Erster Gewerkschaftsaustausch mit dem Luxemburger Finanzminister

Im Rahmen des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Luxemburg und Deutschland sieht eine Verständigungsvereinbarung vom 11. Januar 2024 vor, dass deutsche Grenzgänger Überstunden, die in Luxemburg geleistet wurden, in Deutschland besteuern müssen. Die Gewerkschaften OGBL und LCGB haben diese Steuerregelung als inakzeptabel angeprangert und somit vergangene Woche eine Dringlichkeitssitzung mit dem luxemburgischen Finanzminister Gilles Roth beantragt.

In einer gemeinsamen Unterredung zwischen dem Finanzminister und beiden Gewerkschaften konnte am 28. März eine erste Bestandsaufnahme dieser Steuerreglung gemacht werden. Es wurde sowohl über den Impakt für die mehr als 50.000 deutschen Grenzgänger sowie für die Unternehmen und Wirtschaftsbereiche in denen sie beschäftigt sind, als auch über mögliche Lösungsansätze diskutiert.

Da Deutschland, laut Information des luxemburgischen Finanzministeriums, erst ab einem jährlichen Gesamteinkommen von 12.834 € (Grundfreibetrag inklusive Werbungskosten) Steuern erhebt, wird es vorrausichtlich nicht zu einer systematischen Besteuerung aller in Luxemburg geleisteten Überstunden in Deutschland kommen.

Für deutsche Grenzgänger, die diesen Steuerfreibeitrag überschreiten, hat sich der Finanzminister ausdrücklich dazu verpflichtet mit der Luxemburger Steuerverwaltung konkrete Lösungsansätze auszuarbeiten. Diese sollen dafür sorgen, dass die Besteuerung in Luxemburg künftig den in Deutschland etwaig zu zahlenden Steuern für Überstunden in Luxemburg Rechnung trägt.

Die Gewerkschaften LCGB und OGBL drängen diesbezüglich auf einen raschen Folgetermin mit dem Finanzminister, um die geplanten Maßnahmen näher zu erörtern und für eine schnellstmögliche Aufklärung der betroffenen Grenzgänger zu sorgen.

Der OGBL und der LCGB werden diese Problematik weiterhin eng verfolgen und behalten sich das Recht vor mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln dafür zu sorgen, dass schnellstens eine nachhaltige und zufriedenstellende Lösung für alle deutschen Grenzgänger gefunden wird.

Mitgeteilt von OGBL und LCGB, am 29. März 2024

OGBL fordert Rücknahme der Kooperationsvereinbarung

Ab dem 1. Januar 2024 treten neue Regelungen zur Besteuerung von Lohnzuschlägen und Überstunden in Luxemburg und Deutschland in Kraft. Gemäß aktuellen Informationen werden Lohnzuschläge für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit als in Luxemburg effektiv besteuert angesehen. Das bedeutet, dass diese Vergütungen sowie die entsprechenden Zuschläge in Luxemburg besteuert werden, sofern die Arbeit dort geleistet wurde. Dies entspricht der bisherigen Besteuerungspraxis.

Die neue Kooperationsvereinbarung vom 11. Januar 2024 legt fest, dass Löhne, Gehälter und Zuschläge für geleistete Überstunden als tatsächlich nicht effektiv besteuert gelten. Das bedeutet, dass diese Lohnbestandteile für deutsche Grenzpendler in Deutschland zu versteuern sind, unabhängig davon, wo die Arbeit tatsächlich geleistet wurde. Selbst wenn nur eine Überstunde im gesamten Steuerjahr geleistet wurde, muss in Deutschland eine Steuererklärung abgegeben werden. Dies betrifft alle Löhne, Gehälter und Zuschläge rückwirkend ab dem 1. Januar 2024.

Diese Besteuerungspraxis basiert auf einer Verständigungsvereinbarung zwischen den Ministerien. Diese Vereinbarung führt zu einer diskriminatorischen Besteuerung der deutschen Grenzgänger und geht weit über den Sinn einer Rückfallklausel hinaus und dies vor allem vor dem Hintergrund, dass die betreffenden Lohnbestandteile in Deutschland ebenfalls steuerfrei sind.

Der OGBL wehrt sich gegen jegliche zusätzliche finanzielle Belastung der Arbeiter und Grenzgänger durch diese neuen Besteuerungsregelungen. Die finanzielle Unsicherheit und die potenzielle Benachteiligung der Grenzgänger wird zu einem verstärkten Fachkräftemangel führen, der sich negativ auf verschiedene Branchen und die Wirtschaft insgesamt auswirken.

