Exekutivausschuss

Sozialabbau kann für den OGBL kein Bestandteil eines Tripartiteabkommens sein!

Die Exekutive des OGBL hat sich in ihrer Sitzung vom 12. April 2010 mit dem Stand der laufenden Tripartite-Diskussionen befasst.
In Bezug auf die Beschäftigungspolitik stellt die Exekutive fest, dass der Arbeitsminister 12 Handlungsbereiche vorgeschlagen hat, die für den OGBL eine Basis für konstruktive Diskussionen im Rahmen des Comité permanent du travail et de l’emploi sein können, damit kurzfristig Maßnahmen zugunsten der von Arbeitslosigkeit betroffenen Arbeitnehmer entwickelt und beschlossen werden können. Der OGBL geht davon aus, dass die Regierung bereit ist, die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen, damit eine aktivere Beschäftigungspolitik möglich wird und die soziale Absicherung der Arbeitnehmer, die ihre Arbeit aus wirtschaftlichen Gründen verloren haben oder die keinen Zugang zum Arbeitsmarkt finden, gewährleistet ist. Der OGBL ist in dem Sinne bereit, einer Anhebung der Beiträge zum Beschäftigungsfonds, insbesondere der Solidaritätssteuer, zuzustimmen. Der OGBL geht davon aus, dass eine Erhöhung der Solidaritätssteuer nicht nur die physischen Personen, sondern auch die Betriebe betrifft.

Der OGBL stellt ebenfalls fest, dass der Wirtschaftsminister zahlreichre Maßnahmen aufgezeichnet hat, um die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Luxemburg zu verbessern, die jedoch in Bezug auf ihre Ausgestaltung und ihren Kostenpunkt konkretisiert werden müssen. Der OGBL begrüßt die Absicht in den verschiedenen Wirtschaftsbereichen Rundtischgespräche mit allen Betroffenen (Betriebe, Arbeitnehmervertreter, Vertreter der Gemeinden, usw.) zu organisieren, um auszuloten, welche konkreten Maßnahmen in den einzelnen Bereichen getätigt werden können, um die Rahmenbedingungen für die wirtschaftliche Entwicklung zu verbessern. Der OGBL erwartet, dass sich diese Gespräche besonders auf zukunftsträchtige Aktivitäten konzentrieren, und dass dabei auch soziale und umweltpolitische Auswirkungen und Zielsetzungen berücksichtigt werden.

Der OGBL stellt des Weiteren fest, dass die Patronatsvereinigung UEL weiterhin auf ihren Forderungen über einen Lohnstopp, eine Aussetzung der Indexanpassung der Löhne und Pensionen und die Nichtanpassung des Mindestlohnes an die Lohnentwicklung der letzten beiden Jahre beharrt. Der OGBL begrüßt in diesem Zusammenhang die Aussage der Regierung, dass sie gewillt ist den Mindestlohn zum ersten Januar 2011 an die Lohnentwicklung anzupassen.

OGBL gegen jede Form der Indexmanipulierung

Der OGBL widersetzt sich jedoch vehement den Überlegungen der Regierung den Indexwarenkorb zu manipulieren und insbesondere die Energiepreise aus dem Warenkorb zu entfernen. Einer derartigen Manipulation des Indexsystems wird der OGBL nicht zustimmen. Die Indexierung der Löhne und Pensionen muss integral und ohne Manipulation weitergeführt werden.

In Bezug auf die öffentlichen Finanzen, ist die Regierung gewillt an ihrer Zielsetzung eines Nulldefizits im Jahre 2014 festzuhalten. Dies will sie zu 2/3 über den Weg von Einsparungen bei den öffentlichen Ausgaben, zu einem guten Teil im Sozialbereich, und zu 1/3 über den Weg von zusätzlichen Steuereinnahmen erreichen. Der OGBL bleibt der Meinung, dass der stramme Austeritätskurs, der sich aus dieser Zielsetzung und dieser Haushaltsstrategie ergibt, wirtschafts- und sozialpolitisch kontraproduktiv ist. Dies um so mehr als alle Zahlen darauf hindeuten, dass das Haushaltsdefizit 2009 unter einem Prozent liegt und auch 2010 niedriger als veranschlagt liegen wird.

Die Regierung will die Investitionen auf dem hohen Niveau von 2009 einfrieren.
Von einer Sparpolitik kann in dem Zusammenhang nicht eigentlich gesprochen werden. Wenn denn die Haushaltslage so schlecht sein sollte, wie sie dargestellt wird, müsste dann nicht vorerst die Investitionspolitik qualitativ und quantitativ überprüft werden? Welche Projekte haben Vorrang, was kann zurückgesetzt werden? Wie können die öffentlichen Gelder bei den Investitionen effizienter eingesetzt werden?

