Sitzung der Quadripartite

Die Wiederherstellung des finanziellen Gleichgewichts der Gesundheitskasse darf nicht auf Kosten der Versicherten gehen

In der letzten Sitzung der Quadripartite am 19. Oktober war es dem OGBL wichtig zu betonen, dass eine progressive und zukunftsorientierte Vision unseres öffentlichen und solidarischen Gesundheitssystems dessen Stärkung und Weiterentwicklung vorsehen muss.

Der OGBL hat sich stets für die Stärkung des luxemburgischen Gesundheitssystems eingesetzt und wird sich auch weiterhin dafür einsetzen, dass es für alle zukünftigen Herausforderungen bestmöglich gerüstet ist und zudem zwingend eine Reihe von Grundwerten und -prinzipien garantiert, nämlich:

  • einen allgemeinen und gleichberechtigten Zugang zum universellen Gesundheitssystem für alle Menschen, die ihn benötigen;
  • Qualitativ hochwertige Gesundheitsdienste und -versorgung, die auf die individuellen Bedürfnisse der Patienten zugeschnitten sind, von ausgebildeten Gesundheitsfachkräften erbracht werden und innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens zur Verfügung stehen;
  • die Gewährleistung der Wahlfreiheit des aufgeklärten Patienten und der Therapiefreiheit des verantwortlichen Anbieters;
  • eine auf dem Grundsatz der Solidarität beruhende finanzielle Unterstützung;
  • ein System, das optimale Arbeits- und Lohnbedingungen für alle Beschäftigten des Sektors gewährleistet und auch weiterhin gewährleisten muss.

Diese Elemente sind untrennbar miteinander verbunden, so dass die Infragestellung eines dieser Elemente das gesamte Gesundheitssystem und damit den sozialen Zusammenhalt des Landes in Frage stellt.

Auf der Tagesordnung der Sitzung der Quadripartite stand zunächst eine Analyse der finanziellen Situation der Kranken- und Mutterschaftsversicherung (KMV) der Nationalen Gesundheitskasse (CNS). Daraus ging hervor, dass sich die Ausgaben der CNS für das Jahr 2022 als höher als die Einnahmen erwiesen. Das Defizit für 2022 beläuft sich somit auf 55,3 Millionen Euro. Schätzungen zufolge wird der Haushalt der KMV für 2023 wahrscheinlich ebenfalls mit einem Defizit abschließen, diesmal in der Größenordnung von 9,7 Millionen Euro. Diese Defizite werden von der Reserve der CNS aufgefangen, die nach Ablauf des Haushaltsjahres 2023 noch 838,2 Millionen Euro betragen dürfte.

Es stimmt zwar, dass der Haushalt der Kranken- und Mutterschaftsversicherung, genauer gesagt der Saldo der laufenden Operationen, im vierten Jahr in Folge ein Defizit aufweist, doch ist zu beachten, dass die Reserve, die immer noch relativ groß ist, Zeit für eine Analyse der Situation lässt, um diesem strukturellen Defizit entgegenzuwirken. Eine nach dem Prinzip des Zahlers/Entscheiders zusammengesetzte Arbeitsgruppe wurde eingesetzt, um eine Analyse durchzuführen, die bei der nächsten Sitzung der -Quadripartite im Frühjahr 2023 vorgelegt werden soll. Der OGBL wird sich dafür einsetzen, dass die Bemühungen zur Wiederherstellung des finanziellen Gleichgewichts der KMV nicht auf Kosten der Versicherten gehen, d.h. beispielsweise durch eine Verschlechterung der Gesundheitsleistungen oder die Einführung eines Karenztages im Falle einer Arbeitsunfähigkeit.

