Sitzung des OGBL-Nationalvorstandes

Anstieg der Ungleichheiten, Zusammenbruch des neoliberalen Modells


Der OGBL-Nationalvorstand hat sich am 31. Januar 2017 in Düdelingen getroffen. Auf der Tagesordnung dieses ersten Treffen des Jahres standen unter anderen eine Analyse der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Situation, die Vorbereitung des OGBL-Aktionsprogramms für 2017, eine Analyse der laufenden politischen Themen, die Vorbereitung der Sitzungen im Rahmen es Europäischen Semesters und eine Analyse der Situation in den Unternehmen.

réunion du Comité national OGBL DudelangeDer OGBL-Nationalvorstand ist zuerst einmal mehr auf den kürzlich veröffentlichten OXFAM-Bericht zurückgekommen, der wiederum, am Anfang dieses Jahres 2017, auf die wachsenden Ungleichheiten in unseren Gesellschaften hinweist. Laut dieser Studie, besitzen die acht reichsten Menschen der Welt zusammen 426,2 Milliarden Dollar, mehr Reichtum wie die ärmste Hälfte der Weltbevölkerung. Andere ebenso skandalöse Zahl: Der eine Prozent der reichsten Menschen der Welt besitzt ebenso viel wie die restlichen 99%. Und im Gegensatz zu einer verbreiteten Meinung betrifft dieses Phänomen bei Weitem nicht nur die ärmsten Länder der Welt. Als Beweis dafür, die Situation in unserem Nachbarland Deutschland, in dem 36 Milliardäre so viel besitzen wie die ärmste Hälfte der Bevölkerung, und wo der reichste Prozent der Bevölkerung ein Drittel des gesamten nationalen Reichtums besitzt. Die sozialen Ungerechtigkeiten sind zu keinem Zeitpunkt der Geschichte so markant gewesen. Für Luxemburg gibt es keine Zahlen. Aber man braucht nicht daran zu zweifeln, dass die Situation viel anders ist.

Im Gegensatz zu dem was einige Kommentatoren zu denken vermögen, so ist die kürzliche Erwählung Donald Trumps zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika für den OGBL alles außer ein Ausrutscher der Weltgeschichte. Weiteres Anwachsen der Ungleichheiten, Massenarbeitslosigkeit, Fehlen sozialer und beruflicher Perspektiven, Armut, soziale Unsicherheit, Verschlechterung der Lebensqualität: es ist kein Wunder, dass auf die Wirtschafts- und Sozialkrise, die wir seit mehreren Jahren erleben, jetzt eine tiefe politische Krise folgt, deren symbolträchtigster Ausdruck Trump darstellt. Der OGBL wurde es nicht müde die falschen Politiken an den Pranger zu stellen, die dies möglich gemacht haben. Wir erleben heute ganz einfach den Zusammenbruch des neoliberalen Modells, das Anfang der 1970er-Jahre eingeführt wurde.

Die Zeichen des Zusammenbruchs des neoliberalen Modells sind ebenfalls mehr als deutlich auf dem europäischen Kontinent spürbar. Die Zukunft der Europäischen Union ist demnach zurzeit unsicher. Überall haben die populistischen und rechtsextremen Parteien den Wind in den Segeln, während wichtige Wahlen in diesem Jahr in mehreren Ländern anstehen (Niederlande, Frankreich, Deutschland). Diese Bewegungen und Parteien entnehmen ihren Nährstoff der katastrophalen sozialen Situation, die die während der vergangenen 35 Jahren geführten Politiken mit sich gebracht haben. Es reicht schon in der nahen Vergangenheit an die verheerenden Entschlüsse zu denken, die im Rahmen der Griechenlandkrise getroffen wurden.

Der OGBL stand immer und steht auch immer für die europäische Integration. Und gerade deshalb unterstreicht er, dass es nunmehr absolut dringend ist, einen Politikwechsel in Europa durchzuführen. Wenn man wirklich effizient gegen die sozialen Ungerechtigkeiten kämpfen will und die politischen Fehler revidieren will, die bisher gemacht wurden, dann gibt es nur einen Ausweg: Es muss auf europäischer Ebene einen politischen Kurswechsel geben. Dies bedeutet, dass den Austeritätspolitiken endgültig ein Ende gesetzt werden muss, den Politiken, die Sozial-, Lohn- und Steuerdumping erlauben, und dass endlich mit den Angriffen auf den Wohlfahrtsstaat und die Sozialversicherungssysteme aufgehört werden muss. Diese Angriffe sind nämlich das Gift das Tag für Tag die sozialen Ungerechtigkeiten verschärfen, und die die Gefahr in sich bergen, uns wahre politische Katastrophen zu bescheren.