Der OGBL fordert die Regierungen von Luxemburg und Deutschland dazu auf, die Kooperationsvereinbarung umgehend zurückzunehmen. Hierzu wird der OGBL unmittelbar Unterredungen mit den zuständigen Finanzministerien in Deutschland und Luxemburg anfragen.

Überstunden müssen steuerfrei bleiben, auf beiden Seiten der Grenze.

Mitgeteilt vom OGBL,
am 20. März 2024

Fristen für den Versand von Arbeits­unfähigkeitsbescheinigungen aus dem Ausland: der OGBL sucht nach Lösungen

Eine OGBL-Delegation, bestehend aus Jean-Luc De Matteis, Jacques Delacollette und Christian Simon-Lacroix, traf sich am 3. April 2023 mit Nadine Welter, Erste Beraterin im Arbeitsministerium, assistiert von Armin Skrozic und Linda Dioniso, um über die Frage der Fristen für den Versand von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zu sprechen. Angesichts der Verlängerung der Postlaufzeiten infolge der Neuorganisation der Postdienste in Frankreich, aber auch in Belgien und Deutschland, wird die Verpflichtung des Grenzgängers, seinem Arbeitgeber oder seinem Vertreter spätestens am dritten Tag seiner Abwesenheit eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen, auf dem Postweg in der Praxis immer komplizierter.

Um vielen Grenzgängern die Möglichkeit zu geben, ihrer Pflicht zur Meldung und Übermittlung des Krankenscheins in gutem Glauben nachzukommen, hat der OGBL vorgeschlagen, die geltende Gesetzgebung zu ändern.

Um dem Arbeitgeber jedoch eine Garantie zu geben und damit er nicht im Ungewissen über die Dauer der Abwesenheit des Arbeitnehmers bleibt, wurde insbesondere vorgeschlagen, die Pflicht des Arbeitnehmers, den Arbeitgeber (oder seinen Vertreter) persönlich zu benachrichtigen und ihm die Bescheinigung auf andere Weise, wie beispielsweise per E-Mail, zu übermitteln, zu verschärfen.

Der OGBL informierte die Vertreter des Ministeriums auch darüber, dass sich die Frage der Postlaufzeiten auch im Rahmen der Gespräche im Vorfeld von Entlassungen stellt, da in diesen Fällen die Frist zwischen dem Brief und dem Gesprächstermin so kurz ist, dass das Gespräch bereits vor Erhalt des Briefes stattfinden kann – was dem Arbeitnehmer natürlich nicht einmal die Möglichkeit gibt, daran teilzunehmen.

Die Delegation des Ministeriums war sich dieser Probleme bewusst und erklärte, dass sie diese Fragen im Hinblick auf einen möglichen Vorschlag zur Änderung des Arbeitsgesetzbuchs untersuchen werde.

Der OGBL begrüßt das neue Steuerabkommen mit Deutschland

Die Finanzminister Deutschlands und Luxemburgs haben am 6. Juli 2023 bekannt gegeben, dass sie eine Einigung über Änderungen des deutsch-luxemburgischen Steuerabkommens erzielt haben.

Das geänderte Steuerabkommen sieht vor, die Toleranzschwelle für Arbeitsleistungen von deutschen Grenzgängern außerhalb Luxemburgs (darunter insbesondere Telearbeit) ab dem 1. Januar 2024 von 19 auf 34 Tage anzuheben. Die gleiche Schwelle wird auch für Beamte, Angestellte und Arbeitnehmer bei Staat, Gemeinden und öffentlichen Einrichtungen eingeführt, die derzeit noch ab dem ersten Tag in Deutschland besteuert werden.

In Erwartung des endgültigen Textes des Abkommens geht die Ankündigung der beiden Regierungen in die Richtung von zwei Forderungen, die der OGBL bereits seit mehreren Jahren verteidigt:

1. Eine Harmonisierung der steuerlichen Toleranzschwellen zwischen den drei Nachbarländern

Bereits vor der Covid-Pandemie hat der OGBL gefordert, dass die Toleranzschwellen auf steuerlicher Ebene erhöht und angeglichen werden. Der OGBL hat diesbezüglich eine Anpassung der Schwellen im steuerlichen Bereich an den Schwellenwert bei der sozialen Sicherheit, der seit dem 1. Juli 2023 gemäß dem europäischen Rahmenabkommen zur grenzüberschreitenden Telearbeit, das von Luxemburg und seinen drei Nachbarländern unterschrieben wurde, für Arbeit im Home Office nun 49,9% beträgt.

