Rentenreform

Unsere Kritiken und Vorschläge

Was die Regierung an unseren Renten ändern will

Die Regierung hat Ende Januar einen Gesetzesentwurf betreffend die Reform der Rentenversicherung hinterlegt.

Die hauptsächlichen in diesem Gesetz enthaltenen Maßnahmen zielen darauf ab die Kosten der Rentenversicherung zu verringern. In der Tat sind Regierung und Europäische Kommission der Meinung, dass in 15 bis 20 Jahren das aktuelle Niveau der Beiträge sowie die Reserven nicht mehr genügen werden, um die Renten auszuzahlen. Dies weil laut den demografischen Vorhersagen die Menschen länger leben werden und die Anzahl der Rentner steigen wird.

Um ihr Ziel zu erreichen, will die Regierung den Hebel bei drei Punkten ansetzen:

  • bei der Formel zur Berechnung der Renten
  • bei dem Mechanismus zur Anpassung der Renten an die allgemeine Lohnentwicklung (ajustement)
  • bei der Jahresendzulage

Die Regierung will die Formel zur Berechnung der Rente dahingehend ändern, dass man über die Dauer von 40 Jahren länger arbeiten muss, um Anrecht auf die gleiche Rente wie im jetzigen System zu haben. Das heißt im Klartext, dass eine Person, die ihre Rente in 2052 nehmen will und die für den gleichen beitragspflichtigen Lohn die gleiche Rente wie heute bekommen will, 43 Jahre arbeiten und Beiträge zahlen muss anstatt 40 wie es heute der Fall ist. Sie wird mit 63 Jahren anstatt mit 60, mit 68 anstatt mit 65 in Rente gehen müssen, wenn sie dieselbe Rente bekommen möchte.

Das legale Renteneintrittsalter (65 Jahre) und das Recht seine Rente mit 60 Jahren zu nehmen, gegebenenfalls mit 57 Jahren, wenn die Bedingungen erfüllt sind, soll nicht geändert werden. Dies gilt ebenfalls für die Vorruhestandssysteme. Aber der Betrag der Rente soll je nach Fall um zwischen 7,2% und 14,4% (Berechnungen der Arbeitnehmerkammer) verringert werden, wenn der Renteneintritt nicht nach hinten verschoben wird.

Die neuen Bestimmungen sollen zwischen 2013 und 2052 nach und nach in Kraft treten.

An zweiter Stelle sieht der Gesetzesvorschlag vor, dass die Anpassung der Renten an die allgemeine Lohnentwicklung (Rentenajustement) zwangsläufig um 50% gekürzt wird, wenn die Ausgaben die Einnahmen aus den Beiträgen übersteigen. Da der Gesetzesvorschlag keine Beitragserhöhungen vorsieht – im Gegenteil, die Regierung hat dem Patronat versprochen in den nächsten 10 Jahren nicht an den Beiträgen zu rütteln – und falls die Berechnungshypothesen der Regierung richtig sind, kann es gut sein, dassman über die Dauer von 40 Jahren länger arbeiten muss, um Anrecht auf die gleiche Rente wie im jetzigen System zu haben. Das heißt im Klartext, dass in einigen Jahren das Rentenajustement nur noch teilweise spielen wird und die Renten an relativem Wert verlieren. Hinzu kommen natürlich die Auswirkungen der Indexmanipulationen auf die Renten.

An dritter Stelle ist vorgesehen die Jahresendzulage zu beseitigen.

Im Gesetzesentwurf wird das Vorhaben zur Herabsetzung des Gesamtniveaus der Renten mit der Erklärung gerechtfertigt, dass die Lebenserwartung zunähme, dass die Rentner ihre Rente über längere Zeit bekämen, dass die Rentenkosten steigen und die Finanzlasten zu heftig für das System würden.

Unsere Kritiken und Vorschläge

Abgesehen davon, dass es gewagt ist die wirtschaftliche Zukunft, die demografische Entwicklung und die Entwicklung der Lebenserwartung für eine Zeitspanne von 40 Jahren voraus sagen zu wollen, kritisiert der OGBL, dass die Regierung keine Maßnahmen zur Erhöhung der Einnahmen des Systems im Gesetz vorgesehen hat.

Eine leichte Erhöhung der Beiträge, die seit 1976 nicht geändert haben, ist möglich und annehmbar.

