Das Syndikat Banken und Versicherungen des OGBL hat von Ihrer als Präsident der Bankenvereinigung (ABBL) gemachten Absichtserklärung, gegen die Interessen der Arbeitnehmer und Rentner des Finanzsektors zu wirken, Kenntnis genommen.
Weil Sie der Meinung sind, die Lohnkosten in Luxemburg seien zu hoch, da höher als in Deutschland, fühlen Sie sich berufen Ihren ganzen Einsatz deren Senkung zur Steigerung der Attraktivität des Finanzplatzes und zu dessen Absicherung zu widmen. Nun sollte man sich aber nicht ausschließlich auf den Lohnkostenvergleich beschränken, sondern auch die Produktivität mit in Betracht ziehen. Diese liegt in Luxemburg nämlich höher als in Deutschland und rechtfertigt somit die höheren Löhne in Luxemburg.
Sie machen sich nicht nur für die Abschaffung des Systems der Indexierung der Löhne und Renten in Luxemburg stark, sondern Sie stellen auch die Kollektivverträge im Finanzsektor in Frage und Sie gehen sogar soweit eine Verringerung der Urlaubstage der Arbeitnehmer des Finanzsektors zu fordern!
– Sie greifen den Index und die Kollektivverträge an, die laut Ihren Aussagen, zu einem großen Teil Schuld an der Inflation und der Kaufkraftschwächung seien. Wie oft noch werden wir beweisen müssen, dass der Index weder die Kompetitivität beeinträchtig noch die Inflation in Luxemburg anheizt. Die Lohnentwicklung kann nicht für die Entwicklung der Inflation in Luxemburg verantwortlich gemacht werden. Diese ist nun mal mit den Preisfluktuationen der Rohstoffe auf den Weltmärkten verbunden sowie mit der übertriebenen Erhöhung verschiedener festgelegter staatlicher und kommunaler Preise wie der Wasserpreis und andere kommunale Taxen, die Beteiligung der Versicherten an den Gesundheitskosten usw. Ein Teil der luxemburgischen Inflation ist also «hausgemacht».
Die Indexierung der Löhne und Pensionen ist im eigentlichen Sinn kein Instrument der Lohnpolitik, sondern ein Instrument zur Aufrechterhaltung der Kaufkraft der Bürger. Es handelt sich in der Tat um eine nachträgliche Kompensierung der bereits stattgefundenen Verbraucherpreiserhöhung (Inflation). Das Indexsystem trägt dazu bei, den Geldwert für die Verbraucher zu erhalten.
Luxemburg ist nicht Deutschland, hören wir also auf diese beiden Länder zu vergleichen! So ist die Anpassung der Löhne an die Inflation traditionsgemäß in Luxemburg kein Element der Tarifverhandlungen. Diese Anpassung findet nämlich bereits automatisch durch das Indexgesetz statt. Demzufolge wird in den Tarifverhandlungen ausschließlich die reale Entwicklung der Löhne berücksichtigt (zusätzlich zur Anpassung der Löhne an die Inflation).Für die Gewerkschaften bedeutet «reale Lohnentwicklung» Anpassung der Löhne an die Produktivitätsentwicklung und die Wirtschaftsergebnisse der Unternehmen. Ohne Index, oder bei einem nach hinten verschobenen Index, sähen die Gewerkschaften sich gezwungen das Ausgleichen des durch die Inflation bedingten Kaufkraftverlusts in die Tarifverhandlungen miteinfließen zu lassen, wohlwissend, dass dies sie schwieriger gestalten würde.
Man darf auch nicht vergessen, dass in Luxemburg die Sozialabgaben für die Unternehmen die niedrigsten in Europa sind, was wiederum den in Luxemburg niedergelassenen Firmen einen bedeutenden Wettbewerbsvorteil verschafft, auch gegenüber Deutschland.
Sie schmähen auch die 33,5 Urlaubstage der Arbeitnehmer des Finanzsektors unter 50 Jahren und sie wollen die Juni-Prämie abschaffen.
Schade, dass man auch in diesem Fall daran erinnern muss, dass die 33,5 im Kollektivvertrag zugestandenen Urlaubstage in der Kompensation verschiedener Bankenfeiertage bestehen an denen die Banken früher kollektiv geschlossen waren und die nun seit diesem Tausch normale Arbeitstage sind. Diese neuen Arbeitstage geben den Banken die Möglichkeit ihre Aktivitäten aufrecht zu erhalten und ihre Gewinne auf Kosten des Familien- und Privatlebens ihrer Arbeitnehmer zu erhöhen. Ein anderer Teil ist darauf zurückzuführen, dass die Bankenvereinigung ABBL im Rahmen der Kollektivvertragsverhandlungen manchmal bevorzugte zusätzliche freie Tage anstatt Lohnerhöhungen zu gewähren.
