Seit einiger Zeit bahnen sich dunkle Wolken über dem luxemburgischen Gesundheitssystem an. Die, durch die Pandemie an Elan gewonnene, Diskussion über die Stärken und Schwächen unseres Gesundheitssystems, hat in letzter Zeit vor allem jenen als Schießpulver gedient, die eine klare eigennützige Agenda verfolgen.
Fakt ist, dass bereits die 2017 in Auftrag gegebene Studie der Marie-Lise Lair gezeigt hat, dass Luxemburg, genau wie die meisten europäischen Länder mit voller Kraft Richtung Personalmangel im Sektor steuert. Fakt ist auch, dass die Pandemie gezeigt hat, dass unser System sehr wohl einige Stärken vorzuweisen hat und unser Wohl jedoch vor allem in den Händen der tausenden Beschäftigten im Sektor liegt. Es muss also unsere absolute Priorität sein, die Stärken in Zukunft auszubauen und ein besonderes Augenmerk dem Schutz des Gesundheits- und Pflegepersonals zuzuwenden.
Wenn jedoch heute private Spekulanten in Luxemburg in Infrastrukturen investieren, die als Ziel haben in Zukunft schwere medizinische Geräte zu beherbergen und somit als private Mini-Krankenhäuser betrieben zu werden, dann vor allem weil private Investitionen in Gesundheit und Pflege höchst Attraktiv geworden sind. Dies ist wirtschaftlich nicht verwunderlich, da deren Finanzierung durch Beitragsgelder der Versicherten eine unglaubliche Sicherheit bieten.
Die damit zusammenhängende Lobby der liberalen Ärzteschaft AMMD, die politisch alles versucht, um solchen kommerziellen Strukturen gesetzlich den Weg zu ebnen, ist dagegen skandalös. Immer wieder wurde in den letzten Monaten versucht, die Öffentlichkeit unseres Systems, was seine eigentliche Stärke ausmacht, in Frage zu stellen, um ganze Teile einer privaten Marktlogik zu unterwerfen und öffentliche Gelder, die investiert werden um eine qualitativ Hochwertige Medizin und Pflege zu garantieren, als Privatprofite aus dem System herauszusaugen.
Im Ausland sind indessen bereits zahlreiche Beispiele vom Schaden sichtbar, der eine solche kommerzielle Entwicklungslogik im Gesundheitssektor anrichten kann. Auch in unseren Nachbarländern haben Privatisierungen immer wieder dazu geführt, dass Kapazitäten reduziert wurden und Spitäler geschlossen wurden, dies da private Betreiber sich in der Regel auf standardisierbare und lukrative Behandlungen beschränken. Dies wird heute bereits durch die Stellenanzeige verdeutlicht, mit der das private Medical Center Cloche d’Or versucht Ärzte anzulocken. Hier wird gezielt in Stellenanzeigen das Argument aufgeführt, dass die Ärzteschaft in diesen Strukturen, anders als in den Krankenhäusern keine Schichtarbeit oder Bereitschaftsdienste abhalten muss. Dass durch solche Argumente der Ärztemangel in den Krankenhäuser nur verschärft werden kann, scheint die Betreiber nicht zu stören.
Der OGBL begrüßt währenddessen die politische Courage in Luxemburg, diese Fehler eben nicht nachzuahmen, indem kurzerhand solche Auswüchse im Gesundheitswesen bereits existierenden öffentlichen Einrichtungen unterstellt wurden.
Was ein Mangel an solchem politischen Mut zur Folge hat ist jedoch zur gleichen Zeit im Pflegebereich zu beobachten. Ein rezenter Presseartikel des Tageblatt hat aufgedeckt, dass der französische Großkonzern Orpea bereits seit 2014 versuchte in Luxemburg Fuß zu fassen, was jedoch in der Vergangenheit «vehement» abgelehnt wurde. Nachdem bereits vor 2 Jahren versucht wurde Teile des öffentlichen Anbieters Servior zu privatisieren, sah die liberale Familienministerin eigenen Angaben nach heute keine andere Möglichkeit, als Orpea die Tür nach Luxemburg zu öffnen und das obwohl der Konzern überall in Europa für negative Schlagzeilen sorgte, sowohl was Rationierungen von Leistungen, Misshandlung von Bewohnern, Veruntreuung von öffentlichen Geldern sowie die Ausbeutung vom eigenen Personal angeht.
All dies, weil Orpea nachweislich seine Pflegeaktivität als einziges Mittel benutzte um private Profite zu maximieren und ein internationales Immobilienimperium zu errichten. Dies wiederum, weil die private Marktlogik es nicht verhinderte und genauso auch im luxemburgischen Gesundheitswesen nicht verhindern würden, sollten wir es heute ermöglichen.
Unsere Gesundheit darf nicht zu einer attraktiven Ware für Kapitalanleger, Spekulanten und Investoren, werden. In dieser Optik ist es die Verantwortung unserer Regierung, keine Öffnungen im System zuzulassen, die es ermöglichen würden, dass unsere Steuergelder in private Taschen fließen, anstelle beim Personal, qualitativ hochwertigem Material und somit vor allem in der Qualität der Versorgung der Patienten und pflegebedürftigen Personen anzukommen.
Das OGBL-Syndikat Gesundheit und Sozialwesen begrüßt also, dass die öffentliche Logik, die Hand in Hand mit dem Solidaritätsprinzip funktioniert, aktuell im Gesundheitswesen gestärkt wird und fordert die gleiche Determination im Pflegebereich.
Darüber hinaus ist es sowohl im Krankenhauswesen als im „Extrahospitalier“ an der Zeit, kurzfristig zu handeln, um dem Personalmangel entgegenzuwirken. Schluss mit Teilzeit- und zeitlich begrenzten Verträgen im Sektor. Es kann nicht sein, dass junge Menschen mit prekären Arbeitsverträgen abgespeist werden, während jede helfende Hand im Sektor gebraucht wird. Vor allem im Bereich der mobilen Pflege werden solche Verträge dazu genutzt um sich eine maximale Planungsflexibilität auf Seiten der Arbeitgeber und zum Nachteil der Arbeitnehmer, zu behalten. Zusätzlich benötigen wir kurzfristig eine Erhöhung der Personaldotationen, gekoppelt an Mindestbesetzungen, sowohl was die Anzahl der Mitarbeiter angeht, sowie ihrer Qualifikationen pro Station.
Nur wenn diese Faktoren zusammenspielen, kann eine einheitliche, bestmögliche Versorgung aller Patient garantiert werden.
Mitgeteilt vom OGBL-Syndikat Gesundheit und Sozialwesen am 16. Januar 2023
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