Schlechte Zeiten für das soziale Europa

Aufruf zu einer Kundgebung in Luxemburg am 5. Juli

Am 9 Juni 2008 setzten die europäischen Arbeits- und Sozialminister auf ihrem Gipfel in Luxemburg die Arbeitszeit in Europa faktisch auf bis zu 65 Stunden pro Woche herauf.
Schon am 12. Juni gibt es eine erste Quittung als die Iren Nein zum Reformvertrag von Lissabon sagen. Sicher hat die Verschlechterung der Arbeitszeitrichtlinie zu diesem Nein beigetragen.
Einige Tage später, am 19. Juni, verurteilt der Europäische Gerichtshof Luxemburg in Sachen Umsetzung der europäischen Entsenderichtlinie in nationales Recht. Besonders pikant ist in diesem Zusammenhang, dass es keineswegs ein Arbeitgeber war, der die Klage gegen Luxemburg eingereicht hatte. Nein, die europäische Kommission selbst klagt Luxemburg an, die von einem anderen EU-Mitgliedstaat nach Luxemburg entsendeten Arbeitnehmer in Luxemburg zu gut zu behandeln. Das heisst, ein zu arbeitnehmerfreundliches Arbeitsrecht zu haben. Und der europäische Gerichtshof gibt der Kommission in allen Punkten Recht und verurteilt Luxemburg dazu, sein Gesetz nach unten zu revidieren.
Dieses Urteil des europäischen Gerichtshofes ist das letzte einer langen Reihe von Urteilen die eines gemeinsam haben. Sie schränken Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechte ein.
Urteil Viking. Das Gericht befindet, dass ein Streik verhältnismässig sein muss und maßt sich an, in Zukunft über die Verhältnismässigkeit von Arbeitskämpfen entscheiden zu wollen.
Urteil Laval. Ein Frontalangriff auf die Tarifautonomie in Europa. Das Gericht entscheidet, dass nur noch allgemeinverbindliche Tarifverträge, im Rahmen der Entsenderichtlinie, angewandt werden dürfen.
Urteil Rüffert. Angriff auf die Tarifverträge und eine zu günstige Vergabegesetzgebung. Zu günstig in Bezug auf Arbeitnehmerrechte wohlverstanden.
Und jetzt Luxemburg. Keine automatische Lohnanpassung an die Inflation über den Mindestlohn hinaus für entsendete Arbeitnehmer. Die meisten Kollektivverträge brauchen nicht mehr angewandt zu werden. Zeitverträge und Teilzeitverträge bieten zuviel Schutz für die Arbeitnehmer und das Arbeitsrecht soll deshalb nach unten angepasst werden. Fast keine Kontrollmöglichkeiten der Gewerbeinspektion vor Ort derjenigen Betriebe, die Arbeitnehmer nach Luxemburg entsenden. Damit wird dem Missbrauch und dem Sozialdumping Tür und Tor geöffnet.
Bolkestein kehrt zurück durch die Hintertür!

So kann das nicht weitergehen!
Es hat sich herausgestellt, dass der bestehende europäische Vertrag von Nizza keinerlei Schutz für Arbeitnehmerrechte enthält. Auch der Reformvertrag von Lissabon würde die Arbeitnehmer nicht vor solchen Urteilen schützen. Deshalb braucht Europa ein verbindliches Sozialprotokoll das die sozialen Rechte der Arbeitnehmer schützt. Wir brauchen mehr Europa, mehr soziales Europa um das Vertrauen der Menschen in die europäische Idee wieder zu gewinnen. Ein verbindliches Sozialprotokoll wäre ein erster Schritt in diese Richtung.

Die Gewerkschaften der Großregion, mit der Unterstützung des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB), wollen ein Zeichen setzen und rufen deshalb zur Teilnahme an einer Kundgebung für ein Soziales Europa am 5. Juli um 14.00 Uhr auf der Place de Clairefontaine in Luxemburg-Stadt auf. Redner werden unter anderem der Nationalpräsident des OGBL, Jean-Claude Reding und der Nationalpräsident des LCGB, Robert Weber sein.

Pressemitteilung der Gewerkschaftlichen Plattform der Großregion
Luxemburg, den 26. Juni 2008