Die automatische Lohnindexierung (seit 1975) dient dem Erhalt der Kaufkraft, indem sie die durch die Inflation verursachte Geldentwertung ausgleicht. Somit ist der Index ein technischer Mechanismus, der den Kaufkraftverlust ausgleichen soll.
– Bei gleicher Produktivität und Wirtschaftsleistung des Unternehmens verhindert der Index, dass die Inflation die Reallöhne entwertet.
– Arbeitnehmer*innen und Rentner*innen können sich wieder denselben Umfang an Waren oder Dienstleistungen leisten wie vor der Abwertung.
– Der Erhalt der Kaufkraft wiederum kommt der Wirtschaft zugute, insbesondere dem Handel und dem Handwerk.
Der gesetzliche Mechanismus umfasst:
Index = sozialer Frieden
Der Index ermöglicht ein Minimum an organisierter Lohnpolitik, da alle Löhne an die Inflation angepasst werden, was die Kollektivvertragsverhandlungen in den Betrieben entlastet und erleichtert –> mit dem Index können sich die Lohnverhandlungen auf den wirtschaftlichen Umsatz der Unternehmen und die Produktivitätsentwicklung konzentrieren, da der Inflationsausgleich nicht verhandelt werden muss. Dieses Modell hat sich über Jahrzehnte hinweg als sehr erfolgreich erwiesen und wesentlich zum sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt beigetragen. Es ist eine der wichtigsten Säulen des sozialen Friedens in Luxemburg. Die luxemburgische Arbeitnehmerschaft hat kein Interesse daran, dass das luxemburgische Modell verschlechtert oder gar schrittweise abgebaut wird.
Der Index ist daher weder eine sozialpolitische Maßnahme noch eine Maßnahme zur Umverteilung des von der Wirtschaft geschaffenen Reichtums und genau genommen auch kein Instrument der Lohnpolitik, sondern schlicht und einfach ein Ausgleichsmechanismus.
Wer heute sagt, dass angesichts einer sogenannten problematischen Inflationsentwicklung dringender Handlungsbedarf besteht, ist nicht ehrlich und plant ganz klar einen Angriff auf das Indexsystem:
– um das Modell der Lohnverhandlungen ernsthaft zu stören oder sogar abzuschaffen, und
– um Lohnkürzungen zu erzwingen und auf Kosten der Arbeitnehmer*innen einen ständigen Druck auf die Löhne auszuüben.
Die Inflation in Luxemburg ist zu hoch = falsch!
Laut dem „Observatoire de la formation des prix“ lag die Inflation in Luxemburg im Jahr 2021 bei 2,5 %. Damit lag die Inflation hierzulande leicht über dem EU-Durchschnitt und der Inflation in Frankreich, aber unter der Inflation in den anderen Nachbarländern und den Niederlanden. Die Inflation hat sich in den letzten Wochen vor dem Hintergrund der russischen Invasion in der Ukraine beschleunigt. Die Situation ist jedoch unbeständig und es ist unklar, wie lange diese erhöhte Inflation anhalten wird. Auch hier folgt die Preisentwicklung in Luxemburg den internationalen Trends und ist nicht wesentlich höher.
Auf jeden Fall sind wir derzeit weit von der Situation in den 1970er und frühen 1980er Jahren entfernt, als die Inflation zeitweise bei 10 % lag. Eine dynamische Wirtschaftsentwicklung produziert nicht nur Inflation, sondern braucht sie auch. Wirtschaftswissenschaftler halten eine Inflationsentwicklung von 2 % oder 3 % pro Jahr oder sogar noch mehr für optimal und stimulierend für die Wirtschaftstätigkeit. Dies entspricht der durchschnittlichen Inflationsrate in Luxemburg während der letzten 30 bis 35 Jahre.
„Der Index heizt die Inflation an und führt zu einem Preisanstieg“ = falsch!
