Familienpolitik

Meinungsaustausch zwischen OGBL und Familienministerin Marie-Josée Jacobs

Die Ankündigungen zur Sozialpolitik und insbesondere zur Familienpolitik, die Premierminister Jean-Claude Juncker zur Lage der Nation am 8. Mai machte und die Familienpolitik im allgemeinen waren die Themen, die zwischen Familienministerin Marie-Josée Jacobs und der von Generalsekretär André Roeltgen angeführten OGBL-Delegation diskutiert wurden.

Der OGBL wies noch einmal darauf hin, dass eine Politik der Austerität der falsche Weg sei und dass diese Europa in eine immer tiefere Rezession treiben würde. Sogar die OECD würde mittlerweile entsprechende Warnungen aussprechen. Für den OGBL dürfe Haushaltsdisziplin nicht dazu herhalten, um in Luxemburg Sozialabbau oder Lohnabbau zu betreiben. Angesichts der Tatsache, dass hierzulande 45% der Bevölkerung ohne Sozialtransfers unter die Armutsgrenze rutschen würden, wäre nach der Indexmanipulation im März 2012 der vom Premierminister angekündigte Ausfall der Rentenanpassung 2013 der nächste Schritt in die falsche Richtung. Die Anpassung des gesetzlichen Mindestlohns an die allgemeine Einkommensentwicklung sei der einzige Lichtblick unter sich häufenden Negativentscheidungen.

Im Zusammenhang mit den Sozialtransfers stellte der OGBL fest, dass die Familienzulagen seit langem nicht mehr an die Teuerungs- und Einkommensentwicklung angepasst wurden. Wie die meisten Zulagen ist das Kindergeld seit 2002 nicht mehr an die Einkommensentwicklung angepasst worden und darüber hinaus seit 2006 desindexiert. Dies bedeutet, dass diese Zulage um 25% zurückgeblieben ist. Die Entschädigung beim Elternurlaub weist einen Rückstand von etwa 30% auf und sogar der Kinderbonus, ein im Jahre 2008 geschaffener Steuerkredit ist seit seiner Einführung um 10% entwertet worden. Die Schulanfangsprämie ist ebenfalls seit 2006 gestoppt, obwohl die Schulsachen ständig teurer werden.

Der OGBL teilte der Familienministerin mit, dass für die Gewerkschaft die 2006 erfolgte Abschaffung der automatischen Indexierung der Familienzulagen keinesfalls gleichbedeutend ist weder mit einem Totalverzicht auf die Anpassung der Familienzulagen und Steuerkredite an die Preisentwicklung noch an die allgemeine Einkommensentwicklung. Dies gilt insbesondere für jene Zulagen, die nicht durch die Dienstleistungsschecks für die Betreuung von Kindern bis 12 Jahre teilweise kompensiert wurden, wie beispielsweise das Kindergeld für Kinder ab dem 12. Lebensjahr oder für die Schulanfangsprämie.

Für den OGBL ist Sozial- und Familienpolitik Umverteilungspolitik und nicht Almosenpolitik!

Familienministerin Marie-Josée Jacobs stellte ihrerseits klar, dass sie der regierungsamtlichen Sparpolitik aufgrund der Situation bei den öffentlichen Finanzen verpflichtet sei und verwies auf den geplanten weiteren Ausbau der Infrastrukturen im Bereich der Kinderbetreuung. Die Dienstleistungsschecks würden für Haushalte mit einem besteuerbaren Einkommen bis zum dreieinhalbfachen Mindestlohn nicht herabgesetzt werden. Für die anderen Haushalte würde die Eigenbeteiligung für Betreuung und Verpflegung der Kinder leicht erhöht werden.

Der OGBL erwiderte seinerseits, dass er nicht mit einer Sozial- und Familienpolitik einverstanden ist, die die Leistungen zusehends für immer größere Teile der Bevölkerung stagnieren lässt oder sie sogar abbaut. Dies beziehe sich sowohl auf die mittleren Einkommensschichten als auch auf die Grenzgängerfamilien. Soziale Selektivität ja, aber jeder müsse Teil der Sozial- und Familienpolitik bleiben und die Selektivität solle am besten über die Besteuerung stattfinden.

Der OGBL fordert deshalb das Kindergeld für alle Kinder, die nicht von den Dienstleistungsschecks profitieren können, zu erhöhen, die Schulanfangsprämie heraufzusetzen und den Kinderbonus anzupassen.

OGBL verlangt mehr Mitbestimmung im Sozialsektor

Zum Schluss sicherte der OGBL der Familienministerin zu, dass die Gewerkschaft ihre gesetzliche Absicht im Bereich der Kinder- und Jugendbetreuung die Leistungsqualität zu fördern, die beruflichen Qualifikationsanforderungen zu erhöhen und eine obligatorische berufliche Fort- und Weiterbildung einzuführen, unterstützt. Der OGBL wies aber darauf hin, dass diese Qualitätsziele nur dann erreicht werden können, wenn auf allen Ebenen Mitbestimmungsrechte für das Personal eingeführt würden. Der OGBL machte ebenfalls den wichtigen Vorschlag, eine nationale Einrichtung für Fort- und Weiterbildung im Sozialsektor zu schaffen, die vom Staat, den Gewerkschaften und dem Patronat gemeinsam getragen würde.