Inflationsbekämpfung auf Kosten der Arbeitnehmer

Der OGBL warnt vor weiterer Stagnierung der Kaufkraft

Der Chef der Europäischen Zentralbank Jean-Claude Trichet wurde vor einigen Tagen in der Presse mit dem Satz zitiert „Lohnerhöhungen wären die größte Dummheit die wir in Europa machen könnten“. Er befürchtet, dass Lohnerhöhungen infolge von Preissteigerungen ihrerseits die Inflation weiter antreiben würden. Diese Diskussion kommt regelmäßig auch in Luxemburg im Rahmen des Indexthemas auf. Wenn die Inflation 2,5% erreicht und in Luxemburg die Löhne und Pensionen um 2,5% erhöht werden, warnt jedes Mal die Luxemburger Zentralbank vor dem Zweitrundeneffekt, d.h. der Theorie die besagt, dass an die Inflation angepasste Löhne, und überhaupt Lohnerhöhungen, in einer zweiten Phase die Preise weiterhin antreiben.

Herr Trichet betonte des Weiteren, dass wir in Europa nichts gegen steigende Ölpreise und Rohstoffe tun können, man müsse aber verhindern, dass anschließend andere Preise steigen. Insbesondere müssten Lohnsteigerungen vermieden werden.

Hausgemachte Inflation schlägt höher zu Buche als Lohnerhöhungen

Die Berechnungen der Arbeitnehmerkammer und des statistischen Amts Statec haben mehrfach ergeben, dass eine Anpassung der Löhne an die Preisentwicklung nur einen minimalen Einfluss auf die Inflation haben. Andererseits tragen inflationsbedingte Lonhanpassungen wesentlich zum Kaufkrafterhalt der Arbeitnehmer und Rentner bei und kommen somit der gesamten Wirtschaft zu Gute.

Auf Luxemburg bezogen, möchte der OGBL noch einmal auf die hausgemachte Inflation hinweisen, die sicherlich in der Inflationsberechnung weitaus höher zu Buche schlägt als Lohnerhöhungen. Hier sind gemeint die regelmäßigen Erhöhungen von Kommunaltaxen, Altenbetreuung, Posttarifen, usw. Völlig überflüssig in diesem Zusammenhang waren die von der Gesundheitskasse beschlossenen Erhöhungen der Eigenbeteiligungen der Patienten an der medizinischen Versorgung. In diesem Bereich sind seit dem 1. Januar 2011 Preissteigerungen von bis zu 12,5% zu verzeichnen.

Der OGBL macht seit 2006 und jedes Mal wenn die Indexdiskussion erneut entfacht wird, Druck auf die Regierung sich die notwendigen Instrumente zu geben, die hausgemachte Inflation sowohl im öffentlichen als auch im privatwirtschaftlichen Bereich zu kontrollieren und zu unterbinden.

Der OGBL übernimmt heute die Ausgangsthese von Herrn Trichet, kommt aber zu einer völlig anderen Schlussfolgerung. Auch wenn unsere Regierungen einzeln nichts gegen die Erhöhung der Erdölpreise und der Rohstoffe unternehmen können, sind sie gleichwohl in der Lage auf die Preise der öffentlichen Dienstleistungen einzuwirken. Sie können auch gemeinsam mit den anderen europäischen Regierungen an geeigneter Stelle gegen die Spekulation auf Erdölprodukten und Nahrungsmittel vorgehen. Sie könnten z.B. bewirken eine weltweite Spekulationssteuer einzuführen. Oder sie könnten eine konzertierte Energiepolitik betreiben und intensiv auf erneuerbare Energien setzen mit dem Ziel mittel- und langfristig Europa unabhängig von fossilen Energien zu machen.

Lohnkosten als Ausgleichsinstrument für Fehlentwicklungen abgelehnt

Der OGBL lehnt das zu einfache Denkschema ab „Wenn die Inflation steigt müssen die Arbeitnehmer auf Kaufkraft verzichten“, aber die Spekulanten können weitermachen wie vorher. Wenn Deflation kommt müssen wiederum die Arbeitnehmer bluten, verlieren ihre Jobs und ihre Einkommen. Was auch immer an wirtschaftlicher oder finanzwirtschaftlicher Fehlentwicklung eintritt, der Ausgleich soll immer über die Lohnkosten hergestellt werden.

Es gibt viele andere Gründe für die Preisteuerung. Auf Luxemburg bezogen fordert der OGBL deshalb erneut, die unnötigen Erhöhungen der Eigenbeteiligung an der medizinischen Versorgung sofort rückgängig zu machen, die teilweise überzogenen Erhöhungen der Wasserpreise und sonstigen Gemeindetaxen zu korrigieren und die im Abkommen zwischen Regierung und Gewerkschaften vom 29. September 2010 vorgesehene Einrichtung einer Beobachtungsstelle für Preise und Gewinnmargen insgesamt schnellstmöglich ans Laufen zu bringen.

Mitgeteilt vom OGBL
am 22. Februar 2011