Das Ziel eines einheitlichen Schwellenwerts auf steuerlicher und Sozialversicherungsebene ist also noch nicht erreicht, jedoch ist die Erhöhung auf 34 Tage sicherlich eine Verbesserung für alle betroffenen Arbeitnehmer. Daneben setzt die Tatsache, dass der Schwellenwert ab 2024 für die Grenzgänger aus allen drei Nachbarländern 34 Tage beträgt, ungleichen Behandlungen im Betrieb ein Ende.

2. Die Gleichbehandlung zwischen dem privaten und dem öffentlichen Sektor

Der OGBL hat bereits im November 2020 darauf hingewiesen, dass hier eine Ungleichbehandlung besteht, die nicht nur öffentliche Beamte und Angestellte, sondern auch Arbeitnehmer privatrechtlichen Statuts bei öffentlichen Einrichtungen betrifft. Sowohl die Grenzgängervertreter, die Abteilung Öffentlicher Dienst, als auch die Personalvertretungen des besonders betroffenen Sektors Hochschule und Forschung im SEW/OGBL haben immer wieder auf dieses Problem aufmerksam gemacht, bei den zuständigen Ministerien für Finanzen. Hochschulbildung und Öffentlicher Dienst, aber auch bei Abgeordneten und Behörden jenseits der Grenze.

Der OGBL begrüßt, dass diese Anstrengungen nach dem Motto „Steter Tropfen höhlt den Stein“ hier endlich eine Lösung gefunden werden konnte, und nun auch Deutschland, nach Frankreich, nunmehr den gleichen Schwellenwert für die Beschäftigten des öffentlichen Sektors vorsieht.

Mitgeteilt vom OGBL,
am 10. Juli 2023

Neue Rahmenvereinbarung zum anzuwendenden Sozialversicherungsrecht bei gewöhnlicher grenz- überschreitender Telearbeit ab dem 1. Juli 2023

Der physische Arbeitsort ist ein entscheidendes Kriterium im Hinblick auf das anzuwendende Sozialversicherungsrecht. Wenn Sie nicht im Staat des Arbeitgebersitzes wohnen, kann daher die Ausübung von Telearbeit zu Hause („Homeoffice“) zu einem Wechsel des Sozialversicherungsrechts führen. Dies wäre z.B. dann der Fall, wenn die (Tele-)Arbeit im Wohnstaat einen Anteil von 25% übersteigt.

Wegen Covid-19 wurde vereinbart, dass Grenzgänger*innen trotz einer Tätigkeit von mehr als 25% Homeoffice im Wohnstaat im eigentlichen Beschäftigungsstaat sozialversichert bleiben. Diese mehrmals verlängerten Sonderregelungen werden zum 30.06.2023 auslaufen. Da sich Telearbeit inzwischen europaweit etabliert hat, wurde auf europäischer Ebene eine Nachfolgeregelung mit dem Ziel verhandelt, Grenzgänger*innen auch weiterhin Homeoffice in einem größeren Umfang zu ermöglichen, ohne dass es zu einem Wechsel des Sozialversicherungssystems kommt.

Ergebnis dieser Beratungen ist eine multilaterale Rahmenvereinbarung auf Grundlage von Artikel 16 Absatz 1 der EG-Verordnung 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit. Diese Rahmenvereinbarung ist freiwillig und tritt am 01.07.2023 in Kraft, sofern sie von mindestens zwei Staaten unterzeichnet wird. Sie gilt dann für zunächst fünf Jahre und soll allerdings nur eine Übergangslösung sein, da die europäischen Koordinierungsregeln an die veränderte Arbeitswelt (u.a. grenzüberschreitende Telearbeit) längerfristig angepasst werden sollen. Deutschland, Belgien und Luxemburg haben diese Rahmenvereinbarung bereits unterzeichnet

Voraussetzungen, um unter die neue Regelung zu fallen

Für eine Person, die eine abhängige Beschäftigung

  • für einen Arbeitgeber (oder mehrere Arbeitgeber, die jedoch nur in einem Staat ansässig sind)
  • sowohl in dem Staat, in dem sich die Geschäftsräume des Arbeitgebers oder dessen Betriebsstätte befinden,
  • als auch in ihrem Wohnstaat – insbesondere in der häuslichen Umgebung – in Form von Telearbeit unter Einsatz von Informationstechnologie ausübt und auf diese Weise die ihr zugewiesenen Aufgaben erfüllt, sind die Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit des Staates anzuwenden, in dem der Arbeitgeber ansässig ist bzw. dessen Betriebsstätte liegt.

