Angesichts der gesellschaftlichen Herausforderungen, ist es in der Rentendebatte wichtiger das System zu definieren und die Ressourcen entsprechend den Anforderungen dieses Systems anzupassen, als umgekehrt, das System an die verfügbaren Ressourcen anzupassen.
Auch wenn der OGBL dem Blick in die Kristallkugel sehr skeptisch gegenübersteht (vor allem wenn es um Projektionen über 50 Jahre in einem so wichtigen sozialen Feld geht) und wir in der Vergangenheit immer wieder mit falschen Voraussagen konfrontiert wurden, ist es auch uns ein Anliegen, das Rentensystem in Luxemburg langfristig finanziell abzusichern.
Wie bereits mehrmals erwähnt, lässt sich ein System jedoch nicht absichern, indem es abgeschwächt wird. Angesichts der kommenden demographischen Herausforderungen plädiert der OGBL also für eine fundamentale, positive Reform, die als Zielsetzung hat unser öffentliches Rentenversicherungssystem zu stärken und somit langfristig abzusichern. Dabei müssen die Ungerechtigkeiten der Reform von 2012 aus der Welt geschafft und Leistungsverbesserungen für alle heutigen und zukünftigen Rentner eingeführt werden.
Dies ist nur möglich, indem die sogenannte beitragspflichtige Masse („masse cotisable“) erhöht wird, aber nicht, wie vom Direktor der Fondation Idea behauptet, indem Luxemburg „mehr Kinder, mehr Zuwanderer und mehr Grenzgänger“ braucht, sondern indem neue Finanzierungsmöglichkeiten ausgeschöpft werden.
In erster Linie scheint es logisch, die Hypothese einer Beitragserhöhung zu analysieren. Während die Rentenreform von 2012 sich einzig und allein auf Leistungsverschlechterungen konzentrierte und zu keinem dauerhaften Erfolg führte, hebt der OGBL hervor, dass bereits eine begrenzte Beitragserhöhung von 3 x 1% zu Mehreinnahmen von 1,1% des BIP im Rentensystem führen würde.
In diesem Falle ist darüber hinaus zu erwähnen, dass die Kosten und damit die Last solidarisch und gleichmäßig unter allen Akteuren (Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Staat) aufgeteilt werden würden. Eine legitime Maßnahme, die keineswegs die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in Frage stellen dürfte, wenn man bedenkt, dass die Sozialbeiträge für die Luxemburger Arbeitgeber weit unter dem europäischen Durschnitt liegen. So betragen die daran gebundenen Ausgaben für die Unternehmen in Luxemburg 11,6% der gesamten Personalkosten, während der europäische Durchschnitt bei 24,1% liegt.
Darüber hinaus könnte ebenfalls die Möglichkeit einer progressiven Beitragserhöhung betrachtet werden, wobei geringere Einkommensklassen den aktuellen Prozentsatz beibehalten würden und höhere Einkommensklassen einen höheren Satz bezahlen würden. Eine solche Progressivität würde den sozialen Aspekt der notwendigen Erhöhung der Last verstärken und niedrigere Einkommen würden von Kaufkraftverlusten verschont bleiben.
Aktuell ist die Beitragspflicht zur Rente nach oben begrenzt, so dass bei Löhnen bis zu maximal dem fünffachen des Mindestlohns der Rentenbeitrag im Verhältnis kleiner wird.. Dies gilt sowohl für den Anteil des Arbeitnehmers, als auch des Arbeitgebers und des Staates.
Im Jahr 2022 lagen ganze 5% der Arbeitnehmer über dieser beitragspflichtigen Obergrenze. Hätte es 2022 diese Obergrenze nicht gegeben, hätte dies zu zusätzlichen Einnahmen in Höhe von 676 Millionen Euro geführt, was einem Plus von 10% der Einnahmen der CNAP entspricht und insgesamt 0,9% des BIP.
Eine solche Maßnahme könnte also durchaus dazu beitragen unser Rentensystem langfristig finanziell abzusichern und hätte den Vorteil, die soziale Gerechtigkeit im System zu verstärken.