Was nun die Juni-Prämie (Urlaubsgeld) anbelangt, so wurde auch diese als Gegenleistung zum Verzicht auf lineare Lohnerhöhungen zugestanden und muss, davon ausgehend, dass sie unverändert während 10 Jahren ausbezahlt wurde, als Errungenschaft betrachtet werden.
Aber, Herr Contzen, wie könnten Sie, der nicht an jenen Verhandlungen teilgenommen hat, diese Details auch kennen. Vielleicht sollten Sie, und wir raten Ihnen dazu, sich künftig besser informieren, bevor sie beleidigend zu den Gewerkschaften werden.
Um die Lage der Banken geradezubiegen und das Staatsdefizit einzudämmen, schlagen Sie ausschließlich Einschränkungen für die Arbeitnehmer vor. Doch was haben Sie eigentlich seit Ihrer Amtsübernahme der Präsidentschaft der ABBL getan, Herr Contzen, um den Banken während der Krise zu helfen?
Wir können Ihnen versichern, dass das Syndikat Banken und Versicherungen des OGBL in den vergangen Jahren verantwortungsbewusst gehandelt hat. So leisteten wir unseren Beitrag zum Arbeitsplatzerhalt und zum Fortbestand des Finanzplatzes indem wir bei allen Verhandlungen zur Erneuerung des Kollektivvertrags stets nur mit außerordentlich moderaten Forderungen auftraten. Im Gegenzug erfuhren wir durch die Presse und Indiskretionen hie und da, dass die Top-Manager weiterhin regelrecht unanständige Löhne und Boni einstreichen, obwohl es der Steuerzahler war, der die Hauptbanken des Finanzplatzes in 2008/2009 rettete und damit auch dessen guten Ruf. In der Tat, dank seiner beherzten Zustimmung konnte schlussendlich der Steuerzahler den Finanzplatz und sein internationales Renommee durch eine gelungene Stabilisation in äußerst turbulenten Zeiten sichern. Und sind Sie sich eigentlich noch bewusst wer das größte Steuerpaket in Luxemburg zahlt? Die Arbeitnehmer und die Verbraucher (Einkommenssteuer und MwSt.)!
Der OGBL hat mehr als nur eine konstruktive Rolle bei der Bankenrettung 2008 und 2009 gespielt. Und wieder einmal: Welches war Ihr persönliches Zutun zur Bankenrettung während der Finanzkrise, die übrigens durch Ihresgleichen verschuldet wurde, Herr Contzen? Was unternehmen Sie heute, um die Kosten im Finanzsektor zu senken? Verzichten Sie auf einen Teil Ihres Gehalts, Ihres Bonus? Und Ihre Kollegen der oberen Etagen? Sie, der so gerne Tacheles redet, verraten Sie uns doch bitte wie es um die soziale Verantwortung der Top-Manager steht.
Im Januar 2012 war die Bilanzsumme der Banken in Luxemburg weiter gestiegen. Gleichzeitig nahm die Zahl der Entlassungen und der bereits verhandelten Sozialpläne stetig zu. Künftig werden die Gewerkschaften mehr Transparenz betreffend die von den Finanzinstituten getätigten Investitionen und die Ausschüttung der Dividenden verlangen.
Laut eigenen Aussagen wollen Sie die Probleme Luxemburgs lösen, eines Landes, das Ihnen am Herzen liegt. Als stärkste Gewekschaft in Luxemburg verfolgt der OGBL das gleiche Ziel, dies allerdings ohne die soziale Gerechtigkeit und den sozialen Frieden zu opfern.
Herr Contzen, drängt sich da nicht ein Paradigmenwechsel auf? Es ist an der Zeit den bereits zulange aufgrund der ultra-liberalen und anti-sozialen Patronatsforderungen kränkelnden Sozialdialog wiederherzustellen. Es waren übrigens diese überzogenen Ansprüche, die die Gewerkschaften dazu bewogen der im Dezember 2011 vorgesehenen Tripartite fern zu bleiben. Denn welche Antwort kann eine Gewerkschaft wohl auf eine Patronatsforderung wie die 52-Stunden-Woche geben?
Es wird Zeit, dass Sie sich ins Bewusstsein zurückrufen, dass hinter jedem Arbeitsplatz des Luxemburger Finanzsektors eine Frau oder ein Mann stehen, die tagtäglich ob ihrer Kompetenzen dazu beitragen, den Finanzplatz, der 1/3 des BIP des Landes ausmacht, als einen der Hauptpfeiler der Wirtschaft zu erhalten. Von einer Finanzkrise mit nicht enden wollenden Auswirkungen in Luxemburg und ganz Europa gebeutelt, wünschen sich diese Männer und Frauen nichts mehr als eine angemessene Wertschätzung ihres Einsatzes, der eigentlich durch den Erhalt ihrer Arbeitsplätze und ihrer Kaufkraft belohnt werden müsste.
Mitgeteilt vom Syndikat Banken und Versicherungen des OGBL am 15. März 2012
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