Familien sollen geschwächt werden

Stattdessen sieht das Maßnahmenpaket wesentliche soziale Verschlechterungen für die aktiven und pensionierten Arbeitnehmer und für Familien mit Kindern vor.
So wird erwogen, das Rentenajustement vom 1. Januar 2011 nicht auszuzahlen, die „allocation de rentrée scolaire“ beim Kindergeld zu streichen und nur den Familien zu gewähren, die die Teuerungszulage vom Fonds national de solidarité bekommen, ebenso soll das Kindergeld nur bis 21 Jahre gewährt werden d.h. studieren wird noch teurer für die meisten Familien, und daran ändert auch die erwogene leichte Verbesserung der Studienbörsen nichts. Der Elternurlaub soll von 6 auf 4 Monate gekürzt werden. Essensgutscheine (chèques-repas) und Essenszulagen, beides nochmalerweise vertraglich abgemachte Lohnbestandteile, sollen abgeschafft werden.

Änderungen im Bereich der Subventionen beim Erwerb einer Wohnung werden ebenfalls als Einsparpotenzial erwogen. Die sozialen Auswirkungen dieser Maßnahmen sind für den OGBL noch nicht absehbar, genauso wenig wie bei den vorgesehenen Einsparungen im öffentlichen Transport.

Die Regierung geht auch weiterhin von einem mehrjährigen Stopp der Lohnentwicklung im öffentlichen Bereich im weitesten Sinne aus (Arbeitnehmer bei Staat und Gemeinden, in den öffentlichen Betrieben, im Gesundheits- und Sozialwesen, unabhängig davon ob sie unter einem öffentlich-rechtlichen oder einem privatrechtlichen Statut arbeiten).

Die Vorschläge auf der Einnahmenseite sind wesentlich unpräziser. So wird eine Krisenabgabe auf allen Einkommensarten ins Gespräch gebracht, wobei die Höhe dieser Abgabe und ihre Berechnung nicht weiter erklärt wurden. Es wird auch eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes und die Einführung eines Superspitzensteuersatzes auf sehr hohen Einkommen erwogen, wobei unklar bleibt, wie viel über diesen Weg im Vergleich zur Krisenabgabe, die anscheinend von allen Arbeitnehmern gezahlt werden soll, in die Staatskasse fließen soll. Präziser sind dann die Überlegungen die Absetzbarkeit der Fahrtkosten um die Hälfte zu kürzen und den Steuerkredit auf dem Kaufakt einer Wohnung abzuschaffen. Klar ist auch die Absicht, bis 2014 die Steuertarife nicht mehr an die Inflation anzupassen, also die Steuern schleichend zu erhöhen. Eine Bankensteuer wird zwar befürwortet aber nur auf Grund einer gemeinsamen europäischen Entscheidung.

Im Sozialbereich erinnert der OGBL daran, dass die Regierung einseitig ihren Beitrag zur Pflegeversicherung eingefroren hat. Dies entlastet den Staatshaushalt auf Kosten der Versicherten, die einen wachsenden Anteil der Kosten der Pflegeversicherung über ihre Beiträge zahlen.

Maßnahmenpaket nicht tragbar für den OGBL

Unklar bleibt ebenfalls, ob die Regierung gewillt ist der Forderung der Arbeitgeber nach einem Einfrieren der Beitragssätze bei den Sozialversicherungen zu unterstützten, was z.B. im konkreten Fall bei einem eventuellen Defizit in der Krankenversicherung darauf hinauslaufen würde, dass entweder die Leistungen verschlechtert oder die Eigenbeiträge erhöht werden müssten. Der OGBL erinnert in diesem Zusammenhang an seine Forderung nach einer Abschaffung der Beitragsgrenze bei der Krankenversicherung, eine Maßnahme, die sozialgerecht wäre, jegliches Defizit verhindern würde, die Reserve auf die vormalige Höhe von 10% bringen würde und zudem eine Beitragssenkung ermöglichen würde. Eine Aufhebung der Beitragsgrenze in der Pensionsversicherung ohne Erhöhung der Leistungsansprüche würde übrigens genauso einen wichtigen Beitrag zu einer längerfristigen Absicherung der bestehenden Leistungen unseres Pensionssystems bringen.

Ein einheitlicher Beitragssatz bei der Unfallversicherung würde ebenfalls den Betrieben im Bau, im Handwerk, in der Industrie zu Gute kommen. Es bedürfte natürlich der Solidarität der anderen Wirtschaftsbereiche, insbesondere des Finanzsektors.

Schlussfolgernd stellt die Exekutive des OGBL fest, dass die vorgeschlagene Strategie für eine Haushaltskonsolidierung zu einer Austeritätspolitik führt, welche die Kaufkraft der Arbeitnehmer stark belasten wird.

Die Exekutive des OGBL ist nicht bereit, sozialen Verschlechterungen wie einer Indexmanipulierung, einem Aussetzen des Rentenajustements, einseitigen Verschlechterungen beim Kindergeld, einer Kürzung des Elternurlaubs usw. zuzustimmen.

In Bezug auf die vorgeschlagenen steuerpolitischen Maßnahmen fehlt es an der notwendigen Transparenz was das Ausmaß dieser Maßnahmen, ihre Dauer und ihre sozialgerechte Ausgestaltung angeht.

Entsprechend ist das vorgelegte Maßnahmenpaket für den OGBL in dieser Form nicht tragbar.

Mitgeteilt von der Exekutive des OGBL
am 12. April 2010