Die wirtschaftliche Kompetitivität Luxemburgs ist Weltspitze und die luxemburgische Wirtschaft wird laut STATEC in den Jahren 2015 bis 2017 um mehr als 10% wachsen. Die öffentlichen Finanzen sind gesund, man brüstet sich mit dem Triple AAA.
Die Kaufkraft der Bevölkerung entwickelt sich ebenfalls, und zwar in die entgegengesetzte Richtung. Diese Rückwärtsentwicklung erklärt sich nicht nur durch die in den Krisenjahren erlittenen und bis heute nicht wett-gemachten Verluste. Das statistische Amt sagt ebenfalls für 2015 ein Minus von 0,8% voraus, gefolgt von einem quasi Stillstand im darauffolgenden Jahr.
Die Ursachen hierfür sind bekannt. Seit Krisenausbruch hat sich der reale durchschnittliche Lohn in Luxemburg nicht mehr entwickelt. Nach Meinung des STATEC wird sich der reale Durchschnittslohn um magere 0,2% erhöhen. Wäre es dem OGBL nicht gelungen, die strukturelle Verschlechterung unseres gesetzlichen Index-mechanismus zu verhindern, hätte sich der reale Lohn in Luxemburg im Verlauf der letzten Jahre in den Minusbereich entwickelt.
Die realen Kaufkraftverluste der Bevölkerung haben politische Ursachen. Die fiskalische Belastung der Haushalte hat weiter zugenommen und bei den Sozialleistungen sind Rückschritte zu verzeichnen. Einige Beispiele: seit Jahren wurde die Steuertabelle nicht mehr an die Preisentwicklung angepasst, steuerliche Vergünstigungen wurden verschlechtert, die Haushalte (und nicht die Betriebe) tragen die Hauptlast der erhöhten Solidaritätssteuer, die Familienzulagen wurden nicht mehr an die Preisentwicklung angepasst, die Eigenbeteiligung bei Leistungen für die Gesundheit wurde erhöht, das Rentenajustement wurde nicht ausbezahlt, das Mindesteinkommen wurde ebenfalls nicht angepasst, und vieles mehr.
Die Verschlechterung der Kaufkraft, die für 2015 vorhergesagt wird, ist auf die Sparpolitik, die den irreführenden Namen „Zukunftspak“ trägt, zurückzuführen. Die Erhöhung der Mehrwertssteuer, die bekanntlich erst mit der nächsten Indextranche ausgeglichen wird, die Einführung des „impôt d’équilibrage budgétaire temporaire“, die Verschlechterung bei den Familienzulagen und eine ganze Reihe weiterer Sparmaßnahmen ziehen das reale Einkommen der Haushalte nach unten.
Diese Politik steht nicht nur im Widerspruch zur Entwicklung der wirtschaftlichen Eckdaten Luxemburgs. Sie vergrößert ebenfalls die sozialen Ungleichgewichte in der luxemburgischen Gesellschaft.
Die Regierung muss jetzt politische Zeichen setzen, die sich positiv auf die realen Einkommen der Haushalte auswirken. Der OGBL fordert, dass die angekündigte Steuerreform zum wichtigsten Hebel wird, um dieses Ziel zu erreichen. Die unteren und mittleren Einkommenschichten müssen steuerlich spürbar entlastet werden! Das Prädikat der Steuergerechtigkeit hat Luxemburg längst verloren. Die fiskalische Schieflage zwischen der Besteuerung der Betriebe und der Kapitaleinkommen einerseits und der Steuerlast der Haushalte andererseits ist in den beiden letzten Jahrzehnten enorm angewachsen. Die stärkere Besteuerung der Betriebe, der hohen Einkommen, des Reichtums und der Kapitaleinkünfte muss jetzt zur politischen Tagesordnung werden. Die Spielräume sind da und die Regierung steht vor der Aufgabe, diese auszusondieren und auszunutzen. Und die Frage stellt sich, ob angesichts der gesunden Situation der öffentlichen Finanzen der „impôt d’équilibrage budgétaire temporaire“ überhaupt noch für 2016 angebracht ist?
Die Regierung steht in Bezug auf die Pflegeversicherung ebenfalls vor einer sehr wichtigen Entscheidung. Die aktuelle Leistungsstärke dieser sehr wichtigen öffentlichen Versicherung muss abgesichert werden. Der OGBL lehnt Einschnitte bei den Leistungen für die pflegebedürftigen Menschen kategorisch ab und unsere Gewerkschaft ruft die Regierung dazu auf, die durch den „Zukunftspak“ ausgelösten Restriktionen beim Leistungsangebot sofort abzustoppen. Der angerichtete Schaden ist bereits jetzt groß und löst überflüssige soziale Konflikte aus.
Die darüberhinaus anstehende Diskussion über die Reform der Pflegeversicherung muss eine positive sein. Alles was bereits jetzt gut ist, muss erhalten bleiben. Alles was als verbesserungsbedürftig identifiziert wird, muss verbessert werden. Für die pflegeabhängige Bevölkerung und für das sie betreuende Personal. Falls die Reformdiskussion in die falsche Richtung geht, wird der OGBL gewerkschaftliche Aktionen einleiten. Der Nationalvorstand des OGBL vom 7. Juli hat hierzu grünes Licht erteilt.
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