Leitartikel

Schwarze Zukunft

André Roeltgen, Generalsekretär des OGBL
André Roeltgen, Generalsekretär des OGBL

Am 14. Oktober 2014  hat die neue Regie- rung dem Land ihre neue Politik vorgestellt: Kaufkraftverluste und Sozialabbau und das trotz ei- nes Wirtschaftswachstums von +2,5%-3,0%. Es ha- gelt Kritik und Unverständnis breitet sich aus. Nicht nur in Gewerkschaftskreisen. Zu Recht. Denn weder die gute wirtschaftliche Lage noch die insgesamt ge- sunde Situation der öffentlichen Finanzen rechtferti- gen soziale Einschnitte und zusätzliche Belastungen der Haushalte.

Völlig überzogen ist  der Katastrophismus, den die Regierung in Bezug auf die öffentlichen Finanzen verbreitet.  Luxemburg  ist  in  keiner  Schuldenfalle und auch auf der Einnahmeseite gibt es, trotz des Wegfalls der Mehrwertsteuer aus dem E-Commerce, keinen Grund für solche Überreaktionen.

Doch statt neben der Erhöhung der Mehrwertsteu- er, Korrekturen über den Weg einer sozial gerechten Steuerreform vorzunehmen, vergreift sich die Regie- rung am Sozialstaat und an der Kaufkraft der Haus- halte. Dafür wurden die Regierungsvertreter nicht vom Volk gewählt. Bei ihrem Antritt versprach die Regierung, keinen Sozialabbau zu betreiben und den sozialen Dialog neu zu beleben. Beides ist Schnee von gestern.

Das Austeritäts- und Sparpaket, das den abstrusen Namen „Zukunftspaket“  trägt, bedeutet ein Schlag gegen die Realeinkommen der Haushalte und wird sich postwendend wachstumsschädigend auf die luxemburgische Wirtschaft, auf die Betriebe und Arbeitsplätze, auswirken. Die sozialen Einschnitte und die lange Liste zusätzlicher Belastungen werden in erster Linie die unteren und mittleren Einkom- mensschichten der Bevölkerung treffen. Kürzlich hat der „Observatoire de la Compétitivité“ festgestellt, dass in Luxemburg die Verteilungsschere zwischen unten und oben größer geworden ist. Die Regierung hat jetzt beschlossen, dass es in diese Richtung wei- tergehen soll! Diese Politik wird der OGBL nicht un- terstützen, er wird sie bekämpfen.

Wer Zukunft  machen will,  der wird  sie nicht  über den sozialen Rückschritt erreichen. Die Kritik des OGBL richtet sich nicht gegen eine familienpolitische Orientierung, die arbeitstätige Eltern und ihre Kinder unterstützen will. Die Kritik richtet sich gegen eine Regierung, die vorgibt dies zu tun, es aber nicht tut. Warum werden beispielsweise die 71 Millionen Euro, die durch die Abschaffung der Erziehungs- und Mut- terschaftszulage frei werden, nicht in die vom OGBL geforderte Aufwertung des Elternurlaubs und in die längst fällige Anpassung des Kindergeldes und des Kinderbonus investiert? Warum wird das Kindergeld zukünftig ab dem zweiten Kind drastisch nach unten revidiert?

Inakzeptabel für den OGBL ist eine Politik, die die Finanzierung eines Teils des Sozialstaats aus dem allgemeinen Steueraufkommen herausbrechen will. Bereits im Vorsommer warnte der OGBL die Regie- rung  eindringlich  vor dem  politischen  Fehler, eine 0,5%-prozentige  Sozialabgabe zwecks Finanzierung der Kasse der Familienzulagen einzuführen und wies auf die sozial ungerechte Lastenverteilung hin.

Empörung  beim OGBL haben die angekündigten Aus- teritäts- und Sparmaßnahmen gegen die Sicherung der Arbeitsplätze und gegen die Arbeitslosen ausge- löst. Die seit 2009  eingeführten Antikrisenmaßnah- men bei Kurzarbeit und Arbeitslosenunterstützung sollen abgeschafft und das wichtige Instrument der „aide au réemploi“ soll verschlechtert werden. Wer der Arbeitslosigkeit nicht Herr wird, der vergreift sich an den Arbeitslosen. Wie anders soll man diese An- griffe der Regierung auf die Arbeitnehmer beschrei- ben?  Die Vorschläge des  OGBL für  eine  bessere Absicherung der Arbeitsplätze und für den Schutz gegen und bei Arbeitslosigkeit sind bislang in den Wind geschlagen oder ignoriert worden.

Dunkle Zukunftswolken kündigen sich ebenfalls für die Krankenversicherung und die Pflegeversicherung an. Die angekündigten Sparmillionen werden nicht spurlos an den Leistungen, am Portemonnaie der Versicherten, an der qualifizierten Arbeit und an den Arbeits- und Lohnbedingungen des Personals im Ge- sundheits-  und Sozialwesen vorbeiziehen. Der OGBL verlangt von der Regierung, dass sie diese Entwick- lung unverzüglich abstoppt.

Der OGBL hatte den Regierungswechsel befürwortet, damit der Austeritätspolitik ein Ende gesetzt werden könnte. Wir sind jedoch enttäuscht und getäuscht worden. Deshalb wird unsere Opposition Gestalt annehmen. Der Richtungswechsel der Politik ist die oberste Forderung. Für den Erhalt des Sozialstaats und für mehr Verteilungsgerechtigkeit in Luxemburg. Jetzt und nicht erst dann, wenn Zukunft ist!