In der Sitzung der Quadripartite wies der OGBL auch darauf hin, dass die jährliche staatliche Finanzdotation für die Mutterschaftsversicherung in Höhe von 20 Millionen Euro seit Jahren nicht mehr ausreichend ist. Diese Dotation soll die zusätzlichen Belastungen ausgleichen, die der CNS durch die Aufnahme der Geldleistungen bei Mutterschaft in das System entstehen. Für den OGBL ist es auch unverständlich, dass nach 2023 im Mehrjahresbudget des Staates keine jährliche Dotation für die kommenden Jahre mehr vorgesehen ist. Nach Ansicht des OGBL ist es unerlässlich, einen Kassensturz durchzuführen, um die Höhe der jährlichen Mutterschaftsdotation anzupassen, damit die tatsächliche Belastung der CNS ausgeglichen wird. Dies wäre unter anderem ein Weg, den es zu erkunden gilt, um das finanzielle Gleichgewicht der CNS-KMV in den kommenden Jahren wiederherzustellen.

Die Quadripartite nahm auch eine Bestandsaufnahme bezüglich des finanziellen Ausgleichs für die Maßnahmen vor, die im Rahmen der sanitären Krise aufgrund von Covid-19 ergriffen wurden. Die Ausgaben belaufen sich derzeit auf rund eine halbe Milliarde Euro. Zu dieser Summe müssen noch die verschiedenen Ausgaben im Zusammenhang mit der Pandemie hinzugerechnet werden, die nicht durch die staatliche Beteiligung abgedeckt sind, sondern von der CNS finanziert werden.

Ein weiterer Punkt, der bei der Sitzung am 19. Oktober behandelt wurde, betraf die neuen Leistungen im Bereich der Zahnmedizin, zu denen eine Bestandsaufnahme der laufenden Arbeiten vorgenommen wurde. Im Jahr 2017 war beschlossen worden, einen Finanzrahmen in Höhe von 12,4 Millionen Euro für neue zahnmedizinische Leistungen zur Verfügung zu stellen. Eine finanzielle Bereitstellung bedeutet aber nicht unbedingt, dass neue Leistungen oder eine bessere Versorgung sofort umgesetzt werden. Tatsächlich wurde bislang nur die Ausweitung der Kostenerstattung auf eine zweite Zahnentkalkung pro Jahr umgesetzt.

Was weitere Verbesserungen im Bereich der zahnärztlichen Leistungen betrifft, so konnte in der Zwischenzeit ein Katalog von parodontologischen, endodontischen und implantologischen Maßnahmen bei seltenen Krankheiten erstellt werden, der nun noch die Nomenklaturkommission passieren muss, bevor die Versicherten davon profitieren können. Auch Verhandlungen zwischen der CNS und den Zahnärzten sind noch im Gange, vor allem bezüglich der Übernahme und Aufnahme von Behandlungen wie „Fissurenauffüllung“ oder gar Füllungs- und Kavitätenpräparationsmaterialien („Wäisse Plombe“) in die Nomenklatur. Es ist zu hoffen, dass die Arbeiten in den nächsten Wochen intensiviert werden, damit die Versicherten endlich auch von diesen neuen Erstattungen profitieren können, die bereits vor fünf Jahren beschlossen wurden!

Neben den anderen klassischen Punkten, die in der Sitzung der Quadripartite behandelt wurden, hat der OGBL auch die Schaffung einer Arbeitsgruppe gefordert, die sich mit der Koordination der Krankenhausaufenthalte des Patienten mit allen Ärzten, einschließlich des Pflegepersonals der Krankenhäuser, befasst.

Der Patient muss nämlich im Rahmen des Behandlungspfades in den Mittelpunkt gestellt werden, insbesondere was die Sicherheit und Qualität der Behandlung im Krankenhaus betrifft. Es ist wichtig, den Patienten in die Entscheidungsfindung bezüglich seiner eigenen Gesundheitspflege einzubeziehen. Leider hat der OGBL in letzter Zeit immer mehr den Eindruck, dass sich das Gesundheitssystem mehr und mehr an den Bedürfnissen der Ärzte und nicht an denen der Patienten orientiert.