Dies gilt, sofern

  • eine entsprechende Vereinbarung in ihrem Interesse liegt und beantragt wird,
  • kein dritter Staat involviert ist (z.B. ein weiterer Staat, in dem gewöhnlich gearbeitet wird) und
  • die Telearbeit im Wohnstaat zwischen 25% und weniger als 50% der gesamten Beschäftigung ausmacht.

Sie haben also eine Wahlmöglichkeit, ob Sie die neue Regelung nutzen möchten oder nicht.

Was müssen Grenzgänger*innen tun, um unter die neue Regelung zu fallen?

Die Rahmenvereinbarung gilt für grenzüberschreitende Telearbeit zwischen 25% und 49,9% der Gesamtarbeitszeit. Wenn Sie die neue Regelung nutzen möchten und sowohl Ihr Wohnstaat und der Staat Ihres Arbeitgebers diese Rahmenvereinbarung unterzeichnet haben, müssen Sie Ihre A1-Bescheinigung beantragen, und zwar in dem Staat, dessen Rechtsvorschriften für Sie weiterhin gelten sollen, d.h. beim zuständigen Träger des Staats, in dem Ihr Arbeitgeber seinen Sitz hat. Es wird grundsätzlich das übliche Antrags-verfahren für Ausnahmevereinbarungen gemäß Artikel 16 Absatz 1 der EG-Verordnung 883/2004 gelten.

Bei Antragstellung bis zum 30.06.2024 findet das beantragte Sozialversicherungsrecht rückwirkend ab dem 01.07.2023 Anwendung, sofern Sie durchgängig der Sozialversicherung des Staates unterlegen haben, welcher gemäß Rahmenvereinbarung zuständig ist.

Grenzüberschreitende Telearbeit bis zu 25% (maximal 24,9%) ist ohne Auswirkungen auf die Sozialversicherungen möglich.

Beachten Sie bitte, dass dieses Rahmenabkommen nur die soziale Versicherung betrifft und nicht die Besteuerungsregeln für Grenzgänger.

Industrieller Wandel, Klimawandel und Überwindung der Krise: Welche Auswirkungen für die Großregion?

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Prominente Gäste und ein spannendes Thema prägten die 9. Remicher Gespräche im CEFOS in Remich/Luxemburg. Eugen Roth, DGB, am 9. Juni 2021 in Nachfolge von Jean-Claude Bernardini (OGBL) zum Präsidenten des Interregionalen Gewerkschaftsrats der Großregion (IGRGR) gewählt, wies bei der Begrüßung auf die besondere Bedeutung der Industrie in allen Teilregionen sowie ihre herausragende Basis für den Beschäftigungs- und Sozialsektor hin. Frédérique Massade führte aus Sicht der Interregionalen Arbeitsmarkt – Beobachtungsstelle(IBA/OIE) in die Struktur der Arbeitsplätze auf dem Industriesektor der Großregion ein.

Den inhaltlichen Input machte der Luxemburgische EU-Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte, Nicolas Schmit:
Der EU-Kommissar aus Luxemburg, ein Experte für die Belange der Großregion, beschrieb die gigantisch große Aufgabe, bis 2030 bereits die CO2-Emissionen um 55 % zu verringern. Netto Null-Emissionen sollen bis 2050 erreicht werden. Zur Überwindung der Coronakrise habe die EU ein Hilfsprogramm von 100 Milliarden Euro aufgelegt, von dem alle 27 Staat partizipiert hätten. Die Industrie müsse man in Europa und in der Großregion behalten. Auf dem Automobilsektor habe die Kommission große Ziele bis 2035: Es bleiben also 14 Jahre Zeit für rund 14 Millionen Beschäftigte, d.h. 13 % der Gesamtbeschäftigten. Insgesamt gehe es um 185 Produktionsstandorte europaweit. In 51 davon werden Motoren hergestellt. Bis 2035 sollten keine Verbrennungsmotoren mehr hergestellt werden bzw. ausschließlich auf Basis anderer Kraftstoffe. Hieraus ergebe sich ein riesiger Umschulungsbedarf. In enger Abstimmung mit EU Kommissar Thierry Breton für Binnenmarkt und Dienstleistungen würden Lösungsszenarien entwickelt, die auch durch die Umsetzung der Säule der sozialen Rechte komplettiert werde.

remich2Die ökonomischen und ökologischen Ziele hin zur Elektromobilität stehen im Zentrum der Planungen, d. h. die Ladeinfrastruktur usw. Europa produziere derzeit nur ca. 3 % der Batterien, Asien den Rest. Deshalb gebe es 20 große Batterieprojekte der EU in Europa. 800.000 Fachkräfte würden benötigt – wo können wir die finden? Nicolas Schmit: „Wenn wir diesen Zug verpassen, werden alle Autos zukünftig in China hergestellt.“ Europa müsse, am negativen Beispiel der verlagerten Halbleiterproduktion, bestimmte Schlüsselbereiche wieder selbst entwickeln und produzieren.