Es sind die Unternehmen, die als erste die Preise erhöhen –> wenn sie es nicht täten, bräuchten wir den Index nicht, um unsere Löhne und unsere Kaufkraft besser zu schützen. Wenn der Index die Inflation anheizen würde, würde jede Fälligkeit automatisch zu einem Inflationsschub führen. Entgegen immer wiederkehrender Behauptungen konnte das Statec in einer Studie zu diesem Phänomen einen solchen sogenannten “Zweitrunden”-Inflationseffekt des Index (diese wurde während der letzten nationalen Diskussion über eine Manipulation des Index in Auftrag gegeben; vgl. Wirtschaft & Statistik Nr. 43/2010) nicht bestätigen –> nur 0,2% auf dieses Phänomen zurückgeführt werden können. Wenn der Index tatsächlich die Inflation anheizen würde, müsste die Inflationsentwicklung in Luxemburg deutlich höher sein als in den anderen europäischen Ländern, was aber keineswegs der Fall ist.
Die Löhne sind zu hoch = falsch!
In Luxemburg gibt es keinen objektiven Grund für die Forderung nach Lohnkürzungen. Tatsächlich ist der Lohnanteil am geschaffenen Mehrwert seit Jahren rückläufig: Die Löhne sind langsamer gewachsen als die Gewinne und Dividenden der Unternehmer und Aktionäre.
Diese Verzerrung der Verteilung zwischen Kapital und Arbeit ist kein spezifisch luxemburgisches Phänomen, sondern gilt für die Arbeitnehmer*innen in allen europäischen Ländern –> aber Luxemburg ist hier eindeutig führend, da die ungerechte Umverteilung der Wirtschaftsleistung in Luxemburg besonders ausgeprägt ist (und das trotz unseres Indexsystems). Die Arbeitsproduktivität in Luxemburg liegt seit Jahren weit über der unserer geografischen Nachbarn. Gleichzeitig sind auch die Gewinnmargen der Unternehmen (Anteil des geschaffenen Mehrwerts nach Abzug der Lohnkosten) höher als in unseren Nachbarländern. Wenn es in bestimmten Unternehmen oder Wirtschaftszweigen Probleme gibt, sind diese in den meisten Fällen nicht auf die Lohnkosten zurückzuführen.
Der Index ist nicht sozial gerecht = falsch!
Direkte Lohnverhandlungen und Kollektivvertragsverhandlungen dienen dazu, mehr Lohngerechtigkeit herzustellen: Sie legen fest, wie der durch die geleistete Arbeit geschaffene Mehrwert zwischen Löhnen und Kapitaleinkommen aufgeteilt wird und ob eine gerechtere Verteilung der Wirtschaftsleistung eines Unternehmens zwischen Löhnen und Gewinnen, Kapitaleinkommen und Dividenden erreicht werden kann oder nicht.
Der Index hat auch nichts mit der Lohnhierarchie in einem Unternehmen zu tun! Es ist nicht die Schuld des Index, wenn in einem Betrieb das Verhältnis zwischen den Löhnen und den verschiedenen Funktionen bzw. beruflichen Qualifikationen nicht ausgewogen oder sogar ungerecht ist.
–> Mehr soziale Gerechtigkeit sollte durch eine fortschrittliche Steuerpolitik des Staates angestrebt werden, die den Steuerdruck auf die Betriebsgewinne der Unternehmen und auf die großen Einkommen erhöht.
Zur Erinnerung: Der OGBL fordert eine Steuerreform, die Folgendes beinhaltet:
– eine Anpassung der Steuertarife an die Preisentwicklung. Diese wurde seit 2009 nicht mehr durchgeführt. Ohne Anpassung der Tarife kompensiert der Index die gesamte Kaufkraft nur auf dem Bruttoeinkommen, nicht aber auf dem Nettoeinkommen (Phänomen der kalten Progression). – eine Steuerentlastung für die Mittelschicht durch eine stärkere Steuerprogression, – einschließlich einer Erhöhung des Spitzensteuersatzes; – eine höhere Besteuerung von Kapitaleinkommen und Vermögen sowie von Immobilienspekulationen.
In den vergangenen Jahren wurde die Steuerlast zunehmend von den Unternehmen auf die privaten Haushalte verlagert; dieser Trend muss umgekehrt werden.