In der Vergangenheit wurde immer wieder argumentiert, dass ein Aufheben der Obergrenze auch zu einem Aufheben der Obergrenze der Leistungen führen würde. Auch wenn der OGBL der Meinung ist, dass nicht unbedingt eine Korrelation zwischen den beiden Faktoren bestehen muss und es durchaus zu einer Aufhebung der Beitragsobergrenze bei beständigen Leistungen kommen könnte, so kann durchaus erwähnt werden, dass sogar bei einer abflachenden Anhebung der Leistungen erhebliche zusätzliche Einnahmen generiert werden können. Ein solcher Effekt könnte erzielt werden, indem einige der Maßnahmen der Reform von 2012 stärker bei Löhnen über dem fünffachen des Mindestlohnes greifen würden.
Eine weitere Möglichkeit zur Schaffung neuer finanzieller Einnahmen zur Absicherung des Rentensystems wäre eine Steuererhöhung. Auch wenn dies eine eher unbeliebte Maßnahme darstellen und zu kleineren Einbußen bei der Nettokaufkraft führen würde, so hätte eine solche Maßnahme einen grundsätzlichen Vorteil. Durch eine zusätzliche Steuererhebung würde nämlich die Last der Rentenfinanzierung nicht begrenzt auf die Löhne der Haushalte und die Lohnkosten der Arbeitgeber verteilt werden, sondern zusätzlich auch auf Kapitalerträge ausgeweitet werden.
Es sei gesagt, dass dies ein erheblicher Schritt in Richtung zu mehr Solidarität in der Gesellschaft und im Rentensystem darstellen würde, da aktuell keine Sozialbeiträge auf Kapitalerträgen erhoben werden. Durch eine solche Maßnahme würden Kapitalerträge also einen Teil zu mehr sozialer Kohäsion zwischen den Generationen beitragen.
Ein weiterer Vorteil würde in diesem Fall die Progressivität der Steuer darstellen, was konkret bedeuten würde, dass höhere Einkommensklassen stärker belastet werden würden als niedrigere.
Es sei außerdem hervorgehoben, dass in einem solchen Szenario der Steuerbeitrag der Unternehmen auf dem Profit erhoben werden könnte und nicht auf den Lohnkosten. Dies hätte den konkreten Vorteil, dass profitstarke Unternehmen, mit wenigen Arbeitnehmern ebenfalls einen wesentlichen Teil zur Finanzierung des Rentensystems beitragen würden, was aktuell nicht der Fall ist. Besonders in Luxemburg, wo viele Unternehmen angesiedelt sind, die Profite verwalten, wobei die Produktion sich im Ausland befindet, respektive im aktuellen Kontext, in dem künstliche Intelligenz eine immer stärkere Rolle im Alltag der Unternehmen spielt, wäre eine solche Entwicklung besonders wichtig.
In diesem Sinne, wäre es ebenfalls möglich eine zusätzliche Steuer zu schaffen, die auf dem Vermögen erhoben werden würde. Im Gegenteil zu einer alleinigen Belastung der Löhne würde eine Vermögenssteuer zu einem zusätzlichen Gleichgewicht bei der Finanzierung des Rentensystems führen und wäre durchaus weniger abhängig von konstantem Wirtschaftswachstum.
Eine Möglichkeit wäre hier die Emissionssteuer („taxe d’abonnement“), die eine Registrierungsgebührauf die Handelbarkeit von Wertpapieren ist, zu erhöhen. Bereits eine Erhöhung von 50% der Emissionssteuer würde zu zusätzlichen Einnahmen von 1% des BIP führen.
Es könnte aber durchaus auch eine neue Vermögenssteuer eingeführt werden, wobei darauf geachtet werden müsste, die gleichmäßige dreiseitige Belastung zwischen Haushalten, Arbeitgebern und dem Staat beizubehalten.
Der OGBL schlägt darüber hinaus vor, über eine Ausdehnung der Beitragsperioden nachzudenken, vor allem um Perioden vor dem Eintritt ins definitive Berufsleben Rechnung zu tragen. In diesem Sinne wäre es durchaus möglich, Beiträge auf einigen Zeiträumen zu erheben, die aktuell nicht betroffen sind, wie zum Beispiel Ferienjobs, staatlich subventionierte Praktika, oder retroaktive Einzahlungen von Tätigkeitsunterbrechungen.
Solche Möglichkeiten würden zusätzlich die Einnahmen der Rentenkasse erhöhen und würden aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen stärker in Betracht ziehen.
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