Nationalvorstand

Ein heißer Herbst kündigt sich an

Anlässlich der Frühjahrssitzung des Nationalvorstands des OGBL vom 12. Juni 2012, machte Präsident Jean-Claude Reding eine vielbeachtete Analyse der wirtschaftlichen und sozialen Lage und schlug ein Aktionsprogramm für die soziale Rentrée im Herbst vor, das einstimmig angenommen wurde.

Laut Jean-Claude Reding sprechen die politisch Verantwortlichen überall in Europa, wenn sie von der Schuldenkrise sprechen, an erster Stelle von der Schuldenkrise der Banken. Die Rettung der Banken in der Eurozone hat verschiedene Staaten in große Schwierigkeiten gebracht und diese Entwicklung setzt sich fort, wie das jüngste Beispiel Spanien zeigt. Falls die spanischen Banken 100 Milliarden Euro über die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) erhalten, müssen die einzelnen Staaten entsprechend den europäischen Regeln zum öffentlichen Rechnungswesen ihre jeweiligen Beiträge als Erhöhung der öffentlichen Schulden verbuchen. Für Deutschland beträgt der Anteil 27,13%, für Frankreich 20,38%, für Belgien 3,48%  und für Luxemburg 0,25%. So steigt, wenn die spanischen Banken 100 Milliarden Euro bekommen, die Luxemburger Staatsschuld automatisch um 250 Millionen Euro, die deutsche um 27,13 Milliarden, die französische um 20,38 Milliarden und die belgische um 3,48 Milliarden Euro!

Haben die Staaten diese Auflagen erfüllt, kommt die Europäische Kommission und verlangt von ihnen strukturelle Reformen, die darauf hinzielen die öffentlichen Ausgaben zu verringern, insbesondere die Sozialausgaben. Dies führt in verschiedenen Staaten zu Renten-, Lohn-, Familienzulagenkürzungen sprich zu den berüchtigten Austeritätsprogrammen, deren Light-Version in Kürze auch zum zweiten Mal in Luxemburg aufgelegt werden wird. Griechenland und Spanien sind beredte Beispiele dafür wie solche Austeritätsprogramme zur Konsumverlangsamung führen, demzufolge zu einem Wirtschaftsabschwung, und schlussendlich zu einer Rezession. Die Arbeitslosigkeit steigt, die Anzahl der Konkurse erhöht sich, die Kaufkraft sinkt weiter, die Steuer-und Sozialeinnahmen nehmen ab, die Defizite werden höher, die Staatsschuld wächst. In der Folge verlangen die Europäische Kommission und der Internationale Währungsfonds ohne mit der Wimper zu zucken immer weitere Anstrengungen bis die Volkswirtschaften komplett zusammenbrechen und die europäischen Völker regelrecht ausgeblutet sind. Die politische Konsequenz einer solchen Politik ist die Stärkung der radikalen Strömungen insbesondere der Rechtsextremen, der faschistischen ja sogar der Neonazibewegungen. Mit welchen Folgen?

Eine komplett falsche Politik

Für den OGBL-Präsidenten und den Europäischen Gewerkschaftsbund geht diese Politik in die komplett falsche Richtung und muss dringend wieder auf eine Ankurbelung der Wirtschaft ausgerichtet werden, dies mittels weitreichender Infrastrukturprojekte, die durch Eurobonds und Fonds der Europäischen Investitionsbank finanziert werden könnten. Auch müsste schnellstmöglich eine Finanztransaktionssteuer eingeführt werden damit sich die Banken gegebenenfalls an ihrer eigenen Rettung beteiligen könnten. Die Europäische Zentralbank müsste Geld zu niedrigen Zinssätzen (1% oder weniger) direkt an Staaten verleihen können anstatt dieses zuerst den privaten Banken zu geben, die es dann an die Staaten weitervermitteln, selbstverständlich mit horrenden Gewinnen, die sie erzielen indem sie den Zinssatz verdoppeln, verdreifachen, vervierfachen usw.

Der Nationalvorstand lehnt den neuen von Premier Juncker anlässlich seiner Rede zur Lage der Nation angekündigten Austeritätsplan vehement ab. Es geht zurzeit nicht an, die Kaufkraft weiter zu verschlechtern (z.B. durch die Streichung des Rentenajustements vom 1. Januar 2013), nein, im Gegenteil, jetzt gilt es die Kaufkraft zu verbessern insbesondere die der kleinen und mittleren Einkommen. Dazu einige Beispiele: Der Nationalvorstand verlangt, dass die Familienzulagen (Kindergeld, Elternurlaub, Schulanfangszulage, …) erhöht und an die Lebenshaltungskosten angepasst werden. Und er fordert, dass eine Diskussion über eine strukturelle Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns geführt wird. Im Rahmen der Debatten über die Einführung eines Mindestlohns in allen Ländern der europäischen Union, ist die Rede davon diesen bei 50% des Durchschnittslohns anzusiedeln wie dies in Frankreich der Fall ist. In Luxemburg jedoch beträgt der gesetzliche Mindestlohn 35% des Durchschnittslohns. Angesichts der hohen Lebenshaltungskosten im Großherzogtum befinden sich die Menschen, die den Mindestlohn erhalten (+/- 16% der Arbeitnehmer) am Rande der Armutsschwelle!

Der soziale Monat des OGBL

Der Nationalvorstand des OGBL hat grünes Licht gegeben für eine ganze Reihe von Aktionen und Kundgebungen, die zwischen dem 17. September und dem 16. Oktober stattfinden werden. Das Aktionsprogramm beinhaltet das Verteilen von Flugblättern im Rahmen der Schulrentrée mit dem Ziel eine substanzielle Erhöhung der Schulanfangszulage zu verlangen. Ein Rundtischgespräch über die Gesundheitspolitik, insbesondere den neuen Spitalplan, ist am 4. Oktober vorgesehen. Eine Aktion „Jugend und Arbeit“ wird Anfang Oktober im Rahmen des Welttags für menschenwürdige Arbeit veranstaltet. Schlussendlich wird am 16. Oktober eine Protestkundgebung gegen die Streichung des nächsten Rentenajustements (1. Januar 2013) und gegen die Reform der Rentenversicherung insgesamt vor der Abgeordnetenkammer organisiert.

Weitere gelegentlich der Sitzung des Nationalvorstands diskutierte Themen waren die Entwicklung der Arbeitslosigkeit, die Rentenversicherungsreform, die Lage der Krankenversicherung (CNS), die Reform der Gesetzgebung über die Personalvertretungen sowie die Lage in den einzelnen wirtschaftlichen Sektoren wie der Luftfahrt, dem Bau, dem Handel, der Industrie – in diesem Fall Luxguard –, der Stahlindustrie, dem Straßentransport und im Unterrichtswesen.

Abschließend stellte Schatzmeister Philippe da Silva die jährlichen Konten für 2011 vor, die, wie in den vergangenen Jahren mit einem Überschuss abgeschlossen werden konnten.