Etwas überraschend wurde bereits am 9. Dezember eine Vereinbarung über die Erneuerung des Gehälterabkommens für den Öffentlichen Dienst verkündet. Überraschend auch deswegen, weil die einzige verhandlungsführende Gewerkschaft einige Tage vorher noch behauptete, noch keinen Forderungskatalog eingereicht zu haben.
Die Verhandlungen fanden also erneut hinter verschlossenen Türen, ohne OGBL und Landesverband statt, obwohl Letztere noch kurz zuvor ihren Anspruch an diesen Verhandlungen teilzunehmen bekundet hatten, da sie die Mehrheit in mehreren Sektoren stellen, die vom Gehälterabkommen abhängen. Insgesamt sind in der Tat mehr Personen (derzeit etwa 41.000) bei der Eisenbahn, im Gesundheits-, Pflege- und Sozialsektor, sowie als Arbeitnehmer beim Staat und bei den Gemeinden beschäftigt, als Staatsbeamte und –angestellte im Öffentlichen Dienst. Die Gewerkschaft, die dieses Personal mehrheitlich vertritt, bleibt aber weiter von den Verhandlungen des Gehälterabkommens ausgeschlossen. Eigentlich ein unannehmbarer Zustand. OGBL und Landesverband nehmen dies nicht weiter hin und werden alles unternehmen, dass sich dies in Zukunft nicht mehr wiederholt und es zu Globalverhandlungen für den gesamten öffentlichen Sektor kommt.
Im Unterschied zu seinen Vorgängern hat Minister Marc Hansen erneut keine Sitzung mit den anderen Gewerkschaften abgehalten. Immerhin hat er diesmal aber – im Gegensatz zu dem vorherigen Gehälterabkommen – den OGBL vor der Unterschrift des Abkommens telefonisch über das Verhandlungsergebnis informiert.
Wie der Minister auch während der Pressekonferenz betonte, seien ja einige Forderungen des OGBL beim Verhandlungsergebnis berücksichtigt worden, auch wenn der OGBL nicht mit am Tisch saß.
In der Tat ist es wohl kein Zufall, dass sich die vom OGBL geforderten „5%“ im neuen Gehälterabkommen wiederfinden – wenngleich das tatsächliche Ergebnis weit unter dieser Forderung bleibt: 5% auf den ersten 100 Punkten (100 „points indiciaires“ entsprechen in etwa dem gesetzlichen Mindestlohn) bedeutet ja im Klartext, dass kein Beamter und Angestellter beim Staat eine 5%-Erhöhung erhalten wird. Der maximal zu erreichende Prozentsatz beträgt 3,9% bei einem Staatsangestellten der Laufbahn D3 im ersten Dienstjahr.
Nichtsdestotrotz ist der Ansatz einer Punktwerterhöhung bis zu einer gewissen Anzahl von Punkten, wodurch die niedrigen Karrieren also proportional stärker aufgewertet werden, als die höheren, interessant.
Auch ist zu begrüßen, dass es sich um eine Punktwerterhöhung handelt und nicht um eine Prämie, so dass diese Erhöhung sich auch in den vom Gehälterabkommen abhängigen Kollektivverträgen widerspiegeln wird (auch wenn die genauen Modalitäten dort noch zu verhandeln sind).
Nicht nachvollzuziehen und abzulehnen ist jedoch, dass die Erhöhung von 5% auf ein Jahr limitiert bleiben soll und nicht dauerhaft in die Löhne einfließen soll. Dies wird nämlich dazu führen, dass der Effekt der Aufwertung der niedrigeren Karrieren nach einem Jahr nicht nur annulliert wird, sondern es bedeutet ebenfalls, dass am 1.1.2024 bis weit in die B1-Karriere hinein die Löhne im Vergleich zu 2023 sinken werden! Die vom Minister ins Feld geführte „soziale Selektivität“ bleibt also auf ein Jahr beschränkt. Der Unmut, gerade bei den niedrigen Karrieren, ist vorprogrammiert!
Aus Sicht des OGBL hätten beide Maßnahmen kombiniert werden müssen, also eine Punktaufwertung von 5% auf den ersten 100 Punkten ab dem 1.1.2023 und eine lineare Aufwertung um 1,95% ab dem 1.1.2024, um zu einem akzeptablen Verhandlungsergebnis zu kommen.