Außerdem könnten neue Einnahmequellen eingeführt werden, wie zum Beispiel eine Erhöhung des Beitrags zur Pflegeversicherung, der auch die Einkünfte aus Vermögen einbezieht und der keine Beitragsgrenze vorsieht. Auch eine Erhöhung der Solidaritätssteuer könnte in Betracht gezogen werden. In beiden Fällen müsste der Ertrag solcher Erhöhungen der Rentenversicherung zukommen. Angesichts der aktuellen guten Finanzlage unseres Rentensystems, könnten die vom OGBL vorgeschlagenen Maßnahmen nach unseren Berechnungen niedrig gehalten werden und würden, trotzdem die Lebensfähigkeit unseres Rentensystems noch langfristiger absichern.

Weshalb wurde eine solche auf der Einnahmesteigerung beruhende Lösung, oder auch eine gemischte Lösung mit Maßnahmen auf der Einnahmen- und Ausgabenseite, von der Regierung nicht in Betracht gezogen?

Weshalb wird die Frage einer Beitragserhöhung auf 2022 verschoben und dies nur für den Fall, dass die Maßnahmen zur Leistungsverschlechterung nicht genügen würden um das finanzielle Gleichgewicht unserer Rentenversicherung zu halten?

Der OGBL kritisiert den Gesetzesvorschlag aber auch, weil er den Realitäten des heutigen Arbeitslebens nicht Rechnung trägt.

Die Arbeitnehmer mit mehr als 60 Jahren in Arbeit halten zu wollen, ohne die schweren Arbeitsbedingungen in manchen Berufen in Betracht zu ziehen, ohne eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen in die Wege zu leiten, ohne eine Politik zu machen, die die Arbeit den spezifischen Bedürfnissen der älteren Arbeitnehmer anpasst, ist schlicht und einfach eine Illusion.

Deshalb muss dem Reformvorhaben ein ganzes Maßnahmenpaket, das die Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz, die Arbeitsmedizin, die Weiterbildung und die Arbeitszeitorganisation umfasst, beigefügt werden.

Zu behaupten, dass die Arbeitnehmer wählen könnten, ob sie ihren Renteneintritt nach hinten verschieben wollen, ist nicht nur Augenwischerei, wenn die Arbeitsbedingungen nicht angepasst werden, wenn die Schwere der Arbeit es nicht erlaubt, sondern auch angesichts der Tatsache, dass in der heutigen Arbeitswelt allzu oft die Arbeitnehmer, die über 50 Jahre alt sind, bei wirtschaftlichen Restrukturierungen vor die Tür gesetzt werden. Außerdem haben diese Arbeitnehmer, wenn sie Opfer einer Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen oder eines der vielen Konkurse wurden, die größten Schwierigkeiten wieder eine Arbeit zu finden.

Der Reformvorschlag muss durch konkrete Maßnahmen, die es ermöglichen ältere Arbeitnehmer in Arbeit zu halten, ergänzt werden.

  • Der OGBL kritisiert im gleichen Zusammenhang auch, dass der Gesetzesentwurf nichts für die jungen Leute vorsieht, die ja heute später ins Berufsleben eintreten, da sowohl die schulische als auch die berufliche Ausbildung länger dauern, weil die Jugendlichen zu Recht angehalten werden sich gründlich ausbilden zu lassen, berufliche Qualifizierungen und Diplome zu erwerben, die längere Ausbildungszeiten oder Hochschulstudien verlangen. Des Weiteren werden die jungen Arbeitnehmer immer häufiger mit prekären Arbeitsverhältnissen konfrontiert, werden schlechter entlohnt und müssen Berufsunterbrechungen, also lückenhafte Berufskarrieren, in Kauf nehmen.
  • Der OGBL schlägt deshalb vor alle Arbeitsphasen, alle Praktika während der Ausbildungszeit beitragspflichtig zu machen, diesbezügliche Rückkaufmöglichkeiten einzuführen ebenso wie die Möglichkeit einer freiwilligen Zusatzversicherung innerhalb des öffentlichen Rentensystems.
  • Der OGBL stellt fest dass sich die Teilzeitarbeit in Luxemburg ausbreitet, dass allerdings hauptsächlich Frauen Teilzeit arbeiten, dies oft familiär bedingt, etwa zur Kindererziehung. Zusammen mit der generellen Tendenz des späteren Berufseinstiegs und der geplanten Verringerung der Rente, birgt dies für die jungen Frauen von heute die Gefahr, dass sie zu den armen Rentnern von morgen werden.
  • Der OGBL fordert, dass das Gesetz überarbeitet und verbessert wird, damit es dieser Entwicklung besser Rechnung trägt.

Schließlich gibt der Gesetzesvorschlag keine Antworten auf die Probleme, die bezüglich der Invalidität sowie der externen und internen Wiedereingliederung bestehen.