Den drei national repräsentativen Gewerkschaften CGFP, LCGB und OGBL reißt langsam, aber sicher der Faden der Geduld: Seit Wochen kehrt die Regierung den Arbeitnehmervertretern kategorisch den Rücken. Diese beschämende Missachtung scheint System zu haben.
Briefe, die sich an die Regierung richten, bleiben in der Regel unbeantwortet. Die berechtigte Forderung nach der baldigen Einberufung einer Tripartite wird eiskalt ignoriert. Auch bei der Ausarbeitung der Exit-Strategie bleiben die Gewerkschaften außen vor. Allzu oft werden ihnen die beschlossenen Maßnahmen bis zur Pressekonferenz oder bis zur Veröffentlichung der entsprechenden großherzoglichen Verordnungen vorenthalten.
Ausgerechnet in der aktuellen Krisenlage erlitt der seitens der Politik gerne zur Schau getragene Sozialdialog einen Totalschaden. Ein Ende dieser gefährlichen Entwicklung ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Die jüngsten Geschehnisse nähren zunehmend den Verdacht, dass die Regierung den aktuellen Notstand dazu nutzt, um knallharte Fakten zu Lasten der Bürger und Arbeitnehmer zu schaffen.
Eine Reihe von Sondermaßnahmen, die im Zuge des verhängten „état de crise“ beschlossen wurden, werden zurzeit in einen Gesetzestext gegossen. Dabei prescht die Regierung mit einem beachtlichen Tempo vor. Offensichtlich wird der entsprechende Vorentwurf den Abgeordneten bereits am Freitag vorgelegt. Viel Zeit, diesen Text zu begutachten, bleibt den Volksvertretern dabei nicht. Dem Vernehmen nach gewährt die Regierung ihnen gerade mal 48 Stunden, denn bereits Anfang kommender Woche steht der Vorentwurf auf der Tagesordnung des Ministerrats.
In dieser derart wichtigen Angelegenheit hat die Dreierkoalition es auch nicht für nötig empfunden, die drei national repräsentativen Gewerkschaften zu konsultieren. Dabei betrifft das sogenannte Pandemiegesetz die Grundrechte ALLER Bürger. Daher versteht es sich von selbst, dass die Arbeitnehmervertreter völlig zu Recht miteinbezogen werden müssen.
An die Regierung geht die unmissverständliche Mahnung, dass die CGFP, der LCGB und der OGBL sich weigern, eine langfristige Einschränkung der Gewerkschaftsrechte und -freiheiten hinzunehmen. Sie werden nicht zulassen, dass das Pandemiegesetz als Vorwand benutzt wird, um hart erkämpfte soziale und demokratische Errungenschaften zu kippen.
Angesichts des äußerst engen Zeitfensters fordern die drei Gewerkschaften deshalb unabhängig von einer Tripartite ein Dringlichkeitstreffen mit Premierminister Xavier Bettel. Vorzugsweise soll diese Unterredung stattfinden, noch bevor die erste Fassung des Pandemiegesetzes im Parlament eingebracht wird.
Die CGFP, der LCGB und der OGBL wollen dem Staatsminister ihre Überlegungen zur wirtschaftlichen Krisenbekämpfung unterbreiten. Oberstes Ziel ist es, die gravierenden Auswirkungen, die die Krise auf die Beschäftigten hat, wirksam abzufedern und möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten. Gleichzeitig wollen die Arbeitnehmervertreter Sorge dafür tragen, dass die krisenbedingten Ausnahmemaßnahmen nicht allzu große und dauerhafte Einschnitte in die Privatsphäre und Grundrechte der Bürger nach sich ziehen.
Gleich zu Beginn der Krise hatte die Regierung die sogenannten „forces vives“ ununterbrochen dazu aufgerufen, durch solidarisches Handeln ihren Beitrag zur Überwindung der Krise zu leisten. Die CGFP, der LCGB und der OGBL nehmen diesen Aufruf ernst. Sie sind bereit, sich den künftigen Herausforderungen zu stellen und Verantwortung zu übernehmen.
Am 7. Mai hatte Premierminister Bettel im Parlament verkündet, der Sozialdialog genieße hierzulande einen hohen Stellenwert.
Herr Staatsminister, lassen Sie den Worten endlich Taten folgen! Sollte die Regierung ihren Alleingang fortsetzen, wird sie nicht nur den Groll der gesamten gewerkschaftlichen Front auf sich ziehen: Mit einem Schlag wird dann jedem Bürger bewusst werden, dass die zahlreichen Solidaritätsappelle der Dreierkoalition lediglich Instrumente einer eigennützigen PR-Kampagne waren.
Mitgeteilt von CGFP, LCGB und OGBL am 12. Mai 2020
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