Was die sonstigen Punkte des neuen Gehälterabkommens anbelangt, so begrüßt der OGBL ausdrücklich, dass das Bewertungssystem, das er von Anfang an abgelehnt hat, jetzt wieder abgeschafft wird.
Zu begrüßen ist, dass der Abschluss einer BTS-Ausbildung mit einer Prämie valorisiert werden soll. Das gleiche gilt für Beamte mit Meisterbrief in der B1-Karriere, die damit auch eine Aufwertung erhalten. Der OGBL hält aber nichtsdestotrotz an seiner Forderung einer Aufwertung des Meisterbriefs durch eine Einstufung auf Ebene 6 im Qualifikationsrahmen fest.
Die Maßnahmen bei den Posten „à responsabilité particulière“ (PARP), können dazu beitragen, einige Ungerechtigkeiten aus der Welt zu schaffen – insbesondere der Tatsache, dass bisweilen aufgrund der 15%-Schwelle einige Beamte zwar mehr Verantwortung übernommen haben, ohne dass dies einen Einfluss auf ihre Besoldung hatte. Es ist jedoch zu bedenken, dass weiter große Ungleichheiten zwischen den Laufbahnen und Funktionen bestehen, was den Zugang zu den PARP anbelangt und ganze Funktionen, insbesondere auch bei der Eisenbahn, nichts von dieser Maßnahme haben werden.
Die Möglichkeit, über die „voie expresse“ in eine höhere Laufbahn wechseln zu können, wird verlängert. Dagegen ist an sich nichts auszusetzen. Es ist aber zu bedauern, dass erneut die Gelegenheit verpasst wurde, endlich ein für alle Mal die Situation der nach dem alten Gesetz eingestellten Polizisten mit Sekundarschuldiplom zu regeln und diese von der C1 in die ihnen zustehende B1-Laufbahn zu erhöhen und damit durch die Anerkennung ihres Sekundarabschluss-Diploms ein starkes Zeichen zu setzen.
Am 9. Dezember 2022, also am gleichen Tag, an dem das Gehälterabkommen unterschrieben wurden, urteilte das Verfassungsgericht, dass die Polizisten mit Sekundarschulabschluss seit Inkrafttreten des Polizeigesetzes im Jahre 2018 benachteiligt werden. Es wurde als verfassungswidrig eingestuft, dass Beamte ohne Abschluss durch die „voie expresse“ in die Laufbahn B1 durchgeschleust werden, während Beamten, die über einen Abschluss verfügen und somit alle Voraussetzungen für den Zugang zur Laufbahn B1 erfüllen, über keinen adäquaten Zugang zu dieser Laufbahn verfügen.
Überhaupt nicht angesprochen werden im neuen Gehälterabkommen weitere wichtigere Forderungen des OGBL, wie die Personaldelegationen im öffentlichen Dienst, die Arbeitszeitdiskussion oder auch die sektoralen Forderungen wie z.Bsp. die Aufwertung der Laufbahn der Fluglotsen und die Gleichbehandlung der Lehrbeauftragten bei der „Altersdécharge“.
Auch wenn das Ergebnis also nicht völlig zufriedenstellend ist, handelt es sich aber insgesamt um ein besseres Verhandlungsergebnis als bei den zwei vorangegangenen Nullrunden. Der Druck des OGBL im Vorfeld wird dazu beigetragen haben.
Es bleibt aber für den OGBL völlig inakzeptabel, dass er weiter von diesen Verhandlungen, deren Auswirkungen weit über den öffentlichen Dienst hinaus reichen, ausgeschlossen bleibt. Dies bleibt eine fundamentale Verletzung seiner Verhandlungsrechte und damit auch der demokratischen Rechte des Personals in all den vom Gehälterabkommen abhängigen Sektoren, in denen der OGBL klar die Mehrheit stellt. Er wird seine Anstrengungen, dass dies in Zukunft nicht mehr so bleibt, weiter fortsetzen und fordert auch, im Hinblick auf die Wahlen, von allen Parteien, dass sie sich klar dazu bekennen, dass OGBL und Landesverband als Mehrheitsgewerkschaft in den direkt vom Gehälterabkommen abhängigen Sektoren an den Verhandlungen teilnehmen muss.
Mitgeteilt von der OGBL-Abteilung Öffentlicher Dienst am 14. Dezember 2022
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