Die Logik des Marktes alleine funktioniere nicht und falls doch, wirke sie zerstörerisch. Das Gesamtfazit von EU-Kommissar Nicolas Schmit: Europa braucht auch zukünftig eine starke Industrie mit einer starken, sozialen Dimension.

Diskussionen in 2 Podien /„Tables Rondes“:

Es folgten 2 Diskussionsrunden, moderiert von Wolfgang Wirtz–Nentwig, Saarländischer Rundfunk, und von Wolfgang Lerch, DGB.

In den Diskussionen äußerten die Vertreterinnen und Vertreter der Gewerkschaften der Großregion Kritik an den Plänen, die bisher jegliche Arbeitsplatzgarantien oder Beschäftigungsgarantien im Zuge der Transformation vermissen ließen. Hinweise auf Flexibilisierungsanforderungen und Weiterbildung seien zu schwach angesichts der Tatsache, dass es bei den Arbeitnehmern um ihre gesamte, berufliche Existenz gehe. Auch würden die Beschäftigten bisher nicht ausreichend an den Umwandlungsprozessen beteiligt. Letztendlich, so die Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, dürfe Europa sich nicht selbst deindustrialisieren.

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Hier seien auch die Unternehmensleitungen gefordert, sich selbst wesentlich stärker einzubringen und nicht immer nur an die Politik zu verweisen. Das Instrument der europäischen Betriebsräte müsse weiter gestärkt und ausgebaut werden. Momentan reiche es in der vorliegenden Form für die harte Qualität dieser Transformation noch nicht aus. Patrice Harster wies für den Wirtschafts- und Sozialausschuss der Großregion(WSAGR) darauf hin, dass diese Beteiligungsform bei der Suche nach Problemlösungen sich bewährt habe und ein größeres, politisches Gehör verdiene.

Moderator Wolfgang Wirtz–Nentwig fasste zusammen, er sei optimistisch, dass sich die Lage der Arbeitnehmer durch die Knappheit der „Human Ressources“ verbessern werde. Die soziale Balance werde zunehmen auch zum Beispiel in China gefördert. Angst müsse man eher vor den „Rechten“ haben, die die Beschäftigten zu verunsichern bzw. deren berechtigte Fragen auszunutzen versuchten, ohne konstruktive Lösungen aufzuzeigen.

Die speziellen Anforderungen des Automobilsektors beleuchtete Didier Guyot von 3 E Consultants in einem Vortrag mit gewerkschaftlichem Blickwinkel genauer: Die Auseinandersetzung über die Antriebsart der Zukunft, d.h. Elektro- oder Wasserstoffmobilität oder emissionsfreie Verbrenner, wäre ähnlich einem „Religionskrieg“. Wer würde diese Entscheidungen treffen? Jedenfalls müssten die Gewerkschaften mit dabei sein. Nach dem französischen Modell „GPEC“ müssten sich die Unternehmen einbringen, alle 3 Jahre wiederholend, um ihre strategischen Entscheidungen offen zu legen.

Dabei müsse die Forschungs-, die Beschäftigungs- und die Ausbildungspolitik – alles – auf den Tisch gelegt werden. Auch die zweite Diskussionsrunde verlief lebhaft, zum Beispiel bei der Frage der Energieversorgung durch Atomkraft oder auch nicht?
Deutlich wurde aber die gemeinsame Gewerkschaftsforderung, dass die Beschäftigteninteressen über der Gewinnmaximierung stehen müssten. Arbeitsplätze, Arbeitsschutz und Umweltschutz müssten gemeinsam garantiert werden. Die Unternehmen bräuchten deshalb eine längerfristige, transparente Bedarfsplanung und, daran orientiert, eine gezielte Aus-, Fort- und Weiterbildung der Arbeitnehmer. Auch wir, d.h. die Gewerkschaften in der Großregion, sollten unsere Kommunikation untereinander verbessern und ausbauen.

Der Moderator der zweiten Diskussionsrunde, Wolfgang Lerch (DGB), fasste zusammen: Es warten viele Herausforderungen, aber auch viele Chancen auf die Beschäftigten und ihre Gewerkschaften.

Die 9. Remicher Gespräche haben eine lebhafte, aber inhaltsreiche und höchst aktuelle Diskussion der Beschäftigten auf großregionaler Ebene gewährleistet. An den berechtigten Forderungen und Zielen muss weitergearbeitet werden.