Am kommenden 16. Dezember wird der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) in Straßburg eine Demonstration gegen die Verschlechterung der Arbeitszeitrichtlinie organisieren. 10.000 Gewerkschafter aus allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, darunter auch 300 OGBL-Mitglieder, werden gegen eine Abänderung der Arbeitszeitrichtlinie, wie sie vom Europäischen Ministerrat mit Zustimmung des Luxemburger Arbeitsministers im Juni 2008 angenommen wurde, demonstrieren.
Fauler Kompromiss Für die Gewerkschaften wird der von den 27 Mitgliedstaaten gefundene Kompromiss zu einem Rückschritt in Sachen Arbeitsbedingungen führen und ist gegen das eigentliche Ziel der Richtlinie, nämlich den Gesundheits- und Sicherheitsschutz der Arbeitnehmer, gerichtet. In einem Punkt zielt der Entwurf darauf hinaus, die Jurisprudenz des Europäischen Gerichtshofs zu umgehen, ja sogar aufzuheben. Dieser hatte im SIMAP-Urteil entschieden, Bereitschaftsdienst sei – arbeitszeitrechtlich – Arbeitszeit. Der derzeitige Kompromiss unterscheidet zwischen ‚aktiver’ und ‚inaktiver’ Bereitschaftszeit und zählt Letztere nicht zur Arbeitszeit. Außerdem haben es die Minister nicht für nötig befunden, die individuelle Opt-out-Klausel bei der Arbeitszeitrichtlinie abzuschaffen. Wenn ein Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag unterzeichnet und der Arbeitgeber verlangt, dass er gleichzeitig eine Opt-out-Vereinbarung unterzeichnet, d.h. dass er einverstanden ist, über die im europäischen Recht vorgesehene maximale Wochenarbeitszeit hinaus zu arbeiten, ist fraglich, ob der Arbeitnehmer dabei wirklich eine freie Wahl hatte. Wenn ein Arbeitnehmer regelmäßig im Durchschnitt 65 Stunden wöchentlich oder sogar bis zu 78 Stunden arbeitet, kann man dann guten Gewissens sagen, dass seine Sicherheit und seine Gesundheit gewährleistet sind?
Die Gewerkschaften fordern ein echtes Soziales Europa Kann man allen Ernstes behaupten, dass sich unsere Minister, unsere Regierungen mit Entscheidungen, wie derjenigen vom 10. Juni 2008 betreffend die Arbeitzeit, für das Wohlergehen der Arbeitnehmer, d.h. für die Rechte und Interessen der großen Mehrheit der Bürger einsetzen? Oder setzen sie sich vor allem für das Profitstreben in der Wirtschaft, für die Aktionäre und Interessen der Unternehmer, d.h. für eine kleine Minderheit der Bürger, ein? Was verstehen unsere Regierungschefs und unsere Minister eigentlich unter dem Begriff ‚Soziales Europa’? Um gegen diese Inkohärenz anzugehen und um die Idee eines Sozialen Europas im eigentlichen Sinne des Wortes zu verteidigen werden die Gewerkschaften am kommenden 16. Dezember in Straßburg demonstrieren.
Am 17. Dezember wird das Plenum des Europaparlaments über die Abänderung der Arbeitszeitrichtlinie abstimmen. Die Gewerkschaften hoffen, dass die gewählten Vertreter über ihr demokratisches Votum dem Europäischen Rat und der Kommission einen Änderungsvorschlag vorlegen werden, der die Rechte und das Wohlergehen der Arbeitnehmer besser berücksichtigt und dass der Rat nicht zum zweiten Mal den Parlamentsvorschlag völlig ignorieren wird.
Mitgeteilt vom OGBL Am 11. Dezember 2008
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