„Ist es fair, dass eine Indexrate von 2,5% für eine*n Arbeitnehmer*in mit sozialem Mindestlohn eine Erhöhung von etwas mehr als 50€ bedeutet, während die/der andere 500€ mehr bekommt?” – Solche populistischen Behauptungen verhindern jede ernsthafte Diskussion, denn diese Zahlen sind nichts anderes als der Vergleich eines monatlichen Bruttogehalts von 2.250€ (sozialer Mindestlohn) mit einem Bruttogehalt von 20.000€!
–> Das entspricht 8,86x dem sozialen Mindestlohn!
Die Zehntausende von Arbeitnehmer*innen mit einem Bruttolohn von 4.000 €, 5.000 €, 6.000 € oder 7.000 € werden verschwiegen. Und doch sind sie es, auf die der Präsident des luxemburgischen Unternehmensverbands (UEL) Michel Reckinger abzielt, wenn er solche Beispiele anführt.
Wenn es sich tatsächlich um diejenigen handeln würde, die 15.000€ oder 20.000€ im Monat verdienen, müsste die UEL ohne zu zögern die Forderung des OGBL akzeptieren, mehr Steuergerechtigkeit durch zusätzliche Steuerstufen für sehr hohe Einkommen herzustellen!
–> Der Vorschlag eines gedeckelten Indexes hat nicht zum Ziel, mehr Lohn- oder soziale Gerechtigkeit zu erreichen, im Gegenteil, es geht schlicht und einfach darum, die normalen Löhne und damit die Kaufkraft zu senken!
–> Dies ist ein Zwischenschritt auf dem Weg zur vollständigen Abschaffung des Indexsystems!
Gedeckelter Index = sozialer Index?
Die einzigen, die von diesen Einsparungen profitieren, sind die Unternehmen und die Aktionäre. Ein Höchstindex würde dazu führen, dass sich Arbeitnehmer*innen mit höherem Einkommen weniger mit unserem Sozialmodell und seiner sozialen Sicherheit identifizieren.
Käme ein gedeckelter Index den niedrigen Löhne zu Gute?
“Werden Geringverdiener*innen davon profitieren, dass die Löhne von etwa 45 % der übrigen Arbeitnehmer*innen abgebaut werden?” –> Nein.
Der gedeckelte Index würde den Geringverdiener*innen überhaupt nicht zugute kommen: Sie würden keinen Cent von dem Geld erhalten, das die Arbeitgeber auf Kosten der anderen Arbeitnehmer*innen einnehmen würden. Schlimmer noch –> Der Druck der Arbeitgeber und ihrer Organisationen auf die Geringverdiener*innen wird steigen!
Es wäre ebenso naiv wie falsch, die allgemeine Ausrichtung der Forderungen der Arbeitgeber zu verkennen: “Weg mit dem sozialen Mindestlohn, weg mit dem Index, für eine allgemeine Senkung der Löhne in Luxemburg”.
–> Im Baugewerbe, im Handwerk, im Handel, in der Reinigungsbranche, im Hotel- und Gaststättengewerbe gibt es nur wenige Arbeitnehmer*innen, die mehr als das Doppelte des sozialen Mindestlohns verdienen. Das Patronat wird nicht lockerlassen, bis der „soziale Index“ noch “sozialer” und “selektiver” geworden ist. Dies könnte in mehreren Schritten geschehen: von 2 auf 1,5, dann auf 1,25, dann auf 1x den sozialen Mindestlohn und schließlich wird der soziale Index ganz abgeschafft.
Das eigentliche Ziel
In Luxemburg würde die gesetzlich vorgeschriebene automatische Indexierung zum Ausgleich der Inflation nicht mehr existieren. Der Inflationsausgleich wäre somit nicht mehr an die Löhne gekoppelt. Arbeitnehmer*innen mit den niedrigsten Einkommen, die praktisch an der Armutsgrenze leben, würden im Gegenzug höchstens eine um 200€ erhöhte Teuerungszulage und eine Energieprämie erhalten, die ihren Kaufkraftverlust nur teilweise abdecken würde. Haushalte mit mittleren Einkommen würden überhaupt keinen Ausgleich mehr erhalten, umso mehr, wenn sie nicht unter einen Kollektivvertrag fallen.
–> Der gedeckelte Index ist die Vorstufe zur vollständigen Abschaffung des Index!
