier zu den Übergangskriterien vom internationalen ins nationale Schulsystem erstellt, das klar zeigt, dass insbesondere Schüler mit der Sprachkombination Portugiesisch und Englisch als Hauptsprachen bei einem Schulsystemwechsel benachteiligt sind.

Die Sprachauswahl in internationalen Schulen sollte an die Realität des luxemburgischen Arbeitsmarkts und der hiesigen Berufsausbildung angepasst werden, um sicherzustellen, dass Schüler auch außerhalb des akademischen Wegs eine Perspektive haben.

Screen-Life-Balance

Das SEW vertritt die Ansicht, dass eine Reduktion von ablenkenden digitalen Geräten wie Handys in Schulen durchaus sinnvoll ist, plädiert aber für ein national einheitliches Konzept auch an Sekundarschulen. Außerdem fordert das SEW eine umfassende Analyse der in der Ära Meisch umgesetzten Digitalisierung: Tablets haben im Lockdown gut funktioniert, aber ihr pädagogischer Nutzen ist umstritten, wie rezente Studien belegen. Das SEW fordert daher ein Konzept für einen reduzierten, durchdachten, altersangepassten und sinnvollen Einsatz digitaler Medien im Unterricht.

Dieser Artikel wurde im Aktuell veröffentlicht (4/2024)