Die sozialen Auseinandersetzungen in Luxemburg häufen sich. Das nationale Schlichtungsamt hat Hochkonjunktur.
Im Bausektor laufen die Streikvorbereitungen. Seit vier Jahren wurden die kollektivvertraglichen Löhne nicht mehr erhöht, die verspäteten Indexanpassungen haben die Beschäftigten im Bausektor umso mehr getroffen. Minimale Lohnzugeständnisse wollen die Arbeitgeber an eine jährliche Referenzperiode koppeln. Verlierer bei diesem Vorschlag sind laut Berechnungen des OGBL-Bausyndikats eindeutig die Beschäftigten. Wenn die Arbeitgeber einen Sozialkonflikt vermeiden wollen, müssen sie ein neues Angebot vorlegen, das keine negative Flexibilisierung der Arbeitszeiten beinhaltet und das ein Angebot in punkto Löhne macht, das auch berücksichtigt, dass es seit vier Jahren keine Lohnerhöhung im Bausektor gab.
Auch bei Cargolux und Luxair stehen die Zeichen weiterhin auf Sturm, trotz der Kompromissbereitschaft der Belegschaften und den konstruktiven Vorschlägen des OGBL-Syndikats für zivile Luftfahrt. In beiden Gesellschaften wurde durch falsche politische Entscheidungen schon viel, zu viel Schaden angerichtet. Es ist höchste Zeit, dass die Geschäftsführung auf die Beschäftigten zugeht, Kompromissbereitschaft zeigt und die schwierige Lage der beiden Gesellschaften nicht auszunutzen versucht, um einen dauerhaften Sozialabbau zu betreiben. Hier hat auch die luxemburgische Regierung eine Verantwortung.
Auch im Stahlbereich und in andern Industriebereichen, wie der Tabakindustrie, wird versucht die Krise zu benutzen, um das Rad zurückzudrehen. Die Verhandlungen im Reinigungsgewerbe und im Sicherheitsgewerbe drohen ebenfalls zu scheitern.
Knackpunkt ist fast überall der Wille der Arbeitgeber die Arbeitszeiten zu verlängern oder zumindest einseitig und zu Ungunsten der Löhne und Arbeitsbedingungen der Beschäftigten zu flexibilisieren. Obwohl es auch gegenteilige Beispiele gibt und es in manchen Betrieben gelungen ist, trotz Wirtschaftskrise, zufriedenstellende Abschlüsse ohne Demonstrationen, Schlichtungsverfahren usw. zu erzielen, stellt sich besonders angesichts der Angriffe, die in den Veröffentlichungen der Arbeitgeberverbände und von ihren Spitzenfunktionären verbreitet werden, die Frage, ob es sich hier um eine neue strategische, konzertierte Aktion handelt. Falls sich herausstellen sollte, dass dem so ist, wird der Nationalvorstand des OGBL in seinen nächsten Sitzungen über geeignete Gegenmaßnahmen beraten.
Schwierig ist die aktuelle soziale und wirtschaftliche Lage aber nicht nur wegen der aggressiven Haltung der Spitzenfunktionäre des Patronats.
Große Sorge bereitet dem OGBL die europäische Entwicklung. Im Dezember 2012 wurde großspurig verkündet, dass die europäische Wirtschafts-, Finanz- und Haushaltpolitik um eine soziale Dimension erweitert werden solle. Vieles deutet darauf hin, dass es zu zahlreichen wohlklingenden, aber hohlen Erklärungen kommen wird, dass aber die Richtung nicht geändert wird. Die bisherige Politik, die nicht nur eine der Ursachen der Krise ist, sondern sie auch noch verstärkt hat, soll weitergeführt werden. Dies zeigen auch die Empfehlungen der Europäischen Kommission an Luxemburg: die haushaltspolitische Sparpolitik soll noch verschärft werden, was eindeutig auf Kosten der Kaufkraft und der einheimischen Wirtschaft gehen würde, Mehrwertsteuer und Akzisen sollen erhöht werden, die Indexierung von Löhnen und Renten soll abgeschafft werden, das legale Rentenalter soll erhöht und das Rentenajustement abgeschafft werden. Sozialer Rückschritt auf der ganzen Linie!
Wir brauchen eine andere europäische Politik, wir brauchen eine andere Europäische Kommission und ein Europaparlament mit einer Mehrheit von Abgeordneten, die sich für die Vorschläge der Gewerkschaftsbewegung einsetzen. Bei den Europawahlen nächstes Jahr werden wir unseren Mitgliedern klar sagen, welche Kandidatinnen und Kandidaten sich in Luxemburg, in der Grenzregion zu den Gewerkschaften bekennen, und sie aufrufen nur diese zu wählen.
Wichtig wäre aber auch eine klare und hörbare Haltung der luxemburgischen Regierung zu diesen Fragen, die von großer Bedeutung für unsere Zukunft sind.
Aufgrund der tiefen Staatskrise, in der sich Luxemburg befindet, ist die Luxemburger Regierung aber hauptsächlich mit sich selbst beschäftigt und zunehmend handlungsunfähig. So wie jetzt kann und darf es nicht weitergehen!
Reding Jean-Claude 26. Juni 2013
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