Einmal im Jahr überprüft das Statec die Liste der Waren und Dienstleistungen und ihre Gewichtung im Warenkorb. Der Preisindex zeigt unter anderem, wie viel die Verbraucher*innen für welche Waren und Dienstleistungen ausgeben. Er dient als Grundlage für die Berechnung der Inflation.
Erdölprodukte aus dem Verbraucherkorb entfernen?
= ein erster Schritt, um die Preisindexierung in Frage zu stellen.
Aus existenziellen Gründen kann kein Haushalt auf den Konsum von Erdölprodukten (+ Erdgas) verzichten. Eine Manipulation des Index für Erdölprodukte würde eines der wichtigsten Güter aus dem Warenkorb verbannen und den Schutz der Kaufkraft gefährden. Darüber hinaus würde sie in erster Linie Haushalte mit niedrigem Einkommen treffen, da bei ihnen der Anteil dieser Produkte an ihrem Gesamteinkommen finanziell stärker ins Gewicht fällt als bei anderen Einkommensgruppen. Gleichzeitig wird eine solche Neutralisierung keineswegs zu weniger Treibhausgasemissionen und einer geringeren Nutzung fossiler Brennstoffe führen!
Anstatt den Index zu manipulieren, schlägt der OGBL der Regierung vor:
– sich auf den Ausbau und die Verdichtung sowie auf die Qualität des öffentlichen Transportangebots zu konzentrieren; – die Maßnahmen des Beihilferegimes zur Förderung der Energieeffizienz im Wohnungs- und Mobilitätsbereich auszuweiten und sozial gerechter zu gestalten (einkommensabhängig degressiv staffeln), damit auch Niedriglohngruppen davon profitieren können.
Warum wäre es unangemessen, Tabak und Alkohol auszuschließen?
Der Ausschluss von Tabak und Alkohol hätte aus gesundheitspolitischer Sicht keine Auswirkungen, im Gegensatz zu höheren Steuern auf diese Produkte. Eine solche Maßnahme würde vor allem Arbeitnehmer*innen mit niedrigem Einkommen bestrafen, die nicht unbedingt mehr Tabak- oder Alkoholprodukte konsumieren, aber im Vergleich einen proportional höheren Anteil ihres Einkommens investieren müssen als besser gestellte Haushalte (Arbeitnehmerkammer: je höher das Einkommen, desto geringer der Anteil der Kosten für Tabak und Alkohol an den Gesamtausgaben der Arbeitnehmer*innen).
Der OGBL lehnt ebenfalls ab:
– Die zeitliche Verschiebung der Indextranchen.
Mit den zwischen 2006 und 2013 vorgenommenen „Modulationen“ (genauer: Manipulationen) des Index, die in der Verschiebung mehrerer Indextranchen bestanden, haben die Unternehmen und der Staat Einsparungen in der Größenordnung von über einer Milliarde Euro erzielt, und dies auf Kosten der Arbeitnehmer*innen. Der entsprechende reale Kaufkraftverlust für die Arbeitnehmer*innen wurde hingegen nie kompensiert. Der OGBL hat sich gegen diese Indexmanipulationen gewehrt und wird dies auch weiterhin tun. Das normale Funktionieren des Indexmechanismus muss beibehalten werden, wie es die Regierung im Übrigen im Koalitionsvertrag von 2018 und noch vor kurzem bei der Tripartite im Dezember 2021 zugesagt hatte.
– Die vollständige Abschaffung des Indexsystems.
Die Anpassung der Löhne an die Inflation müsste dann in den Kollektivvertragsverhandlungen in den Betrieben behandelt werden. Konflikte wären damit vorprogrammiert, zumal das luxemburgische System der Lohnfestsetzung und -verhandlung schrittweise abgebaut wird.
–> Jeder, der den Index abschaffen will, greift automatisch unser Modell der Lohnverhandlungen an und gefährdet damit den sozialen Frieden in Luxemburg!
Veröffentlicht am 22. März 2022
>> Wahrheiten & Lügen über den Index (PDF)
>> Vérités & mensonges sur l’index (PDF)
>> Verdades & mentiras sobre o index (PDF)
>> Truths & lies about the index (PDF)
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