Löhne, Arbeitsüberlastung, Flexibilität, Nichteinhaltung der Gesetze: der OGBL kämpft tagtäglich für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der „Unsichtbaren“.
Der industrielle Reinigungssektor beschäftigt circa 9.400 Personen in Luxemburg. Die Mehrheit sind Frauen, 83%. Sie sind die „Unsichtbaren“, wie sie sich oft selbst in diesem Sektor nennen. Unsichtbar, weil die anderen Arbeitnehmer sie nur selten sehen. Am Morgen sind sie meist schon weg, wenn die anderen mit der Arbeit anfangen. Am Abend, wenn sie zurückkommen, sind die anderen schon zu ihren Familien zurückgekehrt. Einzige Spuren die sie hinterlassen: die gewaschenen Böden, die geleerten Abfalleimer und die geputzten Fenster und Wände. In Wahrheit sind es Nicht-Spuren. Aber ohne sie, ohne diese wertvollen „Unsichtbaren“, würden die meisten Arbeitsplätze in Luxemburg schnell unbrauchbar werden. Die Bedeutung der Arbeitnehmer aus dem Reinigungssektor für die luxemburgische Wirtschaft ist schwer zu beziffern. Was jedoch sicher ist, sie wird weitgehend unterschätzt. Und die Arbeitnehmer, die dort arbeiten, werden nicht ihrem wahren Wert gemäß anerkannt. Das Syndikat Private Reinigungsdienste, Private Hygiene- und Umweltdienste kämpft seit 1993 dafür, die Arbeits- und Lohnbedingungen der Arbeitnehmer aus dem Reinigungssektor zu verbessern. Und es hat übrigens wesentliche Fortschritte im Interesse der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen des Reinigungssektors erreicht. Der Kollektivvertrag für den Sektor, der 2017 erneuert wurde, ist im Laufe der vergangenen 14 Jahre nach und nach vom OGBL erarbeitet worden. Er gewährt heute den rund 9.400 Arbeitnehmern des Sektors einen Lohn, der über dem gesetzlichen Mindestlohn liegt (mindestens 5,1% höher), Lohnerhöhungen und zusätzliche Urlaubstage je nach Dienstalter, eine Fleißzulage sowie die Garantie, die Arbeitsbedingungen beim Übergang von Unternehmen beizubehalten. Dass die Situation noch nicht zufriedenstellend ist, weiß das Syndikat Private Reinigungsdienste, Private Hygiene- und Umweltdienste am besten, das Syndikat, das nicht müde wurde, zu versuchen die Dinge zu bewegen. Doch spielt das sture Patronat in diesem Sektor immer wieder mit der Angst der Arbeitnehmer. Es wird ihnen systematisch damit gedroht, sie würden ihren Arbeitsplatz und somit ihren Lohn verlieren, wenn sie zu hohe Forderungen stellen und sich zu sehr mobilisieren würden. Daraus erwächst natürlich die Angst, nicht mehr in der Lage zu sein die Familie zu ernähren. Doch kann die Situation nur durch kollektive Mobilisierung innerhalb einer starken Gewerkschaft, wie dem OGBL, verbessert werden.
Damit sich etwas ändert, muss die Angst die Seite wechseln
Die Hauptprobleme sind bekannt und der OGBL hat auch Lösungsansätze, die es erlauben würden den Alltag der Arbeitnehmer aus dem Reinigungssektor zu verbessern. Einer der Hauptansätze besteht darin, zu erreichen, dass das höllische Arbeitstempo, das von den Arbeitgebern verlangt wird, gedrosselt wird. Der hohe Arbeitsrhythmus ist vorwiegend darauf zurückzuführen, dass sich die Reinigungsunternehmen einen unerbittlichen Wettbewerb liefern. Um Aufträge zu bekommen wird ein regelrechteres Preisdumping betrieben. Die Mindereinnahmen werden allerdings nicht durch eine Gewinnreduzierung, sondern durch eine Arbeitsüberlastung des Personals kompensiert. Dort, wo für eine gewisse Fläche drei Arbeitnehmer notwendig waren, werden nur noch zwei eingesetzt… Die Rechnung ist schnell gemacht. Um dieses Phänomen zu stoppen, hat der OGBL sich zum Ziel gesetzt, Normen für den Sektor festzulegen, nach denen es beispielsweise keinem Arbeitgeber mehr erlaubt ist, von den Arbeitnehmern zu verlangen, dass sie pro Stunde mehr als 300 m2 reinigen (gegenüber derzeit 800 bis 1000 m2). Eine andere Priorität für den OGBL: Überstunden zu ihrem wahren Wert anzuerkennen und zu entlohnen. In der Tat kann aktuell ein Teilzeitbeschäftigter mit einem 20-Stunden-Vertrag in diesem Sektor bis zu 30 Stunden arbeiten, ohne die Überstunden als solche bezahlt zu bekommen (d.h. 50 % mehr Arbeitszeit). Es handelt sich hierbei um eine Flexibilität von der ausschließlich der Arbeitgeber profitiert. Das OGBL-Syndikat fordert seit Jahren, dass jede gearbeitete Stunde, die mehr als 20 % über die im Arbeitsvertrag vorgesehene Arbeitszeit hinausgeht, als Überstunde bezahlt wird. Was die extreme Zersplitterung der Arbeitstage betrifft (z.B. zwei Stunden am Morgen, zwei Stunden am Abend), bemüht sich der OGBL nach allen Kräften darum, dass ganz einfach der bestehende Kollektivvertrag respektiert wird. Dieser sieht in der Tat vor, dass die Tagesarbeitszeit nur durch eine einzige unbezahlte Ruhepause von mindestens 30 Minuten und maximal 1 Stunde unterbrochen werden kann. Allein die Einhaltung dieser tarifvertraglichen Bestimmung würde diese weitverbreitete Praxis beenden. Des Weiteren setzt sich der OGBL seit Jahren dafür ein, dass die Beschäftigten, die seit 10 Jahren im Sektor berufstätig sind, als qualifizierte Arbeitnehmer anerkannt werden, und dass sie den qualifizierten Mindestlohn erhalten. Das Gesetz fordert dies, die Gerichte haben dem OGBL in dieser Sache Recht gegeben, doch die Arbeitgeber wenden diese Regelung immer noch nicht an. Das ist ein regelrechter Skandal. Ob es sich nun um prekäre Löhne, Arbeitsüberlastung, übertriebene Flexibilität oder Nicht-Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen handelt, es kann sich nur dann etwas ändern, wenn die Angst die Seite wechselt. D.h., wenn die Arbeitnehmer verstehen, dass sie zusammen, mithilfe der stärksten Gewerkschaft Luxemburgs, ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen können. Zusammen gestalten wir die Zukunft der Beschäftigten im Reinigungssektor!
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