Die national repräsentativen Gewerkschaften, angeführt vom OGBL sind am 23. März 2016 wieder in der Handelskammer mit UEL und Regierung zusammengekommen. Es handelte sich um den zweiten Gedankenaustausch in diesem Jahr, der unter der Schirmherrschaft vom Wirtschafts- und Sozialrat (CES) stattfand. Dieser Austausch geschah im Rahmen der Verständigung über das europäische Semester. Das europäische Semester ist das Hauptkoordinierungswerkzeug in der europäischen Politik, das zum Ziel hat, die Nationalpolitiken soweit aneinander anzupassen, dass die gemeinsamen Ziele, die die EU sich gesetzt hat, erreicht werden können.
Der OGBL-Präsident André Roeltgen ergriff das Wort im Namen von OGBL und CGFP. Er unterstrich zuerst, dass ein Großteil der Empfehlungen der Europäischen Kommission nur sehr wenig stichhaltig sind. Er hat nebenbei auch die kritische Haltung der Regierung gegenüber diesen Empfehlungen begrüßt, ganz im Gegensatz zur Haltung des Patronats. Danach kam er einmal mehr nicht umhin, den fehlerhaften Indikator, den die „nominalen Lohnstückkosten“ darstellen, die von der Europäischen Kommission benutzt werden, anzuprangern. Dieser Indikator wird von der Kommission benutzt, um das Verhältnis zwischen Kosten und Kompetitivität in der luxemburgischen Wirtschaft zu messen und liegt die wiederholten Angriffe gegen das Lohnindexierungssystem zugrunde. Er erinnerte auch noch daran, dass bisher keine einzige ernsthafte Studie die Schädlichkeit der Lohnindexierung, die ein „unumgänglicher Stützpfeiler des sozialen Friedens ist“, beweisen konnte.
Der OGBL hat ebenfalls daran erinnert, dass die öffentlichen Finanzen Luxemburgs völlig gesund sind. Es ist in der Tat vereinfachend, so wie es die Kommission tut, sich damit zu begnügen nur den Haushalt des Zentralstaats in Betracht zu ziehen. Dies umso mehr, wenn man das hohe Niveau der öffentlichen Investitionen in Betracht zieht, das außerdem vom OGBL begrüßt wird. In diesem Zusammenhang hat der OGBL auch einen Appell an die Regierung gerichtet, damit diese ihr mittelfristiges Ziel revidiert, da die Last der Renten auf das öffentliche Defizit nach unten korrigiert wurde. Dies würde es ermöglichen, größere Spielräume für Investitionen zu sichern.
Ein weiterer Appell von OGBL und CGFP betrifft die Erhaltung der Pflegeversicherung, dessen positive Wirkung, sogar auf wirtschaftlicher Ebene, man nicht außer Acht lassen sollte. Die Pflegeversicherung ist in der Tat eine beträchtliche Quelle für die Schaffung von Arbeitsplätzen im medizinischen und paramedizinischen Sektor. Sie ist also eine indirekte, nicht zu unterschätzende Quelle von Steuereinnahmen für den Staat.
Den von der Europäischen Kommission ausgemachten Problemen setzte der OGBL die zwei größten Sozialprobleme Luxemburgs gegenüber, und zwar die Arbeitslosigkeit und die Zunahme von Armut und Ungleichheit. Man kann sich übrigens nur darüber wundern, dass die Kommission im Hinblick auf Lösungen in diesem Bereich, nicht eine einzige Empfehlung ausgesprochen hat.
Luxemburg weist im Jahre 2014 mit 50% eines der höchsten Armutsrisiken bei den Arbeitssuchenden in der EU auf, und das trotz der scheinbar „besonders großzügigen Arbeitslosenentschädigungen“, so wie es die Europäische Kommission einschätzt. Dadurch, so der OGBL, wäre eine nützliche landesweit durchzuführende Reform, zum Beispiel eine Verlängerung der Zahlung der Arbeitslosenentschädigungen.
Was jedoch die Ungleichheiten betrifft, so meinte der OGBL, dass es dank der guten Haushalts- und Wirtschaftslage des Landes an der Zeit sei, in großem Umfang, die Reduzierung dieser Ungleichheiten in Angriff zu nehmen. Die Steuerreform muss hier eine ganz besonders entscheidende Rolle spielen. Ein weiteres Element, das OGBL und CGFP vorgebracht haben, um das Armutsrisiko zu senken und um gegen die Ungleichheiten anzukämpfen: die notwendige Aufwertung des garantierten Mindesteinkommen und des sozialen Mindestlohns.
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