Das Jahr des historischen Jubiläums der freien Gewerkschaftsbewegung Luxemburgs neigt sich seinem Ende zu. Die nationalen und lokalen Feiern zum hundertjährigen gewerkschaftlichen Wirken des OGBL und seiner Vorgängerorganisationen für den sozialen Fortschritt in Luxemburg waren ein sehr wichtiges Zusammentreffen mit der eigenen Geschichte.
Bei vielen, die an den Feiern teilgenommen haben oder die Andy Bauschs Dokumentarfilm „Streik“ schon gesehen oder einen Blick in unser Buch, „100 Joer fräi Gewerkschaften 1916-2016“, geworfen haben, hat das Eintauchen in die eigene Geschichte, in die Geschichte des Salariats, das Bewusstsein geschärft für die außerordentliche Bedeutung, die das Vergangene für die Gegenwart und für die Zukunft unserer Gewerkschaft und ihres Kampfes für den sozialen Fortschritt und für die Demokratie hat.
Vergangene Erfolge und Rückschläge beim Aufbau unserer Gewerkschaft und beim Kampf für die Verbesserung der sozialen Lage der arbeitenden Menschen waren stets der Antrieb für die Weiterentwicklung unserer Gewerkschaft. Und es sind diese Erfahrungswerte, die dem aktuellen Modernisierungsprozess des OGBL zugrunde liegen und ihn begleiten. Die Reform unserer Statuten, die der außerordentliche Kongress des OGBL am 2. Juli beschlossen hat, ist im Begriff zügig umgesetzt zu werden. Am 13. Dezember hat der Nationalvorstand die neue „Kartographie“ des lokalen Aufbaus des OGBL festgelegt. In den kommenden 24 Monaten werden die aktuell bestehenden 59 Lokalsektionen zu insgesamt 23 neuen Lokalsektionen fusionieren – davon 5 in den Grenzregionen und 18 auf luxemburgischem Boden. Und ab April 2017 wird eine neue nationale Dienstleistungsstelle den Sektionen für die Organisation ihrer gewerkschaftlichen Aktivitäten zur Seite stehen. Es wird in den kommenden Jahren eine umfassende Dynamisierung der politischen, kulturellen und freizeitorientierten Aktivitäten der OGBL-Sektionen stattfinden. Aktivitäten, die die Interessen und Bedürfnisse aller Schichten und Generationen unserer Mitglieder widerspiegeln werden.
Und wie sieht, kurz vor dem Ende des Jahres, die Bilanz unserer gewerkschaftlichen Arbeit der vergangenen 12 Monate aus? Die vom OGBL ab Ende 2015 in Gang gesetzte Kampagne „E Sozialpak fir Lëtzebuerg – Fir besser Aarbecht an e bessert Akommes“ hat im Verlauf des Jahres zusehends Fahrt aufgenommen und positive Resultate erbracht. Noch im Dezember steht das neue PAN-Arbeitszeitgesetz auf der Tagesordnung des Parlaments 1. Dem OGBL ist es nicht nur gelungen, die gegen die Arbeitszeitinteressen des Salariats gerichteten Flexibilisierungspläne des Patronats zu durchkreuzen. Der Widerstand und die Vorschläge des OGBL haben auch zu einem Gesetzesvorhaben geführt, das bessere gesetzliche Rahmen-, Schutz-, Überstunden- und Mitbestimmungsregeln, sowie Kompensationsbestimmungen in Form von Arbeitszeitverkürzungen vorsieht.
Auf Drängen des OGBL hin wurde die Indexierung der Studienbeihilfen ab 2018 gesetzlich eingeführt. Außerdem, steht ein Gesetzesvorhaben auf der Tagesordnung, das die automatische Anpassung der staatlichen Sozialleistungen (Kindergeld, chèques-services usw. …) an die allgemeine Lohnentwicklung vorsieht. Die in unserem Abkommen vom 28. November 2014 mit der Regierung vorgesehene Aufwertung des Elternurlaubs ist gesetzlich umgesetzt worden. Der positive Gesetzesvorschlag über die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder die neuen Leistungen bei der Krankenversicherung dürfen ebenfalls nicht vergessen werden.
Ein zentraler Punkt unseres gewerkschaftlichen Aktionsprogramms für die Zurücknahme der Krisenbelastungen war die Forderung für die steuerliche Entlastung der unteren und mittleren Einkommensschichten. Die jetzt verabschiedete Steuerreform kommt unseren Forderungen weitgehend entgegen und wird vom OGBL positiv bewertet. Auf eine Forderung werden wir aber nicht verzichten, nämlich auf die Einführung eines automatischen Mechanismus für die Anpassung der Einkommensteuertabelle an die Entwicklung der Inflation. Und für 2017 steht ebenfalls eine antidiskriminatorische gesetzliche Abänderung im Zusammenhang mit der Besteuerung der verheirateten Grenzgänger an.
Die Regierung hat in Bezug auf die Haushaltspolitik einen sehr wichtigen Kurswechsel vollzogen. Luxemburg hat sich von der desaströsen Austeritäts- und kontraproduktiven Sparpolitik der vergangenen Jahre verabschiedet. Eine starke staatliche Investitionspolitik gepaart mit einer Stärkung unseres Sozialstaates sind das Gebot der Stunde im Kampf gegen die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Krisenentwicklungen in Europa. So muss es 2017 weitergehen. Bei der Pflegeversicherung. Und beim gesetzlichen Mindestlohn. Die beschlossene Anpassung an die allgemeine Einkommensentwicklung von 1,4% zum 1.1.2017 ist gut, aber völlig unzureichend. Es besteht akuter Handlungsbedarf für eine strukturelle Verbesserung des Mindestlohns. Der OGBL wiederholt seine Forderung für eine 10%-Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns. Für mehr Gerechtigkeit im Lohngefüge. Der Arbeitslohn muss jedem in Luxemburg ein gutes Leben ermöglichen.
Im Namen des OGBL wünsche ich all unseren Mitgliedern sehr schöne Festtage und ein erfolgreiches und glückliches Jahr 2017.
1 Beim Schreiben des Artikels noch nicht vom Parlament verabschiedet.
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