Die letzten Empfehlungen der Europäischen Kommission lassen endlich einige positive Signale erscheinen, doch sind diese zu bescheiden und werden nicht ausreichen. Die Dringlichkeit der Lage erfordert viel weiter zu gehen. Die Austeritätspolitik und die Sparpolitiken müssen endlich enden.

Was Luxemburg betrifft, so begrüßt der OGBL den politischen Richtungswechsel, den die Regierung 2016 eingeleitet hat. Der Widerstand des OGBL gegen den „Zukunftspak“ hat begonnen, Früchte zu tragen. Ein Großteil der Forderungen, die der OGBL im Rahmen seiner Kampagne zum „Sozialpak“ vorgebracht hatte, wurden erfüllt (Steuererleichterungen für niedrige und mittlere Einkommen, Wiederaufwertung des Eltern-urlaubs, Reform des PAN-Gesetzes, Indexierung der Studienbeihilfen, usw.) Der OGBL erwartet von der Regierung, dass sie 2017 das weiterführt, was sie im vergangenen Jahr angefangen hat. Der Handlungsspielraum im Haushaltsbereich ist vorhanden. Luxemburg verfügt über die gesündesten öffentlichen Finanzen in Europa.


Das Aktionsprogramm 2017

Der OGBL fährt 2017 mit seiner Kampagne „E Sozialpak fir Lëtzebuerg“ fort, indem er sie durch neue Elemente vervollständigt:
– Der OGBL hat noch nicht bei all seinen Forderungen Zufriedenheit erlangt, insbesondere bei der Reform der Pflegeversicherung (wo nicht die geringste Verschlechterung toleriert werden wird), oder im Bereich der wirtschaftsbedingte Entlassung, des Arbeitsplatzerhaltungsplans und des Sozialplans (deren gesetzliche Stärkung sich mehr als notwendig erweisen)
– Der OGBL wird ebenfalls seinen Druck verstärken, um eine strukturelle Wiederaufwertung des sozialen Mindestlohns von 10% zu erreichen, der es zurzeit nicht ermöglicht in Luxemburg würdig zu leben. Diese Forderung wird begleitet sein durch eine weiter angelegte gewerkschaftliche Tarifoffensive im Rahmen der Verhandlungen in den Unternehmen.
– Während sich Diskussionen über das Rentensystem ankündigen, will der OGBL eine weitgreifende Kampagne starten, um die Debatte über die Sozialversicherungen im Allgemeinen zu objektivieren, weit entfernt von den Horrorszenarien, die regelmäßig über sie angekündigt werden, indem auf ihren sozialen Stabilisierungsfaktor bestanden wird. Darüber hinaus hat der OGBL vor, einige Mythen zu entzaubern, wie zum Beispiel dass im Namen der generationsübergreifenden Solidarität, das Rentensystem, von dem die zukünftigen Generationen nicht mehr werden profitieren sollten, verschlechtert werden soll.
– Der OGBL wird außerdem 2017 eine ganze Reihe von Aktivitäten und Konferenzen organisieren, die in Verbindung sind mit der Digitalisierung der Gesellschaft und der Wirtschaft, die in vollem Gange ist. Diese Entwicklung birgt das Risiko in sich, weitgreifende Änderungen auszulösen, auf die das Salariat sich vorbereiten muss. Der OGBL unterstreicht auch abermals, dass er nicht tolerieren werde, wenn er nicht an allen Bereichen der Diskussionen über die Digitalisierung der Gesellschaft beteiligt wird, die die Regierung zu führen wünscht.
– Der OGBL hat ebenfalls vor, dieses Jahr tiefgründige Überlegungen anzustellen über die Wohnungskrise in Luxemburg, indem er Beiträge einbringt.
– Schließlich wird der OGBL sich ganz besonders der Diskriminierung annehmen, mit der sich die Grenzgänger regelmäßig konfrontiert sehen, bei denen es sowohl um arbeits- als um sozialrechtliche Themen geht.


Arbeitszeitverkürzung im Rahmen der Digitalisierung der Wirtschaft

Der OGBL-Nationalvorstand hat die Ankündigungen des Wirtschaftsministers aufgegriffen, der Anfang des Jahres eine mögliche zukünftige Arbeitszeitverkürzung erwähnt hat. Wie der Minister dem OGBL bestätigte, hatte er nicht vor eine neue Diskussion über das PAN-Gesetz, das eben reformiert wurde, loszulösen, vielmehr aber eine strategische Diskussion im Rahmen der Digitalisierung der Wirtschaft.