Alltag in der „Stressberodung” der CSL

Wenn nichts mehr geht!

Dr. Mareike Bönigk (Diplompsychologin)

“Ich erkenne mich selbst nicht mehr wieder: Nichts kann ich mir mehr merken, ständig diese Angst, Fehler zu machen und dann der Streit mit meinem Kollegen …”. Herr F., 46, lässt resigniert den Kopf hängen. “Was soll ich noch machen? Ich weiss nicht mehr weiter.”
So oder so ähnlich schildern viele Klientinnen und Klienten der Stressberatung ihre aktuelle Situation, wenn sie zur Beratung kommen. Sie berichten von Konflikten am Arbeitsplatz, die zum Teil schon jahrelang schwelen und nun eskalieren, sie berichten von der Belastung durch drohenden Arbeitsplatzverlust, von der ständigen Angst, Fehler zu machen. Nicht selten fällt es den Hilfesuchenden aber auch schwer, konkrete Gründe für ihre Belastung zu benennen, alles wirkt insgesamt irgendwie unlösbar oder sogar bedrohlich. Einige sind bereits krank geschrieben – sie leiden unter körperlichen Folgen des Dauerstresses (Kopf- und Rückenschmerzen, ständige Übelkeit und Magenkrämpfe oder bleierne Müdigkeit) und fühlen sich den Belastungen ihres Arbeitsplatzes im Augenblick nicht gewachsen.
Herr F. ist Teamleiter in einem großen Unternehmen in Luxemburg. Er kann auf eine erfolgreiche Karriere zurückblicken: Er hat ein paar Mal das Unternehmen gewechselt, war im Ausland tätig und hat sich schließlich in seinem aktuellen Unternehmen die Position des Teamleiters erarbeitet. “Es lief nicht immer alles glatt, ich hatte schon mal Konflikte mit Kollegen und auch mit Vorgesetzten. Uns hat auch die Krise zu schaffen gemacht, es wurden einige Kollegen entlassen, wir mussten uns ganz neu aufstellen. Das ging aber immer – zu Hause konnte ich abschalten.”
Im letzten Jahr dann eine kleine Operation, nichts Schlimmes. Aber nach zwei Wochen Ausfall kam er zurück und fand seinen Schreibtisch voll gepackt vor – niemand hatte seine Post geöffnet und bearbeitet. Kurz darauf meldeten sich zwei Mitarbeiter seines Teams langzeitkrank, ein Ersatz wurde nicht bewilligt. Es folgten viele harte Auseinandersetzungen mit seinen Vorgesetzten, die ohne Erfolg blieben. “Ich habe nur noch funktioniert, es musste ja weiter gehen”. Dann Streit mit der Tochter, die ein Jahr wiederholen muss, dann endlich Urlaub. “Ich brauchte eine Woche, um runterzukommen, dann war es herrlich – ich dachte, ich tanke so richtig Kraft.” Schließlich der erste Arbeitstag: “Ich kam morgens nicht aus dem Bett, musste mich übergeben, zitterte. Erst dachte ich, ich hätte eine Grippe, aber irgendwann war klar: Ich kann so nicht mehr weiterarbeiten.”
Herr F. wurde durch seinen behandelnden Arzt auf die Stressberatung aufmerksam gemacht. Hier bietet sich ihm nicht nur die Möglichkeit, seine Geschichte zu erzählen und dabei seine Belastung besser zu verstehen, sondern hier wird vor allen Dingen an Lösungen gearbeitet. Das innere Chaos, das nicht selten zu dem Gefühl der Überforderung führt, wird sortiert. Gemeinsam mit dem Klienten werden Ziele für die einzelnen Problemfelder definiert, Entscheidungen getroffen und konkrete erste Schritte geplant. Viele Klienten wünschen sich auch eine Begleitung bei der Umsetzung.
Herr F. traf zunächst die grundsätzliche Entscheidung, in seinem Unternehmen zu verbleiben. Allerdings sah er sich nicht mehr in der Lage zur Teamleiterposition zurückzukehren. Noch während seiner Krankheitsperiode traf er sich mit seinen Vorgesetzten, um ihnen seine Analyse der Situation darzulegen und seine Lösungsvorschläge zu präsentieren. Er verhandelte eine Reduzierung seiner Arbeitszeit, die Kürzung seiner Bezüge hatte er vorher von seiner Familie mit allen Konsequenzen absegnen lassen. Herr F. hat wieder angefangen Sport zu machen und erlernt Entspannungstechniken, die er im Alltag gut einsetzen kann. Die Beziehung zur Tochter bleibt angespannt, in der Stressberatung konnte er sich aber mit der sich verändernden Vaterrolle bei erwachsen werdenden Kindern auseinandersetzen.
Herr F. kann sich nun wieder Schritt für Schritt auf die Lösung der anstehenden Probleme am Arbeitsplatz einlassen und hat Techniken erlernt, Konflikte frühzeitig zu erkennen und zu lösen. Die großen Probleme haben sich nicht in Luft aufgelöst, überrollen ihn aber nicht mehr.

Herr F. ist nur ein Beispiel, jede Klientin und jeder Klient kommt mit ganz individuellen Fragen und Sorgen in die Stressberatung – wir sind für Sie da!
Autor: Dr. Mareike Bönigk (Diplompsychologin)
Tel: 27494-222
E-mail: stressberodung@cfsl.lu
Internetseite: www.cfsl.lu

Einige Informationen zur „Stressberodung”

  • Pro Monat werden im Schnitt um die 30 Hilfesuchende von der Therapeutin empfangen.
  • Jeder Klient kann unentgeltlich von bis zu 5 Konsultationen profitieren.
  • Eine Konsultation kann in einzelnen Fällen bis zu 2 Stunden dauern.
  • Die Beratungsstelle ist zurzeit durch eine Halbtagsmitarbeiterin besetzt und ab dem 1. Juli 2013 durch 2 Therapeutinnen.
  • Die berufliche Qualifikation der Therapeutin ist die der diplomierten Psychologin.
  • Die Stressberodung ist eine Initiative der Ligue Luxembougeoise d’Hygiène Mentale und der Chambre des salariés.
  • Die Finanzierung erfolgt über eine Konvention mit dem Gesundheitsministerium.