Der OGBL ist der Meinung, dass ein System, das auf dem Prinzip des Erreichens von Ergebnissen basiert, nicht empfehlenswert ist, da in diesem Fall Verbesserungen nur in Bezug auf messbare Punkte möglich wären und somit die Zeit, die für den Patienten aufgewendet wird, schwer messbar wäre, obwohl sie von entscheidender Bedeutung ist.

Hinzu kommt, dass sich Tausende von Pflegekräften tagtäglich für eine qualitativ hochwertige Pflege von Krankenhauspatienten einsetzen. Diese sind jedoch zunehmend unterbesetzt. In diesem Zusammenhang fordert der OGBL die Einführung von Mindestpersonalausstattungen im Gesundheitssektor, die einerseits den Personalschlüssel im Verhältnis zur Anzahl der Betten und andererseits die Qualifikationen des Pflegepersonals in ausreichender Zahl definieren sollten.

Es ist zu bedenken, dass die Beschäftigten einem zunehmenden Arbeitsdruck ausgesetzt sind und dass solche Mindestdotierungen selbst kurzfristig diesem Druck entgegenwirken würden, indem beispielsweise die Stundenzahl der Beschäftigten mit Teilzeitverträgen für die, die dies wünschen, erhöht wird oder indem die in diesem Sektor gängige Praxis der befristeten Verträge beendet wird.

Ein weiterer vom OGBL angesprochener Punkt bestand in der Forderung nach einer Reaktivierung der Arbeitsgruppe, die sich mit der Entlastung der Notdienste befasst. Im Jahr 2018 war eine Arbeitsgruppe zur Entlastung der Notaufnahmen eingerichtet worden. Die Arbeitsgruppe hatte bis zum Beginn der Pandemie getagt.

Die von der Arbeitsgruppe vorgeschlagenen Verbesserungsmaßnahmen wurden umgesetzt, doch eine nationale Strategie für den Betrieb der Notaufnahmen (Krankenhäuser und „maisons médicales“) fehlt noch immer. Es wurden verschiedene Wege beschritten, die jedoch nicht den gewünschten Erfolg brachten. Die Patienten sind immer noch mit langen Wartezeiten und Wartezimmern konfrontiert, die ihren Bedürfnissen nicht gerecht werden. Dies wurde auch vom Verband der luxemburgischen Krankenhäuser (FHL) bestätigt: In den letzten zwei Jahren gab es einen Anstieg der Notaufnahmen um 25 %, von denen 50 % an einen Allgemeinmediziner oder sogar an eine „maison médicale“ hätten weitergeleitet werden können.

Die Gesundheitsministerin Paulette Lenert kündigte an, dass die Arbeitsgruppe im Laufe des Novembers reaktiviert werden sollte. Wenn wir uns nicht irren, wurde jedoch bis heute keine Einladung zu einer Sitzung dieser Arbeitsgruppe an die betroffenen Akteure versandt. Die Ministerin teilte außerdem mit, dass die Öffnungszeiten der „maisons médicales“ überprüft und angepasst würden, um die Notaufnahmen der Krankenhäuser zu entlasten. Die vom OGBL vorgebrachte Idee, um dieser Situation weiter entgegenzuwirken, besteht nicht nur darin, die Öffnungszeiten der bestehenden Ärztehäuser auszuweiten, sondern auch darin, in jede Spitaleinrichtung ein Ärztehaus zu integrieren, wie es bereits bei der Kannerklinik im CHL der Fall ist.

In Anbetracht der Tatsache, dass ein insgesamt gut funktionierender Notdienst, der dem Patienten angeboten wird, die Visitenkarte des Gesundheitssystems darstellt, ist es notwendig, sich so schnell wie möglich abzustimmen, um eine Lösung zu finden, die eine optimale Versorgung gewährleistet.

Dieser Artikel erschien ursprünglich in der Zeitschrift Aktuell (#5 – 2022)